Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1927. Mai (Jahrgang 54, nr. 16151-16174)

1927-05-01 / nr. 16151

Allgemeine Volkszeitung für das Deutschtum in Rumänien Sgriftleitung: Hermannstadt, Königin Mariastr. Ar. 28, Verwaltung: Nr. — Serniprecert Scriftleitung Ar. 11, Verwaltung Ar. 431 — Zweigstelle Bukarest, Str. Salindar 6, Fernsprecer Bezugskreis für einen Monat: Hermannstadt, ohne Sufteilung Lei 90'—: mit Suftelung 1­100'—: mit Postversendung : Inland: L100 °—; Ausland: L 135 °— Einzelnummer L £— Ne. 16151 Hermannstadt, Sonntag den 1. Mai 1927 54. Sahelung RL TE EEE l l Im Lichte des Titanen. Zum Abschlag der Beethoven-Feier. (H. BI.) Der Schritt eines Großen ist in diesen Tagen Durch­ die erschütterte Welt gegangen und unter den macht­­vollen Klängen des Trauermarsches aus seiner Heldben­­leiftung Hat Die ganze gebildete Menschheit Haupt und Herzen gebeugt. Ludwig van Beethoevens 10. To­destag ist mit einer Stöße und mit einer Hingabdg ge­­feiert worden, wie sie nach­ kaum einem Sterblichen bisher beschieden war, und je beschieden sein wird. Denn des unsterblichen Meisters unsterbliche Werke selbst bildeten die Dundelsteine, aus denen der Sarkophag seiner Tintenfeier aufgerichtet wurde, und Fein Irdischer nach Hat ein Bau­­werk geschaffen, das mächtiger wäre in feiner Grhaben­­heit, feiner hat in den Menschenjeeren ein Feuer angezündet, das Bellen leuchtete in feiner Reinheit. Drei große Schö­­pfungen gibt es in der Kulturgeschichte der Menschheit, die mit ihrer offenbarenden Kraft an die Herzen rühren und die durch den Gtigfeitsklang ihrer Sprache beim ersten Sat, beim ersten Aftord von allen anderen Kunstswerten zu unterscheiden sind: Das Johannesevangelium der Bibel, die Dramen Shakespeares’ und Beethovens Musik. In seinem Werk „Die Welt als Wille und Bor­­s­tellung“ fob­t Arthur Schopenhauer dan der offenbaren« den Kraft­ der Kunst. Seine Ausführungen fußen auf Pla­­tons Gleichnis Dan dem Höhlenmensgen, bei dem der arie­ Hische Denker ausführt, daß nur jene Menschen die Welt u. das Leben in ihrem innersten Wesen zu erkennen vermögen, die nir an die äußere Form der Dinge gebunden bleiben, sondern in allen Erscheinungen und Ereignissen die Idee zu erkennen vermögen. Diejenigen Menschen, die ihre Geisteswelt durch die äußeren Gestaltungsformen bestim­­men Tajjeı, gleichen dem Menschen, der in einer Höhle lebt, vor deren Eingang im Lichte das Leben hinüberzieht, und der von den Dingen draußen nur die Schattenumrisse sieh­t, die sich auf der Wand seiner Höhle abzeichnen. Wer aber in den Gestaltungen und Verchehnissen des Lebens die Idee zu erkennen vermag, der steht draußen tor dem Ein­­gang der Höhle im hellen Stornenlicht und erkennt das Leben und­ seine Erscheinungen in ihrem­ wirklichen Sinn. Diese Idee des Lebens zu offenbaren, das ist, nach Scho­penhauer, die Hohe Berufung ver Kunft. Was ir mit unseren Sinn­en, mit Auge, Ohr und Gefühl nicht mehr zu erfassen vermögen, das vermag uns die Kunft zu offen­­baren. Und unter allen Künften kommt der Mufif Die stärkste offenbarende Kraft zu. — Das schrieb Schliapen- Lauer zu einen Zeit, wa ihm noch Rosfini als der stärkste Offenbarer künstlerischen Eriebens erschien, dnd Beeth­o­­vens MWerfe nach nicht geschaffen waren. Aber sowohl Platin als Schopenhauer haben mit ihrer Lehre von der offenbarenden Kraft der Kunst Beethippern und sein Schaf­­fen Dos ausgeahm­t. Er hat mit der höchsten Vollendung des Kunsth­effes das erfüllt, was jene mit gläubigem Vertrauen auf die Kraft der Idee erahnen. De ganze Kulturmenschheit, die ganze Welt, hat Beethovens 100. Todestag gefeiert, nicht nur am 26. März, dem Todestage feldst, sondern in einer Aufeinan­­derfolge von D­erenstaltungen zu seinem Gedächtnis, die mit der großen Feier seiner Geburtsstadt Bonn am­ Rhein ihren würdigen Abschlag und Ausklang finden werden. In unserem Lande haben die Beethovenfeiern mit Der Aufführung seiner größten Werke durch Musikverein und Hermane in Hermannstadt wohl ihren erhabensten Klang gefunden. In allem Haften und Treiben unserer Tage ragen diese Aufführungen Beethoven’scher Werte wie mächtige Bergeshöhen, deren Sipfel in der­­ Majestät der Allein­­samkeit von den Sphärenklängen der Diwigkeit unent wird. In solch grandioser Einsamfeit hat, sich das­ Schic­­sat des Menschen Beethoven vollzegen. It einen Einfamfeit, die dadurch erst zur wahren Tragit wird, daß, sie nicht durch, Zufallsfügungen‘ des Lebens veranlaßt wurde, sondern daß sie aus den innersten" Zügen seines Dreiens sein, Ihm war es nicht wie Schubert verhängt, solchen aufrauchgendem Künstlererfolg und einen sargen­ T,drüdten Kleinbürgerdasein hin» und herzu icht wanfen, nicht “sie Mozart mußte­ er nach beispielloser Berwöhnung auf dem Armenfriedhof begraben werden, seitdem er zum crteenal in größere Kreise trat, hat die gewaltige Per­­sönlichkeit Beethovens seine Umwelt in ihrem Bann ge­­halten, alle gesellschaftlichen Kreise waren ihm aufge die Sönnerschaft Hoher Persönlichkeiten begleitete sein Am Brandsnnerstag Int in Hermannstadt die grün­dende D Versammlung des jo@ Sachsenbundes Thatt gefunden, der si „politische Partei für Schaltung von Boristum, Schule und Kirche“ nennt. © Mit den politischen Austin sammlung abgegebenen & fistorium grundläßlich sich nie gabe der politischen Organisati­omsomehr ist es Pfiiht des Landestonsistoriums zur Tage vom Standpunkt der Kirche Stellung zu nefm­en, denn die neue politische Partei hat in der gründenden Ver­­sammlung, in der die Erklärung, sie wolle Volk, Kirche und Schule erhalten, abgegeben zugleich ausgesprochen, daß sie Die Mittel zu diesen jung in so völlig unzu­­reihendem Maß geben w­olfe, Daß Dadurch jene Erklärung in the Segenteit versehrt seird. Die neue Partei hat offen erklärt, daß sie, wenn die Forderrungen, die sie aufstellt, nicht erfüllt w­erden, den Massenaustritt aus­ der bang. Kirche ins Auge falfe und dafür eine Agitation einleiten tereg mit dem Ziel, mit den Austretenden zugleich das ge­­samte Vermögen der Kirche dieser zu entreißen. Das ist ein Ereignis 19- erschütternder Art, daß­ es In unserer V­ergangenheit keine Paraliere findet. Das Bandesmnsisterium . t der­ Mederzugung, daß die im jener Bersammlung "Intzefenden­­­den. Huhalt: Dar Erflärung­ m­it in ihrer gar Sragh­eite erfaßt haben und sich nicht bewußt waren, daß Die Durchführung der im der Erflärung enthaltenen Grundlage zur­ Zerstörung­ der Kirche und Schule führern müsse Nus ja ist es denkbar, daß die Erflärung ohne Widerspruch aufgenommen werden konnte. Die Zerstörung von Kirche und Sitz: kann aber nicht das Ziel, nicht die Absicht au Hnur eines Teiles unserer Kirche sein und das Landeskonsistorium richtet an die Seiten und Treuen, wie an die Schwankenden und Irregefährten das mahnende und Bittende Wort, zu heifen, daß solcher Berfuch der Zertrümmerung der Kirche und Schule nicht zur Sat werde. Jahrelang ist durch V­erdächtigungen und Ver­­breitung falscher Behauptungen der geistliche Stand in ganzes Leben, edle Grauen boten ihm ihre Freundschaft dar und sein Leichenbegängnis brachte es zum Ausdruch, daß einer der Größten zu Grabe getragen wurde, die je die Erde trug. Ein Einsamer war Ludwig van Beethoven­­ aus innerer Notwendigkeit seines­ Wesens, wie der Alpen­­tiefe einsam ist, der mit seinem Gipfel aus Eis­ und Schnee als erster Die Sonne grüßt, wie der Adler, der im unermeßlichen Aether die höchsten Kreise zieht. Aus Einsamkeit und auf einen aus dem tiefsten Weltsinn ge­­borenen Leib mußte sein künstlerisches Schaffen quellen, nur der sonnte so Riesenhaftes gestalten, der so einsam war, daß er das Lied komponierte „Leocinet nicht, Tränen der ewigen Liebe“, und der den Brief an die unsterb­­liche Geliebte schrieb. Die früh eingetretene Taubheit, die den Mann in der Schwarzspaniergasse­ vom Leben immer mehr isolierte, war nicht Äußeres Verhängnis, sie war folgerichtige Erscheinung in einem Leben, dessen gigan­­tisches Feuer in sichl­ selbst ausbrennen mußte, un vein­­sten Lichtschein der Welt zu sehrenfen. Nur aus solchemn­­ Leid der Einsamkeit konnte dieses höchste Grfassen Der Welt in all ihrem Schmerz und im ihrer Döraffen­de geboren werden. So bat der Künstler Beribosen dem Schaffen seiner­­ Zeit und der ihm nachfolgenden die Sorn unab­­­­änderlicher Gebote geprägt, ‘Dem denen man‘ wohl selber abweichen, die­ man aber weder übertreffen, noch widerlegen : man. Das Streben nach dem Einigkeitsgehalt der künst­­lerischen Sorm hat er nicht der Musik allein, sondern der gesamten Kunst gegeben, Die Sarbenfreude der bildenden Kunst "und ihr Streben nach dem eine Idee gestaltenden Ausdruch, das leidenschaftliche Wahrheitssuchen des Weitheu­fers und des Denters Niebfiche, das Ringen Ric, Wagners nach dem einheitlichen Bühnenfunftwert — sie alle stehen im Zeichen­ des mächtigen Gottesfeuers, : Das Beethovens Schaffen angezündet hatte: "Seine Kunsti hat das ganze Universum menschlichen­ Sühlens und Sinnens umspannt, was einer unter ung am Gedanken und Empfin­­dungen im sich tragen Tan, dabom ist nichts außerhalb des Reiches Beripovenischer Mufii gelegen. Die Nämonen unverant­wortlier Weise systematisch in feinem Anfı herabgejest und beleidigt worden — die es traf, » Ickswerdat angetragen aber diesoffnungmchth gegepm daß ihire Erfolger doch moch anmflicht kommen und d­as alle die unserer Kirche und Schule noch AnhlanglchMtbe­wahren endlich begrcffen werden daß auch die Angriffs z» auf den geistlichten Stand dem aren hartmckrgreysvngs­ten steldlen ent sollende Ethder Kirche zur erst ten Rach der in der Verzammlung des Sachsenbunwabgs gegebenen Erklärung unterliegt es kemnensweifeln, daß es nunmehr nicht um Gerzslnp geht stwdem umsdw Bestund der Landeskirchie selbstI Da brauchst es nicht vieler Worte um d­e Gertssyn auszurütteln dieses Unglück zu verhüten Wenn Geins trate so zertrummerte es nicht nur unsere Vergangenhei­tke damit ausgslocht wutds son«r11u­ seeGegerwehrt und damit unsereukunft er tr9& der Kirchenfeindlichen Eır= Härungen des Sachsenbundes den Ireweg, auf den er br wußt oder unbewußt gedrängt wurde, nicht verläßt, bek fämpft die Kirche, deren Llied er ist, Die ihm seine Kinder erzieht, der er Treue geschteoren, in der seine Eltern den Frieden der Seele ‘gefunden, und die ihm selbst Die neue Be­gleiterin dur­ das Leben ist, wenn er sie nicht ablehnt. Es gilt unserer Kichhe und Schule, die von den Diäter ererbte Treue zu beikeifen, die auch in den Iebten , in der Landeskirhe fa­st in erfreulicher Weise sich ber­ gr­währt hat, zu bereifen, im Dieser fehtweren Zeit, mit der uns Gott heimgefuht hat, und die wir unerträglich machen im selben Augenblic, wo wir den Boten, auf dem wir stehen, selbst unterwühd­en. Glaubensgenisfen, fragt Surr Seteiffen: wollt Ihr treu sein oder untreu erfunden werden ? Bemweift im Den Zagn der Berfuchung, da Ihr Treue halten wollt! S Hermannstadt, am 29. April 1927. ‚ Das Landestonfifhsrium der ep. Kirche A. B. in Siebenbürgen: D. Sr. Leutje, m. p., Bilhaf, Mar Sihurl, m. p., Hauptanmwelt der Leidenschaft, die zerstörende Leiden, der Friede der­­ Natur und des in Harmonie aufgehenden Menschenherzens, und dann wieder die Größe der Gottesschöpfung und Die inbrünftige Andacht des Gläubigen, wir haben nichts im der Welt und nichts in ung Menschen, dem von Beethoven nicht der vollendete Fünftfern­che Ausdruck gegeben worden wäre, Und wenn diese Jahrhundertfeier in Den Klängen seines Stauermarsches eingeleitet wurde ‘mit der Klag: wir haben ihm nicht mehr! — so flingt sie aus in dem in der­­ Dankbarkeit dafür, daßı a Lied an die Freude, und einst gegeben war! Diese Freude aber schlieft im sich des Stolz darauf,­­ daß er ein Deutscher mar. Die Erkenntnis Biepam und das Berrußtsein dessen gebt. heuta Durch die ganze Welt. Im Gebächtnis Beethnnens ist deutsches Wesen abermals zu Geben Ehren auferstanden. Deutsch war er seiner nieder­­rheinischen Abstammung nach, deutsch war er in allen Bü­gen seines Wesens. Eben dieses Suchen nach allumspannen­­der Wahrheit, sein Streben nach dem Offenbaren der Ideen in der K­unst, sein Hingegebensein an seine Arbeit und an sein Wert — das ist deutsche Art, das ist deutsches Schaf­­fen getreten. 89 melodienreich konnte au) ein Italiener sein, jo Zulturvoff endet auch ein Srangofe, so abgründig empfindend und jo problemereich gestaltend auch ein Rufe — jo allumfassend, jo rein und jo unabänderlich nur ein Petitfeer. And Zenanis deutschen Wesens ist­­, daß er, dem Frauenliebe niemals Die fette Erfüllung von Heim und Familie bot, die einzige Oper seines musikalischen Schaffens der Verherrlichun­g, ‚ber Ögstentreue getridmet hat. So ist DBeetfonens Bedächtnis! u durch unsere an­ Gewigfeits o„arme Zeit geschritten, ten­­ Sternen, mit der Refen Kraftigkeit seines Wesens ein. Westenraum füllend. Und Dant an ihm ist Die Empfindung, die in diesen Tagen den ganzen Kulturpreis der Erde “füllte, Dant der Mensc­­heit und Dant namentlich des deutschen Balkes an seinen unsterblichen Miteister. r An das evangelische Genissen! mit­­ dem Haupt an dent D Beethonens Senius T: S VG. a­e EnEEEETErEgn EEE

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