Banater Deutsche Zeitung, November 1926 (Jahrgang 8, nr. 249-272)

1926-11-26 / nr. 269

. „Scutit de taxa postale“ art 8 din Tit. Muzeul Sibiu-Hermann Intend­ing Knf ibjägrig 589 Lei, vierkeljätrig 269 Bei ums u --- Zustellung Sent IDE DR Monatlich. ei. eure für des Belice. =“ Einzelpreis: Achlseilig 4 Lei, zweisseitig 3 Lei. BB Jahrgang 105 Asociasiunea Stadt * Timisoara-Jeniegver, Freitag, Erschei­nen 26. November 1926 Zunehmende Internationalität der Minderheitenfrage Staa­t oder Bukarest, im November 1926. (K. M.) Wer erinnert sich nicht, wie empfindlich die Vorkriegsstaaten auch nur Angehörige eines „fremden Staates“ an ihre Gebarung mit den ihnen eingeord­­neten völkischen Minderheiten Die Art des Umganges „innere Angelegenheit“ in innere Angelegenheiten eines anderen.“ Zeitdem ist das Minoriätenproblem mehr und mehr­ zu einer Weltfrage geworden, zumal, als man erkannte, daß der große Krieg es nicht nur nicht ge­­­löst, sondern verwidelt hatte, der beschäftigen sich nut dem Problem, Schweiz Vor im waren, wenn ein geschrieben zu „fremder rühren wagten“ den Minderheiten sei der von den­ Minortäten mitbewohnten Staates, die Methoden zu rügen, oder — auch in freundschaftlichster Weise — Aende­­ru­ngen vorzuschlagen, bedeutete eine „Einmischung In aller Herren “an­­zunehmend viele Intellektuelle neue, Kriege lauern. Voran in Deutschland verheerende dem Lande, wo die fanatische Sehnsucht nach idealer Gerechtigkeit zuhause ist. Kurzem erst konnte ich mich wieder überzeugen, daß das verständige Wissen um das Mi­­­­noritätenproblem deutschen Volke rasch um sich greift, und so mancher gute Kopf grübelt, die große völkerspaltende Frage um des wie man Weltfrie­­dens willen international aus der Welt schaffen könne. Nicht zuletzt die deutsche Jugend ist von der­­ Idee erfaßt, tausende und abertausende höhere Schü­­ler gehören dem V. D. A. an, dem großen Volksver­­­eine, der Befriedung der Menschheit durch Mitarbeit an der Lösung des Mind­erheitenproblems auf seine blauer Wimpeln hat. Aber auch in der in Holland, in Oesterreich, in Schweden und England beschäftigt man sich zunehmend mit der Frage, und welche Kreise im an­­gelsächsischen Nordamerika vom Gedanken prak­­tisch erfaßt worden sind, das lehrt die Ansprache, die eine Finanzkapazität der U. S. A., der Präsident der Equitable Truste Co. A. V. Kreeh, wie wir bereits berichteten, an unsere Königin gehalten hat. Wo zu einem gekrönten­ Haupte­ gesprochen worden. Man sieht; auch die wirtschaftende Welt ist vom neuen Gedanken erfaßt, sie vertritt ihn und „mischt sich ein“ in die „inneren Angelegenheiten eines frem­­den Staates“. Sie mischt sich ein, weil nun auch sie erkannte, daß das Minoritätenproblem gelöst wer­­den muß, u. zw. nicht etwa im Sinne der Mello-Fran­­coschen Einschmelzungstheorie. Be­ im3 vertreten in vorderster Linie die „Libe­­ralen“ viese aus dem alten, verlemperten ungarischen politischen Requisitenkasten geholte Lehre. Drum be­­gehrte ja heute der „Viitorus“ so heftig gegen die Krecksche Ansprache auf, wobei er zum alten Land greift, zum Land nämlich, den die Liberalen so häu­­fig und so erfolgreich in Völkerbunde­ und­ andere Augen streuten, wenn diese Augen es auch nur schüchtern wagten, unserer Regierung in die Pfanne zu gucken. Dieser alte Land heißt: das rumänische Volk ist duldsam, und den Minoritäten geht es vo­r­­trefflich. Auf die Duldsamkeit spielte übrigens erst vor einigen Tagen auch unser jetziger Innenmi­­nister Oktavian Goga an zur selben Zeit, als unser lebiger Kultusminister den um ihre Bodenbe­­site gekommenen Minderheitskirchen Millionen Lei an staatlichen Unterstüczungsgeldern ent­z­og und unsere Jugend sich Vollbesibe ihres Menschenrechtes noch immer nicht im auf den Unterricht in der eigenen Muttersprache befindet. Nun will ich die Duldsamkeit des in vielen Exemplaren zweifellos tieberöwerten rumänischen Vote nicht anzweifeln, seine Staatsleitungen aber und allzuviele seiner Behörden sind nicht Duldsam, sondern plätschern unbekümmert im Kielwasser der Mello-Francosc­hen Einschmel­­zungstheorie, die vom Weltgewissen mehr und mehr in Acht und Bann getan wird, weil das Mino­­ritätenproblem eine internationale, eine Weltfrage wurde. Eine „innere Angelegenheit“ ist es längst nicht mehr und Einmischungen um des Problem willen müssen, mag man noch so national stolz sein, ertragen werden, weil wir im Zeichen der Staaten­­gesellschaft stehen, innerhalb der nicht jeder ungerügt tun kann, was seinem Querkopf paßt. Ein System von Adern, von Blutgefäßen verbindet alle Länder untereinander. Wird in einem Lande Gift gebraut, dann haben die anderen Schaden Davon und wehren sich dagegen mit Recht. Die Minoritätenfrage aber nicht zu lösen, sondern a la Mello-Franco behandeln zu wollen, ist Giftbrauen. Daß denn auch die Staats­­leitungen auf die Spur zu kommen beginnen, lehren allerhand Anzeichen in der Tschechoslowakei, im El­­saß, in Polen u. s. f. Rumänien darf sich dem neuen­­ Geiste nicht verschließen. Duldsam sein, daß heißt jede Volkheit nach ihrer Eigenart leben und wachsen lassen. Die zunehmende Internation­alität der Minderheitenfrage verpflichtet zu dieser Lösung, hinter mit dem Pi Een ee << nden << ee nee mie ren |J BIETER I EST TETD EEE EEE EEE STEHE TEE GAZE EEE ‚die Erkrankung des Erkaifers Wilhelm Amsterdam, 24. November. Die Nachrichten aus Doorn über den Gesundheitszustand des ehemaligen deutschen Kaisers lauten etwas günstiger. E53 darf aber nicht versch­wiegen werden, daß in den lezten Tagen in der Umgebung Wilhelms des Zweiten die Besorgnis groß war, es könne sich um eine schwere Erkrankung handeln. Man wußte zwar, daß sich Wilhelm in dem holländischen Klima rheumatische Beschwerden feuchten zuge­­zogen hatte, die behandelnden Aerzte maßen aber diesen Beschwerden in Anbetracht des befriedigenden EN gewenn EN seine besondere Bedeutung er.­­ Anfang der vorigen Woche begann jedoch der Exfaiscy über heftige Sehmerzen in den Glie­­dern zu klagen. Da er nicht davon ablassen wollte, trog der fühlen Witterung im Garten vom Haus­e e­in unf scheint es, daß er sich dabei eine Grippe zugezogen hat, die ihn in Verbindung mit dem Rheuma und Fieber zwang, das Bett zu hüten. Die Gattin des Exfkaisers, Prinzessin H­er­­mine, war während der letzen Tage ununterbrochen an seinem Krankenlager und pflegte ihn selbst. Als sich nun der Zustand des Kranken nicht unerheblich zu verschlimmern drohte, erwog Prinzessin Hermine, ärztliche Kapazitäten aus Deutschland nach Doorn rufen zu lassen. Von dieser Absicht wurde jedoch einstweilen Abstand genommen, da in der letten DI der fritische Punkt der Krankheit überwunden sei. . Von Georg Burzel Pünktlich auf die Minute schloß der Kassierer von 3 Schalter vor einer Gruppe zu spät gekommener­­ Landleute, die im Vorraum beträchtlichen Lärm ver­­­­urfachten­. Im Flecken war Markttag gewesen und die­­ Bauern der Umgebung hatten die Gelegenheit be­­müßt, um zugleich ihre Steuern zu entrichten und bei Herrn Patrice sich über die hohen Abgaben zu be­­schweren. Der Dienst war heute anstrengend" gewesen und "der Beam­te fühlte sich müde und seelisch verstimmt. Bevor er die Kasse nachprüfte, gab er dem Bedürfnis nach einer viertelstündigen Ruhepause nach. Er setze sich zum Fenster, von dem man auf die Gärtel sah. In sanfter Schwermut erstarb der Septemberabend. Die lezten Geräusche des Marktes drangen wie ein feines Gemurmel herüber. Er fühlte sich in diesem Gebirgsdorf in der Ver­­bannung. Und weniger noch als er, hatte Blanche, seine Frau sich hier eingewöhnen können. Daher be­­wüsste sie jede Gelegenheit, um die nahe Stadt aufzu­­suchen, wo sie Magazine, so mittelmäßig sie waren, loten. Das Gehalt eines Steuereinnehmers auf dem Lande reichte allerdings nicht aus, um dem brünetten kleinen Frauchen den gewünschten Luxus zu gewähren. Er betete sie an und lit darunter, daß er nicht allen Launen dieses schönen exotischen Vogels nachgeben konnte. Heute morgen beim Weggehen hatte sie um 1000 Franken gebeten, um sich einen Herbstmantel zu kaufen. 3 „Tausend Franken! Teufel! Wo sollte er die her­­nehmen? Den Tod in der Seele hatte er ihr das Geld versagen müssen, geben. Zornig verließ sie ihn, ohne ihm einen Kuß zu Es war das erste Mal gewesen, daß sie mit finsterem Gesicht, ohne „auf Wiedersehen“ zu sagen, von ihm ging... Ja, sie begann sich ihm zu entfremden. .. In dem leeren Hause schlug die Uhr mit sehn­­süchtigem leisen Klang. Patrice überlief in seiner Einsamkeit ein Schauer. Er hatte das Gefühl, daß ihn alles fluchtartig verließ. Er ging eine Weile in der Wohnung auf und ab, als könne er dadurch die ihn bedrückende Last­ abschütteln. Ein Klopfen an der Tür. Ein Radfahrer brachte einen Brief. Der Kollege seines Kreises verständigte ihn freundschaftlich davon, daß der Finanzinspektor die Gegend besuche; er dürfte heute abend nach L. kommen­, daß nur ja alles in Ordnung sei! ... Ein wenig erregt, setze sich Herr Patrice an sei­­nen Schreibtisch. Nicht, waß er die genaueste Kontrolle zu scheren hatte, aber er war zu nerven,und eine Re­­vision für ihn eine Qual. Schon sein Knabenherz hatte heftig geklopft, wenn er während des Unter­­richts eine Frage des Lehrers erwartete. (Ex zählte die Kasse und rechnete dann die Ein­­gänge des Tages durch, um sich von der Ueberein­­stimmung zu überzeugen. Gewöhnlich addierte er die Summen mit unglaublichen Geschwindigkeit, aber heute mußte einer er die Arbeit mehrfach wiederholen, er gelangte niemals zu demselben Resultat. 7 Welche Ueberraschung! Er ergab sich eine Diffe­­renz zwischen seiner Kasse und seinen Eintragungen! Er begann nochmals. Dasselbe Ergebnis. Er wurde erregt. Schweißtropfen rannen über seine Schläfen, seine Handgelenke zitterten. Kein Zweifel mehr. Er hatte tausend Franken zu wenig. Blanche hatte offenbar heute früh das ihm feh­­lende Geld aus der Kasse genommen. Der Kaufpreis für den Mantel. Unter den Ab­druck dieser Gewißheit wurde er ganz verstört. Reginas8los, die Feder in der Luft, hockte er wie gelähmt durch die vernichtende Enthül­­lung in seinem Stuhl. Und der Herr Inspektor mußte im nächsten Augenblic erscheinen! Er wollte die Summe noch­­mals überrechnen, aber er vermochte es nicht. Die Zahlen tanzten, sprangen vor ihm herum, verschwam­­men vor seinem Blick. Uebrigens war er seiner Sache ja­­ nur zu sicher! Er sah sich abgefegt, der Unter­­suchung ausgeliefert, ohne Ehre und ohne Liebe. Eine wahnsinnige Angst bemächtigte sich seiner, warf ihn nieder wie der Sturm ein Bäumchen beugt. Er wäre am liebsten über die Felder bis zum nächsten Bahnhof gelaufen und in seinen Heimatsort geflohen. Auf der Straße hörte er das Anfahren eines Autos. Das Blut hämmerte in seinen Schläfen. Unten vor der Tür hält der Wagen. Er hebt ein wenig den Vorhang. Ein Herr mit rotem Bändchen im Knopf­­loch steigt aus: der Finanzdirektor. Schnell, schnell! Er hat kaum Zeit dazu! Durch die offenstehende Tür flüchtet er wie ein gehettes Tier in seine Kammer, stürzt auf den Revolver zu, der neben seinem Bette liegt und zerschmettert sich mit 2 rasch aufeinander folgenden Schüssen das Gehirn. Im Mugenblid der Tat überschreitet der Finanz­­­­ar die Schwelle: „Wieder eine Tragödie!“ sagt er sich, 1a

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