Bukarester Gemeindeblatt, 1923 (Jahrgang 15, nr. 1-52)

1923-01-07 / nr. 1

2 No'; I Bukarestéi- Geüieíndeblatt grosse Rolle gespielt hat, begangen wurde; darum wurden im Geburtslande Jesu Geburts- und Tauf­­'tag zusammen am 0: Januar gefeiert, und erst seit 034 ist mit Sicherheit das Weihnachtsfest auch hier bekannt. Es bleibt nun noch die Frage zu erörtern: Wie kam man auf den 25. Dezember als Geburtstag Jesu? Aus dem Evangelium lässt sich etwas Si­cheres über den Geburtstag nicht entnehmen, ja nicht einmal über die Jahreszeit. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn auch andere Tage als vermeintliche Geburtstage Jesu errechnet wurden. Eine Zeitlang galt der 20. Mai als sein Geburts­tag; der grosse Kirchenlehrer Clemens aus Ale­xandria (um 200) wollte den 17. November als rich­tiges Datum gefunden haben, ohne dass wir wis­sen, was ihn zu diesem Ergebnis geführt hat. Späterhin ging die Berechnung von dem Früh­lingsanfang aus, der nach dem julianischen Ka­lender auf den 25. Mgrz fiel. Da mit Frühlings­beginn auch das neue Leben in der Natur erwacht, so legte die alte Kirche auch den ersten Tag der Weltschöpfung auf diesen Termin. Der vierte Schöpfungstag, an dem Sonne und Mond an die Himmelsveste gesetzt wurden,ist nach dieser Rech­nung der 28. März, und es lag nahe, diesen Tag als den Geburtstag .lesu, der wahren Lebenssonne, zu bestimmen. Feber diese Entdeckung begeistert, schreibt ein sonst unbekannt gebliebener Mann : «O wie herrlich und göttlich beweist sich des Herrn Vorsehung darin, dass an eben jenem Tage, an dem die Sonne geschaffen ist, Christus gebo­ren wurde, am 28. März, einem Mittwoch». Die erste Berechnung des 25. Dezember als Geburts­tages Jesu stammt aus dem Jahre 221 und hängt insofern mii, dem Frühlingsanfang und der Welt­schöpfung zusammen, als man mit dem Beginn der letzteren die Verkündigung der Geburt. Jesu verband, die dann neun Monate später am 25. Dezember erfolgte. II. Die zwölf heiligen Nächte. Von allen europäischen Sprachen hat wohl nur die deutsche ein eigenes charakteristisches Wort für das Christfest geschaffen, und es ist zu be­achten, dass unser Wort «Weihnachten» nicht die •Feier eines Tages meint, sondern sich auf eine Vielheit von Nächten bezieht. Eine Begründung kann dies nicht im biblischen Text haben, da auch von einer Tageszeit keine Andeutung gege­ben wird. So muss der Ursprung dieses Wortes anderswo liegen. In manchen Gegenden bezeichnet man die Nächte von Weihnachten bis zum Epi­phaniasfest, also vom 25. Dezember bis zum 6. Ja­nuar, als die heiligen zwölf Nächte, ohne dass auch hier irgend ein Grund in den Berichten der Evangelien zu finden ist. Wir werden, um eine Erklärung dazu zu finden, bis in das germanische Heidentum zurückgehen müssen, aus dessen See­lenglauben die Entstehung von heiligen Nächten erklärlich wird. Mit dem letzten Atemzug, den der Mensch tut, ver­lässt die Seele den Körper.. So lange ein Mensch atmet, so lebt er und ist beseelt. Der Atem aber ist mit dem Wind eng verwandt. Feberall da, wo der Wind sein Spiel treibt, sind auch die körperlos gewordenen Seelen tätig. Im Sturm brausen sie in wilder Jagd einher, und ihr grösstes Fest feiern sie, wenn die Tage am kürzesten, die Nächte am längsten und die Stürme am häufigsten sind. Das geschieht in der Zeit der Wintersonnenwende, zu Beginn der kältesten Jahreszeit. Diese Nächte sind den Seelen und dem Gott Wodan als dem Herrscher der Welt geweiht ; es sind, die zwölf heiligen Nächte. Diese Feiernikhte tragen den noch immer nicht zur Genüge erklärten Namen «Jul», der sich bis auf den heutigen Tag in dem Weihnachtsbrauch des «JuVklapp» erhalten hat. In den zwölf heiligen Nächten zieht Wodan mit Seinem breiten, tief in das Gesicht gedrückten Sturmhut, in einem stahlblauen Wettermantel, auf seinem achtbeinigeü SchimmelSleipnir im Sturmes­brausen durch die Lande, begleitet von seiner Ge­mahlin Borchta und gefolgt von einem wilden Heer; Zu Ehren des Gottes fanden Opferschmäuse stat t, bei denen ganz, bestimmte Speisen genossen wer­den mussten. Das hauptsächlichste Opfertier war der Eber, dessen Kopf als Zierde auf dein fest­lichen Tische prangte. Noch heut isf-es in der Gegend nördlich von Berlin Sitte, zu Weihnach­ten Schweinskopf zu essen. In England wird eben­falls jetzt noch der Brauch beobachtet, dass fei­erlich, mit Rosmarin geschmückt, der Schweins­kopf als Mittelpunkt der weihnachtlichen Feier aufgetragen wird. Fast jede von Deutschen be­wohnte Gegend hat für die Weilinachtsmahlzcit bestimmte Sitten. Teilweise werden Karpfen ge­gessen, anderswo muss ein Mohngericht auf den Tisch kommen. Alle diese Gewohnheiten werden auf heidnische Opfermahlzeiten zurückgehen, und was einst zu Ehren Wodans geschah, muss nun die Feier der Geburt Jesu erhöhen. H. P. Die evangelische Diaspora in der Dobrudscha. (Vortrag von Pfarrer Josef Scheiner, gehalten auf der Gustav Ad. Zweigversammlung in Neustadt bei Kronstadt.)! (Schluss.) Wir müssen aber auch unter diesen erst einen grundsätzlichen Unterschied machen. Die betrübendste Art der Diasporagemeinden sind die, welche wohl zu stark zum Sterben, aber docli zu schwach zum Leben sind, in deren inneren und äusseren Verhältnissen die Bedin­gungen zum Wachstum und iur Erstarkung nicht gegeben sind, die dazu berufen erscheinen, für alle Zukunft Sorgenkind der stärkeren Gemeinden und des Gustav-Adolf-Vereins zu bleiben. Gewiss ist es Ehrenpflicht der starken Ge­meinden und des Gustav-Adolf-Veréins, diese nicht zu vergessen und sie um des Glaubens und seiner' Bewährung vor der Welt willen nicht im Stiche zu lassen. Nur da müsste aus praktischen Gründen

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