Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. Dezember (Jahrgang 24, nr. 7286-7311)

1897-12-04 / nr. 7289

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Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauff­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Gunesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fortet beim einmaligen Einladen 7 Er., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 ix, Surjew und Nagy Heben. Der Gesehentwurf über die Magyarisierung der Ortsnamen in Ungarn ruft lebhaft die Erinnerung an die Ruffifizierung der alten deutschen Stadt Dorpat mach. Nachdem russische Unduldsamkeit das F­ulturzerstörende Werk so weit gebracht hatte, die Universität zu ruffifizieren, wollte sie auch den deutschen Namen Dorpat aus dem Leben tilgen und defretierte, sie habe hinfort Surjew zu beißen. Der Vorgang findet nun in erweitertem Umfang Nachahmung in Ungarn und es ist kein Zufall, daß die vielfach ähnliche Ent­wickelung des Siebenbürger Sachsenlandes und der russischen Ostseeprovinzen nun auch in diesen That sachen, dort der durchgeführten, hier zunächst geplanten „Nationali­­sierung“ der Namen eine Parallele findet. Ungefähr um dieselbe Zeit, als das deutsche Voll auf der Höhe seiner Macht stand und die Führung des Abendlandes in der Hand seiner Laifer lag, zogen die deutschen Kolonien nach Ungarn und Siebenbürgen und hinauf an die Ostsee, und dort wie hier geschah das gleiche: deutiche Arbeit hat beide Landschaften erst in das europäische Leben eingeführt. Bei allem Unter­­schied, der wesentli dharin lag, daß es hier eine Bauernkolonie war, die aus sich ein kräftiges Bürgertum entwickelte, dort eine Ansievelung von Herrn und Rittern über anderssprachigen Knechten, ist wieder dah­eime gleich gewesen, daß beide Landschaften — daß Sachs­enland hier und Livland u. f. f. dort in Rußland — besondere Rechte besaßen, in Privilegien niedergelegt, durch E. Handschreiben verbürgt, in „Affekurationen“ dort und in „durch Staatsverträge und Geseße verbürgten Rechten” Hier gesichert und daß unter dem Schub dieses provinzialen Sonderlebens fi das deutsche Leben entwickelte, emporblühte und seinen wesentlichen Anteil an der Kultur und Blüte des „Reiches“ hatte. Die Jahrhunderte kamen und gingen. In Rußland versuchte der Absolutismus, der es zum Träger des national-flavischen Gedankens berufen ersah, dem deutschen Leben in den Ostseeprovinzen ein ungerechtes Ende zu bereiten und in Ungarn sah es der Parlamentarismus als seine Aufgabe an, das gleiche Bier im Siebenbürger Sachsenland zu verfolgen. Die Mittel sind hier und dort die gleichen gewesen. Das Gefäß, das in vielen Fällen hier und dort in gleicher Weise als Feind des Nechtes sich erwies, wurde angewendet, wie mans eben für gut fand; für die Betroffenen bleibt es so ganz gleich, ob ein absoluter Herrscher und seine unverantwortlichen Diener es ausfinden und durchführen oder die unverantwortliche Mehrheit eines Parlaments und seine verant­wortlichen Diener, die für alles, was sie thun, dort Redkung finden. Der Sturmlauf ist hier und dort unternommen worden und das Ende ist, das deutsiche Leben ist tief, tief erschüttert worden. Die Stufen der Ent­wickklung sind dieselben gewesen: erst wird das Net durch ein Gele ver­­drängt, dann tritt die alles regelnde Verordnung dem Gefäß zur Seite. Hilft das Belek allählich umstoßen, umgehen, dann wird offen gesagt, das Gefe geht und nichts an, „mir können alles thun* “ und der Willtür ist Thor und Thür geöffnet. Er­st ist die Verwaltung sulfifiziert. Hier magyarisiert worden, dann legte sich der Sprachenzwang auf die Schulen. Bis zur Klein­­kinderbewahranstalt, o die Magyaren haben von dem verhaßten Rußland sehr viel gelernt und es getreulich kopiert, und das Ende ist, daß der Sprachen­­zwang bald die Hauptfache wird. Unendlich viel Ruffishh — hier Magyarisch — wird in allen Schulen, in allen Nestern gelernt, ebenso viel auch wieder vergessen, aber allmählich breitet sie der „nationale“ Firniß über das Land aus und sucht im Ausland den Schein zu erwecken, als sei es in der That gelungen, die vielgestaltige Kultur der Nationalitäten durch die einheitliche „nationale” Kultur zu erregen. Aber all damit begnügt sich die „herrs­­chende Rasse“ auf die Dauer nicht. Sie will der Welt Beweise geben, daß das Land befriedigt, zufrieden ist und am meisten wirken solche Beweise, wenn die Unterbrücten selber jagen, wie gut es ihnen geht. Was man in Ruß­land versuchte, ist auch in Ungarn nicht unversucht geblieben: meist haben flavische Ueberläufer, mehr noch Scheindeutsche den Mund öffnen und die Feder führen müssen, zu erklären, daß sie es in Ungarn so gut hätten, wie nirgends auf der Welt. Aber noch immer will diese arge Welt sich nicht ganz beruhigen. &8 giebt doch noch Deutsche im Lande, ja man hört immer wieder besonders auch von den argen Sacsen, daß sie nicht zufrieden sind, daß sie da sind, daß sie leben, auch deutich leben und reden wollen. « Nun d wohlan,so soll auch der letzte Schein ihres Daseins vernichtet werden,ihre Namen aufgetilgt werde.Jeder deutsche Dorf-und Stadts­name ist ein Protest gegen die Behauptung,daß hierzulande nur das Magya­rische ein Recht und eine Bedeutung habe,ist ein Zeugnis der Vergangenheit, eine Bürgschaft der Zukunft—also weg mit ihnen. So ist in Rußland aus Dorpat Jurjew geworden so soll in U­ngarn aus Hermannstadt Nagy stteben werden. Die alten Feinde,die Russen und die Magyaren haben sich auf einem Boden zusammengefunden—­sie sind einige worden in der Unterdrückung des deutschen Lebens. In diesem Vernichtung Slampf aber,der hier und dort nm schon nicht mehr nur gegen Menschen und Einrichtungen sondern gegen Namen,vor deren Klang man erschreckt,geführt wird,zeigt sich zugleich die Anerkennung, die man der bekämpften Kultur,den deutschen Namen doch,wenn auch un­willig zugestehen muß.Die Namen könnten noch mehr Leben erwecken als sie schon in sich schließen,sie müssen täglich demJns und Ausland die große Lüge widerlegen daß hier alles deutsche Leben vernichtet und für immer verloren sei. Denn was erzählt dort Dorpat, was lehrt hier Hermannstadt und die vielen Hundert Namen deutschen Klanges? Daß wir aus den Stürmen der Jahrhunderte ein Lebensprinzip gerettet haben, das uns bisher erhalten hat und weiter erhalten sol: man mags Autonomie oder deutsche Anlage oder wie immer heißen. &3 bildet zähe Genossenschaften, welche festhalten, was sie besigen, die diese Städte und Orte gegründet haben, e3 verträgt sie nicht mit dem Zwang absoluter Einerleiheit, nicht mit unsicher umschriebenen Gewalten ; e3 widersteht jeder unklaren Mischung von Kräften und Interessen. Es fordert selbstbewußte Bewegung, e3 will nichts wissen von der allgemeinen Hilflosigkeit, die alles von oben und von außen erwartet, das Volk sol sich durch Arbeit erziehen, e3 sol aus sich stark und frei werden und tüchtig und treu im Heinen, sol ed dann erst ins Große zu wirken streben. E 8 steht auf dem Recht, auf den Gütern des Glaubens, der Kultur, die es sich selbst geschaffen hat und es Hält fett an den alten Namen der Orte, die wir selbst gegründet, erbaut, verteidigt, erhalten Haben! Darum werden wir nicht Lasten von ihnen, wenn auch in amtlichen Scriften nicht ein Buchstabe mehr von ihnen vorsäme und das Leben soll stärker sein als die Schrift! Einundzwanzig Jahre finds her, seit das Sachsenland gegen das Recht zerschlagen wurde. Was seither über und hereingebroc­hen, daß ist mehr ge­­wesen, als irgend jemand damals vorauszusagen gewagt hätte, wir kannten den „Instinkt der magyarischen Waffe” noch nicht so, wie wir ihn Heute kennen. Damals ward ein Kampf gegen Einrichtungen. Heute richtet er sich gegen Namen. Aber in diesen Namen wird wieder eine Sache, ein Gedanke, unser Lebensprinzip bekämpft, das Recht, unser Leben auch im engsten Kreise deutlich zu gestalten. Aus der Deffentlichkeit hat man die Aeußerungen des deutschen A­bend — nicht ohne schwere Schuld der Deutschen in Ungarn — ganz oder fast ganz verdrängt, nun beginnt der Kampf gegen dasselbe auch im kleinsten Kreis. Ist aber näheren wir und der Zeit, wo alles darauf ank­ommt, ob diese Deutschen, ob wir Sadhsen Männer sind oder nicht. Sehr muß jeder Einzelne in jedem einzelnen Sal zeigen, daß er si die alten ererbten Dorf­­und Städtenamen ebenso wenig nehmen läßt, wie den eigenen Familiennamen. Man kann sie darauf gefaßt machen, daß ein schlauer Kopf auch diese einmal wegzudek­etieren unternimmt, Und dabei wird nach außen immerfort verkündigt, es gebe seine größere Freiheit ald in Ungarn und es­ei die schnödeste Undankbarkeit, nicht zufrieden zu sein und das nicht anzuerkennen.­­ Wir aber getrösfen uns, daß die Fabel auch Hier wahr werde, die also outet: Das Neid des Löwen fließt Land und Wasser in seine Grenzen. Der König beruft die Nationalversammlung und jeßt den Fuchs zum Weimoden über die Zi­he. Der F­uchs nimmt si einen schlauen Bauern zum Sekretär und zieht hin und verwaltet die Fische. Der Bauer angelt, fiebet das Wasser und kocht die Fische. Die Fische find stunm Da macht sich der König Löme auf, sein Reich zu besuchen und trifft am Fluße von Fuchs, am Kessel den Bauern, im Kessel die Fische, dad Maul meit offen und zappelnd. Was soll dad — fragt der Löwe! Gnädiger König, eriwiedert das Füchslein, gnädigster König, dieses Hier ist mein Obersekretär, dessen Gerechtigkeit alles Volk segnet, und das dort sind Zirche, Bewohner des Wassers. Alle miteinander sind wir gekommen, dich zu begrüßen. Nun, fragt der König, wie steht es mit Geieg und Recht im Lande? Ist alles zufrieden ? Gnädiger, König, eriwieberte der Fuchs, hier lebt fihs wie im Baradiese. Mittlerweile tanzen die Fische den Reigen. « Aber sage mir,ruft der Löwe,warum schlagen sie so mit den Schwänzen, warum jeppen sie so mit dem Maule? O,weiser König,antwortet der Fuchs,sie tanzen vor Freude,dich zu erbliden. So’ der Fuß. Im Löwen aber erwacht der Löwe und damit das Volk beim Tanzen nicht ohne Musik sei, greift er den Woimoden und den Sekretär und in seinen Tagen müssen sie pfeifen. ... . Der Löwe aber ist die öffentliche Meinung Europas, die einmal er­­mwrden muß! Und Jurjew und Nagy-Szeben helfen dazu sicher gewaltig mit! Die Unruhen in Albanien. Die Berliner „Zägl. Rundschau“ bringt darüber folgende Darstellung : „Es sind Hier dieselben Hände an der Arbeit, melde bei den vorjährigen Unruhen im südlichen Meacedonien mitwirkten und so den griechi­-türkischen Krieg herbeiführten; und wenn seit dieser Wühlarbeit nicht bald von beru­­fener Seite Einhalt geboten wird, so wird mit Beginn des nächsten Frühjahrs auf der Balkanhalbinel ein neuer Krieg entbrannt sein, dessen örtliche Be­­grenzung wohl kaum zum zweiten Male gelingen wird. In unseren amtlichen und halbamtlichen Kreisen scheint man aber, trogdem bereits blutige Kämpfe mit den Albanesen stattgefunden, immer noch seine klare Vorstellung von dem Wesen der Sache zu haben. So droct wenigstens die „Röm­ische Zeitung“ ohne jeden Widerspruch einen ihr aus Wien zugehenden Bericht ab, wonach man im Wiener auswärtigen Amt bulgarische Agenten und den Fürsten von Montenegro als die Anstifter der Unruhen ansehe und deshalb diese Septeren als „sehr ernst“ betrachte. Eine solche Erklärung der Vorgänge kann nur für Leute berechnet sein, bei denen man eine volltändige Unkenntnis der Nationalverhältnisse der Balkanhalbinsel vorauslegt. Die Albanesen sind die Erbfeinde der Montenegriner, Serben und Bulgaren, welche sie seit zwanzig Jahren mit ziemlichen Erfolge aus Nordmacedonien und Altserbien verdrängt haben. Alle Selbständigkeitsbestrebungen der Albanesen hatten daher stets einen flauenfeindlichen Charakter, und deren geheime Leiter befinden sich im katholischen Lager, woriner man Näheres von der Ziefuitenniederlassung zu Ziranna in Nordalbanien erfahren könnte. Deren Beziehungen aber reichen sis nach Oesterreich, wo man schon Ende der Siebzigerjahre die „Albanern­e Liga” kräftig unterfrügte. Für den Augenblick aber giebt es jedenfalls sein besseres Mittel, die Montenegriner, Serben und Bulgaren zu einem Impfe um Macedonien herauszulaben, all die Albanesen in Aufruhr zu bringen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche auf Nordmacedonien zu veranlassen. Wenn wir hiebei auch auf Wien Hinweisen, so geschieht es, weil wir uns nun einmal eines gewissen Mißtrauens gegenüber den geheimen Absichten des Grafen Goluho­wski nicht entschlagen können. Wie man seine kürzliche Unpreisung des nebelhaften „europäischen Zolbundes" unschwer erkennen ließ, daß dieser polnische Staatsmann das Anteresse von den schweren » Menilleten. Der eigene Beg. von Hans Richter. (39. Vortregung.) „So fürchte, das arme Mädel begeht einen dummen Streich. Trob seiner unleugbaren Vornehmheit gefält mir der Mann nicht”, bemerkte Günther dann, in die Halle zurückgekehrt, gegen seinen Sohn. Dieser suchte, ohne zu antworten, die Achseln. Die Pflicht zwang ihn, heiter zu scheinen, zu plaudern, zu lachen, zu tanzen — mit blutendem Herzen. Er mahlte und gährte in ihm, Welt, Grol und Verachtung durcheinander. Nicht, daß er sie, an die er sein Herz verloren, die er fast schon als sein eigen betrachtete, hoffnungslos auf­­geben mußte, schmerzte ihn am tiefsten, sondern daß sie ihm zu täuschen vermocht hatte. Ihren wiederholten Aeußerungen nach mußte er ja annehmen, daß sie selbst ihre erste Liebe als einen Irrtum betrachtete, mit dem sie endgültig gebrochen. Ihr Vertrauen sprach doch so deutlich, daß ihr Herz frei sei und si ihm zuzumwenden beginne, .. . Lüge, von Anfang bis zu Ende Lüge! Mit welch’ unendlicher Sorgfalt hatte er ihre Meinen Fehler auszurotten gesucht, sie zur Selbständigkeit und geregelten Tätigkeit erzogen — und alles das nur, um von ihr beschimpft zu werden wie ein niedriger Mädchenjäger. D­enn man gebunden ist! . . . unaufhörlich fangen ihm ihre Worte in den Ohren. Also noch gebunden, während sie ihm so oft völlige Freiheit geheuchelt ! Wie rasend tanzte er, doch aus den Walzerklängen tante die zornige, empörte Mädchenstimme hervor: ich verachte Sie, — wenn man gebunden is. — — — Der folgende Vormittag gehörte noch der Ruhe. Nur Günther und Hedwig arbeiteten im Damentemptoir. Beide waren sehr bloß, nur ab und zu wurde eine geschäftlige Bemerkung ausgetauscht. Endlich schloß Günther alles in bester Ordnung, Stänlein Berent, so daß e3 mir einzig noch ex» übrigt, Ihnen im Namen meines Vaters seinen besten Dank für ihre pflicht­­getreue Mitarbeiterschaft auszudrücken und zugleich den Wunsch, daß Ihnen das gehoffte Süd zuteil werde.” E3 Hang ungemein geschäftmäßig, unbemegt blieben die ersten, männl­ichen Züge; nur in den Augen funfelte ein unruhiger heißer Strahl, so verlangend, so innig und zugleich verzweifelnd, daß ihn Hedwig wie einen bis in das tiefste Herz stechenden körperlichen Schmerz empfand. Ein entfeglicher Gedanke überfiel sie jäh, wenn si die Freundin geirrt, wenn Fräulein van der Smiffen noch gar sein Unrecht auf ihn besaß ? Es schwindelte ihr; mechanisch schloß sie die Augen. Als sie, ein bittendes Wort auf den Lippen, wieder aufschaute, stand Günther bereits in der Thür und verbeugte sich noch einmal: „Slüdliche Reife, gnädiges Fräulein !” Noch bevor sie die Hand zu heben vermochte, fiel die Thür und Schloß, — 63 war vorüber. XIV. In einem Heinen Gasthofsaale in B., der Hauptstadt der Provinz, saßen beim Wein zwei Herren einander gegenüber ; der eine Zobst von Dengern, der andere, der sich soeben erhob und elastischen Schrittes die kurze Entfer­­nung zwischen Thür und Zenster zu durchmessen begann, traß seiner e­twa fünfzig Jahre ein noch schöner, distinguierter Mann mit feiner hohen, schlauen, straff aufgerichteten Gestalt, dem ungerichteten, fastanienbraunen Gelod und dem fast jugendlich frischen Teint. „Sie gebenfen ein Bantgeschäft hier zu errichten ?“ fragte der Kammer­­herr gedehnten Tones. „Ein Bantgeschäft I” wiederholte der andere bejahend. „Über ich meine doch, Herr Berent, daß bei Ihrem Vermögen —” der Sat endete in einem unverständlichen Murmeln. Berent schnippte mit den frauenhaft zarten Fingern ein unsichtbares Stäubchen vom Aufschlag seines tadellosen Gesellschaftstodes, ehe er er­widerte: „Mein werter Herr, man besigt nie genug Vermögen, besonders wenn man beabsichtigt, seine Tochter an einen — Sie verzeihen meine Offenheit — an einen ebenso vermögenslosen and anspruchsvollen Kavalier zu verheiraten. Ueberbied — ich bin eben der geborene Geschäftsmann; die Unthätigkeit, der Mangel an der Aufregung des Schwankens zwischen Verlust und Gewinn würden mich frank und alt machen. Nur die beständige Spannung der Nerven erhält mich frisch.* „aber ich sollte doch meinen, daß sich mit Leichter Mühe eine andere, minder aufreibende Thätigkeit finden Ließe, die Ihnen zugleich eine größere Sh­ea der Welt gegenüber gewährt, diejenige eines Gutsbefigerd zum­eispiel:* „Mich in ein elendes Dorf vergraben und mit vieler Sorge meinem Anlagekapital drei Prozent Binsen abringen ? Das mögen Sie thun, wenn es Sie anders danach gelüftet. Ich meinerfeitd danke! Warum jagen Sie denn nicht offen heraus, daß ed Sie einigermaßen geniert, der Schwiegersohn eine Banquierd zu werden? S Harmoniert zu wenig mit Ihrem feudalen Namen und Titel, nicht wahr ?“ Der Ton war zuleit ziemlich spib geworden, so daß Dengern si in begütigendem Tone zu versichern beeilte, dieser Gedanke habe ihm so fern als möglich gelegen und seine Bemerkung nichts anderes bezwedt, ala den ber­­ehrten Herrn Schwiegerpapa von jeder unnötigen Anstrengung fern zu halten. Lächelnd Hopfte ihm Berent auf die Schulter. „Berstehe, verstehe! Pah, seien wir doch offen! Sie unwünschen ir Wappenschild zu vergolden und ich gebe meiner neuen Firma durch den aristokratischen Schwiegersohn von vornherein ein Vertrauen erweckendes Reb­el. Ein Geschäft wie das andere.” „Das ist denn du. . ." „Derb, aber nicht odestoweniger wahr.” „Ich Liebe Ihre Tochter !” „Um so besser! Und Sie werden von ihr geliebt, Sie erweden in­­ mir den Eindruck, daß Sie ihr ein dauerndes Glück begründen werden, sofern ich die unumgängliche Grundlage zu liefern im ftande bin, — das genügt ! SH habe Ihnen fon oft gesagt, Sie gefallen mir und würden es noch mehr, wenn Sie wenigstens mir gegenüber die kondentionelle Biererei beiseite

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