Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1929. August (Jahrgang 56, nr. 16822-16848)

1929-08-01 / nr. 16822

Schriftlettung:Hamannstadt,Honter­usgasse Nr.11,Verwaltung:Königin Mariastr.Nr.25.—­Fernsprecher:Schriftleitung Nr.117Verwaltung Nr.431. Bezugspreis für einen Monat:Oermannstab n obveZustellungb90·—:mit Zustellung L100­—:mit PostversendunngnlandtLei100·—;Ausland:l«135·—;Einzelnummerh5«—;Sonntagsnumme­­r 6 Az. 16822 Hermannstadt, Donnerstag den 1. August 1929 56. Jahrgang = Vorbereitungen für die Haager Konferenz Möglichkeit einer kurzen Bescchiebung — Die Trage des Verlages London, 31. Juli. In Durchführung der legten Vorbereitungen für die Konferenz im Haag hat Die Regierung ihren Gesandten im Haag beauftragt, beim holländischen Außenministerium für die sichere Untere funft der englischen Delegation das Möglichste zu untere nehmen. Die Vorbereitungen werden für den 6. August getroffen, da nach der schnellen Lösung der französischen Regierungsfrise in hierortigen amtlichen Kreisen sein Stand für eine Verzögerung gesehen wird. In anderen Kreisen wird in allgemeiner Webereinstimmung darauf hinge­wiesen, daß Brüssel und Baris einen kurzen Aufe­nhub nicht für unwahrscheinli­­alten. Der Diploma­­tische Mitarbeiter des „Daily Telegraph“ rechnet damit, daß die Frage der Rheinlandräumung zu einer Hin­­zuziehung von militärischen Sachverständigen führen konnte. Die Frage des Borsiges der Konferenz wird wahrscheinlich einige Schwierigkeiten bereiten. Durch die Unsicherheit der Teilnahme des Deutschen Reichskanzlers und Verhinderung des englischen Ministerpräsidenten ist der belgis­che Ministerpräsident der­ rangälteste Teil­nehmer. Doch wird er wahrsceinlich Briand Den Bars ji einräumen. Baris, 31. Juli. Wie „Petit Parisien“ meldet, ist die Abreise des französcshen Außenministers und der anderen Mitglieder der französishen Abord­nung für die Konferenz im Haag auf den 5. August feste gelest worden. Das Blatt glaubt jedoch, Daß Die Regierung nicht mit der Behandlung so schwerfwiegender Jagen beginnen kann, bevor die Ausschüsse ihre Wort gesprochen haben, Rede des Abgeordneten riß Conners zum Gejegentwurf über das landwirtschaftliche Unterrichtswesen Behalten in der Kammerfisung vom 26. Juli 1929. (Nach dem stenographischen Bericht aus dem Rumänischen überlegt.) Herr P­räsident, meine Herren Abgeordneten! Troß der glänzenden Entwicklung der Industrie bildet daN auch heute noch die Land­wirtschaft den wich­­tigsten Zweig der Weltwirtschaft. Sie ist ihre Grundlage Dies wird in den legten Jahren von wirtschaftlich führenden Kreisen immer stärker be­­kant. Bezeichnend in dieser Beziehung ist die Resolu­­tion, die von der landwirtschaftlichen Kommission der Weltwirtschaftskonferenz in Genf im Jahre 1927 ge­­faßt worden ist und die an ihre Seise folgenden Lab­elli: . a „Die Konferenz sieht die Steigerung der land­­mwirtsaftlichen Produktion als eine Lebensfrage auf dem Gebiete der Wirtschaft an. Sie winsct zu die­­sem Umwede die Gleichstellung der Land­wirtschaft mit der Industrie in der Art, da­ die Landwirtschaft in die Lage verlest werde, allen in ihr Beschäftigten die Möglichkeit zu einer befriedigenden Lebenshaltung so­­wie zu einer normalen Entschädigung für das in­­­vertierte Kapital und ihre Arbeit zu bieten. Es it wichtig, die Öffentliche Meinung ü­ber diese Notwendigkeit aufzuklären, denn nicht immer ist der wirtliche Stand der Landwirtschaft berücksichtigt wor­­den, und die Landwirtschaft ist vielfach nur als ein Produktionsz­weig von sekundärer Bedeutung betrachtet t wprden.” . Meine Herren Abgeordneten! E3 ist eine inter­­essante Tatsache, die sie vor unseren Augen abspielt. Wir Fannen nämlich feststellen, daß alle zivilisierten Staaten heute große Anstrengungen machen im In­­teresse der Entwicklung ihrer Land­wirtschaft und zwar aus wirtschaftlichen, aus sozialen und aus nationalen "stunden. Staaten, wie z. B. Belgien, Italien, die Tichechoslowakei und Deutschland bestreben sich mit allen Mitteln, ihre Landwirtschaft zu entwickeln. Nach einer Epoche der Industrialisierung fahnen wir heute sprechen von einer Zeit Des Neuagrarismus. „Zurück zur Scholle!” it der Ruf des Tages.. Meine Herren Abgeordneten! Mit umso größerer Berechtigung muß für einen Staat wie Rumänien, der ein ausgesprochener Agrarstaat ist, die Landwirtschaft als ein Wirtschaftszweig von entscheidender Bedeutung angesehen werden. E& scheint mir, daß man in den legten zehn Jahren diese Tatsache bei uns leider ver­­gessen hat. Ich will mich hier nicht mit allen Fragen befassen, die im Zusammenhange mit der Bedeutung der Landwirtschaft zu erörtern wären, sondern aus­­schließlich kurz die wirtschaftliche Bedeutung der Land­­wirtschaft hervorheben. Der Innenmarkt, meine Herren, it entscheidend für die Entwicklung der Volfswirtschaft eines Landes. In unserem Staate hängt der Innenmarkt in erster Linie von dem Gedeihen der Land­wirtschaft ab. Denn über 80 dv. 9. der Bebvölkerung des Landes befassen si bei uns mit der Landwirtschaft. Es ist deshalb nur natürlich, daß von der Landwirtschaft die Ent­­wicklung unserer ganzen Volkswirtschaft abhängt. Die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung ist dem­­­nach die Basis der Entwicklung unserer gesamten Wirtschaft. Meine Herren Abgeordneten! ES ist hier die Frage zu stellen und zu beantworten, ob denn bei uns die Möglick­eit zur Steigerung der lan­d­­wirtschaftlichen Produktion besteht Wir können feststellen, daß bei der heutigen Entwicklung der Technik eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion in unserem Lande noch in großem Maße mögli­cht. Denn das Klima und der Boden Rumä­­niens sind für die landwirtschaftliche Erzeugung gün­­sig und gestatten noch, eine bedeutende Steigerung derselben. Wenn wir heute einen Vergleich, mit dem Auslande machen, so müssen wir feststellen, daß un­­sere landwirtschaftliche Produktion noch sehr gering ist in Verhältnis zu der Des Auslandes. Rumänien erntet heute im Durchschnitt pro Hektar n­m 900 bis 1000 Kilogramm Getreide, ein Ertrag, der nur 30 bis 40 Prozent des Ertrages in anderen Ländern ausmacht. Much im Inlande haben wir heute Gegenden, die den Duchschnittsertrag des ganzen Landes weit übersteigen. Wir können demnach feststellen, daß Die natürlichen Verhältnisse sowie der heutige Stand der Technik die Steigerung der Land­wirtschaftlichen Produktion in Ru­­mänien noch in starrem Maße ermöglichen. Meine Herren Abgeordneten! &8 genügt­ aber nicht, wenn wir in der Tat zur Steigerung der land­­wirtscaftlichen Erzeugung gelangen wollen, daß allein bom jenischen Standpunkt auf die Steigerungsmög­­lichkeit gegeben sei. Damit Dieses Ziel erreicht werde, ist es notwendig, daß auch die wirtschaftlichen Bedingungen für die Produktionssteige­­rung gegeben seien. Die Steigerung der Pro­­duktion ist nur dann möglich, — wenigstens für län­­gere Zeit — wenn sie rentabel is. Denn Der Uebergang von der extensiven zur intensiven Erzeu­­gung ist auf landwirtschaftlichem Gebiete eine Ange­­legenheit, die überlegt werden muß, denn hier liegen Die Dinge gerade umgekehrt, wie auf dem Gebiete der In­dustrie. In der Industrie bringt die Intensivierung der Produktion eine Herabgehung der P­roduktions­­sorten. In der Landwirtschaft dagegen erzeugen die extensiven wirtschaftenden Betriebe billiger, als die intensiv wirtschaftenden Betriebe. Daher sind al) die Staaten mit einer intensiven Landwirtschaft gezwungen, ihre landwirtschaftliche Erzeugung duch Einfuhrzölle zu fhügen gegen die Konkurrenz der Staaten mit exten­­siver Landwirtsaft. Meine Herren Abgeordneten! Die intensive Land­­wirtschaft ist gebunden einerseits an billige Produk­­tionsmittel, (Maschinen, Kunstdünger, Kredit) und an­­dererseits an entsprechende Preise und geregelten Ab­­zag für ihre Produkte. Demnach muß Die Wirt­schaftspolitik der Regierung, wenn wir zu einer Entwicklung unserer Landwirt­­schaft kommen­ wollen, günstige allgemeine Bedingungen schaffen. Welches sind die Maßnahmen zu­­ diesem Zmede­n In erster Linie i­ zu nennen die Förderung des Ab fage­ns der landwirtscaftlichen Er­­zeugni­sse im Inlande und im Auslande Die einfachste in dieser Beziehung zu ergreifende Maß­­nahme ist Die Aufhebung aller Exporttaten. (Beifall). Sch­anerfenne, da Die gegenwärtige Regierung in dieser Beziehung manches getan hat. Trosdem aber mu ich Hier neu­e Schritte von der Regierung ver­­langen und die Aufhebung aller Erport­­ungen fordern. Die­se Taxen betreffen heute Haupt­­sächlich die Viehzucht und eine Reihe von Erzeugnissen der landwirtschaftlichen Industrie, wie z. B. Butter, Käse usw. Ich bitte auch bei Dieser Gelegenheit den Herrn Aderbauminister dahin intervenieren zu wollen, daß die Ausfuhrtagen nach sämtlichen Tandw. Erzeug­­nissen endlich aufgehoben werden. Außer der Aufhebung der Ausfuhrtaren ist im Interesse der Förderung des Abfalles der landiwirt­­schaftlichen Erzeugnisse die Unter frügung des Exportes notwendig duch Transporter­­leichterungen. Vor einigen Jahren haben wir in Rumänien eine geradezu unbegreifliche Maßnahme ges­­abt, nämlich einen 50prozentigen Stadtzuschlag auf die Exportware. Heute sind wir gezwungen, dur Transportbegünstigungen und Gewährung von Prämien den Export unserer landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu fördern. Im Interesse des Absatzes unserer Produkte bram­chen wir ferner dringend den Abschluß von Han­delsverträge m Wir wollen hoffen,daß die Regie­rung nun in der Lage sein wird, auf Grund Des euer Bolltarifes sich mit Dieser Angelegenheit, Die von groger Bedeutung für uns ist, zu befassen. Meine Herren Abgeordneten! Die Landwirtschaft ist aber nur nur an dem Export interessiert, sondern auch an dem Import ihrer Bedarfsartikel und damit im Zusammenhange an dem Ein­­fu­hrzolltarif. Mit Bezug auf den gestern von der Kammer dotierten Zolltarif erfläre ich, daß ich im al­gemeinen die Grundlage, nach denen der Herr Minister für Handel und Industrie sich bei der Zusammenstellung des Zolltarifes hat leiten lassen, als richtig anerkenne. Da muß ich hier eine Angelegenheit zur Sprache brin­­gen, die meiner Ansicht nach für die Landwirtschaft nicht günstig erledigt worden ist und zuwar die Position fünstlicher Düngemittel. Ich muß leider mit Bedauern feststellen, daß der neue Einfuhrzoll auf die künftlichen Düngemittel, namentlich auf einige, sehr stark erhöht worden ist. So z. B. wurde der Zoll auf Superphosphat von 2000 auf 10.000 Lei pro Waggon erhöht. Der Herr Minister Madgearu hat mir bei der Verhandlung des Zolltarifes in der Kommission erwidert, e3 bestehe die Bestimmung, daß die Zollfüße auf ein Fünftel ernie­­drigt werden künnen. Ich aber bin der Ansicht, da es besser gewesen wäre, von allem Anfang an Diese Angelegenheit im Interesse der Landwirtschaft entspre­­hend zu regeln, denn wir wissen, wieviel Mühe und Kosten es bereitet, auf Grund der „Nota” eine Zolla­ermäßigung zu erreichen. Ich muß hier ferner die Fet­­stellung machen, daß auch Die Nomenklatur bei der Po­­sition fünstliche Düngemittel geändert worden ist. Die Nomenklatur in dem alten Zolltarif war von einem Vertreter der Landwirtschaft aufgestellt worden, wäh­­rend die jegige Nomenklatur von den Kunstdüngerfabri­­kanten stammt, Die ein Interise daran haben, das Die ausländischen modernen fünftlichen Düngemittel, ia­­mentlic, jole, die Phosphorsäure enthalten, vom Im­, porte ausgeschlossen oder daß sie mit hohen Taxen belastet werden. Ich muß demnach, Herr Minister, mit Bedauern jagen, Daß die Verfügungen des neuen Zoll­­tarifes der Verwendung gerade der modernsten Dünge­­mittel hindernd im Wege stehen werden. Meine Herren Abgeordneten! Eine dritte Maß­­nahme im Interesse der Landwirtschaft ist die Be­­schaffung billigen Kre­dites. Doch will ich mich mit Dieter Stage hier nicht weiter befassen, da wir heute nachmittag oder morgen das Gefeb über Die­­Organisierung des landwirtschaftlichen Kredites verhan­­deln werden. In vierter Linie endlich will ich hier noch er­­wähnen eine entsprechende Transportpolitik, die in den­ Dienst der Land­wirtschaft gestellt wird,

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