Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1899. November (Jahrgang 26, nr. 7868-7893)

1899-11-01 / nr. 7868

· Sieenbürgisch-Deutsches _Hermannstadt, Mittwoch 1. November _ Reduktionundxädministration Hermannstadt,Heltauergasse 23. Chequckoutolskidrrk.ung.ponsparkassakk­.1305. Ctliphotenschluß Nr.II Erscheint mit Ausnahme des auf Sonn- und Leiertage folgenden Bodentages täglich. Abonnement für Hermannsadt: monatlich 85 fl., vierteljährlich 2 fl. 50 fl., halb» jährig 5 fl... gangjäßrig 10 fl. ohne Bustellung in’3 Haus, mit Bustellung 11, 3 fl. 6 fl. 12]. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 fr., Deioiget 7 fl, ganz« jährig 14 fl. Kür das Ausland: vierteljährig 7 M. oder 10 Fre3., halbjährig 14 M. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 M. oder 40 Fred. Eine einzene Nummer fostet 5 fl. d. W. Unfrontierte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. Nr. 7868. XXVI. Jahrgang Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. 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Da ein solches Geschmader für den unmittelbaren Dienst in dem Kriege gegen die Buren schwerlic Verwendung finden kann — denn für die in Süddafrifa notwendigen Aktionen der englischen Flotte sind die dort be­­findlichen oder dahin entsendeten britisschen Kriegsschiffe ohne Biweifel ge­nügend — so haben sie an jene anscheinend überflüssige Rüstung Englands gerade so, wie an die Einberufung der Milizen weitgreifende Konjekturen gek­­nüpft, welche in der unmittelbaren Bedrohung der englischen Machtstellung bald durch diese, bald durch jene Macht oder Koalition von Mächten gipfeln. Sicher ist indes das eine, daß Englands Rüstungen zur Zeit über das Maß hinausgehen, das selbst für eine sehr breit angelegte Kriegsführung in Südafrika erforderlich sein dürfte. . Für die Ausrüstung eines Reservegeschwaders hat man bisher im alls­gemeinen die Erklärung bevorzugt,daß England im Mittelmeere gerüstet sein wolle,um ein etwaiger Zusammenwirken der französischen Flotte mit dem russischen Schwarzen­ Meergeschwader zu verhindern Was der Anlaß für eine solche Vereinigung sein sollte,ein allgemeiner Angriff gegen England Interessen namentlich angypten oder die speziellere Frage der Erwerbung eines Mittels­meerhafens etwa an der Küste Marokkos durch Rußland,die ja nicht zum ersten Male auftaucht,blieb dabei im Ungewissen.Nunmehr ist,wie die »Nationalzeitung«schreibt,in England selbst eine neue Lesart über die Ursachen der Mobilisierung einer englischen Reserveflotte aufgewacht,und diese bezieht sich auf die angebliche Absicht Rußlands,am persischen Meerbusen einen Hafen zu erwerben. Eine der „Bol. Korr.“ aus St. Petersburg zugehende Meldung bezeichnet zwar diese Annahme, al ob Rußland in Südafrika irgendwie die Hand im Spiele hätte oder doch daran dachte, die gegenwärtige teilweise Bindung der Kräfte Englands zu Schachzügen gegenüber dieser Macht in Asien auszunaßen, als haltlose Kombination, und versichert, daß das St. Petersburger Kabinet dem englisch-transvaalischen Feldzuge als unparteiiiger Beobachter gegenüberstehe und den Pflichten strenger Neutralität in vollem Umfange Rechnung tragen werde, aber bekanntlich giebt es kaum etwas Unglaubwürdigeres, als ein ter­­artiges hochoffiziöses Dementi. Ueber die bezeichnete A­bsicht Auslands seien wir im erwähnten Blatt: Sie geht zurück auf den schon seit Jahren bestehenden Plan Rußland, irgend­einen festen Seehafen in den Ge­wässern, die Asien und Afrika trennen, zu gewinnen, fei ed nun an der afrikanischen Küste am Noten Meere, fei ed in Kleinasien oder in Persien. Ein Kriegshafen in jenen Gegenden könnte nicht nur ein kräftiger Stoßpunkt für Rußlards Handel werden, sondern ein wichtiger Faktor in dem Wettbewerb Rußlands­ und Englands um die Bor­­herrschaft in ganz Südwestasien, nicht zum­­ wenigsten in Indien. Bisser hat Ausland, allerdings vergeblich, in Waheita, gegenüber von Molen, an der afrikanischen Küste einen­­ Versuch gemacht. Auch der Versuch Branfreie, das Rußland fon in Raheita gegen Italien unterfrügte, sich in der Nähe der Straße von Ormus an der Keinosiatischen Ostküste festzulegen, dürfte in das­­selbe Gebiet der eigentlich rufliihen Bestrebungen fallen. Dann aber ist bereits z­­eimal in bdiesem Jahre allen Ernsten davon die Nede gerwesen, dak sich Rußland der Handelsstadt Bender Abbas in Persien bemächtigen wolle, die, unmittelbar an der Straße von Ormus gelegen und diese auf der persischen Seite vollkommen beherrschend, zugleich der Endpunkt für eine von der russischen Grenze aus ganz Persien von Nord nach Süd durchquerenden rufjiigen Eisenbahn bilden soll. Es war die indische Pfesse, welche zweimal diesen Lärm erhob, aber jedesmal ist bisher von Rußland aus eine entschiedene Ableugnung des angebligen Planes erfolgt. Man wird abzumarten haben, ob es auch nicht wieder ein falscher Alarm ist, den man in England über die angeblichen, ruflichen Pläne auf einen Hafen an der persischen Küste erhebt; es ist nicht unmöglich, daß die Gerüchte diesmal auf besserer Grundlage beruhen als bisher. Sicherlich denkt man zur­zeit in Petersburg so wenig wie in Paris an einen Krieg mit England, troß aller Vermutungen über den lange andauernden Besuch des Grafen Murawiew in Paris, aber ebenso unwahrscheinli­cht e8, daß Rußland kaum eine günstige Gelegenheit vorübergehen lassen wird, um Englands V­erwicklung in das südafrikanische Abenteuer überall da zu seinen Gunsten auszunußen, wo dies eben möglich erscheint. Zwar ist Rußland auch in Zentralasien mit feinen Rüstungen, wozu in erster Linie ja die nach verschiedenen Richtungen führenden strategischen Eisenbahnen zählen, noch nicht fertig, aber es ist daselbst den Engländern bereit weit überlegen und jedenfalls im Stande, irgend­eine Erwerbung in jenen Gegenden mit Bestimmung des betreffenden Landeshrrn auch gegen Englands Einspruch­ zu behaupten. Gerade in Persien hat Rußland in den lebten Jahren gewaltig ge­­arbeitet, um auf handelspolitischem Wege den englischen Einfluß zu beschränken und doch den russischen zu erseßen. Sehr wird wieder eine neue doppelte Eisenbahnverbindung versiend mit Rußland geplant, wodurch der immerhin umständliche Umweg über das Kaspische Meer vermieden werden sol. Die eine Verbindung sol von der Stadt Orenburg aus längs dem linken Ufer des Ural durch das ZTurgai-Gebiet nd Zurkestan bis Talchfent gehen, die andere von Alexandrom aus durch Transkaspien längs dem linken Ufer des Um-Darja bi zur Station Tichardihui der transkaspischen Eisenbahn. Schon sind Ingenieure des Kriegsministeriums und einer Eisenbahngesellschaft ausgesendet, um diese Strecken zu untersuchen. Daß unter solchen Umständen auch die Frage einer Fortsehung dieser Bahnlinien in Belgien und bis zur Küste des persischen Golfes für Rußland immer wichtiger wird, ist selbstver­­ständlich, und umso mehr, als durch eine solche persische Zentralbahn zugleich das von England geplante Unternehmen einer direkten Eisenbahnverbindung von Egypten nach Indien wohl am sichersten durchkreuzt werden würde. Daß die Erwerbung von Bender Abbas allen diesen russischen Plänen der Ver­­drängung Englands aus Persien w­esentliche Förderung bringen müßte, ist unbestreitbar und ihre Durchführung würde dabei fiegerlich no durch den Drud erleichtert, den die Volkestimmung in Rußland fest auf die Regierung übt; diese Stimmung ist zur Zeit wieder mit großer Heftigkeit gegen England gerichtet und drängt die russische Regierung zur Auswügung jeder Gelegenheit gegen England. Auch in Afghanistan liegen die allgemeinen Verhältnisse ähnlich wie in P­ersien, vielleicht für England sogar ungünstiger. Denn Afghanistan ist das direkte Einfolsthor für Rußland nach Indien, und Die Grenze von Afghanistan ist durch eine Anzahl srategischer Eienbahnen der Ruffen­enge umflammert, die außerdem ihre Stellung im Bamir und im w­estlichen China in diesem Jahre erheblich erweitert und befestigt haben. Wohl mögen auch Hier die russischen Rüstungen noch nicht so weit vorgeschritten sein, daß ein selbständiger Feldzug gegen Indien geplant sein könnte. Aber da Rußland jede sich dar­­bietende Gelegenheit bewugen wird, um seine Stellung weiter auf Kosten Eng­­lands zu festigen, ist Har. Solche Gelegenheiten künnen ss leicht bieten; einmal durch eine engere Verbindung Rußlands mit dem regigen Herrscher Afghanistans, von der in der legten Zeit wiederholt die Rede war, oder aber nur den Ausbruch neuer Thronstreitigkeiten, die in nicht zu ferner Aussicht zu stehen scheinen. Die Gerüchte über den Tod des Emirs Abdurrahman sind so beharrlich, daß man zum mindesten an eine schwere Erfrankung dieses Herrschers glauben muß, die auch durch mannigfache Zeugen bestätigt wird. Aber auch ohnedies ist die Lage in Afghanistan nicht so sicher, daß nicht die zahlreichen Anwärter auf den Thron des Emirs sich jeden Augendlich rühren könnten, zumal, wenn er im I­nteresse des mächtigen Nachbarn und mit dessen Unterstüßung geschehen solle. England hat seine Truppen in Indien starr reduzieren müssen, um deren in Südafrika verwenden zu künnen; Für den Aufstand vom Jahre 1897 sind zudem die indisch-afghanischen Grenzstämme mehr oder minder zu Gegnern Englands geworden und haben dessen Grenz­­positionen starr geschwächt. Man hat es nicht einmal notwendig, an die all­­gemeine Gegnerschaft des Mohamedanismus in Indien und an der Grenze gegen England zu denken, um die Lage des britisschen Reiches bei einem ausbrechenden Konflikte in Afghanistan als s­ehr unsicher anzusehen. Und man­­ wird in Rechnung ziehen müssen, daß für P­ersien sowohl al auch für Afghanistan die Flotte den Engländern kaum etwas nuhen kann, daß hier vielmehr das Landheer den Hauptnwert befft. In der Nachricht aus London wegen der russischen Absichten auf einen persi­gen Hafen wird man also zum wenigsten den Widerschein einer den Thatsahen nicht widersprechenden Besorgnis vor einer no unbestimmten, aber wohl möglichen Gefahr für das englische Weltreich erbliden müssen, wie sie durch den südafrikanischen Krieg und die durch ihn bedingte Festlegung der Hauptsächlichsten englischen Lan­dstreitkräfte gegeben is. Die Bedeutung dieser Gefahr wird von der Entwickklung der Dinge in Südafrika abhängen. Politische Uebersicht. Hermannstadt, 31. Oktober.­ ­ In der gestrigen Sikung des ungarischen Abgeordnetenhauses unterbreitete Finanzminister Lufach die Andemnitätsvorlage, Handelsminister Hegedüs den Gefäßentwurf über das Postsparkassengebäude und Aderbauminister Daranyı die Geregelvorlage über die landwirtschaftlichen Arbeitsunternehmungen a).­­ Dann richtete — wie aus unserem gestrigen Telegramme ersichtlich — Bela Barabas eine dringende Interpellation an den Ministerpräsidenten in der bekannten Sache, daß bei militärischen Kontrollversammlungen Ers­­cheinende des ungarischen Wortes wegen bestraft werden. Zur Begründung seiner Interpellation berief sich Barabas auf den Ball, daß der Arader Reservist Paluvar, den man wegen Hintanregung de „hier“ eingesperrt habe, sich nicht erhängt habe, sondern gemordet worden sei, denn im Militärarreste habe man den Reserbisten in Eisen gelegt, gebunden, geprügelt, so lange, bi er zus­ammengebrochen sei. Barabad verlangte die Zurückziehung des Kriege­sammerlschen Entwurfes. Die nächte Sigung des Hauses findet erst Sonn­­abend statt. — An Kaposvar fand dieser Tage eine eigentümliche Konferenz statt. Aus den vier Wahlbezirken des Komitat 3 waren Wähler der „Unab­­hängigkeitspartei” und der „Liberalen Partei” zusammengenommen, um das Bestreben der Volkspartei, das Terrain für die nächsten Wahlen schon recht für sich vorzubereiten, einer Besprechung zu unterziehen. Einhellig wurde der Beschluß gefaßt, sich gegen die Volkspartei gemeinsam zu organisieren; es wurde ausgesprochen, daß die liberale und die Unabhängigkeitspartei dort, wo die Volfepartei auftritt, einander gegenseitig unterstoßen werden. — Die ungarische Delegation wird diesmal unter dem V­orsitz des Grafen Julius Szapary tagen, da die Wahl des Vorfigenden diesmal dem Magnatenhause zufäll. Durch die Fusion der Nationalpartei mit der liberalen Partei wird das Bild der ungarischen Delegation diesmal ein durchaus verändertes sein. Die bisherigen vier Bertreter der Nationalpartei werden abermals in der Delegation erscheinen, jedoch in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Majorität. Der Opposition werden abermals vier Pläne überlassen werden, zwei der Bolfspartei und zwei der Fraktion Ugion der Unabhängigkeitspartei. 3 ist eine bereits feststehende Thatsache, daß dieser Teil der Äußersten Linken wieder den Boden der Delegation betreten wird, was Gabriel Ugron vor Jahren bekanntlich schon einmal gethan hat. Seine Fraktion wird die beiden Vor­­stände Ugron und Nikolaus Bartha in die Delegation entsenden. Die Volks­­partei wird wahrscheinlich die Abgeordneten Molnar und Graf Alexander Zichy zu Delegierten wählen. — Der Entwurf der Novelle zu dem Straf­­gejegbuch wurde im Aluftiministerium s samt einem ausführlichen Motiven­­bericht fertiggestell. Er besteht aus 180 Paragraphen und berührt 107 Abschnitte des Straflodered. Durch die Novelle sollen mehrere neue Er«­rungenschaften, darunter an die bedingte Verurteilung, in unser Strafrecht eingefügt werden. Der Entwurf wird voraussichtlich einen Gegenstand des F­rühjahrsprogramms des Abgeordnetenhauses bilden. Der Tichechenclub beschloß, mit dem böhmischen Großgrundbesit und den deutschen Abgeordneten aus Böhmen bezüglich der Delegations­­wahlen folgendes Kompromiß einzugehen: WlS Delegierte werden vier tschech­­ische, vier deutsche und drei Abgeordnete der F­onservativen Großgrunds­­­­­­ ­ Henilleten. Novelle. Bon Baron Zosef Edtvoig. Mederregt von Franz Arz. (Schluf.) „In den ersten Tagen verdroß en mich, im tiefen weiten Kleidern herumzugehen, welche die Menschen auf fi hängen, ich konnte mir darin gar nicht bewegen und ich schämte mich auch; aber es ging mir so gut, daß ich mich all daran bald gewöhnte.“ „Als wir des Abends nach Hause kamen und mein Herz erzählte, was geschehen war, da Brad Erzfi in Thränen aus; dann fiel sie mir um den Hals. Ihr Vater sagte, sie könne das schon thun, denn ohne mich wäre sie eine Waise geblieben, und der Alte lächelte nur, als er sab, daß auch ich seine Tochter umbalste und immer wieder küßte, als künnte das fon gar nicht anders sein. Geither lebten wir so mit­einander, als wären wir Geschwister, d. h. ich habe sie freilich mit anderen Augen angesehen. Außer der Arbeitszeit waren wir immer beisammen, und der Alte hatte nichts dann wider, ja, e8 sah aus, als ob er seine Freude daran hätte. „Ich — so dachte ich oft bei mir — wenn ich zu Hause wäre oder wenn 8, hier in der Nachbarschaft wäre, ich weiß, was ich thun würde, Erzfi ist wie für mich geschaffen. Nie hatte ich das empfunden, selbst neben Efiher nit, was ich jecht empfrd, wenn ich diesem roten didbadigen Mädchen und Auge sah. Nie ging mir das Gespäh mit ihr aus, und man sah es ihr an den Augen an, daß, wenn man sie fragen würde, auch sie seinen anderen haben wollte. Aber was half’, wenn ich doch nur ihr ge­­dungener Dienstbote war; ich konnte doch nicht um die Tochter meines Herrn werben! Oft dachte ich, ob’s nit am besten wäre, wenn ich fortginge, aber dann dachte ich wieder, so lange man Erzfi nst wegführe, so lange künne auch ich nicht fortgehen, und wenn sie jemand heiraten würde; warum sollte ich dann nicht lieber bei meinem Heren bleiben, als anderswo, da ich ja ohnehin dienen mußte. Ich konnte das Haus nicht verlassen, vielleicht selbst dann hätte ich's nicht gekonnt, wenn mir jemand gesagt hätte, daß ich gerades aus nach Hause gehen dürfe, und doch war ich seit einiger Zeit mehr traurig, als heiter. Erzfi fragte mich, was mich betrübe; auch mein Herr bemerkte ed, sagte aber nichts.” „So kam das Pfingstfest. Sonnabend war ich den ganzen Tag oben auf der Alm, um nach dem Vieh zu sehen. Gegen Abend, ungefähr um diese Zeit, nur vielleicht etwas später, kam ich nach Hause. Das Wetter war schöner wo ald heute. Am ganzen Himmel war sein Wölfchen zu sehen. Nicht einmal das Blatt am Baum bewegte sich und in der großen Stille konnte man nur den Gesang Erzfi’3 hören, die mit den Dienstmädchen für das große Fest das Haus säuberte. Mein Herr saß hier auf der Bank, gerade two Sie, grädiger Herr, fiten. Als ich nach Hause kam und berichtete, daß oben auf der Alm alles in Ordnung sei, rief er Erzfi herbei.“ „Bringe einen Krug Bier und etwas zu essen“, sagte er zu seiner Tochter. „Stefan ist müde ge­morden.“ „Raum waren einige Minuten vergangen, als das Mädchen schon mit einer großen Schüsfel und einem Krug aus dem Hause kam.“­­ „Ein Bligmädchen“, sagte der Alte Tabend, „sie ist schon da. Sie ver­­spätet sich nicht, wenn sie die dienen kann.“ „Lieschen,” redete er das Mädchen an, al sie den Krug auf den Tisch stellte, „nicht wahr, du Haft das Bier nicht aus dem Keller gebracht, sondern hattest es zur Hand gestellt, sobald du Stefan hattet kommen sehen? Und du hast ihm eher gesehen, ald alle anderen im Hause.“ „Ersfi wurde rot, der Alte sah bald auf sie, bald auf mich und lächelte. „Seh? jegt nur hinein und verrichte deine Arbeit,“ sagte er gut gelaunt, „dann kannst auch du zu ung herauskommen.“ „Erzfi eilte fort. — „Ein stattliches, brades Mädchen“, sagte der Alte, ihr nachblickend, — „wer sie zur Frau nimmt, der fährt gut mit ihr; meinst du nicht auch, Stefan ?* „Lebt kam au ich in Verwirrung und ich konnte nur erwidern, laß dieh wirklich auch meine Meinung sei.“ „Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich sie auch nehmen”, sagte er.” „Ich date, der Alte treibe nur Scherz, aber darum sagte ich ihm doch, daß er an mir nicht fehlen sollte, und daß ich, wenn ich nur zu Hause wäre und sie in meines Vater Haus führen könnte, fan längst um sie ge­­worben haben würde, aber weil ich ein armer Dienstbote sei, so dächte ich an jo etwas gar nicht.“ „Darum habe ich daran gedacht,“ sagte mein Herr, „ich Habe dich freilich als Dienstboten aufgenommen, aber du Hast dich nicht so aufgeführt und ich Habe dich auch nicht so behandelt. Raum warst du zwei Monate im Hause, da merkte ich schon, daß Lieschen dich zu Lieben begann. Glaubst du etwa, ein Alter habe keine Augen? oder wenn mir die Sache nicht recht ge­­wesen wäre, so hätte ich dich nicht fortgeschickt? Aber ich habe gesehen, daß du ein braver Bursche bist, daß du deine Sache verstehst, und ich brauche einen solchen Schwiegersohn. Daß du Lieschen nicht in dein eigenes Haus führen kan­st, das freut mich ja gerade. Ohnehin Habe ich nur ein Kind, wenigstens bleibt dann dies biß zu meinem Ende bei mir. So habe ich auch ichon im verflossenen Winter gedacht, und ich weite mit dir, Lieschen Hat be­­merk, worauf mein Sinn gerichtet war. Seither hast du mir das Leben ger­­ettet. Mit Gefahr deines eigenen Webend Hast du es gethan, du Hast bich so benommen, ald wärest du mein eigener Sohn, und ich kann dir besser nicht danken, als indem ich dir mein Lieschen gebe. Sie ist ein gutes, braves Mädchen, und beruhigt vertraue ich sie die an; denn von dem, der ihrem Vater nah und Wasser hineingesprungen ist, weiß ich, daß er auch sie in ihrer Not nicht verlassen wird. Wenn du sie haben willst, gehört Lieschen dir, hier ist meine Hand.“ „Und der Alte reichte mir die Hand und ich erfaßte sie, antwortete auch etwas, aber was, das wußte ich selbst damals nicht; dann eilte ich aber, so jeder ich ronnte, in das Haus, um Erzfi zu fragen, was sie dazu sage. Sie ließ sich nicht viel bitten, und es verging seine halbe Stunde und wir saßen alle drei hier unter dem Baum, ich neben Erzfi, die mich an der Hand hielt, mein Schwiegervater und gegenüber. Er sprach von seiner seligen Frau, von der ersten Zeit, die er mit ihr in diesem Hause verlebt hatte, in welcher Art sie die ganze Haushaltung geordnet hatten und wie glücklich sie waren, als Erzfi ihnen geboren worden war. Dem Alten traten, zumal als er von dem Tod seiner Gattin sprach, Thränen in die Augen, aber gleich darauf ber

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