Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. Januar (Jahrgang 24, nr. 7009-7033)

1897-01-24 / nr. 7027

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Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauf­­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis : Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile foftet beim einmaligen Einraden 7 kr., das zweite­­mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je­ 30 Kr. 1897 Die Bewegung für volketümliche Hochscchulfurfe greift in Deutschland um sich. Wir haben schon erwähnt, wie in München — nachdem Wien und Jena vorangegangen sind — Professoren der Hochschulen sich geeinigt haben, für die B Wolfsbildung durch Errichtung von Hochschulfurfen mitzuwirken. Berlin und Leipzig sind nun diesen Beispielen gefolgt. Mehrere Professoren der Berliner Hochschule haben unlängst in einer Eingabe an den akademischen Senat die Bitte gerichtet, er möge­ zur Einrichtung und Leitung volkstüm­­licher Hochschulkurse, welche in den verschiedenen Stadtteilen in geeigneten Räumlichkeiten abzuhalten wären, einen ständigen Ausschuß unter dem Ehren­­portige Seiner Magnifizenz des Nestors etwa in der Weise bilden, daß in denselben für je drei Jahre einige Mitglieder von dem hohen Senat, und je ein Mitglied von den einzelnen Fakultäten zu wählen sein würden, in dem aber auch den außerordentlichen Professoren und Privatdozenten, sowie den Lehrern anderer hiesiger Hochschulen eine Vertretung einzuräumen sein würde, beim Herren Minister für geistliche, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten um eine jährliche Unterstügung von etwa 15.000 Mark zum Bwede der Aus­­führung der vorgeschlagenen Veranstaltung einkommen. Gegenstand der Kurse sollen alle Wisenzgebiete sein, die sich zu einer volkstümlichen Darstellung eignen.­­ Bolpshohrdufkurse. In der Breite erfährt man diese Richtung eine heftige Befehdung. So meinen, in dem wir aus der großen Zahl der gegnerischen Blätter, nur die „Hamburger Nachrichten” hervorheben, dieselben, sie hofften, daß der alaremische Senat dieser Angelegenheit nicht entsprechen werde. Die Bedürfnisse der Beit lägen auf ganz anderen Gebieten als auf dem der Vermehrung der Halb­­­bildung in den unteren Vollefgichten. Man besäße davon schon mehr als zu viel; sie sei praftisch nußlos und komme nur den Sozialdemokraten zu gute. Daß staatliche Institute und staatliche Mittel für diese Biwmede hergegeben würden, dagegen sei durchaus Widerspruch zu erheben. Auf die Einwürfe die gemacht erden, geht des Näheren ein die „Rationalzeitung“ und bei der Bedeutung der Sache führen wir aus dem betreffenden Artikel des Berliner Blattes nachstehendes an: „Zunächst“, schreibt die „Nationalzeitung“, „wendet man sich gegen den Plan als einen angeblichen Ausfluß des „Professorensozialismus”, der eben­so gefährlich sei wie der Bastorensozialismus und die Sozialdemokratie selber. Dieser Einwurf, der an sie die Namen der in der Bewegung stehenden Volfd­­roh­ticheftalehrer Schmoller, Brentano 2c. richtet,­ ist ebenso. .veraftet, mie unhaltbar, D veraltet, weil es Jahrzehnte her ist, daß diese Gelehrten durch ihr erstes, ein wenig stürmisches Auftreten die Bezeichnung als „Katheder­­sozialisten“ Hervorriefen; unheltbar, weil sie inzwischen längst eine gegen die Ziele der Sozialdemokratie gerichtete Auffassung vertreten haben. Aber auch ganz im allgemeinen wird behauptet, daß die in Aussicht genommenen Surte eine Art von Bildungsschule für werdende Sozialdemokraten sein würden.” Die fromme und sich höherer Sittlichkeit erfreuende „Kreuz-Rettung”, welche kürzlich wieder die Verdrängung der liberalen Geistlichen aus der Landeskirche befürwortete, beginnt auf Die „unbewußte Hilfsarbeit” Hinzumeisen, welche die irrenden, weltfremden Professoren der Sozialdemokratie zu Teisten im Begriff stehen, prüft dann mit jener Gründlichkeit des Wissens, die wir in vieler Sache schon einmal beleuchteten, die „Harmlosigkeit” des Planed, dem man eigentlich „den besten Erfolg wünschen“ müßte; und nachdem sie so Dur Worte unbefangene Leser für si gestimmt zu haben meint, zeigt sie ihr wahres Gesicht, indem sie die Sozialdemokratie „hohnlachend“ den unfreis­willigen Tribut einheimsen läßt, den die unbewußten P­rofessoren ihr mit ihren Bestrebungen entgegenbringen, und also anscheinend vollberechtigt Senat und Unterrichtsminister zum Widerstande auffordert. Dem gegenüber muß zunäcst wiederholt werden, daß „Vorträge über to­e Fragen, auf die sich die politischen, religiösen und sozialen Kämpfe der Gegenwart beziehen, ober deren Behandlung zu Agitationen Anlaß geben könnte“, von den Kursen ausgeschlossen sind. Sämtliche Kurse der University- Extension, um deren Ausbreitung es ft auch bei den in Angriff genommenen deutschen Hochscchulfurjen handelt, liegen auf anderen Gebieten. In Leipzig z. B. werden in den vorläufigen Einzelvorträgen besprochen Goldmacher sonft und seht, die Entstehung Der Gebirge, der Nebelgang der Volutit des Deutschen Reiches zur Weltpolitik, der Dienstvertrag nach dem bürgerlichen Geiegbuch, Goethes nationale Ges­innung, die Lage des Handwerks in Deutschland. In Wien waren in der legten Serie am meisten besucht die Kurse über Anatomie, erste Hilfe, Astronomie und Cleftrotehait. Sodann ist hervorzuheben, daß die Hure seines­wegs nur für Arbeiter bestimmt sind, daß sich erfahrungs­­gemäß zahlreich an ihnen Handwerker, seine Beamten, Lehrer und Lehrerinnen beteiligen. Wenn die Menschen infolge geistiger Weiterbildung Sozialdemokraten werben müßten, dann wäre die gegenwärtige Gesellshaft rettungslos verloren. Aber nuın kommt man mit dem Einwurf der „Halbbildung” ; der muß durchsc­hlagen, denkt man. Er ist jedoch eine derartig alte „Kamille“, daß auch der Aufguß mwässeriger Berechtsamkeit keine Kraft mehr aus ihm zu ziehen vermag. Berechtigte war es einst, von einer Gefahr der Halbbildung zu sprechen, als noch allerlei wissenschaftliche Bildungsvereine u. v. w., Leute, die ihre Wissen oft erst selbst aus zweiter oder dritter Hand erhalten, einstündige Vorträge möglichst universaler Art hielten ; aber diese Art von Wolfsbildung genügt eben nicht mehr ; das in seinen Bedürfnissen reifer und ernster ges­torbene Wort verlangt nach bitterer Kraft, und durch dieses Bedürfnis hervor» gerufen, treten endlich auch bei uns die Wolfshochschulfurfe und Leben. Hier lehren Sachleute, allerdings in der Beschränkung auf eine Mitteilung der wissenschaftlichen Ergebnisse, aber Doch dergestalt, daß dem strebsamen Zuhörer duch B Diskussion, Fragen und an den Vortrag sich anschließende Lektüre Ge­­legenheit gegeben werden sol, auch je nach Talent und Mühe, in das kleine Gebiet, das nicht eine Stunde, sondern einen Kursus von 9—12 Stunden umfaßt, selbstthätig einzubringen. Derartige strebsame Geister, die nicht im Slande waren, Gymnasium und Universität zu besuchen, sind, und gerade an bei­ung, im Volke nicht reiten. In England sind sogar duch die University Ex­ension tüchtige Kräfte aus dem arbeitenden Bolf herausgeholt und wirkliche Universitätsstudenten geworden. Wehnlich war es mit dem Buchbindergesellen Saraday und mit dem Rettungsjungen Edison, die beide­ berühmte Physiker geworden sind, ohne ordnungsmäßig eine Universität besucht zu haben. Und wenn man die toten Begründer der Industrie-Dynastien Borsig, Krupp, Hed­­mann, und al die Übrigen Selfmadyggen, melde die deutsche Industrie zu Ehren gebracht haben, um ihre Meinung befragen könnte, wie würden sie die gegenwärtige Generation glücklich preisen, daß sie so leicht haben sollt, sich fort­­zubilden. Wie unterrichtet die Gegner bezüglich dieses Unternehmens sind, das sie glauben von vornherein bekämpfen zu müssen, geht aus der Polemik eines ernsten Blattes hervor, welches die geplanten Hochschulkurse mit den Bildungs­­vereinen einer vergangenen Epoche auf eine Stufe ti.lt. Sind erst einmal solch falsche Darstellungen „Halbgebildeter“ in die ganz gebildeten Steije ge­­bracht, dann findet man «3 viell­icht selbstverständlich, in den andern Ein­­wurf einzustimmen, das Waschen der Universität müsse unter einer derartigen Popularisierung der Wissenschaft Leiden, ihre eigentlichen Zmede müßten ges­chädigt werden. Die Eingabe der Berliner P­rofessoren an den Senat spricht es dem gegenüber aus, der ihre Unterzeichner „durchdrungen sind von der Ueberzeugung, daß die Universität damit nicht bloß eine große soziale Pflicht erfülle, sondern auch zu ihrem eigenen Besten handle, ihr Ansehen und ihren Einfluß befestige.” Und für diese Erwartung sprechen die Thatsehen. Die Universitäten in Cambridge und Oxford sind durch die „Extension“ neu be­­lebt, produktiv und im höchsten Grade volkstümlich geworden, wie andererseits ihr Einfluß auf das öffentliche Leben und die öffentliche Meinung ein „ges­taltiger“ geworden ist. Das mag man bei Reyer in seinem „Handbuch des Bolfsbildungswesens” nach­sen, worin er noch besonders Hinsichtlich der Pro­­fessoren sagt: „Die gelehrten Herrn, welche in früheren Zeiten ein exklusives Leben geführt hatten, kommen in mannigfaltige Beziehungen zu allen reiten der Bevölkerung, sie lernen manche Tüchtigkeiten und Werte schägen, andererseits aber werden sie auch vertraut mit Gebrechen und Leiden, von welchem sie berdem seine Vorstellung hatten.“ Der Einwurf der Halbbildung — als ob jemals eine Bildung vollendet werden könnte! — richtet sie aber gegen das neue Unternehmen noch be­­sondern von einer Seite her, welcher Bildung überhaupt verdächtig ist, und welche die Sozialdemokratie ja auch geilıffentlich als eine Folgeerscheinung der weiter verbreiteten Wfsenschaft einstelt. Auch dieses Völkchen spürt den, welchen er bekämpfen will, nicht, obgleich er es am ragen hat. Gegen die Vorwürfe, daß ihre Bestrebungen Halbbildung verbreiten könnten, bemerken die Berliner Professoren, daß sie nicht glauben, ihn „von irgend einem Verftüns­digen auf sich zu ziehen.“ Gegen den Verdacht, daß sie der Sozialdemokratie Borschule Leisten, Iringt sie eigentlich am besten der „Vormwärte“, der die Sozialdemokratie vielmehr durch die widerstrebenden Elemente gefördert fühlt, indem er schreibt : „Weit mehr als der Plan gefällt und — wir sagen es offen — seine Bekämpfung. Wenn die Sozialisten tötet — sie alle haben sich darin bewährt — Mommsen, Adolf Wagner, ©. Schmoller, Sering — magen, ihr­ Waffen auch Arbeitern zugän­gig zu machen, erhebt si ein Sturm der Entrüstung.” Als Harvey ı Bla­ureißlauf entdeckte, da hatte er auf Seiten seiner Entdefung alle­s­ unter vierzig Jahren; die älteren konnten sich mit der Neuerung nicht befreunden, sie mußten ausstellen, ehe diese allgemeine Auf­­nahme fand. Wehnlich liegt es bei jedem neuen Gedanken von allgemeiner Bedeutung, und auch hinsichtlich der „volkstümlichen Hochsulfurie”. Eine Generation, als nicht immer an Fahren, aber an Vorstelungen und Ans­chauungen, widerstrebt ; die Generation, welche den gesunden K Fortscritt der Entmwickelung darstelt, muß solchen Widerstand beharrlich und entschieden überwinden.“ Politische Mebersicht. Hermannftadt, 23. Yanıtar. Kenilleten. Der Höfe Geist. Roman von U.­­ von Suttner. (19. Fortlegung.) Als die beiden Gegner si stellten, grüßten sie sich in steifer Art und erwarteten das entscheidende Zeichen. Marcel hatte den ersten Schuß. Sobald die Beugen die Hände mit den Taschentüchern erhoben, machte er fünf Schritte vorwärts und Schoß, ohne zu zielen, wie er erwartet, war der Schuß fehl­gegangen, denn Heiffenstein trat unmittelbar darauf vor, zielte mit Bedacht und die Kugel streifte Marcels Iinfen Arm, doch so leicht, daß er kaum die Berührung fühlte und nur die Spur am Normel bemerkte, von dem ein Stüc aufgerissen war. „Sie sind getroffen ?“ sagte Cloßmann Herankommend. „Weniger ich, als mein Rod. Hat der Herr Gegner genug oder —” „So fürchte nein; ich vergaß, Ihnen zu sagen, daß erst die Kampf­­unfähigkeit des einen oder beider der Sache ein Ende machen sol.“ „Sehr erfreulich !“ verfeßte Marcel aufgebracht. „Also beginnen mir die unangenehme Unterhaltung no einmal: schließlich wird man si auch an das gewöhnen”, bemerkte Marcel in einem Unfalle von Galgenhumor. Nach wenigen Minuten standen sich die Kämpfenden wieder gegenüber. Nochmals Shop Marcel planlos vor sich Hin, und nochmal bewies der andere, daß er ihm ernst sei, denn das Geschoß schwirrte pfeifend an Marcels Ohr vorbei Das brachte sein Blut ins Wallen: „Er giebt sich redlich Mühe, mir den Garaus zu machen !“ murmelte er: „Und er kommt immer näher; beim dritten Mal wird er die Stirn kaum verfehlen.” Die Zeugen kommandierten: „Noch einmal !" „Wenn ich seinen rechten Arm treffen könnte oder seine rechte Hand, dann wäre er m wenigstens kampfunfähig und die eselhafte Geschichte Hätte ein Ende­, dachte er bei sich, und wieder vortretend, gab er sich Mühe, seine Absicht auszuführen; bedächtig zielte er nach der Stelle, die er zu treffen hoffte, und drühte 108. Er sah sehr gut, wie Heisfenstein seine linke Hand nach vorne führte, und er hörte, wie er rief: „Das­ Dann stürzte der Gegner grade wie ein gefällter Baum zu Boden.” AM drehte sich vor seinen Augen, als er die Mordwaffe fallen ließ,­­ und seine Beine zitterten, daß er nicht im Stande war, si zu bewegen; er sah nur wie im Nebel zwei Gestalten, welche auf den Gefallenen zusprangen und sich um denselben zu schaffen machten. Was war geschehen? Hatte er ihn getötet ? Kraftlos taumelte er auf einen Holzklug Hin, um dort nieder­­­zufinden. Endlich erhob er wieder das Haupt und sah Eyking, der wajch auf ihn zukam. „Maufetot !” tönte er mie der Höhnische Ruf eines Satans an Marcels Ohren und jebt schien er ihm einen Augenblick, wie wenn derjenige, der sich für seinen Freund ausgegeben, das grade Gegenteil wäre, aber als Heiffensteins Sekundant näher kam, bemerkte Marcel doch einige Zerstörung in seinem Aeußern. „Schredtih !" rief Eyking unter einem schweren Seufzer. „Er ist mitten und Herz getroffen!” ... . Mein armer, armer Freund, wie sehr bedauere ich den traurigen Ausgang! und er legte die Hand teilnehmend auf Marcel Schuster. „Ich denke mich in ihre Lage”, fuhr Eybing fort, „ich fühle, daß es Ihnen fast lieber wäre, an seiner Stelle dort zu liegen.” Er ftodte und ließ einige sröhnende Laute vernehmen, dann schien er sich aufzuraffen: „Man muß das Schlimme nehmen wie e8 fam; ed war unvermeidlich; er wollte ed nicht anderd: Er oder ih! war sein Legter Ausspruch.“ Marcel blieb stumm, als habe er für alle Beiten die Sprache verloren. „Sehr werden die furchtbaren Folgen über uns kommen!” ergriff Eysing jeder das Wort: „Und ich ehe seinen Ausweg vor mir; wir müssen unser Schicsal über uns ergehen lassen.“ Er schien zu erwarten, daß der andere etwas antworten werde, da aber dies nicht der Fall war, so rüttelte er Marcel an der Schulter. „Ermannen Sie sich, Tannenberg ! Laffen Sie sich von der Mutlosigkeit nicht so sehr überwältigen.” „Sia”, kam es endlich tonlos zwischen die andern Lippen hervor. „Ich ermanne mich und gehe nach PBottenbrunn, um mich den Gerichten zu Stellen.” „Mm Gottes willen, nein! Warten Sie — laffen Sie uns beraten, nachdenfen, was zu ihm­ das beste ist. Bedenfen Sie, daß Sie auch unser Schicsal in Händen haben — daß Cloßmann auf meine V­eranlassung, auf mein Drängen nur das Amt übernommen hat, das jebr seine ganze Zukunft auf's Spiel jegen kann. Ich bitte Sie, Tannenberg, thun Sie seinen unüberlegten Schritt, lassen Sie und —“ Der offiziösen „Polit. Rorr.” wird aus Buddapest geschrieben, daß die vom Grafen Johann ZichYy angeregte Umbildung der Volkspartei zu einer konservativen Partei nicht allein von liberaler Seite bekämpft werde. Defe­cee scheint vielmehr auch im Schoße der Volkspartei selbst seinen Anklang zu finden. Die Mitglieder dieser Partei, welche die Revision der kirchenpolitischen Gehege zum mächtigsten Programmpunkt machen, besorgen, daß derselbe bei einer Umwandlung der Partei in dem Sinne des Grafen Zichy zu Gunsten anderer Tendenzen in den Hintergrund gedrängt werden würde, so würden in die zu einer konservativen Partei umgestaltete W­olis­­partei notwendigerweise Mitglieder aufgenommen werden, welche die erwähnte Revision nur nebenher urgieren und die Kraft der Partei hauptsächlich an­­deren Tendenzen dienstbar machen würden. Das wäre nun nicht nach dem Sinne der Mitglieder der Volkspartei, die auf Grund des Revisionsprogramms gewählt wurden und eine Abshmwäschung dieser Tendenz perkorregzieren. &8 scheine auch nicht, daß man mit Mitgliedern der Nationalpartei oder der Unronfraktion, welche Elemente für eine neue Partenbildu­ng liefern könnten, in Sühlung getreten ist. Die Neubildung einer konservativen Partei erscheine somit als eine totgeborene dee. In der vorgestrigen Sigung des Abgeordnetenhauses wurde die Spezialberatung über das 1847er Staatsbudget begonnen. Bei dem Titel „Königliche Hofhalt“ unnterbreitete Meßlenyi im Namen der Kossuth­­fraktion einen Beichlußantrag, in welcher den selbständigen ungarischen Hofhalt „Aber, was sol ich anderes machen ?" „Ballen Sie sich erst — Sie sind ja ganz außer sich und könnten da leicht in der ersten Erregung einen Schritt machen, der für uns alle verderblich würde.” „Boffen! Unmittelbar nach einem so furchtbaren Ereignisse? Ich Habe ein Menschenleben auf dem Gemissen — verstehen Sie das zu bemressen, Herr von Eysing ?” „Ob ich es verstehe? Glauben Sie, ich fühle mich nicht selbst als unglückicher Beteiligter? Weiß Gott, ich Habe mir genug Mühe gegeben, das Ganze ins richtige Geleite zu bringen, aber, was konnte ich einem Manne gegenüber ausrichten, dessen haf- und zornerfülltes Gemüt friedlichen Worten nicht zugänglich war, der nur den einen Wunsch hegte: Sie zu töten!... Ich zitterte mehr für Ihr Leben, als für das feine, denn bei Ihnen war ich sicher, daß ir menschenfreundlicher Charakter immer die Oberhand über die Leidenschaft bewahren würde. Ich flehte ihn an, nach dem zweiten Kugelwechsel es damit genügen zu lassen; nein!­st mollte, er mußte in sein D Verberben rennen ... Sollen Sie nun auch noch über seinen Tod hinaus unter diesem Hafse leiden ? Sollen mit Ihnen auch noch zwei Unschuldige zu Grunde gehen? Sie rennen doch die Strafe, die und erwartet, sehen Sie nicht da eine gleichzeitige Störung Ihres Glückes voraus ?* „Über was so ich t­un ?“ verfeßte Marcel im Tone der Verzweiflung. „Da, nehmen Sie Ihren Mantel — eilen Sie nach Hause und warten Sie das Ergebnis meiner Beratung mit Cloßmann ab. Sie find uns diese Rücksicht schuldig; ich bitte Sie darum; Heute noch, Hoffentlich im wenigen Stunden bin ich bei Ihnen. Und noch eins: geben Sie mir IHr Wort, daß Sie vor der Hand das tiefste Stillschweigen über das Ganze beobachten wollen, daß Sie niemandem — verstehen Sie, niemandem“, wiederholte er mit Nachdruch, „weder duch Wort noch durch Schrift ein Sterbenswörtchen vom Geschehenen anvertrauen wollen.” Marcel hatte si, ohne es recht zu wissen, in den Mantel gehüllt, der ihm von Eyking dargereicht worden, aber er blieb noch unschläffig stehen. „Ihr Wort!” drang Eysing in ihn, die Hand Hinftredend, Der andere ergriff zögernd die Hand, dann nach einer Raufe: „Mein Ort.” „Gehen Sie nun — ich bitte Sie darum, gehen Sie,* Und er ging, ohne weiter eine Silbe zu erwidern, (Wortfegung folgt.) “

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