Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1929. Mai (Jahrgang 56, nr. 16748-16770)
1929-05-01 / nr. 16748
Taxele plätite in numärar ord. Dir. Gen. P. T.T.. 223720/926 Allgemeine Volkszeitung für das Dautschtum in Nomäni Schriftleitung: Hermannstadt, Honterusgasse Nr. 11, Verwaltung: Königin Mariastr. Nr. 25, — Ternsprecher: Schriftleitung Nr. 11, Verwaltung Nr. 431. Se Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zustellung L 90—; mit Zustellung L 109 °—; mit Rostversendung: Inland: Lei 100 °; Ausland: L 135’—; Einzelnummer L &°—; Sonntagsnummer Le Ar. 16748 Hermannstadt, Mittwoch den 1. Mai 1929 56. Jahrgang Die Stabilisierung in Gefahr? Kervofilät auf allen Seiten. (Eigener Telephonbericht.) Bukarest, 30. April. (Dr. Th.) Die vor einigen Tagen erfolgte, auch von uns gemeldete plögliche Abreise des französischen Finanzcontrollers bei der Nationalbank, Charles Nitt, wächst sich immer mehr zu einem wirtschaftspolitischen Ereignis ernten Ranges aus, das auf allen Seiten der politischen Parteien lebhaft kommentiert wird. Schon am Tag seiner Abreise konnten wir melden, daß Gerüchte umgingen, die Stabilisierung sei in Gefahr und es gelte, der Herbeishaftung neuer Mittel das begonnene Werk zu erhalten und fortzuführen. Inzwischen hat nun Bintila Bratianu nach seiner Nachfehr in einem in der Presse allerdings nur ganz kurz und offenbar ungenau wieder gegebenen Exposee in einer vertraulichen Giltung der liberalen Parlamentsfraktion die Aufmerksamkeit auf die Gefahr gerichtet, in der sich nicht nur das allgemeine Wirtschaftsleben des Landes, sondern auch die Staatsfinanzen selbst befinden. Offenbar von gleicher Seite stammen die täglich ft wiederholenden Hinweise des rumänischen und des französisch geschriebenen Liberalen Parteiblattes, des „Biitoral“ und der „L’Independence Roumaine”, und selbst wenn man einen Hohen Viygentia auf das Konto Der in der legten Zeit immer mehr sich verschärfenden liberalen Parteitaruf gutschreibt, so. Bleibt noch genug übrig, um die ernsten Besorgnisse vollkommen neutraler und unabhängiger Rolitifer und Publizisten zu teilen. Dazu veranlasteit ur die legte Börsenwoche, deren Notierungen ja ein sicherer Barometer für den tiefen Depressionsstand sind, in welchem sich augenblicklich Wirtschaft, Finanzen und Währung befinden, sondern darauf weisen vor allen Dingen die allwegentlichen Mitteilungen des Finanzministeriums über den geradezu erschredenden NRüdgang Der Defizit im Staatsbudget, welches anläßlich des Abschlusses der Anleihe von allen Seiten als „vollständig ausgeglichen" bezeichnet wurde. Es rächt sich im Augenblick auch schon bitter die Budgetverschleierung, die dadurch bor= genommen wurde, da unumgänglich notwendige Ausgaben des Staates auf die selbst schwer notleidenden Komitate, Städte und Gemeinden abgewälzt wurden, die diese Ausgaben vielfach nit nur nit tragen können, sondern au nit tragen wollen, da sie ungefeglich sind. Zu all diesen Umständen kommen die HiobS= nachrieten über die ungünstigen Ernteaussichten, die von allen Gesten bestätigt werden. Die Negierung hatte gerade in der Hoffnung auf ein günstiges Wirtschafts- und Erntejahr neben der Anleihe noch eine Reihe kurzfristiger Kredite abgeschlossen, so unter anderem für die Beschaffung von Saatgetreide und Gei dithilfe für die landwirtschaftliche Bevölkerung, sowie für die Befriedigung der allerdringendsten Bedürfnisse der Hungergebiete und es kommt ihr nun sehr ungesegen, daß sie gerade im Augenblick nur einmal daran denken kann, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Troß allem wäre nord Tein Anlak zur Gefährdung der Stabilisierung gegeben, wenn aus dem Ausland die im Dezember zugesagten Mittel aus wirklich eingetroffen wären. Wie man jedoch von gut informierter Seite erfährt, fanıı davon noch seine Rede reim. Allem Anscheine nach zögern Die Geldgeber Rumäniens mit der Flüssigmachung der zugefragten Summen, um einen Druck auf die Regierung auszuüben, auch die zweite Tranche in Frankreichh abzuschließen. Daraus erklärt si wohl auch die Nertosität der franzosenfreundlichen Blätter, wie z. B. der „Lubhta”, Die al ein der Regierung nahe stehendes Blatt — ihr Chefredakteur Fagure ist nationalgaranistischer NAbgeordneter — die Regierung in der ohne jeden Anlaf in einer dem Staat schädlichen Weise aufgebauschten Seedt-Affäre nur schwach verteidigt, desto schärfer aber in die andere Kerbe haut, um die Regierung in ihrer angeblichen Absicht zu Hindern, mit Deutschland in Verhandlungen zu treten. Bereits die in Diesen Taen zu Ende geführten deutschrumänischen Wirtaftsverhandlungen sind Diesen Brefleorganen ein Steuereingänge und das dementsprechende De *21349P* F 54 L % RENNER ne £ BEILIET zu: FEB u.ran 3 BEHILLet EEE ” z € LEG F Berichietung der Karlsburger Leserlickeiten auf den 20. Mai. Keine Einladungen, außer an ausländische Persönlichkeiten. (Eigener Selephonbericht.) Wie wir aus gut unterrichteter Duelle erfahren, dat gestern abend 11 Uhr zwischen dem Ministerpräsidenten Maniu und dem die Vorbereitungen von Karlsburg leitenden Minister Sever Bocu eine Besprechung stattgefunden, in welcher mit NRüdsicht auf die noch nicht zu Ende geführten Vorbereitungen beschlossen wurde, die Karlsburger Nationalfeierlichkeiten statt am 10. am 20. Mai abhalten zu lassen. Heute vormittag 11 Uhr findet unter dem Vorfige des Ministerpräsidenten eine gemeinsame Gitung des Ministerrates mit den übrigen an der Vorbereitung der Feierlichkeit arbeitenden Bersünlichkeiten des öffentlichen Lebens statt, darunter auch der Vertreter des Regentschaftsrates, in welcher dieser gesternabend gefaßte Beschluß auf formell bestätigt werden wird. Ein Zweifel an der heute erfolgenden Bestätigung kann nit mehr bestehen. Wir stehen vielmehr bei vollendeten Tatsachen. Gleichzeitig berlautet au, das überhaupt Feine Einladungen im Innern ausgesendet werden, sondern nur ausländische Persönlichkeiten zur Teilnahme aufgefordert werden oder bereits aufgefordert worden sind. Dieser legte Umstand i darauf zurückzuführen, daß Anderescaner ihre Teilnahme bereits abgesagt Haben und Printilea Bratianu für Die Liberalen eine Reihe von Vorbehalten aufstellte. Die bei der Regierung großes Befremden hervorriefen Um sich nicht auch bei den übrigen politishen Parteien ähnlichen Unannehmlichkeiten auszulegen, hat die Regierung betäroffen, grundfäglich keine Einladungen ergehen zu lassen, sondern es, wie es heißt, dem pathtischen Tastgefühl den Parteien zu überlassen, teilzunehmen oder fernzubleiben. Die Bukarester Feier und die Feiern in dem übrigen Landeszentren finden am 10. Mai statt. Bularen, 30. April, 10. Une vormittag Präfektenkonferenz in Laufenburg. Der Ministerpräsident über die Vereinigungsfeierlichkeiten in Karlsburg. Neue Erklärungen des Innenministers über die Beteiligung der Minderheiten, Bukarest, 30. April, Ministerpräsident Julius Maniu traf Heute nach zweitägigem Aufenthalt in Karlsburg und Klausenburg wieder in der Hauptstadt ein. In Klausenburg hielt der Ministerpräsident eine gemeinsame Situng mit den Präfekten des Banates und Srebenbürgen ab, in der in der Hauptjade Die Verwalstungsreform behandelt wurde. Anläßlich eines von den Präfekten gegebenen Übendessens wies der Ministerpräsident auf die Bedeutung der Karlsburger Feierlreiten hin und ermahnte die Präfelten, die Bevölkerung zu veranlassen, so zahlreich als möglich zu erscheinen, ohne jedoch einen Druck auf sie auszuüben. Aus eigener Initiative möge die Landbevölkerung nach solchen Aufklärungen nach Karlsburg kommen, um der Beweis zu erbringen, daß die Zeit endgültig vorüber sei, wo man die Maffen mit Gendarmen zu solchen Leiern einschleppen mußte. In der Präfektenkonferenz Hielt Innenminister Baida-Vpennd eine Rede, in der er zunächst die Erklärung abgab, daß die fürzlich in Blasensdorf gegründeten A Jugendorganisationen in seiner Weise eine faschistische Garde sein sollen, sondern, vor allem dem Lande, dem Regentschaftsrat und dem Ausland den Beweis erbringen sollen, daß Rumänien ein Land der Ordnung und der Disziplin sei. Sodann ging der Innenminister uf die Frage der Beteiligung der Minderheiten an den Feierlichkeiten über. Er führte dies aus, daß auch von Seiten der Minderheiten wiederholt erkannt worden sei, daß ich verschiedenes Wesentld zugunsten der Minderheiten unter dem nationalzaranistigen Regime geändert habe. Er versteht es darum umso weniger, das die siebenbürgischen Unsgarn ein solches Marktgeschrei in dieser Sache aufgeführt haben. Besondere Einladungen zur Teilnahme seien nicht ergangen und wäüre dem nicht ergehen, da jeder eingeladen sei, Bas die Trachten anbelangt, habe er betont, daß alle Nationalitäten in ihrer nationalen Kleidung kommen könnten, ohne irgendwelche Bescräneung, da Dieser Tag ein Tag der Berbrüderung aller Nationen des Landes sein solle. Bezüglich der Verwaltungsreform betont der JImenminister,daß es kein Regierungsentwurf sei,sondern nur eine Diskussionsbasis"angeben könne.Der Vorentwurf sei jedoch mit größter Sorge falt und Mühe ausgearbeitet worden. Die Debatten der Präfesienkonferenz wurden zu Protofoll gemommen und alle wertvollen Anregungen werden bekrensdet werden. Nach dem Innenminister erstatteten die Präfekten verschiedene Abänderungspomcchläge zum Borentwurf. Dorn im Nage Umso verzweifelter wehren sie sie gegen eine weitere Vergrößerung des gefürchteten deutschen Einflußes. In diesem Sinne kommt ihm Der Hinweis auf die deutschen Währungsschwierigkeiten im Zusammenhange mit den stohenden Damesverhandlungen sehr gelegen. In einem viel beachteten Mrittel fuht „Adebes ruf“ heute sehr energisch die Gerüchte von einem Miglingen der Stabilisierung zu entkräften. Bei genauer Leküre des langen Aufjabes bleibt jedoch als gewichtiges Argument nur das eine übrig: Frankreich stehe hinter der Stabilisierung und werde sie mit allen Kräften jragen. Man könnte das polnische Beispiel als einen Gegenbeweis anführen. Im Augenblick wollen wir jedoch mehr der Hoffnung Ausdruck geben, daß Rumänien aus eigenen Kräften und auf Grund einer leidenschaftslosen Betrachtung der vorhandenen Möglichkeiten zur Sicherung unserer Währung fs aus dem Sumbf ziehe, in den es belgierl Zermeise Hineingeraten zu sein scheint. ey Pe . Die Regierung und die Militärpensionisten. Bukarest, 29. April. Im Militärkasino fand gestern eine Versammlung der Militärpensionisten und Snovaliden aller Grade statt, in der General Gevorgesceui über das Ergebnis seiner Audienz beim Ministerpräsidenten berichtete. Der Ministerpräsident habe die Berechtigung der Forderungen der Militärpensionisten anerkannt und versprochen, im Nahemen der finanziellen Möglichkeiten alle Forderungen zu erfüllen. Oberst Butunovi führte aus, daß zur Verbesserung der Lage der Bensionisten 340 Millionen Let sofort erforderlich seien und daß die Pensionen auf den Goldwert der Bersionen von 1916 erhöht werden müßten. Redner befragt ji darüber, daß mit dem Vermögen des Staates Teichtsinnig umgegangen werde und nur die Bensionisten Dabei beausteiligt wirden,