Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1921. November (Jahrgang 48, nr. 14527-14549)
1921-11-25 / nr. 14545
»sei. Saite 2 : Hermannstadt, Greitager 7 Rießendiegtfej-Deutsches Wageları "m 25 Mobember 1021 Die Washingtoner Konferenz ‚Die Abrüstung zu Lande. Washington, 23. November. In der Montagsung frag nach Briand Balfour, welcher zunächst auf wärmste die Finanzthese anerkennt. England wird — fährt er fort — neben Frankreich stehen, wenn ein neuer er die Freiheit der Welt bedroht. Der italienische Delegierte schließt sich den Erklärungen Balfours an, für die allernächsste Zukunft die fung der Rüstungen erhoffend. Kato, der Delegierte für Japan eine Armee, welche den Verhältnissen des fernen Ostens entspricht. Belten weit auf den Neutralitätsbruch Deutschlands Si und erklärt, es seine Armee nicht beschränkenönne. Hughes abwünscht Briand. Der Intewurf über die Abrüstung der Landheere wird der zuständigen Kommission der fünf Großmächte zugewiesen werden. Anerkennung der Unabhängigkeit Chinas. Lafayette, 23. November. Die Kommission des „fernen Ostens“ nahm eine Entscheidung bezüglich der Kospektierung der ungeschmälerten territorialen und wirtschaftlichen Souveränität Chinas an. Japans, verlangt Die Unruhen in Irland. +Rodndon, 23. November. Die Sinnfeiner fahren fort, in Belfast Unruhen zu stiften. Gestern Morgen würden die zur Arbeit gehenden Arbeiter angegriffen. E83 gab sechs Tote und mehrere Viertmundete. Ri Es Tagesbericht. (Die Bodenangelegenheit der Nösner Sachsengemeinden. Unter der Führung des Abgeordneten Dr. Artur Konnerth hat dieser Tage eine aus 15 Personen bestehende Abordnung sächsischer Bauern aus der Bittrnger Gegend beim Minister Dr. Oroza vorgesprochen und ihn um Beseitigung des mehreren nen Gemeinden des Nösnergaues noch vor zuvei ven angetanenen Unrechtes dringend erfuhr. 8 dürfte bekannt sein, daß den sächsischen Gemeinden seinerzeit von den benachbarten Romänen 15.000 Joch Grund widerrechtlich fortgenommen wurden. Obwohl die oberste Agrarbehörde das Vorgehen der Rumänen mißbilligte und die Gutmachung des Unrechtes anordnete, konnten die Sachsen dank der Unterfrügung des Rechtsbruches durch die Verwaltungsbehörden bis heute nicht zu ihrem Rechte gelangen. Dr. Groza hörte die Klage der Abordnung an und versprach rasche Abhilfe. Der Minister Hat die bezüglichen Akten dringlich eingefordert. Rettung Wiener Kinder aus Sturmes Herzog: Ein Sturm Hat die Holzbaraden auf dem Bleeburger Dist zum größten Teile zum Einsturz gebrach. Da sich in den Baraden unter anderem 112 der furzem aus Wien eingetroffene, von einem hiesigen Arbeiterkomitee zur Verpflegung nach Holland gebrachte Kinder befanden, begab sich im Auftrage der österreichischen Gesandtschaft sofort ein Legationsrat an Ort und Stelle, um die notwendigen Erhebungen zu pflegen. Doktor von Heyden konnte glückicherweise feststellen, daß die überwiegende Anzahl der Wiener Kinder schon tags vorher den holländischen Pflegeeltern übergeben worden war und nur 15 Wiener Kinder, die als Bazillenträger einer Beobachtung unterwvorfen wurden, in der Baradenstation Tisch befanden. Auch diese 15 Wiener Kinder konnten ohne irgendeinen Unfall und ohne Schaden an ihrer Gesundheit zu nehmen noch vor dem Einsturze der Baraden in Sicherheit gebracht werden. Dr. v. Heyden hat diese 15 Wiener Kinder besucht und sich durch Augenschein und durch Befragen jedes einzelnen von dessen Wohlbefinden überzeugt.(Berhart Hauptmanns Prager Doktorhut.) Am Sonntag fand an der Deutschen Universität in Prag die feierliche Promotion Leihhart Hauptmanns zum Ehrendoktor der Philosophie statt. Unter den Lestgästen befanden si der deutsche Seiandte D. Koch, der Gesandte Oesterreichs, Pr. Mare, und der gesamte akademische Senat. Der Dekan der philosophischen Fakultät Prof. Dr. Kraus nannte den Dichter in seiner Ursprache den geistigen Heerführer des deutschen DBolles. Der Rektor der deutschen Studenten, Professor Dr. Meier- Harting, sagte in seiner Rede: Wir lieben Sie, weil Sie stets vor allem ein Dichter der Not und DBedrüdtheit waren. Denn was liegt uns näher als Not und DBedrüdung, als Ringen und Elieben, uns, die wir doch abseits vom Mutterwoll in Not und Bedrüdung geraten sind.“ Nach ihm begründete der Bromotor, der bekannte Germanist Professor Dr. August Sauer in längerer Rede den Beischluß der Universität, Gerhart Hauptmann zum Ehrendoktor, zu ernennen und entwarf ein Bild des Werdeganges, des Dichters Hauptmann, der, wie Sauer sagte, „Die edelsten Ueberlieferungen Weimars mit den innersten Ueberzeugungen der Gegenwart verschmolzen hat“. Der Bromotor überreichte sodann das Dokordiplom, auf welchem in lateinischer Sprache die Begründung der Ehrung in folgenden Worten niedergelegt ist: „Wir ernennen zum Doktor der Philosophie Herrn Berhart Hauptmann aus Salzbrunn in Schlesien, den größten D deutschen Dichter ‚der Gegenwart, ehrlicher ‘ Sonderer bürgerlichen Lebens, mitleidigen Anwalt leidenden Volkes, begeisternder Herold heimatlicher Berge, Leuchtenden Richter schlimmer Sorheit, berufenen Maler deutscher Vergangenheit und ausgewählten Sänger der Schönheit und Wahrheit.“ Gerhart Hauptmann danfte in bewegten Worten für die ihm zuteil gewordene Ehrung und schloß seine Rede mit dem Wunsch: Möge die Deutsche Prager Universität wie bisher noch Jahrhunderte zum Gegen der Menschheit weiterwirfen, ein Hort des Friedens, Der Weisheit und aller jener nationalen und übernationalen völkerverführenden Eigenschaften, die mit den Künsten und Wissenschaften verbunden sind.“ « H(Neue Plünderungen in Berliner Lebensmittelgeschäften.Stierschreckendem Umfang erwehren sich in den letzten Tagen die Plünderungen in Groß-Berliner Lebensmittelgeschäften.Im Norden und Osten Berlins haben sich wiederum anläßlich zahlreicher Kundgebungen von Arbeitslosen größere Plünderungen zugetragen So bewegte sich ein Demonstrationszug in Stärke von SOO Arbeitslosen durch die Gromannstraße und stieß in der Nähe der dort befindlichen Schule auf einen Brotwagen,dessen Kutscher das Gefährt nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Der Wagen wurde vollkommen ausgeplündert. Alarmierte Polizeibeamte verhinderten weitere Plünderungen. Zwei der Hauptführer wurden verhaftet. Kurze Zeit darauf bewegte sich ein zweiter Demonstrationszug, der sichägungsweise aus 10090 Personen bestand, durch die Linien- und Alte Schönhauserstrafe. As der Zug die Alte Schönhauserstraße passierte, wurde das Schaufenster einer,leicherei von unbekannten Tätern eingeschlagen. Hier wurden Plünderungen jedoch verhindert. Am Nachmittag kam es gleichzeitig im OOsten und wieder im Zentrum zu neuen Plünderungen arbeitsloser Demonstranten. Etwa dreißig junge Burfen drangen in den Laden eines Dädermeisters in der Bleimstraße und verlangten Badware ohne Bezahlung. Einige Brötchen genügten ihnen nicht, wie ihnen der Inhaber anbot. Sie nahmen etwa zehn bis fünfzehn Brote an sich. Sofort eilten Polizeibeamte herbei. Doch konnten sie die Täter nicht mehr ermitteln. Weitere Plünderungen ereigneten si in der Umgebung des Strausberger Planes, auf dem sie etwa 5090 Arbeitstoje zu einem Demonstrationszuge zusammengeschlossen hatten. In vier Lebensmittelgeschäften der umliegenden Straßen wurde geplündert. Schließlich gelang es auch hier durch das Eingreifen der Schußpolizei, die mit Kraftwagen in die bedrohte Stadtgegend befördert worden war, den Plan und die anliegenden Straßen von den Demonstranten zu säubern, wobei zwei Personen sistiert wurden. Die Schußpolizei hat den üblichen verstärkten Bereitschaftsdienst eingerichtet. Ebenso sind auch die Straßenpatrouillen in den bedrohten Gegenden verstärkt worden. Auch aus anderen Industriezentren Deutschlands werden Arbeiter- Bewegungen gemeldet. So haben die Forderungen der Arbeiter nach wirtschaftlicher Hilfeleistung zur Stilllegung der Kieler Werften geführt, nachdem bereits etwas früher, wie schon gemeldet, die Automobilfabriken Benz u. Co. in Mannheim aus ähnlichen Ursachen ihren Betrieb einstellen Ser Smwijdenfall im Bariser Werosalon.) Die Ausstellung des Folferflugzeuges im Bariser Salon für Meronautis wird zu einer Interpellation in der Kammer DBeranlassung geben. Der Deputierte Lebouca hat dem Minister des Innern angezeigt, daß er nicht zu fragen wünsche, welche Maßnahmen gegen die Ausstellung einer Flugmaschine ergriffen werden, die in der Pariser Bevölkerung die schlimmste Erinnerung an Die traurigen Tage des FKrieges rege macht. Der Name des Konstrukteurs ist, wie gestern gemeldet, bereits von dem Ausstellungsplan entfernt worden. Es dürfte im Interesse der Tofferwerke liegen, all ihre Marfine aus dem Salon fortzuschaffen, wenn sie eine Beschädigung vermeiden wollen. (Das größte Banzerschiff.) Einer Neldung aus Tokio zufolge ist in Kobe das größte Banzersgiff der Welt vom Stapel gelaufen. Das Schiff ist 200 Meter lang, hat eine Wasserverdrängung von 40,690 Sonnen und ist mit a1 400-Zentimeter-Seedüsen be= ftüdt. Der japanische Marineminister hielt aus diesem Anlasse eine Ansprache, in der er aber mit seinem Worte der Washingtoner Konferenz Erwähnung tat. (Der Kampf um den „Reigen“) Wegen Aufführung von Schnigler3, „Reigen” im Kleinen Theater in Berlin im Juni d. %. hatte die Berliner Staatsanwaltschaft gegen die Direktion und die an der Aufführung beteiligten Schauspieler Anklage erhoben wegen Erregung öffentlichen Aergernisses. Die Verhandlung gegen die Angeklagten dauerte mehrere Tage, und zahlreiche und berühmte Sachverständige waren von beiden Seiten um ein Fachurteil angegangen worden. Der Staatsanwalt hatte gegen die Direktorin Gertrud Eyffoldt und den Direktor Maximilian Stadel je vier Monate, gegen die üibrigen Angeklagten je drei Wochen Gefängnis beantragt. Das Landgeeicht aber hat sämtliche Angeklagte freigesprochen mit der Begründung, daß der Inhalt des Werkes ein ethischer sei, und betreff der Aufführung seine unzüchtige Handlung vorliege. Der Borjigende Hatte vor der Bekanntgabe des Urteil dem Publikum strenge Maßnahmen für den Fall einer Kundgebung angedroht. Die Antretenden enthielten sich jedoch, jeder Kundgebung. ° (Ein neue Serum gegen Tubertu Iose.) Bufarester Blätter Haben in den regten Tagen ausführlich berichtet über eine bedeutende Erfindung auf medizinischem Gebiete, die dem praktischen Arzt Dr. 9. Putureanu in Dianefti, Judeg Namnicu-VBalcen gelungen sein ja Wie diese Blätter melden, hat Dr. Putureanu bereits mehrere Fälle von Tuberkulose durch seine Erfindung endgültig geheilt. Besonders wichtig ist auch der Umstand, daß alle von Dr. 3. Be behandelten Kanten niemals unangenehme Folgen verspürt haben. Dr. PButureanu benitzt bei der Rettung der Tuberkulose ein von ihm erfundenes Serum, daß er selbst den Kranken einspiigt. (Großer Briefmariendiebstahl) Eine Briefmarkensammlung im Werte von einer halben Million Mark wurde in Gotha gestohlen. Die Sammlung enthielt Marken aller Länder und war in einem großen, etwa 20 Pfund schweren Album untergebracht. Vershärfung des Alkoholverbotes in Amerika. Der amerikanische Senat hat den Gelegentwurf angenommen, der die Verwendung von Wein und Bier zu ärztlichen Bimeden verbietet. Bei Nr. 14645 Bürgerabend in Hermannstadt Gestern, Mittwochabend, fand im Unitumsaale ein von Mitgliedern und Gästen zahlreich besuchter Bürgerabend statt.. Um 8 Uhr 25 Minuten teilt Baumeister Frig Buertmes mit, daß er auf Ersuchen der Vertrauensmänner die Leitung der Zusammentrnft 618 Punkt 3 der Tagesordnung übernommen habe. Er begrüßt insbesondere die auf den Galerien erschienenen Damen, dann alle antretenden Nachbarschaftsmänner und Gäste, worauf Stadtpfarrer D. U. Schullerus in mehr als einstündigem Vortrage mit zwingender arbeit die Frage des Abbaues unserer deutschevangelischen Schulanstalten in Hermannstadt bespricht. Nicht für und nicht gegen will er sprechen, nicht zu einem ‚Entschluß will er kommen, sondern bloß treodenes Material zu selbständigem Urteil jedes einzelnen Mitbürgers in dieser Frage die Pal Zee Free am Mi Landesfirchernper .ammlung unlängst den Beischluß gefaßt, er möge je Seine selbst anheimgestellt , welchen Bedarf an Schulanstalten sie für sich benötigt, ob die von den Gemeindemitgliedern beizusteuernden Kosten nicht hohe sind. Daß diese Beträge alle in die Zentraltaffe eingehen, ist bloß eine formelle Frage der zwecmäßteren Manipulation z. B. damit alle Lehrkräfte pünktiscch zu ihrem Gehalte gelangen. Drei SR m bei Beurteilung unseres Bedürfnisses nach Sculanstalten maßgebend: 1. Das Bedürfnis: selbst bei Berücksichtigung der bestehenden Anstalten; 2. die Erhaltungs"fosten. und 3. die Bedecungsfrage. Na Darlegung genauer statitischer Angaben über das Ausmaß der Lehrkräfte die Anzahl und Zusamen der Schulkinder, der Höhe der Kosten und der Art der Bededung fährt Redner fort: E35 ist nun die Frage, wo man an Abbau denken kann. er ei sa ist die Stätte, wo das Kind die ersten Eindrüce für das Leben, die Grundlage seines Wissens und seiner Charakterbildung erhält. Deshalb ist nicht nur Die Muttersprache hier unentbehrlich, sondern jeder verständige Staatspolitiker — wie bisher an erkennensiwerter Weise auch in Rormänien — wird den Unterricht der Staatssprache in den Volksschulen nicht verlangen. Es erübrigt si die een mußten. .— Frage, ob man erspart, wenn, man die nichte Deutschen und Nichthe , Schulaufnahme ausskith.«Unsere Bürgerschulen geben unserem Mittelbürgerstrand diejenigen erszeugt und Waffen des Geistes,die sein Lebenskampf von ihm ,fordert,sowohl von den Knaben als auch den Mädchen,welch letztere ihre hausfrauliche Bildung zum Leben in der völfischen Gemeinschaft in den Bürger- Hufen erhalten. Deshalb ist gerade der Großteil der Anwesenden zum Urteil in viefer Frage berufen. Auch müssen die Bestimmungen des Wehrgeheges in Betracht gezogen werden, welche den Absolventen von Bürgerschulen das engen ergeben. Die meist umstrittenen Fragen bleiben also unsere Höheren Schulen: Gymnasium, Realschule und die höhere Mädchenschule. Untergymnasium und Realschule fköünsten wegen der großen Schüleranzahl, welche in den lesten zwei Jahren allgemein zugenommen hat (sogar 35 Abiturienten), nicht zusammengezogen werden. Man könnte auch duch Ausschließung der Nichteutschen und Nichthermannstädter höchstens eine Klasse d. H. Lehrkräfte ersparen. In den oberen Strafjen ist die Zusammenziehung von Gymnasium und Realschule möglic. Die Schaffung eines einheitlichen Lehrplanes zur Vorbereitung für nenne wissenschaftliche Berufe desgleichen. Die Beibehaltung der Höheren Schulen überhaupt ist eine Frage von eminenter völklicher Bedeutung, da das Beispiel der Banater Schiwaben und auch der bessarabischen Deutschen zeigt, daß die Gefahr der Entnationalisierung in den Jberen Klassen der Mittelschulen am größten is. Oft konnten Eltern mit den Kindern schon nicht mehr in der Muttersprache reden. In zwei Generationen wären au)cir Dem Untergange geielhk: Zieht man nun die Ober- Hoffen von Realschule und Gymnasium zu einer Anstalt zusammen, dann ergibt sich die neue Frage, ob an Stelle der aufgelassenen vier Oberflassen nicht eine höhere Handels- oder Gewerbefchule zu errichten wäre. Die Notwendigkeit der beiden ist vorhanden. Nicht Abbau wird es daher hier heiken, sondern Umbau. Anders sieht die Frage der höheren Mädchenschule. Es handelt sich hier ,um die drei oberen Strafsen verselben, welche das Presbyterium seinerzeit mit der Bestimmung der Selbsterhaltung aufgestellt hat. Die vier unteren Klaffen der höheren Mädchenschule sind bloß eine Abspaltung der Mädchenbürrgerschule und kommen in der Frage de Abbauen nicht in Betracht. ber auch der Abbau der drei oberen Klaffen wird erschwert durch die Wahrscheinlichkeit, daß, nach höherer Bildung strebenden Mädchen der Besuch von DObergymnasium und ‚Oberrealschule in Zukunft vielleicht nicht mehr gestattet sein wird. « Das ist das Material welcher«der 20 Mitbürgerner Beurteilung der Frage kennen müssen, vor allem Die Mitglieder des Presbyteriums und der Gemeindeveraunstädter Kinder von der ° °