Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1844 (Jahrgang 5, nr. 1-89)
1844-01-02 / nr. 1
Wort reden will? — Mitnichten! -- Gehen Sie einmal die Annalen der sächsischen Nation aufmerksam und unparteiisch dar — was werden Sie finden? Das Streben nach Fortschritt und gesunder Entwickelung, dessen wir uns rühmen == ist es etwa nur von gestern oder vorgestern ? Unsere ehrlichen Alten gingen vorwärts und schwiegen, wir aber berichten in Zeitungen und Flugblättern nicht nur über jeden Schritt, den wir thun, sondern auch über jeden Scritt, den wir thun wollen, wenn er auch hinterher ungethan bleibt. Und über dem Lärm der Gegenwart tritt dann leicht das Alterttum so oft in verachtetes Dunkel zurück. Geben wir der Wahrheit die Ehre meine Herren, wir könnten nicht geshen, wenn wir das Gehen nicht von den Vätern getlernt hätten. Das Verständniß der Forderungen, welche die Gegenwart an uns macht, der Anschluß an unsere Zeit und an ihre Bedürfnisse wäre uns nicht möglich, hätten sie uns nicht auf den Punkt ges führt, von welchem wir unsere Zeit übersehen, und weiter schreiten können, ohne die Gefahr, bei dem Fortschritte Arm und Beine zu brechen. An der leichten Möglichkeit des eigenen Fortgangs erkennen wir den Fortgang der Väter, und ihre Liebe stets nach dem Bessern zu ringen. Und nun? meine Herren!= Darf ich nach dieser Entwicklung meinen Neujahrsgruß wiederhohlen? Ka! Wir bleiben die Alten! — in der Lust an dem Fortschritte, aber auch in der bedachtsamen, prüfenden Mäßigung, welche bei den Vätern den Drang nach dem Bessern zügelte und regelte, die Alten. Ich habe die Titel: fürsichtig weise und namhaft fürsichtig weise Herren, womit die Vorzeit die Leiter meines Volkes schmückte, oft lächerlich machen gehörtder Humor, meine Herren, wagt sie an Alles, und des Spottes kann sich niemand erwehren. Die ellenlangen, überschwenglichen Ehrentitel sind, wie die Perücken und Reifröcke — lange schon der Mode verfallen. Allein der Geist, der sie geschaffen, war ein tüchtiger Geist — er möge nie aus dem Volke und seinen Lenfern entweichen! Wenn irgend eine Zeit, so bedarf gerade die unsere der Fürsicht und der prüfenden Weisheit. In krankhafter Ungeduld erzeugt sie eine politische Theorie nach der andern, und keiner fehlt es an gedungenen und ungedungenen Lobrednern, welche jede neue Lehre begeistert anpreisen, und das Heil der bürgerlichen Gesellschaft von einem gänzlichen Neubau derselben erwarten. Meine Herzen! wir bleiben die Alten. Sie änderten auch an dem Baue der Väter, aber sie prüften bedächtig, ehe sie Hand an die Renderung legten. Sie besserten und erneuerten auch, aber die Grundmauer ihres Verfassungsgebäudes ließen sie unangetastet stehen , und waren stolz darauf, daß es für jede Zeit wohnlich gemacht werden konnte. Wohlan dem, lassen sie uns, wenn es Noth thut, mehr Fenstern und Thüren in unser Wohnhaus brechen, lassen Sie uns die Säle und Zimmer desselben erweitern, aber die Pfeiler, auf welchen es ruht , niemals einreißen. Die phankastischen Luftschlösser, welche politische Wegkünstler in andern Ländern gebaut, haben wir einstürzen gesessen; der einfache kunstlose Bau unserer Verfassung, welchen keine gelehrte Speculation, sondern der schlichte gesunde Menschenverstand und die unmittelbare Ansschauung der Menschennatur unserer Ahnen in grauer Vorzeit gegründet, hat sieben Jahrhunderte lang das Volk in zahllosen Stürmen geschüßt, erhalten, gerettet. — Meine Herren! wir bleiben die Alten, in der prüfenden Umsicht, und in der wohlbegründeten Achtung gegen die Grundlagen der Verfassung der sächsischen Nation in Siebenbürgen, die bedächtigen , prüfenden, schonenden Alten!! Meine Herren! erheben Sie sich von ihren Sißen! unser Wunsch, unser Gebet, unser Segen, uns ser Gelübde wendet sich zum Throne des Fürsten , der unserer Nation in dem verflossenen Jahre die glänzendesten Beweise seiner huldvollen Gnade, und die festeste Bürgschaft nationaler Fortdauer gegeben hat, und mit mächtigem Arme über ihren Rechten und Freiheiten wacht. Gott segne , Gott lohne den Erhabenen dafür, und schirme das Allerdurchlauchtigste österreichische Kaiserhaus! Dem Königsthrone darfen die Deutschen in Siebenbürgen das köstliche Kleinod ihrer Freiheiten und Rechte, zum Schuß der Krone berufen haben sie ihren Ruf erfüllt, und ihren Söhnen das Vermächtniß unverbrüchlicher Treue gegen den Thron hinterlassen. Die Tage der Gefahr sind vorübergerauscht, aber in dem reichen Völkerkranze , welchen die Liebe unter Österreichs mit dem Scepter vereinigt, sei die Gesinnung wetteifernder Treue gegen den Fürsten der schönste Schmuck des kleinen deutschen Bölkchens , welches heute sein Gebet für ihn mit Millionen vereinigt. Meine Herren! ich kenne auch in dieser Hinsicht keinen schönern Wunsch , als den schli<ten sächsischen Spruch: Wir bleiben die Alten,= in der Liebe, in der Treue gegen das Herrscherhaus, unter dessen Schirme wir stehen, die ehrlichen, aufrichtigen, nie wankenden Alten. Meine Herren! Als unsere Vorfahren ‚gerufen ihre alte Heimath mit einem ‚neuen Vaterlande vers ’ : >