Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. September (Jahrgang 23, nr. 6906-6931)

1896-09-01 / nr. 6906

Wuonundsdministratiou HellauergasseW fqeiutyn­ zu up und sd Gries folgenden gbofentaies tägfig. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährlich 2 fl. 50 Er., Halb­ jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’s Haus, mit Zustellung 1 fl., 3 fl., 6 fl., 12 fl. Abonnement mit Postversendung: Hür das Inland: vierteljährig 3 Tr. 50 Er, hart 7 fl, ganz­­jährig 14 fl. Hür das Ausland: erteljährig 7 RM. oder 10 Fre3., halbjährig 14 AM. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 AM. oder 9 Eine einzelne Nummer kostet 5 Tr. 5. W. Unfransicte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. _ N 6906. XXI. Jahrgang 5 Siebenbürgisch-Deutsches a ftadt, Dienstag 1. September Hermann de Bräm­merallond-Einladung auf das Siebenbürgisch - Deutsche Wageblatt. Mit 1. September 1896 beginnt ein neues Abonnement auf das „Siebenbü­rgifg-Deutsche Tageblatt”. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl, vierteljährig 2 fl. 50 fr., Den 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Bere­iner Haus, mit Zustellung 1 fl., en L. 12 fl. — Abonnement mit Bostversendung: für das Inland: vierteljährig B fl. 50 fl., Halbjährig 7 fl., ganzjährig 14 fl., fü­r das Ausland: vierteljährig 7 AM. oder 10 Fres , Halbjährig 14 AM. oder 20 $red., ganzjährig 28 AM. oder 40 Fres. Auswärtige Monarch-Abonnenten, welche vom 1. September an einzutreten wünschen, erhalten das Blatt im September: im Inlande gegen direkte Einsendung von 1 fl. 20 fl.; im Auslande gegen direkte Einsfendung von 2 Mark 33 Brennig oder 3 Francd 33 Gentimes an das Hauptbureau (Hermannstadt, Heltanergasse 23.) Pränumerationen und Inserats-Aufträge werden entgegenge­­nommen: in Hermannstadt beim Hauptbureau, S Heltanergaffe 23, in der Buch­­handlung Ludwig Michaelis, Kleiner Ring Nr. 12, in der Buchhandlung ©. A. Seraphin, Heltauergaffe, Elisabethgaffe Nr. 29 bei Gustav Gürtler, Ede der Burger- und Schmiedgaffe bei Josef Zimmermann und GSaggaffe Nr. 8 bei FIofef Schwarz, Kaufmann, auswärts bei den am Kopfe des Blattes ge­­nannten Firmen. Der Berlag des „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatts.” (Hermannstadt, Heltauergasse Nr. 23.) * * * Wrörumercsionen und Inserate Kosm­ehnen außer dem Hauptbureau, Heltauers gaffe Nr. 23. in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Mass (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dannen­berg, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmonbzeile tostet beim einmaligen Einraden 7 tr., das zweites mal je 6 tr., das drittemal je 5 kr. d. W. ex­­elutive der Stempelgebühr von je 30 tr. 1896 in gutem Glauben zu guter Assicht. I­ ­n der Raderinnerung an schöne Tage der Gemeinschaft, die wir jüngst hier erlebten, ist es wohl erlaubt, ins Volk und seine tägliche Arbeit zu sehen. Wie sie dort arbeiten und sie mühen im Felde und in den Werkstätten — das helle freundliche Licht, das alljährlich von diesen Zeiten hinausstrahlt, ist für manchen unter ihnen ein Schimmer des Trosteg. So manche spüren die Wärme biefer Strahlen, sie haben sie wohl hie und da in der Nähe empfunden. Über das sind Empfindungen, die im Staube der Arbeit abblaffen, es sind Feiertagsstimmungen, die im Drange und Getöse des Alltags übertäubt werden. Und wenn nicht jedes Jahr erneuert das Feuerlein geschürt würde, daß es erwärmend aufleuchte und seinen Widerschein ins Land hinaus, bis­ in die fernsten Thäler würfe — im heutigen Leben voll toller Haft und ungesüimen Dränge, voll Zwang und Streit, würde der Flug der Seele bald ermüden und der arbeitende Dann am Pfluge und in der Werkstätte kaum die Augen erheben zum schimmernden Wachfeuer im Wolfe. Das Bild hat eben auch feine Kehrfeite. In der Masse des Bolfes find­en verhältnismäßig doch nur wenige, deren Augen Heller werden bei Nennung unserer Vereine, bei Erwähnung ihrer Arbeit, ihrer That. Viele, verhältnismäßig recht viele, stehen abseits und feufzen in der Mühe ihres Lebens. Diesen Vielen sind die Vereine faum je als ein Bedürfnis unseres Volkes erschienen, faum je eine wichtige Notwendigkeit! Ihrem Glaubens­­bedürfnis kommt der Pfarrer entgegen, ihrem Lerntrieb der Lehrer; sie empfinden wohl durch Pfarrer und Lehrer den Pulsschlag jener edlen, Hehren Bestrebungen, aber nur leise und matt. Die Not des Lebens ist groß und starr. Unsere Tage drühen mit großer Gewalt auf die Arbeitskraft der Bürger und Bauern. Wer mehlbestallt dasteht in feinem Bereiche, kräftig umherblidend, gesund in Leben und Wirtschaft, den erkennen wir, ob er Bauer­ei oder Handwerker, an als einen Träger dieser Festgedanken, aber jenen vielen im Volle, die da Ä ächzen in Not und Trübsal, schimmern die Sterne dur­ Wolfen verschleiert. Sie grübeln und rechnen, graben und arbeiten. Die hungrigen Kinder, die mannigfachen Mahner und Dränger — das sind die Triebfedern ihrer Tage. Die Not des Lebens ist groß unter und und mit zwingender Gewalt beugt sie den Namen des Bolfes, so schön man predige, so machtvoll man rufe und sich geberde. In einem mächtigen Volke giebt die einheitliche Kraft auch biesen Trübseligen Licht und Leben. Die Einrichtungen, die die lebensstarken Glieder anregen, bieten Hilfe auch dem scheinbar Vergessenen. Aber unsere Heine Schar ı ist übel dran. Die intellektuellen und materiellen Forderungen, die an die Glieder unseres Volkes von allen Seiten gestellt werden, erscheinen mächtig, fast übermächtig, vielen erdrüdend. Es ist ein holder Glaube derer, die sie im gemeinsamen, echebenden Zusammenströmen und fröhlichen Wiedersehen begegnen, daß da Volk bis in seine niedersten Glieder belebt werde und neu gestärkt aufblide zu unseren Festtagen. Der Reifeprediger, der Dorfspfarrer, sie wissen wohl vom leuchtenden Augen zu jagen, wenn sie mit begeisterndem Worte unter sie treten, aber sie sagen euch auch, so ihr­es Hören unwollet, wer ein Jammer in allen unseren Thälern nach Hilfe schreit, welche Gefahr dieser tägliche Jammer für unser Vollstum und Deutschtum ist, sie sagen es euch, wie Die geartet sind, die den im Elend ermüdeten Menschen umlauern und seines endlichen Unterganges froh werden. Bahrhaftig, es ist schön und edel, es ist eine herrliche That, mi­chig der Blüte unseres Volkes, die­ geistigen Kräfte zusammenzufassen zu Forschung und Wissenschaft, es ist erhebend, die Kraft des Glaubens, das Licht der Religion zeitweilig hoch aufleuchten zu lassen, daß es durchglühe die Menschen­­beuft, so daß die Seele sich stähle in diesem Heiligen Feuer; es ist entzügend und reißt den arbeitsmüden Mann aus feinem Staube zu Heller Begeisterung empor, wenn die Jugend singet und jauchzet; aber all das unterdrückt die Seufzer im Volle nicht. Sie mahnen entgegen: Sorget, daß das Leid nicht übermächtig werde! Wir sind eine Handvoll Menschen bloß und sollen den Mut haben, zu fein und zu leben, als wie ein mächtig Volk voll geeinter Kraft und Stärke, Gemwiß! Den Mut sollen wir haben! Und uns durchglühe das Götterlicht des Ewigen, Großen und Starken. Aber damit dies Glühen nicht eitel Strohfener sei und nicht auf dem Herde der Ein­­bildungskraft allein brenne und Iodere, so laffet ung mit vereinter Kraft auch stark werden durch und duch! Mit grausamer Notwendigkeit muß­ jedem unter und die innere Stimme zurufen: Hoch auf die Seufzer des Volkes und schaffe Rat, schaffe Hilfe! Ed war eine bedeutsame Zeit, die Jahre zwischen 1830 und 1840. In dieser Zeit schlugen die Wellen edelster geistiger Erregung auch in unser Land, in unser Voll. Das Blut kam in Wallung im Getanken und in der Sorge für das eigene Voll, und in dieser Zeit fanden sie die Herzen zu­­sammen zu einheitlichem Pulsschlag. Die Begeisterung für Volkstum und Volksarbeit ward neu geboren und diese Begeisterung trat in Erscheinung in der Begründung von Sparkassen, Ge­werbevereinen, de Landes­­kundevereins, des Landwirtschaftsvereins, des Gustav Adolf­­bereind. AN das, was Heute unser Volt behütet, was heute fürdersam wirft und kräftigend in Stadt und Dorf, da3­mwurzelt in den beiden Jahrzehnten bis 1850 und jene Männer, die damals­­ deutsch und treu­lich zusammenfanden, das Gemissen und die Ehre unseres Volkes zu kräftigen und zu firmen, sie find­ung 6i8 zum heutigen Tage Beispiel und Vorbild geblieben, Zu Empfinden, ihre Gedanken haben ein bleibend Spiegelbild gefunden in den Sagungen jener be­deutsamen kräftigen Veranstaltungen. Es ist erhebend zu schauen, wie Männer der Wisssenschaft thätig waren an der Begründung nüßlicher Vereine für die tägliche Arbeit des Bolfes, wie Männer dieser täglichen Arbeit andererseits mithalfen jene Vereine emporzuheben, die der neu erwachten Wissenschaft ein Hort fein und bleiben sollen. Das Volk hatte sich wieder gefunden und allenthalben begann das Eis zu schmelzen, das starre, zöpfige Negierungs- und Verwaltungsformen um Brust und Herz gelegt. War’s ein Wunder, daß dieser neue Frühling manch edles Reis zu Heftig trieb und manche Blüte abfiel, ohne Fruchtentfaltung ! Was uns blieb aus dieser Zeit und die Strenge der Jahre nach 1850 überdauerte, ist als reife Frucht dem Volke in den Schoß gefallen und sein treuer Sinn wird eine Ehrenpflicht darin sehen, diese Früchte zu hüten und zu weiterer Entfaltung und Reife zu bringen heute und immer kdar. Aber man bedenke, daß die Beiten für ung und jedermann viel ernster geworden Jahr um Zahr! Das Emporwachsen der Staaten in Kampf und Sieg, das Aufbirgen zahlloser Erfindungen, das Erstarken der Wissenschaft fachten den Verkehr der Staaten und der Völker zu ungeahnter Größe an. Keine Phase der Völker ist hievon unberührt geblieben, jede Hat­fie in tausend« faltiger Verbindung entwickeln müssen und ist herangewachsen zu Kraft und Bedeutung. Mit diesem Aufschwung und Aufleben im ganzen aber ist auch das Bedürfnis des einzelnen gewachsen und der Niedergang vieler Familien auch unseres Volkes fing da an, wo die gemächliche Einrichtung früherer Beiten dem vermehrten Bedürfnis nicht mehr Rechnung trug in der Ver­­mehrung der Arbeitsumsicht, in der Vermehrung der Rührigkeit, in der Stei­­gerung der Arbeitsfähigkeit. Es ist vielleicht eine der traurigsten Erfahrungen, die und aus den vergangenen Jahrzehnten seit 1850 geblieben, daß die eigent­­liche tägliche Arbeit nicht jenen erfreulichen Fortgang genommen hat, als man aus der mächtigen Belebung derselben gerade im jener Zeit wohl schließen durfte. Die patriachalishe Würde jener Jahre, die auch im Bürgertum­ und Bauerntum leicht und rasch zu erkennen und zu verfolgen ist, hat zu lange nachgewirkt und hat unübersehbaren Eifer, unfrägbar viel Bemühung und An­­strengung ohne verdienten Erfolg gelassen. Man erkennt dies leicht und sichet gerade auch in der Anstrengung und Arbeit des Landwirtschaftsvereines. Das belehrende Wort, die von leitender Stelle hinausgegebene Weisung, so sehr sie gewiß immer ein entscheidendes Merkmal des näglichsten Fortschrittes gemwesen, so sehr sie war und wahr und tausendfältig erprobt darnach eingerichtet waren, das Volk rasch und sicher aufwärts und vorwärts zu führen, haben doch erst den durchgreifenden Erfolg gehabt, al man anfing mit Versuchsgerät und er­­läuterndem Wort zum Bolt hinaus zu pilgern und in häufigen Ortsversamme­­lungen das Wort an Ort und Stelle zum Schauen und Erkennen zwang, als man schließlich mit der Begründung von landwirtschaftlichen Ortsvereinen endlich inmitten der Dörfer einzelne Männer vor Eifer und rüstigem Schaffungsdrang dauernd an den Wagen des Fortschrittes anspannte und sie zu stetiger bestimmter Einflußnahme auf ihre bedächtigeren und allzu bedächtigen Nachbarn nötigte. Wir dürfen es aber nicht übersehen, daß gerade unserer Landwirtschaft in dieser wohlthätig vorwärts drängenden Arbeit die entschlossene Einführung der Raiffeisen-Vereine vielfältig nüglich geworden ist. Es war auch ein Rest jener „euren alten Zeit”, daß in unseren Dörfern weniger Geld» als Naturalwirtschaft im Schwunge war. Wie tmohlthätig das gewesen, werden wohl einzelne Wuchererseelen am meisten preisen, wie viel Elend und Not biese unleidige Wirtschaft überall verursachte, überall Fortschritt und Eifer lahm legte, das dann Heute no in einzelnen Dörfern wer da will emsig fin­­dieren. Aus eiserner Umklammerung die Bauernschaft zu befreien, besonders die große Masse der Wermeren und Nermiten von Elend und Drangsal all­­mählich loszulösen, sie almählich selbständig werden zu lassen, den Verfall der Höfe zu verhüten, und so dem Wolfe aus minden, gepeinigten, wank­enden Seelen wieder fester und fester werdende Stügen schaffen zu Helfen, ist das edle Ziel des rechtschaffenen, fürsorgenden Raiffeisenvereines. Welcher von ihnen dieses Bier verrennt und überschaut und im Geldgeflapper das Haupt­­ziel des Raiffeisenvereines erblich, ist wahrlich nicht an seinem Plage. Er hätte nur dem Wucher eine gelegmäßige Form gegeben. So braucht der Raiff­­eisenverein zu seiner Leitung Männer „von rotem Schrot und Korn.“ Herz und Beistand müssen sich im Ausschuß einen, die Zügel fest zu rasen und auf der Bahn der Nächstenliebe das arbeitende Vort weiter zu führen. So schwer das ist, so jeder man einsehen muß, daß eine so wichtige wie schwierige Aufgabe nur allgemac­t zu Fertigkeit und schönem glücklichem Gedeihen führen kann, so muß man doc erkennen, daß vielfache Anzeichen vorhanden sind, die dafür zeugen, daß die Raiffeisenvereine als eine Wohlthat für unser Volk gelten können, so muß man doch seine helle Freude haben zu schauen, wie überall in unseren Dörfern all für diese edlen und nicht gewöhnlichen Rufe gaben Männer des Volkes in die Schranken treten, — selbstlos ihren Nachbarn zu dienen und treu dem Volke nüglich zu sein. Wir glauben fest daran, daß Naisfeisenvereine und Landwirtschaftsvereine, auf verschiedenem Wege zum Ziele strebend, sich stetig näher finden werden in gegenseitiger Hilfe und Unterfrügung und schließlich zwar getrennt marschierend, aber doch fort, während in Fühlung miteinander, die Feinde unseres Bauernstandes, so viele ihrer sein mögen, niederwerfen werden, Dem Wolte fih­mwidmend, auf Breuilleton. Borneßme Proletarier. Roman von Arthur Rapp. (47. Fortlegung.) „Ich freue mich", nahm er das Wort, „daß es mir vergönnt ist, Sie nach so langer Trennung wiederzusehen, Fräulein von Schlieben, und ich finde zu meiner freudigen Ueberraschung .“ Seine Augen ruhten mit einen Unsphruch tiefster Zärtlichkeit auf ihr, was sie jedoch nicht bemerken konnte; denn sie hielt ihre Wl­rde gesenzt, — „ich finde, daß Sie wohler und frischer aussehen, als ich nach den Schilderungen des guten Litfchle erwarten durfte, doch —* ed war ein eigenes Lächeln, das jet wie ein Sonnenstrahl in seinen Gesicht aufzuchte,­­ „doch dem Wunsche, der Sie zur Firma Dahlmann & Komp. geführt, glaube ich nicht entsprechen zu dürfen.“ Sie blicte erstaunt, befremdet auf. Was sollte das Heißen? Er lehnte ihre Bewerbung um die Buchhalterstelle ab? So war sie nun zwar der peinlichen Notwendigkeit enthoben, selbst ihre Bewerbung zurückzuziehn, aber ein bitteres, schmerzendes Gefühl der Enttäuschung flammte doch in ihr auf. Und dazu lächelte er noch, Lächelte er so flonderbar, daß sie von Me verwirrt ihren Kopf renten mußte, während er mit leiserer Stimme fortfuhr: „Ich bin der Ansicht, Fräulein von Schlieben, daß der Beruf einer Buchhalterin nicht ein Ihnen angemessener ist, daß gerade Ihre besten, Ich ägens mertesten Eigenschaften im ihm nit zur Geltung, nicht zur vollen Entfaltung gelangen. Ich wüßte einen Beruf, Fräulein von Schlieben, der SHrer würdiger ist und in dem Sie in ganz anderem Maße Segen und Glück stiften können.“ Sie erhob den Blick fragend zu ihm. Ihr Höchstes Interesse war durch seine rätselhaft singenden Worte gemecht,. Und wenn sie auch noch nicht erkannte, two er Hinauswollte, eine leise Unruhe begann fi doch in ihr zu regen. Alwin Voßberg atmete Schwer, und während das Lächeln aus seinem Gesicht schwand und einem tiefernsten Augbruch wich, sprach er mit einer Stimme, aus deren leicht vibrierendem Ton man die tiefe seelische Bewegung des Sprechenden heraushörte: „Das ist der Beruf, glücklich zu machen und einem Menschenherzen den Himmel auf Erden herabzuzaubern.“ Marie von Schlieben war un­wilk­ürlich aufgesprungen, ihre Wangen flammten und ein heißes, brennendes Schamgefühl trieb sie an, sich zur Thür zu wenden, aber Alwin Voßberg kam ihr zuvor und ihre Hand ergreifend, stieß er eindringlich hervor : „Blieben Sie nicht, Marie, bevor Sie mir diese Frage beantwortet haben, mit der ich heute oder morgen zu Ihnen gekommen wäre, wenn nicht ein glücklicher Zufall Sie hierher zu mir geführt hätte, die Frage, ob Sie die ehrliche, heilige Liebe, die ich seit lange für Sie empfinde, erwidern können, so, er sie zu einer recht glücklichen Ehe notwendig ist: aus vollem, freiem Herzen ?* Sie erschauerte bei diesen Worten biß ins Innere ihrer Seele, aber mit übermenscl­cher Anstrengung drängte sie die ungestüme Erregung zurück, unter der sie erzitterte. Sie erhob die in feuchtem Glanze schimmernden Augen zu ihm und sah ihn mit einem Blick an, der ihm alles sagte, ohne daß sie den Mund zu einem Wort der Erwiderung Hätte öffnen müssen und der ihm den Mut gab,­­ an seine Brust ziehen und ihre Lippen mit den feinigen vereinigen u suchen. 5 Und nachdem ihm ihr Mund in füßester Form bestätigt, was ihr Biid ihm verraten, faßte er ihre Hand und trat mit ihr von dem Verlangen beherrscht, einen Zeugen seines Glücks zu haben, und Nebenzimmer, dem erstaunt auffahrenden Kompagnon lächelnd entgegenrufend: „Hier, mein lieber Dahlmann, deine zukünftige Scan Partnerin, meine geliebte Braut, Fräulein Marie von Schlieben.“ In der Mittagstunde des nächsten Tages begab sich Alwin Voßberg in feierlichem Gesellschaftsanzug in die Wohnung des Majors, um bei den Eltern offiziell um Marie zu werben. Marie hatte die Eltern bereits vorbereitet und Herr von Schlieben hatte als gemissenhafter Vater die nötigen Erkundigungen über den ihm ja gänzlich unbekannten jungen Geschäftsinhaber eingezogen. Daß Alwin Voßberg nicht von Adel war, b­at ihm in seinen Augen nicht den geringsten Abbruch, ebenso wenig daß er einem Stande angehörte, der dem Offiziersstande in vieler Augen gesellschaftlich nicht für ebenbürtig galt. Hatte er doch bereit in seinem Sohne einen Kaufmann in der Familie. Fa, auch Hubert zeigte si bei weitem nicht so überrascht und so un­­willig, wie Marie und der Major im Stillen gefürchtet hatten. Seine ehe­­maligen Anschauungen und Vorurteile hatten durch die Ereignisse der legten Wochen einen argen Stoß erlitten und der stachelnde, vorwurfsvolle Schmerz, dessen er sich nicht erwehren konnte, so oft er Yrida Zornomws gedachte, ließ ihn vieles als kleinlich, und unbedeutend erscheinen, war bis dahin eine wichtige Rolle in seinen Augen gespielt,. Und so überwand er schnell die Anwandlung von Unbehagen, die ihm bei der ersten Mitteilung der bebore­ne Verlobung erfaßte, und er reichte Marie mit freundlicher Geberbe ie Hand. „Ich wünsche dir von Herzen Glück, Marie”, sagte er mit ungelünftelter ehe und mit einem un­willü­rlich aufwallenden Gefühl von Bitterkeit fügte er hinzu: „Du bist ja in der glückichen Lage, dir nicht von manchmal recht häftigen Rücksichten auf Stand und Beruf die Rechte des Herzens verfümmtern lassen zu müssen.* Und während Marie den jungen Lieutenant befremdet, ohne Verständnis ansah, zog er sie verwirrt an sich und füßte sie mit außergewöhnlicher Snnigkeit. So erledigten si also, als Alwin Voßberg erschien, die unumgänglichen Formalitäten leicht und rasch und mit glückchwellendem Herzen konnte der Bräutigam der errötenden Braut in Gegenwart der ihrigen den Verlobungs­­fuß geben. (Bortregung folgt.)

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