Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1927. August (Jahrgang 54, nr. 16225-16250)

1927-08-02 / nr. 16225

L­. er x ae R­abe y & % 4 Br BL Garage Rt­an ee Pe Museum für romänische |­teratur u. Kultur | Allgemeine Volkszeitung für das Deutschtum in Ro Scriftleitung: Bermannstadt, Königin Mariafir. ir. 23, Verwaltung: Nr. 25 — Lerniprecher: Scriftleitung ie. 11, Verwaltung Nr. 431 Bezugspreis für einen Monat: Bermannstadt: ohne Zustellung Lei 90’—: mit Zustellung 1, 100 °: mit Postversendung: Inland: L 100 °— ; Ausland: L 135 °— Einzelnummer L#+­­75 2 ei ee v “ - - i«-... Az. 16225 Hermannstadt, Dienstag den 2. August 1927 54. Jahrgang Konflikt zwischen Wien und dem Band, " Aufstellung einer eigenen Schugtruppe. Bufarest, 1. August. Der Wiener Stadtrat Hat bes I&loffen, bis zum ersten September 2000. Mann und nachh­ Lev 1000 Mann, als Stadtschugwache unter Waffen zu halten, um dadurch die Ordnung in Wien zu sichern. Dieser Beschluß hat in der öffentlichen Meinung des Landes einen edr lebhaften Widerhall hervorgerufen. Die „Wiener Al­­gemeine Zeitung“ schreibt, daß sich die Regierung in Diese Stage einmischen und den Bürgermeister veranlassen möge, diese Truppe sofort aufzulösen. Sollte der Bürgermeist­er dieser Aufforderung nicht nachkommen, so solle man ihn vor den Verfafsungsgerichtshisf sterren. Nach einer anderen Ver­­sion heißt es, daß Seit, falls die Regierung die Auflösung der vom Gemeinderat aufgestellten Truppe verfügen sollte, gegen die Regierung beim Verfassungsgerichtshof Beichtwelde erheben werde. Es ist wahrsc­heinlich, daß der Beihhauß Des Gemeinderates, der Sonnnabend früh Halb jießen Ahr in einer sehr heftigen Nachtjigung gefaßt wurde, nach mans­cherlei politische Salgen nach sich ziehen wird. * Berlin, 1. August: einige Blätter erfahren, dad die tiebcchaftstafische Regierung in Wien wegen einer eventuell­en Zollunion mit Oesterreich ändierte. Bataclan. Schweizer Brief. Genf, 22. Juli. (©. ©.) Obiges etwas magisch scheinendes Wort be­­zeichnet ein­­ Vergnügungslokal in Paris, in dem Dosis­­und Wähler der Samm­lungen abgehalten werden und wo im Jahre 1919 jene Haudinistische Kammer vorbereitet wurde, die bis 1924 in extremen militaristsch-imperialistischen Sinne Frankreich regiert hat und deren Rater Millerand war. Die frühere Kammer war noch radikalsozia­­listisch gewesen, hatte aber trogdem den Krieg vorbe­­reiten und „jusqu’au bout“ führen geholfen. Sür Die Ernte wollten die französischen Machthaber jedoch eine frem Geiste nnch besser angepaste Kammer haben. Mit der Deutschen Sege war damals nicht mehr allzu viel anzu­­fangen, da doch noch der „Sieg“ vollkommen schien und da damals noch die 32 Verbündeten an der Führung durch Stanfreid anscheinend für die Tänigkeit festhielten, wäh­­rend sich viele Neutrale um die Gunst, des an­ Ziele seines Ehrgeiges angekommenen Frankreich, bewarben. Das Iinie Rheinufer, Deutschlands Zerreifung in mehrere autonome Staaten, eine halbe bis eine ganze Goldbillion Mark schien, gesichert. Seien den Massen gesichert, nicht aber den Führern, Den, Siemeneau, Millerand, Poincare, daß diese den „Siea“ sag nicht so.bach einschäßten oder zum nindesten Die noch mögliche Leistungsfähigkeit Stant­­teids geringer beurteilten, ergab ich­­ con Daraus, daß So das Waffenstillstandsangebot annahm und sich mit der Beendigung des Krieges auf französischem Boden begnügte. Für die Massen brauchte man einen anderen Bor­­wand, um aus ihnen weiter Opfer an Gut und Blut und politischer Freiheit erpressen zu können. Biefs Bor­­wand, damals dier Vorwand, war „Uhonme a couteau“, der Mann mit dem struppigen Saal, Der verm­ilderten Kleidung, das Messer zwischen den Zähnen, den blutigen Händen — der DBol­gewis. Man sah ihn tausendfach auf allen Wahlplakaten. Es war nur Borwand, denn die radikalsozialistische Partei hatte d­urch Her­­riot, die republikanischsozialistische Partei du Briand und Bain[epe, die Linksradikale Partei dur Loucheur an der Kriegszeitung teilgenom­­men; die Spezialisten selbst hatten Stellen zweiten Ranges darin inne und Kommunisten gab es noch nit. Baillant-Couturier, heute einer der ersten Kom­­munistenführer, schrieb frieg- und siegglühende Artikel in der heute kommunistischen „SHumanitee“, die damals so­­zialistisch war. Sahin, ein nicht weniger wichtiger Kom­­munist­­ von Beute, unternahen politische Reisen zugunsten des Krieges und­­ weinte vor N­ührung beim Einmarsch der Franzosen in Straßburg. Treint, ein dritter Bolsche» wilenführer von heute, erkämpfte si im Kriege alle Tapferfeitsauszeichnungen und wurde bis zum Hauptmann befördert usw. usw. Nach­ beendigtenm Kriege begannen die französischen Linksparteiführer teilweise auf die Müdig­»­­eit Des D­olfes zu spekulieren; die Sozialisten erinnerten ss allmähig an ihr internationales Evangelium und die etwas radikaler Definiten unter ihnen trennten sich 1919 auf dem Parteitag von Tours von den damals noch ganz­­ sozialpatriotisch eingestellten Salmimarzisten und schufen eine kommunistische­ Partei. "Dagegen standen Kirche, Kapital und Großpreise auf dem ‚Standpunkt des äußersten Imperialismus. Zwischen den Soziali­­st­en und den jungen Kommunisten einerseits, Kir­­he Kapital und Gtoßpreise andererseits, fand die Tärkste französische Partei, die kteinbürgerlichen, kirc­henfeindlichen Radikalsozialisten, die seit 1900 etwa zur Herrschaft gelangt waren, noch ziellos da. Am b­e­handelte es sich aber gerade. Es gelang nun 1919 den Bataclanreden Mille­­rands und seiner nächsten­ Steunde, in­ den bürgerlichen Massen eine entlesliche K­ommunistenfurcht zu erzeugen. Die Radioalsozialisten unter SHerriot verloren in diesem Trubel völlig den Kopf und verblieben dann gänz­­lic p assin. SHerriot selbst gehörte einige Tage dem zur gründlichsten außen- und innerpolitischen Ausbeutung des „Sieges“ “geschaffenen neuen politischen­ Gebilde an, das alsbald den Namen „Nationaler Block“ annahmn und das s­ich entgegen dem Herb­ot erteilten V­ersprachen auf die republikanischen Kleinfalen ausdehnte und m­aar mit den monarchistischen Klernfalen recht auf stand. "Die Wahrterlebnisse übertrafen alle Erwartun­­gen Millerands; die Blodparteien erbiss­en so piere S.8>, Taf­fie Die etwas waschrechteren Rabbitalsozialisten kaum mehr brauchten, unter Denen­ sie zahlreiche ergebene Anhänger wie 3. DB. Stanftin-Bouillon u. a. hatten. Mit­­ dieser Kammer bereitete Briand die Nuhrbejegung vor, mo­­bilisierte er die Altersklasse 1919 gegen Deutschland und begann er die Offlupation duch Bejegung der drei ersten Rhein und Ruhrstädte. Boincare führte dann unter dem Drude Millerandois die Nuhrbejegung Durch. Die Art und Weise, wie Damals der französische Kapi­­talismus wirtsfaftete, die ungeheure Kyruptimm in Der Frage­ der Kriegsschäden und der Deutschen N Reparationslief ferungen, das besinnungsloie Toben der Oisipationsarm­ei, die nicht mer endentri­ffende Inanspruchnahme, des Walfes für­ Kriegsdienst und Steuern, die beginnenden Kalsnnak­­­riege, der mafilste und die Verbündeten einen nach dem anderen fr­ entfremdende Egrismus­ der führenden Stan­­ofen uf, führten sehrließlich zu einer allgemeinen Volks­­müdiofeit, mit der weder der ziemlich bedenkendie Staats­­präsident Millerand nach der jurist­isch Horreste Ministerprä­­sident VBoincare fertig zu werden vermachten;­­ namentlich­ wollte fi Poincare zu seiner Wahlbeeinflußung ter» ftehren: nicht zu einer überhaubinistischen außenpolitis­chen Berhegung, nur zu einer von den Linken sehr gew­ünschten Verhegung gegen die Kirche Kulturkampf und nicht zu einer gewalttätigen Wahl­b­eein­flußung; an­dererseits wollte er aber auch nicht Frerifal' werden und­­ er begann mit fairen Emsparungsmaßregen wie Beamtenab«­­bau, Gehaltsverminderungen, Stexzierhehungen, ohne auf die Wahlen Rücksicht zu nehmen. Es kam 88 zu den Wahlen vom 11. Mai 1924, der Nationala Blod stürgte und eine Sem­tsmehrheit entstand, Die zwar auch noch reichlich c­au­­ernistisch war, aber DAH dur­ Kirchenhese, Spekulation auf die Masseninstinkte, Nachjtgiebigkeit gegen die ‚sich vermehren­­den echten Spirafisten und Kommunisten, noch maßloseren Gigennuß der Führer uf­­fihi­tion der­ früheren Mehrheit unterschied. Das war das Kartell der Linien. Poincave kapitulierte sofort und Mipferand ließ ich unter Verlegung der Staatsgrundgelege z’emlich widerstandslos aus dem Prä­­sidentenamte der Republik verjagen. &3 kam dann die Hereschaft Herriots mit verant­w­or­­tungsloser Unterfrügung (2?) des immer mächtiger werdenden S­tatisttenführers Blum. Der Kulturkampf begann sofort und braschte Stäubige und Ungläubige in schärfsten Segen» tat, während er im Elsaß die Sehnsucht nach ven freiheit­­licheren­ Zuständen unter deutscher Herrschaft erzwecke. Die Finanzen wurden gänzlich niedergemärtschaftet; es wurden die Staatsgelder perichtwendet, die Schulden nicht gezahlt, Siguerin nicht eingetrieben, bis der Staat Hart an den wirts­chaftlichen Zusammenbruch gelangte. Dann wurde Herriot durch BainLete, später durch Briand und dann w­ie­­der Durch Herriot erregt. Schließlich wechselten die Fi­­nanzminister fast monatlich. Der’ Sranfen stand auf weniger als ein Zehntel seines Wertes. Widerteiflig genug ergriff die Linfselsklammer zu Boincave und vertraute Hm eine Art Diktatur an, der Sranfen stieg alsbald wieder auf ein Fünftel; die geflüchteten Kapitalien kamen im Vertrauen auf dem Mann zurück, den, wie gejagt, Kapital, Bridge und­ Sehr­­piesfe unterfrügen und die­ Lage s­chesserte sich­ wenigstens äußerlich. Das Geheimnis der Zaubermittel Proincares ist noch nicht gefüttet, aber man weiß, daß auch, rebt Feine Schaden bezahlt wurden und daß die Wirtschaftstage inner­­lich nicht besser wurde. Die Kapitalien können jeden Augen­­riiie wieder flüchten: das Leben wird teuerer, die politische Iolierung verschärft­ih, die Armee und immer anspruchss­troffer und der Streit z­wischen Inflationisten einerseits, Sta­­bilisatoren und Mietallsk­fetoren andererseits ist nicht beige­­legt. Das Linksfarteil hat seine einzige V­ersprechung tom, eine­ Regierung der nationalen Einigung dulden zu müssen Die Uns 1924 verhalten und empfindet es nun smnstlich tief, in­­ der Die Kirche eine große Rolle spielt. Zufriedenheit der Malen hat ungemein zugenommen. Die Am­tsführer­­ piven „Morgenluft“ und Sozialsten jene K­ommunisten verfügen über zahllofe Mitläufer. Das Wahl­­recht­ von 1919 ft iiet ungünstig; es gelang ihnen,­­ die Regierung Poincarés zur Einbringung einer Wahlrechts­­virlage zu veranlassen, die den Verhältnissen der Links­­parteien besser entspricht und die für die Wahlen von­ 1928 eine verstärkte Linksmehrheit erwarten läßt — eine aus­­reichende Linksmehrheit besteht ja [hon jeht. Nur die SJ vor der eigenen Schwäche und Unfähigkeit, die von kaum erfrüsten Staaten wieder in den Abgrund stürzgen wirde, hindert die Linksparteien, sich neuerlich zusammenzuschließfen und­ Poincare Durch, irgend einen Linksmann reichten Walters (3 DB. Renoust) zu stürzen. Poincare ist ein vorzüglicher Kenner der Kammer. G weiß al­ch, daß mit ihr, die in größten Wahlsorgen flieh­t, nichts zu Gunsten der Allgemeinheit mehr anzufangen ist. Sie duldet seine Sparmaßregeln mehr, denkt nur an Be­­friedigung engstinnigster Bechits- und P­ersonalinteressen, i­ für die immer bringlicher werdenden Schuldenverträge nicht zu haben und will nur „Errungenschaften“ den Wäh­­lern biegen. Sie interessiert sich nur für die Wahlreform,­ bei der die Interessen der Rechten und Linken sich direkt widersprechen und Die ein Linksminister des Innern d vorbereitet, dem­ gegenüber Boincave Schwierigkeiten hätte, wollte er „Wahlpräfeften‘‘ ernennen, wozu er übrigens per­­­sönlich zu rechtlich ist. Sobald die Linke dem tatsächlich un­­gesicherten Franken für gesichert hält, stürzt sie Poin­­care. Er darf ihr also den Glauben dazu nicht geben und wer auch, wie weit er vom Hieb­ noch entfernt ist. Die kommunistische Gefahr ist heute viel größer ab 1919, doch darf Boincare die diplomatischen Beziehungen mit Rußland nicht brechen, um nicht die Linken zu ver­­­­letzten,­die 1924 d­iese Beziehungen ausserkom­mien haben­ und prondsenenser m­­t­dest­ens 100 Stimtmen täglich mehrmals in der Kam­mer braucht, wenn er die Vertrauensfrage für jede Kleinigkeit steibt. Mit Rußland brechen, auf den­en Militärhilfe gegen Deutschland er­ weiterhin rechnet, will er ja auch gar nicht; er haft nur Sowjet­­rußland, das Hehe fchtwer vom echten Rußland zu trennen ist. Die Kammer auflösen und sich Abgeordnete Schaffen, die auf 4 Jahre gesichert vor den Wählern weniger Angst hätten, wagt er nicht, weil die in­ Frankreich sehr konser­­vative Uedersieferung an dem­ verfassungsmäsig zufälligen Ausschreiben von vorzeitigen Neuwahlen etwas unrepubli­­kantisches sieht und der Erfolg nur wahrscheinlich, aber fernestwens getrip­­t­älre. Was ihn also übrig bleibt, it nur eines: Bataclan­­wahlen für Mai 1928 vorzubereiten und bis dahin die für die Massen schmerzlichen, aber tro­den undermeidlichen Reformmaßregeln aufzuschie­­ben. Die Batac­amwahlen der Auspeit­hung der Angst vor dem Kommunismus zu machen, ist ausgeschloffen, bretht die Aufzuärmung des im französischen Volke tief eingek­urzelten und dich Generationen künstlich gezüchteten Deutschenhaffes. Im Anfange seiner gegenwärtigen Herrschaft ihren Poincaré 23 ernannt zu haben, daßs das isolierte Frankreich sich mit Deutschland verstehen mu­ß, mit dem 03 ja nur Gefühlsgegenfäge und feine fachlichen ' «-"-....-’.-·.,z«« III-—­­ EN dr 1777 Frey Key­­ , . A a EFT), 2 a - Be

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