Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1845 (Jahrgang 6, nr. 6-103)

1845-05-16 / nr. 38

Motto. + Nr. 38, Sechster Hermannstadt am 16. Mai. Jahr­gang. Nicht die Großartigkeit der unserer Gegenwart verbliebenen Zeugen der Vergangenheit gibt immer den Maßstab für seine Bedeutsamkeit ; umgekehrt kann gerade das Gegentheil, das Herabsinken großer Dinge zum Geringfügigen eine um so ernstere Lehre geben. NIA, 18145. Beiblatt zum Siebenbürger Boten. PH. 2. Wolfart. TRANSSILYV Die beiden Stühle Mediasch und Schel­­fen, in ihrem ursprünglichen Verhält­­niß zur Hermannstädter Provinz. Es herrscht über die älteste Geschichte der beiden Stühle Medias­ und Scelken, besonders über das ur­­sprüngliche Verhältniß derselben zur Hermannstädter Pro­­vinz, noch so viel Dunkel und Ungewißheit, daß eine Be­­leuchtung dieses Gegenstandes, in­wie­weit dieselbe auf Grundlagen bis jeit bekannter Urkunden möglich ist, nicht unerwünscht sein dürfte. Bei Bestimmung des ur­­sprünglichen Verhältnisses, in welchem die beiden Stühle, die seit ihrer Vereinigung, welche 1545 eingeleitet wurde, bekanntlich den jenigen Mediascher Stuhl bilden, zur Hermannstädter Provinz standen, hat sich hie und da die Ansicht gebildet, daß die beiden Stühle von vorn­herein eine für sich bestehende, von der Hermannstädter Provinz gänzlich getrennte Coloniegruppe gebildet hät­­ten, unter dem , unus sit populus et sub uno judice censeantur“* des Andreanischen Privilegiums streng genommen, nicht mitbegriffen wären, sondern in demselben Verhältniß zur Hermannstädter Provinz ur­­sprünglich gestanden seien, wie die Kronstädter und Bie­sticker Colonie. — Weniger hervorgehoben ist eine an­­dere Ansicht über diesen Gegenstand, wonach die beiden Stühle ursprünglich mit der Hermannstädter Provinz verbunden waren. — Um nun­ bei dieser Verschiedenheit der Ansichten das historisch Richtige und Wahre aufzu­­finden, muß folgende Frage beantwortet werden, gab es in Siebenbürgen ursprünglich vier von­einander poli­­tisch getrennte, große Coloniegruppen, die Hermannstäd­­ter, Kronstädter, Mediarcher und Biftriger, oder aber nur drei solcher Coloniegruppen, die Hermannstädter, Kronstädter und Biftriger, und gehörte nicht die Colo­­nie der beiden Stühle mit zur Hermannstädter Provinz. Aus nachstehenden Gründen ist diese Frage dahin zu beantworten, daß es "ursprünglich nur drei große, deut­­­sche Coloniegruppen in Siebenbürgen­ gegeben "habe; die Hermannstädter, Kronstädter und Biftinger, und“ daß die beiden Stühle mit der Hermannstädter Provinz ursprüng­­li verbunden waren, und in dieser Verbindung bis zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts, wo sie durch den Woiwoden Ladislaus gewaltsam von der Hermannstädter Provinz losgerissen­­ wurden, blieben. Für diese­ ursprüngliche Verbindung der beiden Stühle mit der Hermannstädter Provinz spricht erstlich ihre geo­­graphische Lage und die Grenzbestimmung des Sachsen­­bodens im Andreanischen Privilegium. Die Aed. Hand­­feste ist eine Bestätigungsurkunde der den Deutschen oder Sachsen von Geisa II. ertheilten Rechte und Freiheiten, mithin, mit Ausnahme derjenigen Punkte, die als Erweiterung der den Deutschen von Geisa er­­theilten Rechte angesehen werden müssen, kein Urschen­­kungsvertrag (donatio primaeva) es darf uns daher nicht wundern, wenn wir keine genaue und vollständige Gränzbestimmung des Sachsenbodens darin antreffen. Die genauere Gränzbestimmung konnte damals als be­­kannt vorausgefegt werden, da die Sachsen das Gei­­sa's<e Urprivilegium zweifelsohne dem König Andreas II vorzeigten. " Dies geht aus den Eingangsworten des Andreanischen Privilegiums hervort“ , quod penitus a sua libertate, qua 'vocati' fuerant a piissimo Rege Geysa, avo nostro, exerdissent so was sich ohne Zweifel­ auf verbriefte Rechte bezieht. Nun er­­gab sich aber, wenn einmal die westlichen und­ östlichen Gränzen bestimmt waren, die Linie von Süden nach Norden gewissermassen von selbst. Im Süden machten der Ab­fluß und ein Theil der südlichen­­ Gränzgebirge, im Norden die beiden Kokeln und der Maroschfluß die natürlichen Gränzen der vereinten deutschen Colonie aus. Daß der Sachsenboden sich wirklich nach Norden, oder genauer nach Nord-West, früher weiter ausgedehnt habe

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