Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1899. Juli (Jahrgang 26, nr. 7763-7788)

1899-07-22 / nr. 7781

Js­ ——: Yodaktion und Administration Hermannstadt,Heltauergasse 23. chtanhonlobkidrrh.nng.postspatlea[sakk­.1305. Telephonanschlußllr.II Erscheint mit Ausnahme des auf Sonn- und V­erfage an W­ohentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährlich 2 fl. 50 kr., Halb­­jährig 5 f., ganzjährig 10 4­ame Zustellung in’3 Haus, mit Zustellung 11, 3 fl., 6 fl., 12 fl. Abonnement mit Polversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 Kr., Halbjährig 7 fl., ganz­­jährig 14 fl. Für das Ausland: s vierteljährig 7 M.oder 10 Fres.,halbjährig 14M. oder 20Frcs.,ganzjährig28M.oder 40Frcs. Eine einzelne Nummer kostet bkr.ö.W. Unfrankierte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. N: 7781. XXVı. Zahıgang Siebenbürgisch Deutsches Sageblatt. Hermannstadt, Samstag 22. Juli From­merationen und gnserace übernehmen außerdem Hauptbureau,Heltauer· gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, auss­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fostet beim einmaligen Einladen 7 Er., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. 1899 = Namensmagyarisierung auf Staatskosten. —n, Das Thema der Namensmagyarisierung ist in unserer Presse nicht mehr neu und es lassen sich mit Variationen desselben seine schriftstellerischen Lorbeeren mehr ernten. Da­ er aber ewig aktuell bleibe, dafür sorget der Chauvinismus, der es vor einem halben Jahrhundert oder noch länger auf die Tagesordnung gestellt hat. Und auch demjenigen, der ihm aus dem Wege gehen möchte, bietet sich immer aufs neue Anlaß zur Indignation darüber, daß eine Sache, die in ihrem Wesen wohl am beten mit dem Worte einer einschlägigen Verordnung des Kaisers Franz I. al „Unfug“ bezeichnet werden kann, sich immer mehr zu einem öffentlichen‘ Uebel in unserem Baterland ausmacht. Wir wollen heute nicht auf frühere derartige Anlässe zurücgreifen, etwa auf den sanften Druck, der auf die subalternalten Eisenbahnbediensteten im vorigen Jahr ausgeübt wurde oder auf die gleichzeitige innerministerielle Be­­gönnerung des Terkes-ARubinischen Pamphletes über die Magyarisierung der Familiennamen. Diese Vergebnisse sind überholt durch die neueste Erscheinung auf dem fraglichen Gebiet, für die mir in unserer Ueberschrift die richtige Bezeichnung gebraucht zu haben glauben. Schon vor ungefähr zwei Monaten konnten wir nach einem magyarischen Hauptstädtischen Blatt die Nachricht bringen, der Handelsminister habe der Direktion der F. u. Staatsbahnen einen Kredit 6ip zur Höhe von 5000 fl. zu dem Bwede eröffnet, daß mittellosen Eisenbahnbeamten bei Beschaffung der Dokumente, mit denen Gesuche um Namensmagyarisierung belegt werden müssen, eine Unterflügung gemährt werden künne. In den uns zugänglichen übrigen hauptstädtischen Blättern fanden mir seine Betätigung dieser ungeheuerlichen Meldung, weshalb wir geneigt waren, sie für eine Vorbotin der Hochsommerlichen Entenschwärme an­­zusehen. Unsere Annahme ist allem Ans­ein nach unrichtig gewesen. Denn in fetter Zeit konnten wir in mehreren Blättern die mit vergnügtem Schmunzeln gemachte Mitteilung seien, es sei im Haushalt der Staatseisenbahndirektion ein uneingeteilter Boten diskreter Natur im Betrage von­­ 5000 fl. zu finden, der dazu diene, armen Eisenbahnern die Anschaffung eines „nationaleren“ Namens zu erleichtern. Somit läßt sich nicht mehr recht an der Thatsache zweifeln, daß staatliche Gelder in einem Riweige der öffentlichen Verwaltung für Ziwede der Namens­­magyarisierung verwendet werden . Was über die in Ungarn üblichen Namensänderungen im allgemeinen zu sagen ist, läßt sich in Kürze abthun. Früher hat man fig bei und über diesen — wir können nit umhin, den Ausdruch zu wiederholen — Unfug an fi starf aufgehalten, vielleicht mehr, als er ed verdiente. In der That widerspricht er unserem Anstandsgefühl, den Namen abzulegen, den unser Vater in Ehren geführt hat. Ferner hat ed für unser D­enken etwas Ab­­stoßendes, Widernatürliches, daß sich jemand durch ein einfaches geflempeltes und mit Geburtsschein u. a. mw. inszeuiertes Gesuch mit einem anderen Namen zugleich auch gleichsam eine andere Nationalität vom hohen Innenministerium erbitten kann. Schließlich kommt zu diesen Geschmahl- und Gefühlemomenten auch noch die fachliche Erwägung Hinzu, daß durch die so überaus leichte Möglichkeit der Namensänderung Schwindeleien aller Art Thor und Thüre geöffnet ist. Doch der Mensch gewöhnt sich bekanntlich mit der Zeit an jede Wider­­wärtigkeit, zumal wenn sie ihm nicht weiter seinen Steressenfreis stört. So können wir es denn Heute mit Gleichmut mit ansehen, wie der Herr Weiß seinen Namen auf Weßi oder der p. p. Friedmann den feinigen auf Beliefi ändert, wie aus dem Bettelheim ein Gajak­ und aus dem Haberhauer ein Halmor wird und der Unbild der langen Magyarisierungsliste in jeder Nummer des Amtsblattes nötigt uns kaum noch ein bedauerndes Lächeln ab. Wenn wir dazu no in Betracht ziehen, daß bei dem Zusammenmahnen versc­hiedener Bollselemente Mischungen und Assimilierungen etwas alltägliche sind, und daß dabei oft gerade der anderssprachige Name das einzig unveränderte im U­mwandlungsprozeß bleibt, d. h. mit anderen Worten, daß der Träger z. B. eines deutschen Namens ganz gut feinem Blut nach ein Maghare sein kann, so werden wir in mancher Namensmagyarisierung nichts als den Ausbruch des Wunsches sehen künnen, auch äußerlich das zu sein, was man innerlich ist. Immerhin giebt es auch hiefür keine Analoga bei anderen Völkern und bei dem magyarischen ist es Doh­an nur ein Zeichen für die in vielen Breisen desselben Herrschende verderbte und veräußerlichte Auffassung von Volksliebe und Nationalbewußtsein. Über diese mildere, fast gemütlich zu nennende Auffassung Der Sade hat dort ihre Grenzen, wo, die mir einganga gesagt haben, der Unfug zum öffentlichen Uebel wird. Das ist der Fall einmal, wenn auf irgend jemanden Zwang ausgeübt wird, der die A­blegung des „fremden“ Namens bezweckt und weiter, wenn den Staates wegen der Angelegenheit eine weiter­ gehende Begünstigung zuteil wird, als in dem bloßen © emwähren­­lassen derselben gegeben ist. Unter die erste Rubrik sind die oben erwähnten Pressionen auf Bahn­­wächter, Heizer und Briefträger einzuordnen, die wir nicht mehr besprechen wollen. In die zweite­ategorie gehört die Thatsache, von der unsere gegenwärtigen Betrachtungen ausgehen. Oeffentliche Gelder, ein Teil der Steuergelder, die von allen Staatsbürgern eingehoben werden, ohne daß man nach deren „nationaler“ oder „fremder“ Herkunft frägt, — sie sollen also dazu verwendet werden, um dem einen Teil der Bevölkerung eine völlig nuß­­lose, rein ideologische Bewegung fördern zu helfen! Was nichts anders ist und sein kann, als eine bloße Privatpassion, ein Modelhorheit, der der ein­­zelne nach seinem Belieben und Geschmach Huldigt oder nicht Huldigt, das sol durch einen Posten im Staatshaushalt unterstüßt werden! Wahrhaftig, wofern die Nachricht von den 5000 Gulden Magyarisierungsgeldern auf Wahrheit beruft, so hätten wir es mit einem Mißbrauch der Stand lösesten Art zu thun, dessen Aufredung geradezu eine Pflicht it. Es ist eine sinnlose Verschleuderung von Staatsgeldern, eine Ausgabe, für die sein Wort der Rechtfertigung vorgebracht werden kann. Denn daß der Verkehrs­­dienst durch die Namensmagyarisierung seiner Angestellten gefördert werde, ist zwar im vorigen Jahr einmal von jemanden, „der Not gehorchend, nicht dem eigenen Trieb“, versuchsweise behauptet werden, aber die Sühnfte Soppistiz wird davon nicht überzeugen können. Wohl könnte — nebenbei bemerkt — der Betrag von 5000 Gulden in einem sehr wichtigen Interesse der Staats­­bahnen alljährlich nußbringend verwendet werden, dazu nämlich, daß in eigenen Kursen den Kondukteuren wenigstens auf den Hauptlinien eine Weltsprache, etwa die jedem Bewohner unseres Vaterlandes am nächsten Liegende Deutsche beigebracht würde, damit der durchreifende Fremde nicht genötigt sei, zur Zeichensprache der Taubstummen zu greifen, wenn er ein Anliegen an den Beamten hat, der im Dienste de reifenden Publikums steht ! Fünftausend Gulden ist eine verschwindend geringe Summe in einem Staatshaushalt, der mit Hunderten von Millionen rechnet. Doch darauf kommt es nit an; wir wollen der Staatsbahndirektion nicht Ersparnisse machen Helfen. Es handelt sich um das Prinzip, das da lautet: die Leitung unseres Staates Ungarn als der einheitlichen Zusammenfassung einer großen Zahl verschiedener Volksstämme darf nichts thun, was nur dem einen Bolt auf Kosten des andern zu gute kommt, sie darf vor allem nicht zu solchen Bweden das Geld der Staatswasfe angreifen, die der bloßen „M­asjenlaune“ eines Teiles der Bevölkerung Befriedigung schaffen wollen. Eine Regierung, die andere handelt, treibt Parteipolitik und mißbraucht ihre Amtsbefugnis, die der Konstitutionellen Theorie zufolge einen Ausfluß des Gesamtwilleus der Staatsbürgerschaft oder nach dem in Ungarn üblichen statsrechtlichen Ausbruch der Nation bildet. Im vorliegenden Fall können wir wieder eine Verlegung dieses Prinzipes konstatieren, dessen Unrichtigkeit schwerlich wich nachgewiesen werden können. In dem Reiche des „Geieges, des Rechtes und der Gerechtigkeit“, auf das wir Nichtmagyaren im Lande doppelt sehnsüchtig warten, werden solche Mißbräuche, wie der der Namensmagyarisierung auf Staatskosten, zu den staatsethischen Unm­öglichkeiten gehören. Ein landwirtschaftliches Projekt für U­ngarn. In der vaterländischen Presse wird gegenwärtig ein landwirtschaftliches Projekt viel besprochen, welches das Oberhausmitglied Grafen Alexander Csaty, zum Urheber hat. Um die traurige Lage des Bauernstandes in Ungarn, die be­­kanntlich in den legten Jahren zu förmlichen Unruhen geführt hat, zu ver­­bessern, schlägt nämlich Graf E3aky die Gründung einer großen Aktien« gesellhaft vor, die er „Agraria“ nennt, und für welche bereits große belgische Kapitalisten gewonnen sein sollen. Die „Agraria” hätte im Alföld als ersten Berfuch einen Großgrundbesiß im Umfange von etwa 35.000 Zochen in Bacht zu nehmen, um denselben in Höfe von fünfzig Wachen aufzuteilen und an Bauern auf vierzig Jahre weiter zu verpachten. Die Bedingungen, unter denen Dies zu geschehen hätte, wären die folgenden: Die Aktiengesellschaft würde dem Beriter des betreffenden Lati­­fundiums einen jährlichen Pacht von zehn bis zwölf Gulden für das Joch bezahlen, was beiläufig um ein Drittel bis zur Hälfte mehr bedeuten wird, als der Eigentümer dur die Selbstbeiwirtschaftung zu erzielen vermag. Andererseits würde jeder der zu errichtenden Höfe zu fünfzig Jochen von der Gesellsschaft mit allen für die Bauernnwirtschaft nötigen Gebäuden und Ader­­geräten, sowie mit dem notwendigen Biehstande versehen, und falls er er­­forderlich sein sollte, erhielte der Bauer auch einige hundert Gulden als Be­­triebskapital vorgestrebt. Ueberdies will die Gesellschaft den Befig mit einem Wege von Feldbahnen versehen, die in einem, im Zentrum des Befiges anzu­­legenden landwirtschaftlichen Industrie-Etablissement zusammen laufen würden. Dieses Etablissement würde eine Spiritusfabrik, eine Hanffabrik, eine Butter­­fabrik, eine Dampfmühle und eventuell auch eine Zucerfabrik umfassen und wäre gleichzeitig auch eine zentrale Handelsstelle des ganzen Unternehmens, welches die erzeugten Rohprodukte übernehmen und teil in den Fabriken berg arbeiten, teils unverarbeitet zum Beilaufe bringen würde. In diesem Zentrum wäre gleichzeitig auch die Horn- und­­ Borstenviermast im großen zu betreiben, wobei der gemonnene Dünger an die Bauer abzugeben wäre. Für alles das Hätte der Bauer zu leisten. Zwanzig Jahre hindurch eine jährliche­­Amortisation von 285 Gulden, die er, wie man­­ vorausseht, aus dem Verkaufe von Grünzeug, Milch, Geflügel, Eiern, Obst, Jungvieh 2c, zu bestreiten vermöchte, was alles die Gesellschaft sich zu guten Preisen ab­­zunehmen verpflichtet. Berner die Hälfte der Erträgnisse des Aderbaues durch vierzig Jahre, für welche Zeit die Pachtverträge mit den Bauern ab­­zuschließen wären. Und schließlich besteht eine Hauptbedingung darin, daß die Gesellschaft den Kulturplan festsielen und durch ihre Wachorgane die ge­­samte Bewirtschaftung leiten und überwachen würde. Nach Ablauf der Pacht­­zeit würde der Besis, falls der Vertrag nicht erneuert werden sollte, mit allen Investitionen an seinen Eigentümer übergehen. Der Plan des Grafen Chaly wird, wie gesagt, viel besprochen und von den Blättern ohne Unterschied der Parteifrelung beifällig begrüßt, &3 wird hervorgehoben, der Plan werde die natürliche Beseitigung der Latifundien ohne Verlegung bes Eigentum rechtes, verbunden mit einer Steigerung des Erträgnisses bedeuten. Es wäre eine friedliche und mobrthätige Umgestaltung der sozialen Verhältnisse, die Schaffung einer neuen Klasse von Bürgern, Ge­­sellschaftliche Elemente, deren Armut, Arbeitsmangel und Unsicherheit der Existenz Heute noch schredliche Gefahren in fi begreifen, würden zu einem unabhängigen, k­raftvollen, fi­des Wohlergehen erfreuenden Organismus. Der vielbesprochene billige Kredit, die Befreiung aus den Fangarmen des Wuchers kämen damit von selbst. Es wäre ein Uebergang von der Massen­­produktion zur Gartenwirtschaft. Die Einnahmen des Landes würden um un­­gezählte Millionen vermehrt. Die Bewirtschaftung im­­ Bauernstande würde im Allgemeinen gehoben, weil das gute Beispiel erobernd wirfe, u. f. mw.­­3 ist zu hoffen, daß sich das mitgeteilte Projekt als durchführbar er­­weise und daß überhaupt die maßgebenden Kreise unseres Vaterlandes mit Ernst und Eifer an die Lösung der hoch­wichtigen Aufgaben gehen werden, in deren Dienst sich auch die „Agraria” stellen will. Benilleton. Baronin Fifi. Roman von Mary Mitch. (32. Fortlegung.) Sie hätte ihm gesagt, als er um sie warb, sie märe ihm gut, aber seit acht Monaten tuchforche er verzweiflungsvol jeden Bug ihres Gesichtes, lausche jedem ihrer Worte und fände nie etwas anderes als G­leichgiltig fest ! Oder wohl gar Widerwillen! Nie hätte sie eine Frage gethan, ob er den großen petuniären Ansprüchen gewachsen sei, ob er sie nicht ruiniert. Was ‚lag ihr daran — er war Nebensache, ihr Wohlbefinden war die Hauptsache. Pferde, Wagen, Kammerjungfer, ein Haushalt, als wäre er ein Millionär! Und wenn er si erlaubte, etwas dagegen zu sagen, nur eine hoheitsvolle, verachtungsvolle Miene zur Antwort, die so deutlich ausdrückte, daß er zu Iesen glaubte: „Was bietest du mir denn sonst ?* Vielleicht, ja vielleicht hätte er anders reden, si­­energilcher zeigen, der Herr sein sollen! Vielleicht hätte ihr das imponiert; sie war an die „Schneidig­­keit“ gewöhnt gewesen. Aber er hätte es nicht gesonnt — erst richt vor Liebe und dann erst recht nicht vor Pummer. Er hätte auch immer noch gewartet, immer noch gehofft, daß seine Zärtlichkeit, seine übermenschliche Liebe sie vielleicht doch noch rühren würde. Aber nein, sie sei immer gleich geblieben! Immer gleich kühl, bis er vor Wut heimlich mit den Zähnen geknirscht und oft den Wunsch gehabt hätte, ihr die weißen Finger zusammenzudrücken, damit sie, so oder so, aus ihrer Ruhe käme. Aber seit vier Wochen sei überhaupt alles zu Ende! Er wollte ihr nicht im Wege stehen und sei entschlaffen — Fifi mußte ihre Hand auf den Mund pfeffen, um nicht aufzuschreien — fest entschlaffen, feiner Wege zu gehen ! Sie Liebe einen Offizier, den sie von früher her fenne, Hätte ihn wohl immer geliebt, und wenn er fort sei — er allein wär ja das unglückelige Hindernis — künne sie ihr Glück ergreifen — das Glück, — seine Stimme Brad­ in volldem Schluchzen — dad sie an seiner Seite weder gegeben noch gefunden hätte. Fifi hörte eine andere Stimme tröstende Worte sprechen, aber sie ver­­stand nichts mehr, Ihr Herz Hopfte zum Zerspringen, und nur der eine Gedanke beherrschte sie — ungehört hinaus, jegt nicht von den Brüdern überrascht werden ! Ihre ganze Kraft zusammenraffend, schlich sie davon, die schwere Last dieser Anklage mit sich schleppend, schlich die Treppe hinauf, verwirrt und schuldbewußt, empört und beschämt zugleich. Von schwerem Kummer bedrückt war in dieser unheilvollen Nacht auch die Heine Lügnerin im Hilbert’schen Hause, von einem Kummer, um so schwerer zu tragen, da sie bittere MReue dazu gesellte. Fräulein Betty hatte die Größe ihres Verbrechens erst an seinen Folgen erkannt, und der Schmerz, den sie über diese Folgen empfand, machte ihr erst den Zustand ihres Herzens klar. Vollständig war, da gab es gar keinen Bimeifel mehr! Sie hatte den unausstehlichen Wegner lieb! Denselben Wegner, der sie vor Jahren so un­­geheuer, so unverzeihlich gefranst hatte. Aber dod war nun alles verziehen. Sie hatte ihm ja Heim gezahlt, mit Zinsen — heute nachmittags, als er nahe daran gewesen zu meinen, er, der immer so überlegen h­at. Aber eines gelogenen Bräutigams wegen einen wirklichen, liebenden und geliebten Bräutigam einzubüßen, war zu biel, da8& Hatte sie nicht gewollt, das gewiß nit. Den ganzen Nachmittag rief sie, so oft es irgend möglich war, an die Ladenthür und schaute hinüber, aber kein Wegner war zu sehen. Einmal stieg ihr sogar der fürchterliche Gedanke auf, er könnte fortgegangen sein, um sich ein Leid anzuthun, und sie beruhigte sich erst, als sie den sanften Heinrich mit Wegners steinernem Bierfeidel ins Wirtshaus gehen ja. Sich den beiden Freundinnen anzuvertrauen, hatte sie seine rechte Luft, da diese unaufhörlich von dem „Französischen Blumenreisenden“ schmwabten, be­­sonders Marie, die ihn entzüdend „dunkel“ fand. Besagte junge Dame schwärmte nämlich noch immer für ihren Schwarzen Prinzen, was sie allerdings nicht abhielt, auch die Huldigungen eines jungen Bahnarztes freundlich anzu­­nehmen, wobei sie in beständiger Zucht lebte, eines Tages von dem Bringen massafriert zu werden. So trug Betty ihre selbstverschuldetes Leid bis zum Abend allein und die rchelmischen Augen starrten sentimental und ieltvergessen in die Ferne, während ein schwerer Seufzer nach dem andern ihrer Brust entstieg. Nach dem Nachteffen aber, als die drei Mädchen sich in WBettty- Bimmerden zurücgezogen hatten, als der Thee in WBettys eigenem Tupfeinen Theekessel angegosfen war, als der Kuchen, der ab­wechselnd von einer anderen geliefert werden mußte, bereit stand, da vermochte sie doch nicht länger zu schweigen. — Zuerst ließ sie nur einige harmlose Andeutungen fallen,bound­ ac­­­stückweise die Unterredung mit Wegner darum wie sie ihn zuerst abgetrumpft, dann,um ihn zu ärgern,sich einen Bräutigam angedichtet habe,worauf er den Heiratsantrag,den er ihr hatte machen wollen,nicht machte.Und zuletzt,unter heißem Erröten und den grausam in diskreten Fragen der sachver­ständigen Damen,gestand sie auch ihre Liebe,diese plötzlich erwachte Liebe zu Wegner ein. Lina und Marie triumphierten! Na also! Sie mußten es ja, einmal mußte sie auch daran glauben! Dieser unverliebte Zustand war einfach und natürlich gewesen. Jegt mußte etwas geschehen! „Er“ mußte aufgeklärt werden, mußte er« fahren, daß sein Bräutigam Hindernd im Wege stände, um selbst einer werden zu können. Lina, die ein wenig neidisch war — was man ihr nicht ver­­denken konnte, da ihr geliebter Harker sich noch immer gewandt um das An­­halten herumdrühte —, äußerte die sleptissche Ansicht, Herrn Wegner sei es vielleicht gar nicht ernst gewesen; er hätte vieleicht nur „groß“ gesproc­hen, als seine Gefahr mehr war, beim Wort genommen zu werden.­­ Betty war darüber so empört,daß ihr ein halbes Nußtörtchen im Halse steckenblieb.Nicht ernst!?Nur»groß«gesprochen!?Lächerlich!im Ge­­genteil,es war wahrscheinlich,ja gewiß,daß er sehr«sehr unglücklich sei,und vielleicht,wer weiß?eine Thorheit begehe.Alle Tage brächten sich Menschen aus unglücklicher Liebe um.

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