Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1923. Mai (Jahrgang 50, nr. 14976-14997)

1923-05-01 / nr. 14976

. br + ri a ans : Hermannstadt, Königin Mariastrafe Nr. 23 Fernsprecher: für Hermannstadt: ohne Bustellung und Haus monatlich ..... Lei — vierteljährlich .. „ Ich— mit Zustell monatlich & ger I — vierteljährlich .. „ 106 — mit Bostversendung für das Inland: sierteljährlich . . Lei 106 — halbjährlich . . B0— Einzelne Nummer: Lei 2: Siebenbürgisch-Deutsches age [ i­st Bezugsbestellungen und Anzeigen Bee ea jedersetzungsverschlei­­­ssnz einvmuittlun­­g Br des In- und Aus­trAltrumänien,Bessarabien Bezugspreis Krabibe u. Butotwina bei Friedrich 8. Bendek, Bukarest, Str. Gen. Berthelot 13 Anzeigenpreis: Der Raum einer einspaltigen Petitzeile fostet beim jedes­­maligen Einladen bei 3 °— entsprechender Rahlak €­nt tägl­it Ans ne ons Die aan Nummer unseres Blattes ge­­lang­ des 1. Mai wegen Mittwoch den 2. Mai zur gewohnten Stunde zur Ausgabe. B , Betrachtungen zu unserer politischen Lage. L. Das Bild­ der Landespolitik. (H. BL) Die­­gefeßgebenden Körperschaften sind im­­mer noch in den Serien. Zu Anfang der vorigen Woche sollen ihre Verhandlungen neuerdings beginnen, da aber Die erforderliche Anzahl von Mitgliedern zur Eröffnung nicht erschienen war, trat selbsttätig­­ eine D­erlängerung der Ferien ein. Diese Lösung entsprach wohl auch den Wünschen der Regierung, da sie vorher schon die Ab­­geordneten verständigt hatte, daß die Wiedereröffnung der Sigungen eine V­erschiebung,­ erfahren werde. Maßgebend für diesen Wunsch der Regierung war wohl die Rück­­sicht auf den damals bevorstehenden Beamtenstreit. Es war ihr jedenfalls daran gelegen, daß dieser Streik sein parlamentarisches Echo finde. Denn die Widerstandskraft der in den Ausstand getretenen Beamten wäre sicher­­lich gestärkt worden, wenn die Oppositionsparteien sich deren Sache zu eigen gemacht und im Parlamente eine starre Bewegung zugunsten der Streitenden durchgeführt hätten. Die parlamentslose Zeit hat diesen Widerhall verhindert, und so­ll der ganze­­ Beamtenstreit eigentlich ohne größere Erregung der Oeffentlichkeit por sich ge­­­gangen. Die Gefolgschaft der Beamten gegenüber der Streitparole war von vorneherein zersplittert, mit Anwen­­­dung­ der starren Hand einerseits und mit Zuckerbrot weiter gelichtet und nach dem heutigen Stand der Dinge ist nicht anzunehmen, daß aus der noch gebliebenen Schar der Ausständigen eine größere Bewegung sich ent­wickeln Das Ernsteste an diesem ganzen Beamtenstreit ist wohl die Tatsache, daß er nur ein Seil einer starren Erregung ist, die heute im ganzen politischen Leben unse­­res Landes besteht.­­Diese Erregung tritt in vielen Gra­n zutage, deren Zusammenhänge teils Möwerer, teils leichter erkennbar sind. Oftmals mögen unmittelbare Zusammenhänge au; gar nicht­ bestehen. Aber ider tiefer Hineinhört in die Kreise, in denen das Boll redet, und in Diejenigen, die mit dem Bolfe reden, wer ist überrascht von der Leidenschaftlichkeit, mit der heute die politischen Tagesfragen behandelt werden. Man denkt und spricht heute in vielen­ Kreisen aus: ©eleifen,­ die noch bei kurzem niemand hat betreten wollen. ‚Die Stimmung ist heiß und man steigert sich in eine immer größere Hite hinein. Es ist sicher fein, Zufall und auch fein. Ueber­­­eifer einer­ auswärtigen Nachrichtenstelle gewesen, wenn er im Anschluß an die V­otierung, der Berfassung die Nade­l nicht Durch Die ganze, Auslandspresse ging, in Rumänien sei die Revolution ausgebrochen. E 8 ist sein Zufall, wenn die Auslandpresse über Rumänien derart urteilt, wie es in unserm heutigen Blatt aus den Ausführungen zweier angegehener Organe ersichtlich ist. Im Diesen Berichten spiegelt­ sich die Erregung wieder, die in der Oeffentlich­­keit unseres Landes vorhanden ist. Denn die ausländi­­schen Vertreter bilden si ihr Urteil nicht nach Straßen­­vorgängen und nach D­olfsversammlungen. Sie wissen aus ihrem eigenen Lande Zu gut, daß Dies nur Wasserblasen sind und daß die starren Strömungen, die den politischen Stußlauf bestimmen, unterhalb der Oberfläche fließen. Die ausländischen P­ressevertreter geben die Stimmungen wieder, die sie in den Kreisen finden, mit denen sie in­ nähere Berührung treten. Die Nerposität der Auslandpresse über die Stage Rumäniens ist im Grund die Nerposität unse­­res eigenen Landes, die in der Auslandpresse sich wider­­spiegelt. Die Oppositionsparteien haben den beim Zusammen­­tritt des Parlaments geführten scharfen Kampf bei der Verhandlung der D­erfassungsvorlage wiederholt, und was über ihre weiteren Pläne in die Oeffentlichkeit dringt, das ist gleichfalls auf die Parole des schärfsten Kam­­pfes abgestimmt. "Das erbitterte parteipolitische Ringen wird weitergehen, und mit der längeren Kampfdauer wird man immer unbedenklicher in der Wahl der Mittel wer­den, wird man darnach trachten, immer weitere Kreise in diese Kampfbewegung hineinzuziehen. Auch außer den Be­­wegungen, die mit den parlamentaris­hen Ereignissen un­­mittelbar zusammenhängen, gibt es eine Reihe von Bor­­sch­gängen, die aus der Erregung der heutigen V­erhältnisse hervorgegangen sind. Die Studentenbewegung nähert sie immer mehr dem­ unmittelbaren Zusammen­hang mit der Tagespolitik, die faszistische Bewegung ist bemüht, auf die Stimmung der Bevölkerung immer mehr Einfluß zu ge­­winnen. Es ist bemerkenswert, daß heute eigentlich aus« schließlich nationale ®ärungen an die Oberfläche treten und das soziale Gesichtspunkte dabei eine ganz geringe Rolle spielen. In den Fragen der P­arteipolitik ist der Kurs dieser Bewegungen noch nicht festgelegt, oder wen­­g­­stens noch nicht bestimmt zu erkennen. Sie stehen gegen­­wärtig noch in der Schwebe zwischen dem Kräftespiel der streitenden Barteigruppen. Bei weiterer Entwicklung aber ist mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß sie in den Par­­­teikampf hineingezogen und Kampfinstrument der einen oder der anderen Barteigruppe werden. Inmitten dieser widerstreitenden Bewegungen steht, eine Regierung, die so starr ist, wie das unter den heutigen Verhältnissen gedacht werden kann. Die Regierung ver­­fügt über eine festgeschlossene Partei, über eine starre Mehrheit im Parlament, über eine entsprechende­­ Re­­serve von ministerfähigen Leuten, und die Geschlossenheit innerhalb des Kabinetts steht außer Zweifel. Man spricht seit geraumer „Seit von einer bevorstehenden A­mbildung der Regierung. “s kann sein, daß diese Umbildung er­­folgt. Wenn es aber geschieht, so bedeutet sie T keinesfalls eine Kursänderung. Die Umbildung wird nur dann ges­schehen, wenn es in der Absicht der Regierung liegt, und seinesfalls deshalb, weil es zur Behauptung der­ Re­­gierung notwendig wäre. Es und noch­ seine Anzeichen En : in , —­unvorhergefeh gnisse einträten. Die Regierung vertritt den Standpunkt, sie habe e s sich zur Aufgabe gestellt, den ganzen Komplex der Fragen zu m Idfen, die seit der Schaffung Großromantens dringend geworden sind. Sie sei noch lange nicht fertig mit der Erfüllung ihres Arbeitsprogrammes, Verwaltungsreform, Kirchen­­und Schulreform, Wahlreform und andere bedeutungsvolle Fragen müßten noch gelöst werden, ehe die Regierung ihre Aufgabe als beendet ansehe. So früst ich Die Re­­gierung nicht nur auf den Willen, die Macht in eigenen Händen zu halten, sondern auch auf ein Pflichtgebot, dass sie eine übernommene Arbeit nicht im Stiche Taffen dürfe. Der Wille einer Regierung, im Amte zu bleiben, pflegt ja allerdings nicht maßgebend zu sein dafür, ob sie ihre Absicht an durchlegen kann. In­ diesem Falle aber kommt ihr der Umstand zugute, daß bis heute eine befriedigende Lösung der Trage der Nachfolgerschaft nicht gefunden werden konnte. Die Betrauung Aperescus wäre nicht mehr als eine Überlegenheitsöffung, die Kombination Sarga. Stellt den über den Parteien stehenden Koalitionsgedanken dar, von dem man immer mit Begeisterung spricht, der aber je­­desmal gescheitert ist, wenn er verwirklicht werden sollte. Die Zaranisten kommen für eine Regierungsbildung, solange es irgend zu vermeiden ist, nicht im Frage, und die über­­zeugten Siemente unter ihnen wünschen den Regierungs­­antritt ihrer Partei ans gar nicht Herbei. Sie sind ich deisen bewußt, Daß ihre junge Partei den PBerfuhungen allzu leicht erliegen würde, die mit dem Reste der Regie­­rungsmacht verbunden sind, und da sie sich die Partei zu­­grunde richten, wenn sie heute die Regierungsmacht mit allen ihren Möglichkeiten­ persönlicher Vorteile in die Hand bekämen. Mit ihnen verbunden im Kampf gegen die Regierung ist die Nationalpartei, die ihrer ganzen Zusam­­menlegung nach für eine Regierungsnachfolge am ehesten in Betracht käme, meis­te in ihrer sozialen Struktur seinem G­egentag aufteilt, zu der heutigen­­ Regierungsmehrheit. Aber sie stellte den Fahnenträger dar , im Kampf gegen die Liberale Partei, und die Erregungen dieses Kampfes haben starf exponiert hat. Es ist ein­e zusammenhängende Linie von den scharfen Protesten gegen die Durchführung der Wahlen über das Fernbleiben von der Karlsburger Krönung zu der Nichtan­­erkennung der neugeschaffenen Verfassung, und der­ tafi­­stische Flügel der Partei treibt nunmehr diese Politik auf ihre äußerste Seite, indem er in seinem Blättern die schärf­­sten Angriffe gegen die Krone und ihren Träger richtet. So ist es nicht anzunehmen, daß heute die Nationalpartei einer Regierungsnachfolge nahestehen könnte. Müssen aber die Liberalen von der Macht zurücktreten, dann ist es sch­wer denkbar, wie eine folgende Regierung ohne die Mitwirkung dazu geführt, daß gerade diese Partei­ sich der Nationalpartei sich erfolgreich behaupten und betätigen könnte. Es ist ein von Erregungen und Berwirrungen e­er bedrohtes Bild, das die heutige innerpolitische Lage bietet. Es scheint umso trüber, als man auf Seiten der Oppo­­sition gerade fest zu neuem Kampfe rüstet, und jede Schlacht sieht dann am gefährlichsten aus, "wenn Die Schwüle der Erwartung auf den Semitern lastet. Mit den ersten Zusammenstößen beginnt sich die Lage zu Blu­­ten und gewöhnlich sieht man dann, daß es nicht so schlimm ist, wie es vor dem Losbrechen des Kampfes aussah. Unserer deutschen Bolfspolitik aber kommt es zu, mit Aufmerksamkeit alle diese Betregungen zu ver­­folgen und mit reiflichster Ueberlegung ihre Schlüffe daraus an ziehen. Die Vorbereitung der Parlaments­­tätigkeit. Regierungsumbild­ung und Arbeitsprogramm. Bukare­st, 29. April. Der Ministerpräsident traf heu­te in der Hauptstadt ein. Oppositionelle Kreise behaupten neuerlich, Daß noch vor der Parlamentseröffnung die viele besprochene Kabinettsumbildung erfolgen werde und zwar soll mit der Ar­jegung Baitotanus durch Margescu der Anfang gemacht werden. Nach­ einer älteren Darstel­­lung soll die Umbildung erst nach der P­arlamentssession erfolgen. Die DVertaltui­form soll nach der gleichen spertretung vorgelegt werden. onsberatungen. > aa AL, ä x ButatestUApriL Die für heute angekündigt ge­­wesene Versammlung der vereinigten Opposition im Da­­ciajaale hat nicht stattgefunden, angeblich aus dem­ Grunde, weil der Saal anderweitig vergeben war.­ Nichtsdestor weni­­ger­ sind die meisten Oppositionsführer,­­darunter Baida und Maniu, in der Hauptstadt eingetroffen. Zur Stunde findet eine Beratung der­ vereinigten Oppositionsführer statt, in der über die in der nächsten Zeit anzuwendende Zal­it beraten wird, besonders über die Frage, ob die Regierung innerhalb oder außerhalb des’ Parlamentes bes­tampft werden sol : · s· Der Beamtenstreik, Schin«a bleibt in Salt. — Unveränderte Lage. DBufarest, 29. April. Die A­bweisung der Beru­­fung Shinas dur die Ratskammer und­ sein weiteres Verbleiben in der Haft haben die streitenden Gruppen der radikalen Beamtenschaft, im ihrem Widerstande anscheis­­end,noch verstärkt. Einige Post- und­ Telegraphenbeamten haben sich heute dem Streik angeschlossen. Das Post- und Telegraphenamt wurde militärisch befeßt: Die Streifenden, et­wa 1000-1500, haben­ bis zur Freilassung Schinas in der Person Dobrescus einen Interimspräsidenten gewählt. Der gewöhnliche "­ersammlungsort Cismigiu " wurde mi­­litärisch »befeßt, weshalb die Versammlungen in einem be­­nachbarten Gasthause stattfinden. Es wurde neuerlich be­­chlossen, bis zur­ Enthaftung der drei Verhafteten und Erfüllung der Forderungen im Streit zu verharren. Die Gemeinde Bukarest hat noch eine weitere Anzahl ausstän­­diger Beamte entlassen. In den Ministerien­­ wurde gegen einige Teilnehmer am­­ Streit die Disziplinaruntersuchung angeordnet. Politische Wendung in der Studentenbewegung. Jaffy, 29. April. Der­ Kongreß­ rumänischer­ ‚Stu­­denten beschloß, in einem an­ den König gerichteten Denk«­­&reiben folgende Forderungen zu stellen: Auflösung des Parlamentes, Neuwahlen und Abhaltung einer Bollsab­­stimmung, welche über die Judenfrage zu entscheiden hätte Der Kongreß protestiert gegen die Verwendung von Militär auf den Hochschulen. » «,... Butatest,29.April Deern großchristlicher Studen­­tenverlautbam Die studenten werden vor Erfüllung ihrer Forderungen die Vorlesungen nicht besucheth Auch diejeni­­gen nicht,vor d­enen die Dudenfeme bleibe.Dey GeneM­ngreß der Studenten wird am L Mailheimrwmdmaq­chung sich an die Bevölkerung wenden und seine Beschlüfse bekanntgebe.Diese Beichlüssel werden auch die Anwen­­­dung von Gewaltmaßregeln enthaltb­ar .

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