Bukarester Gemeindeblatt, 1924 (Jahrgang 16, nr. 1-52)

1924-04-27 / nr. 17

t Dahrgang XVI Sonntag, den 27. fipril 1924 Do. 17 Buharester Gemeindeblatt Schriflleilung: R. Honigberger Geschäftsstelle: Gemeindekanzlei, Str. Lutherana IO Konfirmationsansprache am Palm­sonntage 1924 über Matth. 10, 32. Wer nun mich bekennet vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater. Seil jeher gilt der Konfirmationstag als einer der bedeutsamsten und schönsten Feiertage un­serer Kirche. Neue Scharen jungerMenschenkinder treten ein in die Reihe der erwachsenen Glau­bensgenossen, die berufen sein sollen, an dem Wohl der Gemeinde über kurz oder lang mit allen Kialten mitzuarbeiten, mitzubauen an der Zukunft unseres kirchlichen Lebens. Ist’s da zu verwundern, dass heute unsere Kirche die Menge der Festgenossen nicht zu fásáén vermág? Wahr­lich ! Wenn ein Fest den Anspruch erheben darf, von der Te Inahme der ganzen Gemeinde getragen zu werden, so gewiss dieses. — Dennoch gehört dieser Tag nicht nur der Gemeinschaft, sondern fast mehr noch euch, ihr lieben Kinder, und eu­ren Eltern. Ist’s nie111 so, ihr lieben Éltein, dass wenn je sich euch das dankbare Bekenntnis auf die Lippen drängte: »Bis hierher hat uns der Herr geholfen,» so gewiss heute, und wenn je ihr laut aufjubeln wolltet : »Dies ist der Tag, den der Herr macht,» so gewiss in dieser Stunde! Mit dankbarer Rührung gedenkt ihr heute des Tages, da euch diese lieben Kinder geschenkt wurden. Wie viel habt ihr mit ihnen erlebt! Kinder sind ein Stück unserer Lebensgeschichte, Fleisch von unserm Fleisch, aber auch Geist von unserm Geist. Unser eigenes Wesen erwacht in ihnen zu neuem Dasein, unser eigenes Wesen mit seinen Licht- und Schattenseiten. Wie gerne woll­tet ihr es in ihnen zu schönster Entfaltung ge­bracht sehen! Wie viel Sorgen nicht nur um das äussere, sondern mehr noch um das innere Wohl der Kinder haben euch bewegt! Und schwer fällt euch heute auf die Seele, dass ihr vielleicht nicht immer das Rechte getroffen und vielleicht gar manchmal an ihnen gefehlt. Aber um so inni­ger betet ihr heute : Segne du sie, lieber himm­lischer Vater, und leite sie recht. Und wenn ihr gar daran denkt, wie viele Kinder es gibt, die ihren Konfirmationstag nicht erlebten, so wird euer Gehet zu lautem Lobpreis : Wir danken Dir, Herr, für alles, was Du an ihnen getan. Hilf ihnen weiter, wie du bisher geholfen. Und ein schöner, herrlicher Tag ist das Fest der Einsegnung vor allem auch für euch, ihr lie­ben Konfirmanden und Konfirmandinnen. Erfüllt es euch nicht mit stolzer Freude, wenn heute nicht nur eliere Eltern, sondern auch die Gemeinde und ihre Vorsteher ihre Blicke voll Vertrauen und Teilnahme auf euch richten: »Siehe da, ein Stück unserer Zukunft !« Und ist’s euch nicht ein Bedürfnis, wenn ihr zurückdenkt an das, was un­sere Kirche an Grossem erlebt und geleistet, was euch diese Gemeinde mit ihrem Gotteshaus und ihren Schulen bis heute war, euch mit ganzem Herzen zu euerem Heiland und seiner Kirche und damit zugleich zu dieser Gemeinde zu bekennen ? Nicht willenlos wollt ihr über euch ergehen las­sen, was heute hier mit euch geschieht, sondern ihr wollt selbst aussprechen, was euch bewegt, wollt heute vor dieser Gemeinde und eueren Eltern aus eigenem Antrieb ein rechtes Bekennt­nis ablegen. Nur wenn ihr es mit innerer Freu­digkeit und aufrichtiger Ueb?rzeugung tut, seid ihr in Wahrheit evangelische Christen. Lasst mich darum heute noch einmal über die Bedeutung dieser Feier ^u euch sprechen, wie ich es schon in der Zeit des Unterrichtes des öf­­tern getan ; lasst mich noch einmal auf die zwei Fragen antworten: Was heisst konfirmieren? Was erwarten wir von unseren Konfirmanden ? 1) Ihr wisst, liehe Kinder, dass auch die ka­tholische Kirche eine ähnliche Einrichtung be­sitzt, wie unsere Konfirmation. Es ist die Firme­lung, die dort als Sakrament gilt. Alljährlich werden an einem bestimmten Tage die noch nicht gefirmelten Kinder vor den Bischof geführt, der ihnen segneud die Hände aufs Haupt legt und ihre Stirnen mit dem heiligen Oel bestreicht, um ihnen dadurch gewissermassen den unvergängli­chen Charakter"als katholische Christen z i ver­leihen. Diese Handlung wird schon au 7—12 jährigen Kindern vollzogen, also in einem Alter, wo man noch kaum eine klare Vorstellung von dem haben kann, was hier geschieht. — Wir Protestanten verlegen die Konfirmation mit be­wusster Absicht in eine spätere Zeit, denn wir glauben, dass die Einsegnung nicht eine äusser­­liche Handlung ist, die auch dem innerlich Un­beteiligten etwas zu geben vermöchte. Wir berei­ten unsere Kinder durch gründlichen Unterricht vor, der sie in die Lage versetzen soll, sich selbst ein Urteil zu bilden über unsern Glauben und sich so aus eigener Ueberzeugung für oder gegen ihn zu entscheiden. Und selbst das Bekenntnis, das sie dann bei der Konfirmation ablegen, neh­men wir nicht etwa als einen Schwur auf einen bestimmten Buchstaben, sondern als ein Sich-be­­kennen zu dem Geist des Evangeliums und un­serer Kirche, und wir Setzen dabei voraus, dass

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