Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1922. Oktober (Jahrgang 49, nr. 14801-14826)

1922-10-14 / nr. 14812

­ . . .«.» mctwilmst « O - und Anzeigen Germannstadt, Heltauerg. 28 IE en gi E35 eu 08 Abernimmt außer der Hauptstelle Lerniprecher: . « ·Oelmergassess·s’ mutet-mission » jederseimuggvexschms MADE-ACT­­· | Sarg « fürder­ neunhu­­uellm­inshans­en .. .a. i21s50 stetteljährlich..» mit Zustellung monatlich 8 . st Lej23w vierteljährlich..»70·­— mit Postversendung für das N. vierteljährlich ... Lei 70 — Halbjähric­h .. „ 140 ° Einzelne Nummer: Leu 1’— Nr. 14812 Le . 60 . « ··mit«sgiW-| Anzeigenvermittlun de3 In- und Auslanded « üUltrAäi akMs «" EZMWLTYGQ««« gebla en ee Jh Hermannstadt, Sonnabend 14 Oktober Friedrich S. Bendek, Bukarest, Str. Gen. Berthelot 18 Anzeigenpreis:­erKaum einer einspaltigem etitzetle Toftet­heim jedede­meligen Einrüden bei 3 °— Bei größeren Aufträgen « entsprechender Naxlap. 9 Erscheint täglich mit Ausnahme we und Feiertage. 1922 192 Jahrgang, Fragen der europäischen politis Eindrüde von einer Deutschlandreife (9. BL.) SS trifft heute nicht mehr zu, daß mit dem Xeberschreiten des Domaustromes, der heu­te mehr als jemals die Grenze zwischen Welt, und Ost daru steilt, völlig neue Ginblide in die bewegenden Fragen der ‚großen politif­fs eröffnen... No ber einem Jahre war das der Fall. Heute aber sind die Grund­­linien des politischen Geschehens schon so Har erkenn­­bar, die lmrisse der einzelnen Fragen­­ sind, schon so deutlich aus dem Bereich ihrer Zusammenhänge heraus­­geschält, daß derjenige, der sich außerhalb des, Landes über politische Fragen unterrichten will, nicht viel We­­sentliches zu dem‘ Bilde dazu gewinnt, das sich uns. Der, hier von dem politischen D­orgängen darbietet. unwesentliche Gewinn dabei ist aber der, daß sich alles viel klarer und bewußter zeichnet, was wir hier immer­­hin als unbeglaubigte Ge­enntnisse zu betrachten ge­­wohnt sind. « . Die Vorgänge in Kleinasien und an den Gestaden des Bosporus­ haben in der deutschen Oeffentlichkeit außerordentliche Beachtung gefunden.«Man­ rechnete mit der ganzen Tragweite der Daxsache,daß abermals die Gefahr eines Krieges ganz vorne in den Bereich der Möglichkeiten gerückt ist, und daß der nahe Osten in Verbindung mit den Staaten des Balkans zu seiner früheren­ Eigenschaft zurückgekührt ist, den Brandherd f aus ihrem Mißerfoli x ,. » KYFGLFWUFZÆ irgend ein anderer, im politischen Leben Europas darzustellen. Man wertet die Schwierigkeiten außerordentlich ernst, die Der­eng­­u­ng­im. der türkischen aat Fan­fi) gerade England dazu entschließen, eine waffnete Entscheidung seines Streitfalles mit Den Zarten herbeizuführen. Nicht die sittlichen Bedenken sind es vorwiegend, die Dagegen sprechen, daß gerade England den Kriegsbrand wieder aufflammen hasse. 68 ist die Gefährdung der eigenen Interessen Englands, die alle Bedenken gegen einen von England entfach­­ten Krieg rege werden läßt. England hat in der ganzen Entwicklung der türkischen Grage mehr von seinem­­ Ansehen und von seinem politischen Gewicht aufs Spiel gelöst, als es im Interesse seiner Stellung in den Augen der orientalischen Welt ihm günstig ist. Stitt er ein im einen Krieg gegen die Türkei, dann wird der von ihm geleistete Sinjat noch­ bedeutend vergrößert und wird fat zu einer DBestandesfrage des englischen Weltreiches mit nicht besonders günstigen Aussichten. Für die Türkei treffen manche DBorbedin­­gungen zu, Die seit der roten Repolution die Unbe­­siegbar­eit Rußlands ausgemacht haben. Hier wie dort ein Reich, das im feinen Giuropa abgewandten Gren­­zen ins Ufertore hinübergeht. Das eröffnet einer Krieg­führung gegen dieses V­olf wenig günstige Aussichten. Wohl würde es England nicht schwer fallen, eine Ar­­mee zu stellen, die die Türkei durch Niederlagen zwin­­gen würde, immer tiefer im ihr östliches Reichsgebiet sich zurückzuziehen. Die Vernichtung der türkischen Streitkräfte aber ist kaum denkbar. Auch die Griechen haben seinerzeit gesiegt. Aber die türkische Armee ist unvernichtet geblieben und hat solange gewartet, bis sie zum N­adschlag befähigt war. Die türkische Wehr­­macht fan in Gebiete zurückweichen, wohin ihr zu folgen für ein europäisches Heer sehr schwer ist. Und je weiter England die türkischen Streitkräfte nach Osten drängen würde, umso unangenehmer wäre das wiederum für die Interessen Englands. Denn einen Punkt gibt 88, von dem England die türkischen Truppen ferne zu halten mit aller Macht bestrebt sein muß. Das ist die indische Grenze, jedes Zurückweichen nach Osten aber bedeutet eben­ eine Annäherung der­ Türken an diesen Punkt, der für­ England am allerempfindlichsten ist." Zu dieser Schwierigkeit der allgemeinen Lage auf einem etwaigen Kriegsschauplag kommen noch nie­stände Hinzu, die in der besonderen Eigenart Englands und seiner Kriegführung begründet sind. England ist nit gewohnt mit dem Ginfat eigener Landessöhne Krieg zu führen. Au im Weltkriege hat es sich nur unter dem Zange äußerster Notwendigkeit dazu ents­chlossen. Der ganzen Gedankenwelt der englischen Bes­­chöfferung liegt der Gedanke des Blutopfers für das Daterland nicht nahe. Die Gefahr der Deutschland war so groß, das das Dorf zur Einführung der allge­­meinen Wehrpflicht geiiniuich werden­onnte. Dieses Wagnis würde England heute und in einem außer­­halb Europas geführten Kriege kaum wiederholen können. Der Krieg aber, den England mit Söldnern führen würde, erfordert ungeheuere Opfer an Geld und Material. Der englische Söldner ist maßlos verwöhnt und amspruchsvoll; das war auch der englische Wehr­­mann im­­ Weltkriege. Und der Ginjat, wie gesagt, it folgen ihm­er. Die weltbeherrschende Kraft Englands hat dur­ den Krieg und seine Folgen unter den orientalis­chen Belfern starre Einbuße erlitten. Beweis destert Die Selbständigkeitsforderungen, die ss in den verschie­­denen Gebieten des englischen Weltreiches immer öfter und häufiger erheben. Kommt es zum Kriege, dann hängt Englands Lebensfrage daran, den Krieg rasch und bedingungslos siegreich zu vollenden. Hierfür aber sind die Aussichten, wie sie vorher gezeichnet wurden, durchaus nicht günstig. Es ist selbstverständlich,daß diese schwierige Lage des britischen Reiches in allen politischen Kreisen die größte Beachtung findet. England ist ja doch so maß­­gebend im der europäischen Pelitif, daß die Regelung seiner Staatsfragen mit größter Aufmerksamkeit ver­­folgt werden muß. Aber aus noch einem anderen Grunde findet Der Streitfall mit der Türkei ganz besondere Ber­ichtung. Die Iegten Vorgänge haben ja seinen Zweifel daran gelassen, daß die Türkei den Friedensvertrag von Gedres umgeworfen hat wie ein Kartenhaus. Und die Mächte, die diesen Vertrag­ unterzeichnet haben, shiden sich ohne weiters in diese vollzogene Tatsache. In den D­alfanstaaten aber brandet wieder die Erre­­gung auf, und ganz Europa ist von fieberhafter Un­­ruhe beherrsgt. Alle Möglichkeiten sind wieder in die Erwägung gestellt. Die Entwicklung des türkischen P­ro­­blems hat mit aller Deutlichkeit erwiesen, daß die in den Friedensverträgen getroffenen Regelungen nur ein Brevisorium sind, und daß die Verhältnisse Eu­­ropas noch­ weit entfernt davon halten, eine endgültige und bleibende Regelung erfahren zu haben. Das ist wohl die bedeutungspollste Seite der Vorgänge, die si in der Türkei abgespielt haben, und die heute noch im Stoffe sind. Da Für Deutschland darm es nicht ungünstig sein, wenn d­iese Singelöftheit aller europäischer, Fragen immer deutlicher wird. Die erste Wirkung allerdings ist für Deutschland drühend und hier. Die Lage der Oriente­­frise haben einen neuerlichen Absturz des Wertes der deutschen Mark gebracht. Die Ursache davon mußte niemand sicher anzugeben. In Banffreifen wurde ge­­sagt, es schein­e, daß die Großindustrie sehr große­ Bosten ausländischer Währungen auflaufe und daß, Dierburch der Wert der Mar gedrüht werde. Ber stimmt es, mie, gesagt, war nicht zu erfahren. sicher is es, daß jede Beunruhigung ‚der allgemeinen politischen Lage eine ungünstige Einwirkung auf die deutsche Währung und auf das MWirtschaftsleben Deutschlands unmittelbar ausüben wird. Auf weitere Sicht aber muß die Einwirkung dennoch­ günstig sein. Den die Gr­enntnis­reiten muß gestärkt werden, daß. 28 angesichts der umgeklärten politischen­­Berhältnisse nicht zulässig ist, im Herzen Europas die Frage Deutsch­­lands als eine ständig offene Wunde Klaffen zu waffen. Jede Erschütterung der außenpolitischen Lage muß die Ueberzeugung vertiefen, daß eine bleibende und gerechte Lösung gefunden werden muß, um Deutschland seinen Anspruch auf­ Leber und Zukunft einzuräumen. Es wird doch immer mehr offenbar, daß die europäischen Mächte durch die Drangsalierung Deutschlands ihre eigenen Interessen aufs schwerste schädigen. Von den Wirkungen dieser Drangsalierung erhält der oberflächliche Beurteiler des deutschen Alltags­­lebens kaum einen Gindrudh. Die beispielgebende Ord­­skirchenv­n Karlaburg vor der Krönung. Rnmitter des breiten Miereschtales liegt Karleburg,, von Unterwinzendorf, der früheren Endstation, der Her­­mannstadt mit der Kronstadt—Arader Strecke verbindenden Eisenbahnlinie, kaum eine Viertelstunde Bahnfahrt entfernt. Die Stadt liegt an und teilwweise auch auf einem Hügel, der­ sie mitten im Tale erhebt und gleichem eine Sperre für den Durchgang von West nach Ost und umgekehrt bildet. Diefene Hügel verdankt Karlsburg, sonst eine recht lang­­weilige Kleinstadt mit ausgesprochen Ländlichem Charakter, seine gewisse Bedeutung. Denn stets, wen militärische Berwegungen in unserem Teile Siebenbürgens stattfanden — und solche: gab es da seit uralten Zeiten —, dan spielte­­ dieser Ort als Bollwerk für die jeweiligen Herren des Landes eine überaus wichtige Rolle. Wer den Hügel — die heutige Festung — mit seinen Kriegesscharen behauptete, der konnte das Land westlich oder östlich davon sein eigen nennen. Diese große strategische Bedeutung des im Mieresch­­tale sich erhebenden Hügels hat ohne Biweifel zu dessen frühen Besiedelung geführt. Die alten Daten Hattem da einen Hauptftngpunkt, und als sie ich den Römern beugen mußten, legten diese ebenfalls die Hand darauf und ließen ein recht stattliches Stadtwesen da entstehen. Aber auch in späteren Zeiten blieb das Heutige Karlsburg in den vielen Kriegen, die durch unsere friedlichen Gaue getobt haben, ein­ heißum­strittener Punkt, und bis zur zweiten Hälfte des dorigen Jahrhunderts noch galt seine Leltung als bedeutendes militärisches Bollwerk. Heute kommen die Seftungwerte für das Militär, nicht­­ mehr in Betracht, denn der Wirkung der heutigen Feuerwaffen sind sie nicht gefvachsen. Der Seftungberg Hingegen wird auch, im kom­menden Kriegen, sofern sie ss im Miereichtale abspielen werden, seine alte Bedeutung beibehalten. In diesen Tagen sol­lım Karlsburg zu höchsten Ehren kommen, denn in seinen Mauern wird die Krönung König Ferdinands samt der Königin Maria zum Herrscher aller Romänen stattfinden. Die Stadt, bedeutet für das Romänentum ein Sinnbild der nationalen Vereinigung, weil ich in der Geschichte für die Domänen bedeutsame Ereignisse um sie knüpfen. Sonst abgelegen, und den Frem­­den gar wenig aufgesucht, wird sie nun bald der stolze Mittelpunkt eines wichtigen Ereignisses sein, das viele tau­­send Menschen zu ihe Iocht. Das bevorstehende große Er­­eignis gibt sich im­ Leben der K­arlsburger schon seit ge­­raumer Zeit Fund. Das gilt nicht nur für den Einheimi­­schen, sondern auch für den Fremden. Wer­ in diesen Tagern nach Karlsburg Fahren konnte, mußte auf Schritt und Tritt eine ungewöhnliche Tätigkeit feststellen. Auf das große Ereignis wurde man schon während der Neise aufmerksam, denn auf den nach der Krömungsstadt führenden Streben wird eine genaue Ueberwachung der Reisenden ausgeübt, die sich gehörig ausweisen müssen. Bei der Ankunft gerät man gleich im einen Schtvarın Polizeibeamten, die wie­derum die Ausweisleistung fordern und jeden Ankommen­­den in ein Register eintragen. Hierauf fan man sich in die Stadt begeben. Während man durch die Hauptstraße zum Marktplage Fürbaß­ schreitet, begegnen einem lange Wagenzüge und Lastkraftwagen mit allen möglichen Bau­­materialien. Sie werden von Militärpersonen geleitet und haben alle einen Weg­­ zur Festung. Deren Bereich ist verbotene Land, und nur mit besonderer Bewilligung einer besonderen Sicherheitskommission kan man hinauf gelangen. Ab Mann der Presse erhält man die Bewilligung ohne» weiter« und kann die Festung besuchen. Sie ist mit ihren Hohen Wällen und­ tiefen Gräben, mit ihren schönen Toren fee interessant. Innerhalb der Schangen befinden ich einige Kasernen, denen man das „E. ı.. .” auf dem ersten Eid­ ansieht. Oben­ auf der Hü­gelplatte gibt es eine An­­zahl öffentlicher Gebäude und Wohnhäuser, die um einem Heinen­park herum liegen. Unmittelbar, an den­ Barf ist die neue Krönungskiäche gebaut worden, die aber Aller» "heiligstes ist und um seinen Preis besichtigt werden kann.­ Von außen sieht man ihre nichts­ Besonderes an, umso­­mehr, ald daran mod)­gearbeitet wird und viele Hundert Menschen fieberhaft tätig sind, um­ alledi bi zum nahen Zuge der­ Krönung fertig zu stellen. Ein b­esonderesi Stilck Arbeit­·hat dierfufigszeit des neuen Zu­gangesi vwn Bahnhof zur Fesislng gegebenUm den Hauptteil der Stadt herum is keines neue Strippgest baut worden,die,ohne die Stadt zu berührenUant Max zur Krönunngiiche führ.Diesen Zugang wird das­ Minister­paar gelegentlich der Krönungsfeier gebrauchen.Erzählt übrigenäauchen einm ganz neu gebautens Halteplay für den Hs zug aus x Judek Smdtsecbfk ist die uedekH. wacheng»dker Fremde trnich xminderfiaifalsiguf diems Bahnhofe.,An allen Ecken stehens Offiziere und Agen­ten der Sicherheits-und Geh­eimpolizei,die zums großen Teil auch Bukarest dahin’ beordert worden sind. . l Für dies Einwvlgwerden klein­en Stathrinth dies großte Feier manches-angenehme mit sich wa lästigstem· sind woh­l die Ein­quartierungen.­«Nichtwewigens als schxeik tausend Menschen sollen für eine Nacht eine anständige Unterkunft erhalten. Um das nur einigermaßen zu er­­möglichen, muß­­ man den Bürgern fast jeden Raum abfor­­dern. Dazu kommen noch die strengen Ueberwachungs­­maßregeln, die auch­ nicht zu den Annehmlichkeiten ges­tählt werden können. J .· RN . ,­­-

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