Bukarester Gemeindeblatt - Beilage zum Nachbar, 1906 (Jahrgang 2, nr. 1-51)

1906-01-15 / nr. 2

% Dniester Gemcindeblatt Beilage zom Jíachbar. Schriftleitung: Pfarrer E. HEIFT. Geschäftsstelle: Gemeindekanzlei Strada Luterana 10. Jahrgang II. Sonntag 15. 28. Januar 1906. No. 1. Zum 27. Januar. In festlicher Weise hat die Gemeinde am 27. Januar den Geburtstag eines ihrer Schirmherren, des deutschen Kaisers, begangen und dankbar j des Schutzes gedacht, dessen sie sich wie von seiten der Oesterreich-Ungarischen Monarchie, so von seiten Deutschlands zu erfreuen hat. Es verlohnt sich daher, bei dieser Gelegenheit sich einmal über die Bedeutung, die das Schutz­verhältnis im besondern zu Deutschland für die Gemeinde hat, Rechenschaft abzulegen.. Ursprünglich stand die Gemeinde unter dem Patronate Schwedens, das von der Zeit Karls XII. her einen bedeutenden Einfluss auf der Balkanhalbinsel ausübte und als evangelische Macht tatkräftig der evangelischen Glaubens­genossen sich annahm. Schwedens Einflüsse, der sich seiner Zeit zu Gunsten der Evange­lischen in der Walachei durch ein eigenhän­diges Schreiben des schwedischen Königs Fried­rich I. an den Landesfürsten bekundete, ist es nicht blos zu danken gewesen, dass die Ge­meinde im Jahre 1751 ihren Schutzbrief, Chri­­sov, erhielt, der ihr freie Religionsübung zu­sicherte, sondern Schwedens Hand hat auch in den darauf folgenden Zeiten verhängnis­voller Wirren schirmend über der Gemeinde gewaltet und sie vor dem Untergange gerettet. Indessen führte die Entwicklung der Dinge im Laufe der Zeit mit Notwendigkeit zur Erkennt­nis, dass ein wirksamer Schutz nur von den Ländern ausgeübt werden könnte, zu deren Untertanen die überwiegende Mehrheit der Ge­meindeglieder gehörte. Und als bei einem die Gemeinde aufs tiefste erregenden Streite das schwedische Eingreifen versagte, begab sich der König von Schweden im Jahre 1838 des Patronates über die Gemeinde. Dieses ging in die Hände Österreichs und Preussens über. Dass die Gemeinde unter den Schutz Preu­ssens bezw. Deutschlands kam, war ebeso na­­turgemäss, wie es in jeder Beziehung von se­gensreichen Folgen begleitet war. Preussen war die evangelische Vormacht aut dem Kon­tinente. Es beherrschte in theologischer und kirchlicher Beziehung die Entwicklung und hatte in seinem Unterrichtsbetriebe Treffliches und Vorbildliches geschaffen. Der Rückhalt, den die Gemeinde an diesem Lande bekam, die Anlehnung an dasselbe, die dem Einströmen deutschen Geisteslebens freie Bahn öffnete, musste die Entwicklung der Gemeindeverhält­nisse in günstigster Weise beeinflussen. Man denke sich, was geworden wäre, wenn die Ge­

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