Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1925. Oktober (Jahrgang 52, nr. 15677-15703)

1925-10-01 / nr. 15677

% hr Tag 2 Biblioteca Judeteana ASTRA NUT) *21337P* Be u­zn Y = 23 N 7) Schriftleitung und Bermaltung: Bermannstadt, Königin M­ariastraße Art. 23 — Lernsprecher: Scriftleitung ie. 11; Verwaltung Ar. 31 — Bezugspreis: für HBermannstadt: ohne Zustellung monatlich Lei 60 °—; mit Zuftellung monatlich Lei 66 °—; mit Postversendung für das Inland: monatlich Lei 66 °—; für das Ausland: monatlich Lei 120 — — Einzelne Nummer Lei 3- Nr. 15677 Hermannstadt, Donnerstag den 1. Oktober 1925 52. I­ahrgang ee a care Hie Unterredung Briand ( dr. Heid). Deutschlands MWiünjche bezüglich Kölns und der Militärkontrolle. Paris, 29. September. Der Bariser deutsche Bot­­schafter v. Loefch hatte nach Ueberreichung der deutschen Antwiortiste auf die Einladung zur Dieherheitskonferenz mit Brian­d. eine lange Besprechung. „Matin‘‘ schreibt, daß der deutsche Gesandte dem französischen Außenminister mitgeteilt habe, die deutsche Negierung wh­nt­e eine mög­­licht ras die Räumung der Kölner Zone. Ein anderer Wunsch der deutschen Negierung ginge dahin, daß vor Ab­­schluß des Sicherheitsvertrages die Frage der Militärkon­­troffe endgültig erledigt­­ werde. Korfch erinnerte gleichzeitig an die­ Venkschrift der deutschen Regierung, die im vorigen Jahre w­egen des Eintrittes D­eutschlands in den BVöffer­­bund dem Genfer Alliiertenrat zugekommen war. In ihr hatte die deutsche Regierung erklärt, daß der Eintritt Deutsch­lands in den B­ölferbund — da er über Auffor­­derung der Alliierten erfolge — einer neuerlichen Unter­­fertigung des Versailler Vertrages gleichkomme. Ein­mal« der Schritt sei jedoch nur unter der Bedingung zu unter­nehmen, wenn der Artikel über die Schuld D­eutschlands am Westkriege b­egbleibe. Frankreichs Antwort nicht veröffentlicht. Pariser Pressestimmen. Der französische Außenminister hat die Antwwort der französischen Regierung auf Die deutschen Wunsche nicht veröffentlicht. Die Pariser Blätter meinen aber, daß die Alliierten wahrseeintich dar; ihr khiweigen ihre Miß­­hilfigung über die Wünsche Deutschlands, die an die Teil­­nahme an der Sicherheitöfonieren; knüpft, zum Ausdruch bringen wollen. Die deutsche Regierung hat sich aber an­­geblich schon vor V­ekanntgabe ihrer Wünsche in London davon unterrichtet, rd­e die Wünsche des Reiches aufge­­nommen und ob sie auf großen Widerstand stoßen würden. Wahmwirkungen von Genf. (H­­BL) Im Anschluß an die Grörterung der Minders­heitsfragen vor dem Belferbund ist eine Reihe von Aeußer­­ungen gefallen, die festgehalten zu werden verdienen. Auch Diese Aeußerungen bestätigten es, daß die Vertreter unserer Staatspolitik in der L­age der maghyar­ischen Beschwerde bei dem Belferbund einen ganz anderen Standpunkt in Genf eingenommen haben, als er vor der Tagung hier zu Hause geschehen war. Außenminister Duca hat dem Bertreter des Blattes „Strengel“ eine Unterredung gewährt, die auch in unserem­ Blatte wiedergegeben wurde. Nichts ar in dieser Neuerung unseres Außenministers von Droh­­ungen an die Adresse des Magyarentums zu lesen, weil sie mit ihrer Beichswerde nach Genf gegangen waren, nichts sagte er von Zünstiger Strafe und nichts von Vergeltung In äußerst verbindlicher Weise Hat er wie auch in seiner Berferbundsrede dem dringenden Wunsche der Regierung nach einem Einvernehmen mit den Minderheiten Ausdruck gegeben, und es war geradezu eine Seite verbindlicher Liebenswürdigkeit, als er am Schluffe der Unterredung Die Minderheiten dazu aufforderte, ihre Beichtwerdern bei der Regierung direkt verzubringen, denn Bukarest sei ihnen näher als Genf. Die s­chon unterm Außenminister einge­­nommene­ Haltung hat sowohl im Auslande wie auch im Inlande große Beachtung gefunden. Die verbindliche Hal­­tung Ducas in seiner Genfer Rede ist ihn und der romäni­­s­chen Staatspolizis­ hoch angerechnet worden, in der Hei­­mlschen Bresse aber erwartet mar, dass seinen Reußerun­­- Haben in den Ieten sechs Jahren das Warten gelernt und selbst wenn wir noch weiter vergeblich warten müssen, werden wir niemals die Zubersicht aufgeben, das einmal in der Minder­heitenpolitik unseres Landes der ‚&ag der Gerechtigkeit I­ommen wird. Heute steht wohl die Politik sämtlicher Minderheitsn­ationen auf dem Stand«­punkt, daß sie Die teilung der Rechte und Ins­teressen in gütlichem Einvernehmen­­ mit dem staatsführen­­den DB olfe en wollen. Im DBesondern für unsere Deutsche Bollspolitif hat Außenminister Duca F eine neue Bürd­e ausgegeben, als er uns über die Entfernung zwis­chen Siebenbürgen und DBularest beieh­lte. Wir Haben den Weg von Hermannstadt, Semesvar, Czernowis und Sarutino nach Bufareft fon Längst gefunden. Aber es Hi Mwaurig, daß bisher unsere Bolitis, wenn sie nach Bu­ Fareft ging, sie meistens gleich auch das Retourbillet Töten mußte und daß mit diesem Retourbillet meistens auch uns­­ere Wünsche unerfüllt den Weg von Bufareft in die Hei­­mat wieder antreten mußten. Es ist traurig, daß der Weg von­­ Bukarest nach Hause auch nicht länger ist, als Der Weg von Haufe nach Bukarest. NAum wollen wir aber nicht leugnen, das in der Behandlung der Minderheiten­­fragen gewisse Sortischritte immerhin erzielt worden sind, und wchr wollen unsererseits nicht müde werden, zu immer wei­­terem Fortschritt mitzuarbeiten.­­ Die Gegenforderung, die Minister Duca den Minders­­eiten für alle die Sälfe überreicht hat, wo sie ihre An­­prüche geltend machen, ist nur gerecht und billig. Minister Duca hat erklärt, da­­s Rumänien die Rechte seiner Min­­derheiten achten will, dafür aber ein loyales Verhal­­ten von ihnen erwartet und verlangt. Die Forderung ist gerecht und wir werden uns inrer Strüllung nicht ents­­chiehen. Aber gerade in dieser Hinsicht ist eine genaue Abgrenzung dringend notwendig. Es dürfen zwei Be­­griffe nicht Durcheinandergeworfen werden, wie es bisher allguniel geschehen ist. Man hat ein Recht, von uns die bollste Loyalität gegenüber dem Staatsgedanken zu ver­­langen. Aber man hat sein Recht, diesen Staatsgedanken zu berguiden mit gemeilten nationalen Forderungen des Rumänentums, die dann gleichfalls im Namen des Staa­­tes geltend gemacht werden. Ein sprechendes Beispiel für diese Srage wir die Agrarreform. Wenn sire aus staatlic­hem Gesichtspunkt für notwendig gehalten wurde, um staatspolitische Beruhigung und sozialpolitische Gerechtig­­keit zu schaffen, dann konnte man dieses Staatsinteresse uns­­­erm G Sonderstandpunkte überordnen. Wenn man aber die Agrarreform als ein Werk der nationalen Wiedergutma­­ßung auslegte, wenn man sie als erwünschte Gelegenheit betrachtete, auf Kosten der nichtromänischen Staatsbürger dem Rumänentum Grund und Boden zu billigen SPBreise zugutwenden, dann war Damit die Grenzge berechtigter Staatsinsereffen überschritten. Und wenn nun nach der Durchführung — aber leider nicht Yuendeführung — der Agrarreform das Schlagwort von der nationalen Groberung der Städte ausgegeben wird, so künnen wir auch in Dieser Frage nimmermehr Dafür gewonnen­ werden, daß; Dafür der NRectstitel geheiligter Staatsinteresser in Anspruch genommen werde, Wir müssen von der Regierung un­seres Landes erwarten, sie möge selbst darauf hinwirken, en der »Regierung Daß. ir Bielen. Sragen ‚Erns Beriffabildungen: gehäffer werden, und daß­ man nicht mit Berufung auf Staats­­interessen Forderungen an uns erhebe, die ausschließlich nationalpolitischen und nicht staatspolitischen Cha­­rakter haben. Damm wird uns der Weg freigemacht, uns­sere S­ohHalität gegenüber dem­­ Staatsgedanken in einer Weise zu befunden, die auch auf entsprechende Wündigung reinen kann, dann werden wir nicht mehr mit der Ve=­­fahr zu rechnen Haben, daß, wir selbst bei loyalstem Ver­­halten Doch immer wieder auf Anfeindungen und Verdäch­­tigungen unserer Iokalen Gesinnung gefaßt sein müssen. . Die Yeuferung Ducas hat Veranlassung dazu gegeben, das in einzelnen Blättern der Berjcch gemacht worden ist, fünfrete Stagenbereiche zu umschreiben, von denen Die­­ Herbeiführung einer Verständigung zwischen Staats­­volf und Minderheiten abhängig sei. Wir halten eine solche K­odifizierung unserer Mindestforderungen im heutigen Zeit­­punkt nicht für angebracht und auch kaum für möglich. Si­e kommt ja doch darauf an, daß wir über Die ideellen Begriffsbildungen zu einer Vereinbarung gelan­­gen; eine Verständigung über die­­ Einzelfragen würde dann deren natürliche Sorge sein. Unsere erste Forderung ist Doch immer die, daß wir in dem G Staate, dessen Bürger wir sind, nach Recht und Gerechtigkeit behandelt werden. Alle Bitterkeit, die heute bei uns vorhanden ist, geht doch immer wieder auf das Gefühl zurück, daß uns Unrecht getan wird sowohl als Bolfspersönlichkeit wie den ein­­zelnen Individuen. Diese Forderung nach gerechter Beh bandl­ung umfaßt wohl alle Gebiete, auf denen wir Ins teressen dem Staate gegenüber geltend zu machen haben, von unserer Schul und Kirchenpolitik bis auf die Fra­­gen der Agr­areform, der Besteuerung, der landwirtschaft­­lichen Ausfuhr, der Industrie- und Gewerbeförderung wir. Und mit gleichem Nachdruch Mitt zu Dieser Forderung nach Recht und Gerechtigkeit auch eine ziveite. Dem ständigen Nehmen­ wollen ton unserm Beige jeglicher Art muß, end­­lich ein Ende bereitet werden.. Man lasse uns unsere Kul­­turgüter ungeschmälert, man beienne ss zu dem Grundjach ton der Unantastbarkeit des Privateigentums, man stelle ich auf den Boden der Wirklichkeit in allen diesen Dingen. Soll diese Forderung erfüllt werden, dann muß, allerdings eine ganze Reihe vom Schlagworten über Bord geworfen werden, mit denen Heute noch so viel Politik gemacht wird. Das Schlagwort von der nationalen Wiederher­­geh­ung muß endlich verschw­nden und ebenso das Schlag­­wort von den Privilegien und von einem gerechten­­ Aus­­gleich der Durch sie geschaffenen Zustände. Wo man Einem von uns unberechtigten oder­ unrechtmäßig ertworbenen Re­­ft nachweisen kann, da hat man das Recht, begründetere Ansprüche geltend zu machen. Aber sonst muß­ auch uns der Anspruch zuerkannt werden, der die primitivste Grund­­lage jeden Rechtslebens bildet, daß, mein Eigentum mir gehört und Daß, jedes Eigentum unterleglich ist. Kommen ‚wchr in diesen Grundfragen des langen bürgerlichen Lebens je einmal zu einem festen Bunt, dann glauben wir, das auch ein Ausgleich in den Einzelfragen der Politik, der Kultur und der Wirtschaftspolitik seine Schwierigkeiten bil­­den wird. _ «.« Es soll uns freuen,wenn die grotzen hoffnungen sich erfüllen, Die zum Seil an die lechten SEE Bei Minister Duca geknüpft worden sind. Wir können uns por a zent gu en Som­m gta, weD mar Sun­­ können uns überzeugen. Aber auch, Taten, die erwartet wer­­den, bedürfen der Vorbereitung und solcher Vorbereitung hat Minister Duca durch seine A­ußerungen zweifellos einer Dienst erwiesen. ne 2 351 . | EN « Unsgarländischer Diiet zur Verhaftung der ungarischen Bolschewihem Budfupest,26.Septe­­mber.« Die vor vier Mgm herausgeplatzte Bombe einer neuen kommunistischen Verschwörung hat hier keine bes­­ondere Aufregung hervorgerufen.Die ersten Zeitun­gs­nachsicchten waren sogleichlauten,daß jederman sehen konnte,daß sie ausschließlich aus offizieller Quelle stammen.Infolgedessen war man mißtrauisch,«denn man ist gewöhnt,daß die von der Polizei stammenden Bes­­ichte selbstverständlich die Erfolge und die Verdienste dieser niemals ganz volkstümlichen Institution oft stark zu übertreiben pflegen.Inzwischen sind aber manche Einzelheiten bekannt geworden die erkennen lassem das es sich tatsäch­lich um eine ernste und gefährliche"bo­­lschewistische Agitation gehandelt hat, die allerdings durch die fünfzig D Verhaftungen im Keime erfu­llt worden ist. Die in Gewahrsam befindlichen Kommunisten sagen aus, daß Bela Kun in der z­weiten Hälfte August per­­sönlich einer Konferenz ungarischer Bolschewifen in Wien präsidiert hat. Die hiesigen V­erhafteten geben genau die Versammlungsid­ale an. Außerdem hat in Wien ein ständiges bolschewistisches Seminar funktioniert, in dessen Räumen am Türkenschanzpark Bela Kun vor einiger Zeit zwei Beiträge gehalten hat, und zwar über folgende Themen: „Was lehrt Die Geschichte?““ und „Die Ge­­schichte der bolschewistischen Partei, bis sie zur Macht gelangt ist“. Uebrigens sind nur nur Zeugenaussagen vorhanden, die­ das Komplott aufheben, die Jugendgruppe der Bolchewiten war so unvorsichtig, verschiedene Doku­­mente aufzubewahren, so daß die Behörde nun auch schriftliche Beweise in der Hand hat. Der frühere un­­garische Volkskommissär für Handel, Matthias Rafofi, der an der Seite der ganzen Organisation stand, leugnet auch nicht. Allerdings hält er bei der Polizei eher Vorträge über theoretische Fragen, als daß er selbst dazu zu bringen wäre, konfrete Geheimnisse preiszugeben. Sopiel ist festgestellt, daß Rakosi seit dem Zusammenbruch der ungarischen Kommune Anfang August 1919 schon fünfmal in Ungarn war. Er kam stets aus dem Burgen­land in­ der Gegend der Gemeinde Groß-Kulfen im Oifen­­burger Komitat über die Grenze, wo Die Bevölkerung statt Schmuggel treibt. Maßgebende Persönlichkeiten der jenigen­ozialdemokratischen Partei Ungarns sind aus diesem Anlaß nicht kompromittiert. Im Gegenteil, auf die Liste Der zu ermordenden, kommen auch­ Die gegenwä­­gen sozialdemokratischen Parteiführer vor. Fr

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