Bukarester Gemeindeblatt, 1927 (Jahrgang 19, nr. 1-52)

1927-01-02 / nr. 1

2 BUKARESTEK üEMEINDEBLATT Nr 1 im geringsten unrecht ist, der ist auch im grossen unrecht.” — ' Wer aber im Geringsten treu ist, der ist auch im Grossen treu! Auch hier dart die Frage wieder­holt werden: Was ist denn eigentlich gross, was klein? Gelten im Leben der Menschheit wirklich nur die Heroen der Menschheit und sind die ge­wöhnlichen Arbeiter des Alttags nebensächlich? Kein Feldherr wird siegen, wenn nicht in jedem einzelnen Soldaten der Geist treuer Pflichterfül­lung, der Geist des Mutes, und der Selbsthingabe lebendig ist. Und kein Ingenieur wird eine Brücke bauen, ohne die Kleinarbeit all der vielen, die an dem Werke mitbeteiligt sind. Vor allem aber: Auch der Grösste wird nichts leisten, wenn er nicht treu und eifrig arbeitet. Nietzsche sagt einmal ir­­igendwo: „Der Himmel weiss es, dass ohne rechten ten FleiSs noch nie etwas orUentlicheş geschaf­fen wurde.” Und er hat “Recht. Wie oft sind die­jenigen, die der Zufall an führende Plätze gestellt, ja selbst hochbegabte Menschen einfach deshalb, weil ihnen dieser Geist der Treue gefehlt, geschei­tert. Wie viel Segen dagegen i,st oft ausgegangen von schlichten Frauen, die ihrer Kinder treulich warteten, von einfachen Handwerkern, Schreibern, Dienern, die ihren Platz treulich ausgefüllt. Nicht umsonst sagt Jesus: Wer da will gross sein, sei ein Diener aller. i j ' ; ■ ’ ! j1 Niemand suche deshalb nach grossen Aufga­ben, wenn sie sich nicht von selbst einstellen, kei­ner strebe danach, eine Rolle zu spielen: Erfüllt, was die täglichen Obliegenheiten mit sich brin­gen. Tue jeder was die Stunde, gerade die gegen­wärtige Stunde verlangt mit ganzer Seele, so wer­det ihr gross sein vor eurem Vater rnt Him'mel. Und niemand warte auf komtnende Gelegenheiten! Es gibt nur einen wichtigen Augenblick für jedes Men­schenleben: Das ist der Augenblick der eben gegen­wärtig ist. Wer in ihm seinen Mann steht, hat alles gewonnen. Als einst der grosse Musiker I. S. Bach gefragt wurde, was ihm die Fähigkeit gebe so wunderbar zu spielen, erwiderte er: das sei leicht, man müsse nur eben im richtigen Augen­blicke die rechte Taste treffen! Nützt den gegen­wärtigen Augenblick! Wäre er auch mit dem klein­sten Werktagsgeschäfte gefüllt, wer von ihm treu­lich' und pünktlich Gebrauch macht, dessen Le­ben wird sicherlich wertvoll und inhaltsreich wer­den. — . fr f: 1 ' ■ :' ! ! I Wer aber so im Kleinsten treu ist, wird es nun auch im Grossen sein. Schliesslich ist es doch so. dass unsere Arbeit wertlos wäre, wenn sie nicht höheren Zwecken diente. Aber Gottlob, jedes gute Werk, und wäre es noch so klein, wirkt fort in die Unendlichkeit, ist ein Baustein für das ,,Reich' Gottes auf Erden.” Unsere Arbeit ist wie ein­mal gesagt wurde — die gangbare Kleinmünze, die schliesslich diesen herrlichsten Schatz erkauft. Je­der wirke an seinem Platze mit voller Hingebung, so werden wir ganze Menschen werden und unser Lebenswerk wird gross und gesegnet sein. Und nicht nur das kommende, sondern jedes Jahr, das Gott uns noch gibt, wird ein glückliches Jahr sein. Ein Dichter unserer Tage (Klabund) sagt: „Das Kleine sei noch so klein: Es ist gross im Vergleich zu einem Kleinern. Das Grosse sei noch so gross Es ist klein im Vergleich zu einem Grossem. Der Stern verhält sich zum Menschen, wie der Mensch zum Sandkorn Aber über dem Stern: Ist noCh tausenderlei Höhe, Aber unterm Sandkorn Ist noch tausenderlei Tiefe. Du sollst Ehrfurcht haben: Vor dem Grössten Vor dem Kleinsten Vor dir.” Fr. Teutsch : Geschichte der Sieben­bürger Sachsen. Kurz vor Weihnachten ist der IV. Band von Bischof Friedrich Teutschs „Geschichte der Sieben­bürger Sachsen” im Verlage von W. Krafft in Her­­männstadt erschienen. Das grosse, von Bischof G. D. Teutsch, dem Vater unseres gegenwärtigen Bi­schofs, begonnene Werk ist damit abgeschlossen. Wie ein von Künstlerhand gestaltetes Denkmal er­hebt es sich vor uns, in all seiner Schlichtheit ge­waltig, bei all seinem wissenschaftlichen Reich­tum1 und seiner geschichtlichen Treue schön und packend wie nur je irgend eines der grossen Ge­schichtswerke, die in deutscher Sprache erschienen sind. Nun ist es jedem Volksgenossen ermög­licht, das Werden und Sein unseres Volkstums kennen zu lernen, sich darin zu vertiefen und daraus für seine eigene Arbeit die nötigen Fol­gerungen zu ziehen. Der Gelehrte, der Politiker, der Volksmann jeder Art, selbst der Künstler und Dichter wird imfner wieder gerne nach diesem Buche greifen, um den Zusammenhang mit dem Lében seines Volkes lebendig zu erhalten und kei­ner wird es vergeblich tun. Teutschs Sachsenge­­ötüiichte und insbesondere auch der IV. Band ist ei­ne^ jener Bücher, von denen auf Jahrzehnte hinaus stärkste Anregungen ausgehen werden. Es wäre vergebliches Mühen, den Versuch zu unternehtnen,den Inhalt oder auch nur den Ideengang dieses Buches wiederzugeben. Ein solches tX(erk muss man lesen, nein, man muss es1 besitzen, um es immer wieder lesen zu können, sei es zur Erbau­ung, sei es1, um es künstlerisch immer aufs neue geniessen zu können, sei es, um sich wissenschaft­liche Aufklärung über den Gesamtgang unserer Geschichte oder über Einzelfragea unseres völki­schen Kämpfens und Ringens und Strebens zu er­werben. Diese Sachsengeschichte ist jetzt nach ihrer endgültigen Fertigstellung für jeden Sachsen wohl

Next