Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1923. April (Jahrgang 50, nr. 14952-14975)

1923-04-01 / nr. 14952

! hrnstqdi­s Osmgm Nsrmstraßeers Jernsprecher g Nr. 11. Verwaltung Nr. 1 für NICREURRENT: (savor: ECA ;ASTRAM SEBIU: >| ET on J Hermannftadı, Sonntag 1. Apıil 1923 Nr 14952 - Die nächte Nummer unseres Blattes ge­ Ina der geten Beine magen Dienstag Ausgabe, nn Stunde zur al en m nennen nn Königin ee­en­er 23 jeder Zeitungsverschleiß und Auge­lnvermittlungsstellen­­- und Auslandes einänig farben obruchdiche Dr. Bukowina bei Friedrich­­ S. Bendek, Bukarest, Str. Gen. Berthelot 19 enpreis: Der staumt einer einspaltigen Petitzeile fortet beim jedes» maligen Einrüden Lei 3’ —. Bei größeren­ Aufträgen einschreitender Na [a heim­ täglich mit Ausnahme. RE Sonn und Feiertage.­­ ‚50. Jahrgang ae Ostern Ein wundervoller Bau ist das Kirchenjahr, an­­ dem Jahrhunderte hindurch­­­gearbeitet worden­ ist, ein Werk, das dem, der nicht achtlos an ihm vorübergeht, ‘zur Spenderin reicher, edelster Kräfte wird. Den Unterbau des Kirchenjahres bilden die drei Leit­­freife, Weihnachten, Ostern und Pfingsten mit den ihnen vorangehenden und nachfolgenden Sonntagen. Hätten wir Weihnachten nicht, würde nicht­ so viel und nicht so all» gemein in dunkler Zeit das Licht des göttlichen Geistes verkündet­ werden, würde nicht der Strom der himmlischen Liebe in Falter Zeit so mächtig anschwellen und so reiche Sachen Bringen. Hat ji aber­­ der Wei­hnachtsfestkreis geschlossen, beginnen sich die Delide auf Ostern zu richten und neue Medanten treten in den D­ordergrund .Wollert wir zusammenfassend jagen, was DOftern uns fündet, so genügt das eine Wort „Leben“, Leben trot des Todes. Licht, Liebe, Leben — mas Liegt doch in­ diesen drei Worten eingeschlossen! Und jedes Kirchenjahr bietet Ge­­legenheit,­­ sich in ihrem Inhalt zu versenfen und aus ihrer Stille sich zu bereichern. Das Zeit des Lebens feiern wir wieder. Es gehört dazu, daß wir es zur Zeit des wieder erwachenden Na­ +turlebens­­ feiern. Darum gehen wir an diesem neuen Le­­ben auch nicht vorüber. Es bildet eine Vorauslegung, ohne die wir und Ostern nicht recht denken können. Ein frohes Deeih, bat ung au in diesem Frühjahr um selbst die ältesten Leute nicht erlebt hatten. Nun ist der Winter zu Ende, seine Spuren leichter verwischt, als wir dachten, und was wir im Garten, auf dem Felde, auf Bergen und in stillen Tälern empfinden, ist Freude. Aus der Luft, aus dem Sonnenschein, aus den Vogelfehlen, aus Sarbe und Duft der Frühlingsblumen kommt die Freude zu uns und nimmt uns gefangen. Wer ließe sich von Joldy Freudenwellen nicht tragen? Die Freude lacht uns wohl zu jeder Jahreszeit an und ruft, sie zu holen — mann empfinden wir aber die Lebensfreude in deut­­licherem, Beglühenderem Maße als nach des Winters Kälte und der Zimmer Enge im Frühlingssonnenschein, in der weiten, zum­ Leben erwachten Natur? Naturfreude gehört zur Osterfreude. Unseres Lebens froh, bereiten wir auch in Diesem Jahre zu Dörfern die oberbehördlich angeordnete Samm­­lung für­ die Hungernden in Rußland vor oder veranstalten sie an dem er selbst, damit sie ergiebiger sei. Wir wollen mithelfen, Leben zu erhalten. B1 Millionen sind in Rußland in den legten Jahren den Hungertod gestorben, in dem Lande, das in Friedenszeiten noch­ an­ andere Länder Getreide in großen Mengen abgab. Wie beschä­­mend für Die Menschheit, daß im zwanzigsten Jahrhundert ein solches Massensterben möglich war, weil der Austausch der reichlich vorhandenen Gottesgaben nicht entsprechend bewersstelligt wurde. Wir wollen uns von dem Hilfswerk nicht ausschließen. Wir wollen nicht vergessen, daß unter den hungernden Millionen auch Brüder gleichen Glaubens und gleichen Blutes sind, Brüder, die Schweres Kolonisten» los zu tragen haben. Wohl brauchet wir für die ves­­chiedensten eigenen Zwecke auch viel’­­eld, aber wir wissen alle nicht, was Hunger heißt, und lesen uns auch in diesen Tagen zum festlichen Ostermahl — darum soll der Heiland unter uns Auferstehung erleben, an indem wir Leben zu erhalten in christlicher Liebe uns bemühen. Von solchem Untergrund erheben wir uns in Die Höhe der eigentlichen Ostergedanken. Sie schweifen zu­­nächst in die Vergangenheit zu den Berichten über die legten Ordentage des Heilands, und Über den Aufer­­stehungsglauben­ seiner Düngerinnen und "Dünger. Nimm die Bibel und lies! Wo tritt dir Aehnliches entgegen, so dicht beieinander: Leiden, Tod und Auferstehen? Mag man ss zu den Berichten stellen, wie man will, an der Hauptsache wird nichts geändert: es sollte Karfreitag blei­­­ben und wurde Ostern, Ostern in den Herzen der Menschen, die dem Heiland im Leben nahe gestanden, die in raschen Wachstum ihres inneren Lebens bereit waren, für den­ Auferstandenen ihr Leben zu verlieren, um es­ nach feinen Maeaten zu ja.­eidend für­ die Beriete en Ihe a­n öfter­­er Grgri glaube. Wohl uns, wenn 6 als Einzelne und als Bolt denkend und noch mehr fühlend von jenen Ostern her in die Gegenwart uns verlegen und im Hinblick gerade auch auf das Leiden unserer deutschen Brüder und unserer eigenen Kämpfe zur Ostergewißheit gelangen: Nichts ist verloren, was mit Gott im Bunde ist. Alles, was aus dem Glauben und der Liebe stammt, alle G­eisteszucht, jedes Wort der Treue, alle Aufopferung und Selbstlosig­­keit bleibt und bildet eine Bereigerung des Eigen- und des Bolfslebens! Seit jeher hat am­ Seit des Lebens die Menschent aber auch die Frage beschäftigt, ob es noch ein Leben nach dem leiblichen Tode gebe. An den frü­hgeschmücten Gräbern, an denen mir zu Ostern stehen, erhebt Diese Stage immer wieder ihr Haupt. Es tut wohl, in dem Neuen Testament von solchen zu wissen, die von einem starren Gtauben an ein Reiterleben­ nach dem Tode ge­füllt waren und darum seine L Todesbangigkeit kannten. Es tut dem Theologen wohl, in dieser Frage auf dem Naturforscher und Philosophen Theodor‘ Fechner Hinzu­­weisen, der zu Äähnlichem Schluß kommt: Wir geben, nicht einmal, sondern, dreimal, vor der Geburt, nach der Geburt, und nach dem leiblichen Tod. Die erste Lebensstufe ist ein steter Schlaf, die zweite eine Abwechselung zwischen Schla­­fen und Wachen, die dritte ein ewiges Wachen. Auf der ersten Stufe entwickelt sich der­ Körper aus dem Keime und verschafft sich seine Werkzeuge für die zweite Stufe. Auf der zweiten Stufe entwickelt fi­ der Geist aus dem Keime und verschafft sich seine Werkzeuge für die dritte Stufe. Auf der dritten Stufe entwickelt fi der göttliche Keim, der in jedes Menschen Geiste liegt und hier schon­­ den Menschen dur­ Ahnung, Glaube, Gefühl und Instrntt auf ein Jenseits Hinweist. Der Hebergang von der ersten zur zweiten Stufe heißt Geburt, von der zweiten zur dritten Stufe Tod. Wiecaber das Kind auf der ersten Stufe noch blind und taub ist für allen Glanz und alle Mufit des Lebens auf der zweiten­ Stufe, so misfen wir auch> , in unserem jegigen Pafein noch nichts von dem Glanzı und der Mufii, der Freiheit und Herrlichkeit des Lebens auf der dritten Stufe. Wir Halten gewöhnlich Geburt­ und Tod für etwas Entgegengelegtes, weil wir zwischen beiden stehen.­ Aber die Geburt ist zugleich Aufhören, also Tod eines früheren Lebens, so wird auch der Tod, zugleich Anfang, also Geburt eines neuen Lebens sein. Der Tod ist nur da, um uns die Hand zum Aufsteigen auf eine höhere Lebensstufe zu reichen. Auf dem Agnethler Pfarrertag wurde mit Recht ge­­fordert, die Srage nach dem­ ewigen Leben­ müsse. —_ natürlich nur aus innerstem Stauben Heraus. — auf und. . fein Kanzeln offen und­ ohne ©­­« ein all für einen großen­ Ausen, aus so) N ube Wenn es nicht mehr, wie jet bei so tiefen, beißen würde: „Laffet uns essen und trinken; denn morgen find mir tot!“ Die Ewigkeitshoffnung rückt den Menschen und sein Leben auf der Erde in das Licht der Ewigkeit und läßt ihn dementsprechend sein Leben schon hier auf Erden gestalten.... Ostern, Fest des Lebens, laß uns in Ehrfurcht vor das Rätsel „Leben“ treten! Gnträtseln werden wir es nicht, ausschöpfen seinen Gehalt auch­ nicht, denn es ist­ zu reich. Aber reicher möchten wir um Ostern herum, vom Anfang bis zum Ende des Dotterfestkreises, an der inneren G Erfahrung werden: Rebendigen! Gott ist eim ‚© oit der und streng And bra eumst es, pielim in solcher Menge Heu oft behandelt werden, n la: sehen! Biblioteca Judeteana ASTRA ANNLINN *21327P* nn mnum­entusn enter nein nn nn een ein Osterweisheit. Eine Frühlingsbetrachtung von Wlexander v. Gleichen-Ruhwurm. Um die Osterzeit liebt der gebildete Deutsche Goethes Sanft zu sesen oder auf der Bühne zu sehen. In dieser Dichtung ist das doppelte Erlösungsmotiv so bar ausge­­sprochen, daß es einem jeden zu Herzen dringt und jene innere Befreiung zurückläßt, deren wir alle in heutiger Zeit mehr denn je bedürfen. Hart und schwer hat der Winter auf den Sturen ge­­rastet, und das deutsche Volk atmet mühssam unter uner­­hörter Not. Bo ist Frühling, wo ist Erlösung, wo öffnet sich ein Zenster, die wärmende Sonne einzulassen? Bang lautet die Frage und ängstlich läuft der Sehnsuchts­­volle, ob ihm Antwort zuteil wird. Die Natur gibt sie und aus der Dichtung spr­t sie mit ewwiger Jugend. Aber ist das nicht nur eine Phrase, ein ferialer Stoff, mit dem der Leichtgläubige sie etwas weißmachen läßt? Und sind wir nicht alle leichtgläubig, immer leichtgläubig getreten, wenn irgendwo auch nur der leiseste Hoffnung sich immer geglänzt hat? Gewiß, wir waren es und haben oft den falschen Propheten geglaubt, wenn sie „im D­ruftton der Ueberzeugung“ irgend einen Gemeinplas von sich gaben. Aber Natur und Dichtung trügen nicht, ihre Stimme ist aufrichtig, die Stimme eines echten Propheten. Deshalb geben sie auf das Gefühl der Erlösung, ob wir wandern oder lesen, und aus Der Zeierstunde gewinnen wir das Bewußtsein der gefesteten Persönlichkeit. In diesem Betwußtsein legt nach jeder Richtung bin 2924­ ein Gefühl der Kraft und nur aus diesem heraus ringt sich die Seele zur Erlösung empor. Nicht aus Schwäche und Zermn­riehung, sondern aus der Kraft gewinnen wir jene innere Befreiung, die den Satfachen ihren Schrecen, der Sast­ ihre Schwere und der Not ihre Aussichtslosig­­keit nimmt. Ostern ist ein Fest junger, vorwärtsstrebender­ Kraft. Siegfried, Parsival und Faust sind feine symboli­­schen Gestalten, die das Sonnenmärdchen und seine Bed­­jüngung verkörpern. Weiß und lila Iodt die Blumenwelt, vorsichtig sprießt das Blatt unter der fliegenden Hülle und die Brust des Menschen weitet si, wenn er die Luft einatmet, die­ mit unwürziger Fülle das Land­ durchwellt. Und mit Stolz wird er in der Wahrheit eines Philo­­sophenwortes bewußt: „Es gibt seine Zukunft, wir schaffen sie denn.“ In der­ Osterzeit wächst die Kraft zur­ Gk­enntnis, daß der schaffende Frühling in uns arbeiten­ muß, wie er in der Natur arbeitet, das holde Lenziwunder alljährlich zu erfüllen. Nur wer in seiner Seele eine Kraft ent­­faltet, sich über sich selbst und die gemeine Notwendigkeit zu erheben, wird­ jene Befreiung erringen, die das Leben lebenswert, den Tag Föstlich macht. Dieses Wollen ent­­pricht durchaus dem­ tiefsten deutschen Wesen. Unsere S Innerlichkeit war stets ein Ringen der Seele, die Natur zu erfassen und aus der Natur zum höheren Menschen­­tum verzudringen. Wie Goethe die Menschheit­ „als ein beseeltes, bewegtes, unerschöpfliches Ganzes“ erkannte, wie er sie in innigem PBerbundensein mit dem Naturganzen wußte, so gibt es auch­ heute aus dem eigenen Inneren und aus dem Wesen der Gesamtnatur heraus ein Ostern zu erleben und einen Frühling zu ge­winnen, dad mir wieder ftoig und Hoffnungsfroh in eine­r Zukunft bliden, die wir selber­ zu schaffen gemillt sind. In trüber Verzweiflung seine Sage hinzubraten, hat seinem ‚geholfen, aber­ das Schicsal­ ist noch immer von denen überwunden worden, die mit zielbewußter Sätigkeit die Gegenwart ausnusten, damit ihnen die Zukunft neuen Frühling bedeute. Dann wird das Sprießen und Waschen der Natur zum Symbol für die innere Welt des Her­­zens, aus der­ alles nach augen Wirkende hervorgehen muß; und die Befreiung aus der Gewalt der Stoffriefen in eld und Wald führt zur Erlösung aus:den­ Fesseln der Angst und des trüben Gntjagens, das uns so leicht befällt in geiten politischen Niederganges, ist ein solcher , aber anders aufzufassen, als der Winter, in­ dem das Leben erstorben schien und doch im Schoß der Erde den Lenz ahnen ließ? Seit Wolfram von Eichenbachs Barrival Erlösung von seinen Zweifeln mit der zauberhaften Karfreitagsstimmung in Wald und Hag begann, tönt das Lied der­ Hoffnung, der m­ehr auf bösem Weg, und der Genesung frohlobend­­ Dichtung und auch die Osterfreude der Jahrhunderte. Naturmärchen umspielen symbolisch ihren tieferen Gehalt. Bald Singen erinnerungen Hinein an den­­ Schwerttang, den nadte germanische Jünglinge in der Frühlingsnacht zum Preis der Göttin Ostara übten oder an die Oster­­feuer, durch die behend die männliche Jugend sprang, bald überwiegen die ristlich­en Motive, die­ den höchsten Aus­­bruch in Goethes Faust fanden, wenn man ihn als ein­­heitliches Ganzes betrachtet und den Schluß des arbeits­­reichen Lebens neben den Beginn stellt, in dem der al­­ternde Sanft nach seiner ‚österlichen Belehrung neuem Frühling , entgegengeht und über Irrtum mancher Art die Weisheit erreicht, daß nur mit näglicher Arbeit welche Erlösung gefunden werden kann. Das ist­ aber die Zuk­unft, die man nicht anders gewinnt, als daß man schafft. 5 4

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