Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. November (Jahrgang 24, nr. 7261-7285)

1897-11-25 / nr. 7281

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Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kaufe­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis : Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile tostet beim einmaligen Einraden 7 Kr., das z­weite­­mal je 6 fr., das drittemal je 5 kr. 8. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr, 1897 ° « Siume, Fiume, dad „separatum sacri regni coronae adnexum corpus“, das jahrzehntelang als „das glänzendste Samel in der Krone Ungarns“ ges­priesen worden, das „Hätschellind” Ungarns, es findet keine Gnade mehr in der haudinistischen magyarischen Presse. Was ist aber die Ursache dieser Wandlung? Die Hafenstadt hat den Mut­­fig der Auffangungs- und Uni­­formierungssucht des Magyarentums, die sich bisher an Deutschen, Slawen und Rumänen allerdings noch immer nicht mit dem so heiß ersehnten Erfolge versucht hat, die nun auch in seine Mauern ungestüme Aufnahme begehrt, zu widerseßen. Die Magyaren zeihen natürlich die Fiumaner des gräßlichsten Andantes, hat doch die ungarische Regierung daselbst Sonvestitionen für den Hafenbau, für die Karlstant— F­iumaner Bahn u. |. w. im Betrage von 50 Millionen gemacht. Die Fiumaner meinen dagegen, dieser K­ostenpunkt habe nichts mit der Bolitit zu thun, und sind überdies noch dazu so unverfroren, zu erklären, daß die erwähnten 50 Millionen jährlich 17 Millionen einbrächen, was immerhin eine hübsche Nente sei. Wer halbswegs unsere magyarischen Freunde Tennt, weiß zur Genüge, daß bei ihnen leider nur allzusehr die Neigung herrscht, si vom Resige der Macht zum Mißbrauche derselben verleiten zu lassen. Aber sie haben dafür stets einen»Rechtstitel«oder irgendetwas dem­­gleichen zur Hand,sie sind niemals um das Beschönigungsmäntelchen irgend einer»Staatsnotwendigkeit«verlegen,das die Vergewaltigung verhüllen soll. Nicht anders ist es auch in der Fiumaner Frage.Ein kurzer Blick auf die geschichtliche Entwicklung der letzten Zeit Fiumes zeigt dieses deutlich. Infolge der Unmöglichkeit einer Einigung der ungarischen und kroatischen Regnikulardeputation befindet sich Fiume seit 1867 in einem Ausnahmezustande, der durch das»statuto dellaiserts-Oliv di Fiume«geregelt ist.Es ist vom Grafen Josef Zichy als Gouverneur von Fiume unterschrieben und trägt die Bemerkung:Dieses Statut wurde infolge Beschlusses durch die Ver­­ordnungdeck­ung.Ministersdeannern am 27.April 1872 gutgeheißen. Dieses Statut erklärt aber in seinen ersten Worten,daß dasselbe,inso­ lange die Administration Fiumes nicht gesetzlich geregelt ist und Fiume einen der ungarischen Krone annektierten separaten Körper bildet,für alle städtischen Angelegenheiten bestimmend bleibt.Im Sinne dieses Statuts sind seit 1867 alle ungarischen Gesetze in Fiume im Einvernehmen und mit Zustimmung der Stadtrepräsentanz durchgeführt worden.Man hat die Gemeindeverwaltung nach eigenem Ermessen vorgehen lassen und nicht an dem­ fast ausschließlichen Gebrauch der italienischen Sprache gehindert.Das letztere ergab sich von selbst,da auch heute noch in Fiume 44·12 Prozent Italiener,36«52 Prozent Kroaten,9«43 Prozent Slowenen,5«07 Prozent Deutschen und 3«60 Prozent Magyaren gegenüberstehen.*) In den legten Jahren nun sind wiederholte Bestrebungen zu Tage ge­­treten, der magyarischen Sprache mehr Raum zu schaffen und die Verwaltung stärker zu beeinflussen. Eine noch schärfere Tonart trat in diesem Jahre ein. Die Schaffung des Ver­waltungsgerichtshofes und der Geschworenengerichte, die auch bei uns den heftigsten Widerspruch hervorgerufen, sowie die Reform der Strafprogelordnung, die zu so lebhaften Kämpfen im ungarischen Reichs­­tage und zur Obstruktion im Sommer geführt hatten, war der Anlaß zu einem energischeren Eingriff in die bisherigen Fiumaner Verhältnisse, wobei auch die Wirkungssphäre des Magistrates und der Stadtvertretung statt in Mitleiden­­schaft gezogen wird. Simsbesondere die Erstrebung der Kompetenz des un­­garischen Verwaltungsgerichtshofes auf die Hafenstadt und die Kreierung eines Verwaltungsaussschusses als Zwischenanftanz zwischen der Gemeindeverwaltung und der Zentralregierung in Budapest, ist ein schwerer Eingriff in das Fiumaner autonome Statut, und bliebe ein solcher auch dann, wenn in diesem Statute nur der ausdrückliche Vorbehalt enthalten wäre, daß es nur mit Zustimmung des dortigen Gemeinderates abgeändert werden künnte Denn mit diesem Verwaltungsausschusse wird eine Institution geschaffen, die dem ganzen Charakter der Ziumaner Autonomie widerspricht und offenbar den Ewed verfolgt, der ungarischen Regierung gegen den Wortlaut und Geist des Fiumaner Statut einen größeren Einfluß auf die dortigen Kommunal­­angelegenheiten möglich zu machen. Wäre dies nicht der Fall, dann hätte ja leicht ein Ausweg aus dem Konflikte gefunden werden können. Gegen die Erstrebung der Kompetenz des Vermwaltungsgerichtshofes auf das Gebiet von Fiume hätte die Vertretung der Hafenstadt nicht­ einzuwenden, und schließlich auch dagegen nicht­, wenn in Fiume das Gubernium mit den genden des im Gehege vorhergesehenen Verwaltungsausschusses betraut würde. Aber Die ungarische Regierung perhorreszierte eine solche Lösung mit aller Entschiedenheit. Sie will in Fiume den erwähnten Ausschuß eingefeßt sehen, will in ihn ihre eigenen staatlichen Organe entsenden und diesem Ausschuß einen Wirkungskreis zumeisen, der zum Teil in denjenigen eingreift, den bisher der Gouverneur gehabt hat und den selbst die gleichartigen Körperschaften Ungarns nicht haben. In dem oben umgedeuteten Sinne hat auch der Prodesta von Fiume, Dr. Mayländer in der ersten in Budapest am 6. d. M. abgehaltenen Enquete erklärt: Die Fiumaner nähmen das Geieg über den Verwaltungsgerichtshof an, doch nicht den V­erwaltungsausschuß. Recht charakteristisch für den Standpunkt der Regierung war die Ant­­wort de Ministerpräsidenten: es wäre erwünscht, daß die Gesehe im Einver­­nehmen mit Fiume durchgeführt würden, doch werde selbst die Opposition Fiumes die Durchführung derselben nicht hindern künnen. Die passive Nenitenz — denn den etwas anderem künne gar nicht die Rede sein — würde der Regierung wohl Gene auferlegen, da es würde Died auch die Interessen Siumes beeinträchtigen. Nicht besser als Dr. Mayländer in der Enquete erging er dem von Fiume dem Abgeordnetenhause unterbreiteten Protest gegen die Einführung der erwähnten ungarischen Gelege. Nach einigen scharfen Ausfällen gegen dieselben, über seinen „unmürdigen Ton“, wurde er zu den Aften gelegt, das heißt in den Papierkorb geworfen. Die Folge dieser Behandlung Fiumes war, daß selbst ein dort erscheinendes ungarfreundliches Blatt einen heftigen Artikel aus der Feder eines Anhängers der Regierung veröffentlichte, in welchem dem S Kabinett Banffy Ungereglichkeit und Ungerechtigkeit­ zum Vorwurf gemacht wird und der mit den Worten fließt: „Mit Bajonetten kann man alles erzwingen, nur nicht Liebe.” Seitdem ist die Erregung in Fiume immer höher gestiegen. Vor wenigen Tagen hat der Podesta Dr. May­­länder mit 46 Stadtrepräsentanten seine Demission gegeben. Berner haben alle jenen demissionierten Stadtrepräsentanten, die zu der am 19. d. M. einberufenen zweiten Enquete eingeladen waren, beschlossen, da sie alle Stadtrepräsentanten eingeladen worden, ihre Mandate für die Re­­präsentanz aber niedergelegt hätten, an der Enquete nicht teilzunehmen. Damit war die Abhaltung der Engquete unmöglich gemacht und man konnte darauf gespannt sein, was nun die Regierung thun würde. Wie unseren Lesern bekannt ist, hat sie sich entschlossen, nicht nachzugeben, sondern die fraglichen Gefäße einfach im Verprönungswege in Yiume einzuführen, eine Verfügung, die in den politischen reifen Ungarns — als­ch der Regierungspartei — einer geteilten Aufnahme begegnet. Ein weiterer Schritt ist auch gefolgt. Am 22. d. M. verständigte der Gouverneurstellvertreter Dr. Tibor Gaal den städtischen Magistrat in einer Bufschrift, daß er mit diesem Tage die Agenden des Munizipalpräsidiums mit sämtlichen demselben zusommenden Befugnissen Bid zum V­llzug der Neu­­wahlen und der Konstituierung der Stadtvertretung übernehme. In Fiume selbst ist man auf diesem Ende der Dinge wohl gefaßt ge­­wesen. Trogdem haben die neuen Verfügungen der Regierung daselbst peinlich berührt. *) Siumes Einwohnerzahl betrug im Jahre 1846 11498, 1870 17.884, 1880 20.981, 1890 30.337 (darunter 843 Mann Militär). Für die Mitte des Jahres 1895 wurde die Zivilbevölkerung auf 30.263 Seelen berechnet, so daß mit Einrechnung des Militärs die Einwohnerschaft sie auf mehr als 31.000 Seelen stellt. — VD­as Boli­n­ge Meberficht. Hermannstedt, 24. November. Ueber die vorgestern abgehaltenen Ministerkonferenzem meldet die „Bud. Korr.” unter dem 22. d. M. aus Wien: „Der gemeinsame Minister des Weißern Graf Goluhomwsti und Ministerpräsident Graf Badeni erschienen heute nachmittags beim ungariscen Ministerpräsidenten Baron Banffy, wo sie mit demselben und mit dem Finanzminister Sufkacs längere Zeit konferierten.. — Ministerpräsident Baron Banffy und Finanzminister Sulacs begeben si morgen abends nach Budapest, um der Sigung des Abgeordnetenhauses anzumahnen. Auch wird am Mittwoch ein Ministerrat behufs Erledigung der laufenden Angelegenheiten stattfinden.“ Zum Erposen des Grafen Goluchowski liegen zahlreiche Aeußerungen der europäischen Presse vor. Natürlich wird der friedliche Charakter der Kundgebung allerorts mit Genugt­uung­­ begrüßt und wird in den Beziehungen der Monarchie zu Rußland namentlich von der deutschen und russischen P­rem­i­e eine dauernde Friedensbürgschaft erblidt. Die „Nomwosti“ führen aus, schon lange habe ein österreichisch-ungarischer Minister nu­ so aufrichtig und überzeugt wie Graf Goluhomsfi ge­sprochen. „Es ist uns angenehm“, schreibt das genannte Blatt dann weiter, „konstatieren zu können, daß diese seltenen Eigenschaften der eve des öster­­reichisch-ungarischen Ministers des Weißern das direkte Resultat der zwischen Desterreich- Ungarn und Rußland Hergestellten foliven und freundschaftlichen Beziehungen sind. Indem sich Desterreich-Ungarn einerseits auf den Dreibund, andererseits auf das mit Rußland getroffene Einvernehmen stößt, welches jede Einmischung in die Angelegenheiten der Baltanwölfer ausschließt, kann er mit erhöhter Stimme und überzeugter denn je von der Unerschütterlichkeit des europäischen Friedens reden.” Die „Wolfische Zeitung“ bespricht die Beziehungen Oesterreich- Ungarns zu Rußland und meint, die Verständigung, die dem leitenden Staatsmanne der Habsburg’schen Monarchie gelungen ist, läßt das Bundes­­verhältnis zwischen Wien und Berlin unberührt, stelt aber ein Verhältnis zu Rußland her, das jede Möglichkeit eines Zusammenstoßes insolange aus­­schließt, als da Petersburger Kabinet auf eine Thatpolitik in der Orient­­frage verzichtet. Gegen die­jenige russisch-österreichische Verständigung ist vom deutschen Standpunkt formell wie fachlich um so weniger etwas einzumenden, als Graf Goluhomsfi gleichzeitig mit der offiziellen Verkündigung dieses Ein­­vernehmensd neuerdings ein endgaltloses Zeugnis für den unveränderten Fort­­bestand des Dreibundes abgelegt hat, der nach seinem wirksam geprägten Wus« spruhhe das Bürgerrecht in Europa erlangt hat. Der Schlußgedanke der Rede, die Notwendigkeit eines engen Zusammenschlafes der Völker Europas, ist zwar von von anderen ausgesprochen worden, zum ersten Male ist er aber von so hervorragend amtlicher Stelle so freimütig, und alles mystischen, daher leicht mißverständlichen Beimerfs entkleidet, ausgedrückt­­word’n und dafür gebührt dem Grafen Goluchomwsti ebenso lebhafter Dank, wie für den stark friedlichen Ton, auf den seine ganze Kundgebung geflimmt­ ist. In Oesterreich ertönen Frieden­slänge und zwar gehen sie von tschechischer Seite aus. Die „Narodni Lifty“ veröffentlichen nämlich eine offenbar von der tschechischen Parteileitung inspirierte Depesche, welche positive Anregungen zur Lösung der Sprachenfrage in Böhmen und Mähren enthält und noch Andeutungen über eine eventuelle Revision der Sprachenverordnungen bringt. Wir entnehmen dieser Publikation nachfolgende Stellen: „Wir erachten die Sprachenverordnungen des Grafen Babeni nicht für eine un­wiederrufliche Aktion,­­den aus dem Grunde nicht, weil wir sie nicht für volständig halten. Wir feiden jedoch ausdrücklich voraus und betonen es feierlich: E38 würde sich einer Täuschung hingeben, wer glauben wollte, daß wir auch nur die Abänderung eines­­ Buchstabens in diesen Erlässen früher zulassen könnten, ehe an deren Stelle etwas anderes, etwas besseres träte, und daß wir irgend eine prinzipielle Verschiebung zugeben würden. Der M­enilletes, Der eigene Deg. Bon Hand Richter. (81. Kartiesung.) Die Sonne selbst, die zum Senfter freundlich hereinblichte, errichien Hedwig wie ein Bild der gleißenden Lüge,­­ aus der­ Verne eine fegen­­spendende goldene Scheibe und in Wahrheit ein furchtbarer, alles Leben in seiner Nähe vernichtender Feuerball. Und die blauen Berge, die so romantisch herüber grüßten, waren doch nur bäßliche, jüdische, graue Steinklippen,­­ Lüge, Moder unter dem prahlenden Zwitter. So grübelte sie Tag um Tag, jede tiefere Regung ihrer Seele mit äßendem Brieifel zerregend und vernichtend, sie immer tiefer hinein arbeitend in die erbitterte Verneinung alles hefjen, was ihr bisher achtungs- und liebenswert erschienen war. Selbst ihre Zukunft ließ sie gleichgiltig. Bei ihren bescheidenen Be­­dürfnissen reichte ihre Heine Barschaft noch einige Wochen an. Dann mirbe sie arbeiten, — nähen, flielen oder dergleichen, — und verhungerte sie dabei, was lag daran ! Li Eines Tages Topfte eine kräftige Hand um ihre Thür, und als sich diese öffnete, stand auf der Schwelle Günther Boretius. Zum ersten Male, seit sie das Prohessche Haus verlassen, flog ein leiser Freudenschimmer über ihre Hager und blaß gewordenen Züge. Er bemerkte es und drühte ihr freundlich die Hand, „Mein Besuch ist Ihnen nicht unangenehm ?“ begann er mit seiner hellen, festen Stimme, die so gut mit feiner ganzen Erscheinung harmonierte: „Ich­­ wäre schon längst zu Ihnen gekommen, hätte ich nicht erwartet, daß Sie sie zuerst der Versicherung meiner Freundschaft entsinnen würden.” „Nach meinen Erfahrungen ist es schwer, noch an Freundschaft und Aufrichtigkeit zu glauben“, bemerkte Hedwig bitter. „Erst nachdem das Unheil mich hereingebrochen, vermochte ich Ihre Warnungen ganz zu verstehen. Warum sprachen Sie nicht sofort ohne Rackhalt ?" „Weil Sie doch jedenfalls selbst schon vernommen hatten, daß Frau von PBrohe ihre Gesellschaftsdamen sehr häufig mechselt und es nicht meine Gewohnheit ist, Stadtklatich weiter zu tragen. Die andern Damen sind aus demselben Grunde wie Sie entlassen worden. Man ist dies bei Prodes schon gewohnt !“ „Was Spricht man über mich ?” Günther zuchte die Achseln. „Ich weiß es kaum, . . . ein Hörnchen Wahrheit in einem Wuff von Entstellungen und Uebertreibungen, dem man am besten aus dem Wege geht!" „Und die Welt darf ungestraft über die Schuglofe herfallen, ihren Namen im Schmuß umherzerren I" vief Hedwig empört. „Ihr selbst glaubt man nicht und zu ihrer Verteidigung regt sich seine Hand.“ Zwischen den Augenbrauen Günthers zeigte sich eine kleine Zalte. „Durch Ihre Worte klingt ein Vorwurf, den ich mit gutem Getwissen zurücweisen kann. Meinen Lie­­ed würde Ihren Ruf verbessert haben, wenn ich den Rittmeister gefordert hätte ?* „Sewiß nit, doch .. . „Doch trat ich in jeder andern möglichen Weise für Sie ein. All hierin segen mir die Verhältnisse Beschränkungen auf. Alzu großer Eifer hätte nur einen neuen Jed auf Sie geworfen.” „Natürlich! Die Welt glaubt nit an die Tugend einer Armen und das ÜBergehen eines Mächtigen.” „Sie irren, liebes Fräulein! Daß der Proheiche Mreis Sie verurteilt, darf ich freilich nicht leugnen. “& giebt eben Aliquen, die fest zusammen­­halten, jeden Fehltritt eines ihrer Mitglieder so lange als möglich ignorieren und jede Schuld auf die außer ihnen Stehenden schieben, um der Zusammen­­gehörigkeit willen mit Bewußtsein fügen, wenigstens nach außen hin. Unter sich freilich,­­ nun, ich kann Ihnen versichern, sein Mensch in ganz Waldenberg, am wenigsten aus den Broheichen Berfehrufreifen, glaubt im Ernst ehrlich an Ihre Schuld. Man stellt si­eben nur so, um der Klique willen. Eine beschämende und betrübende Erscheinung für den wahren Christen somögt wie für den Mann rein menschlicher Aufklärung und dennoch so tief eingemwurzelt in unseren ganzen gesellschaftlichen Einrichtungen, daß wir selbst mit königlicher Macht vergebens dagegen ankämpfen würden.“ „So daß eine Handvol vom Glück Bevorzugter ungestraft der Gerech­­tigkeit Hohn sprechen, der Wahrheit ins Antlig schlagen, über Ehre und Existenz unzähliger Anderer den Stab bredden darf.“ „Soweit eben die Klique reicht, ... . darüber hinaus erlischt ihre Macht, wenn wir von der gewohnheitmäßigen bösen Klatschmaulerei absehen. Jene Leute reden sich ein, die „Welt“ zu bedeuten. In Wahrheit sind sie nur ein winziger Bruchteil davon. Leute vom Schlage der Elgendorf und PBrphes bilden zum Glück noch nicht die Regel; über kurz oder lang werden sie doch einmal ausgemerzt. Ich habe aus dem Munde eines Stabsoffiziers die Versicherung, daß der Rittmeister demnächst Waldenburg verlassen dürfte, und ebenso kann ich Ihnen mit meinem Wort bezeugen, daß Sie bei allen rechtlich Denkenden, die si nicht um boshafte Klatschereien kümmern, an Achtung nicht verloren, sondern gewonnen haben. Ich selbst war ja vom ersten Augenblick an fest überzeugt, Sie dürften noch immer frei und Ihres Wertes sie bewußt, jedem ins Antlig sehen. Treten Sie offen der Welt gegenüber, achten Sie des Schmußes nicht, durch melden Sie bisweilen schreiten müssen. Wer im Lohn steht, muß selbst über empfindliche Nadel­­stiche lächeln lernen. Das Ahnen zu jagen, ist der erste Grund meines KRommens.“ s „Wofür ich Ihnen von ganzem Herzen danke“, sprach Hedwig aufs richtig. Er war ihr eigentümlich Leicht und frei geworden bei feinen ver­­ständigen Worten, unter feinem warmen, ehrlichen Blid. Ihr war, als könne fs nun noch einmal das Gewöll, das tiefdunkel ihren Lebenshimmel umzog, lichten. „Sie lassen mich noch einen zweiten Grund vermuten, Herr Boretius :" „Der sich ebenfalls aus meiner Freundschaft, an welcher Sie Hoffentlich nun nicht mehr zweifeln, als selbstverständlich ergiebt. Sie haben nicht die Absicht, nach Lenfin zurückzukehren ?" „Rein !" „E s steht mir sein Urteil über die Berechtigung dieses Entschlusses 345. . haben Sie sonst irgendwelche Aussichten ?“­­ über

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