Der Nachbar, 1912 (Jahrgang 64, nr. 1-52)

1912-12-08 / nr. 49

Psalm 50, 2. 3. Zum 2. Adventssonntage. Aus Zion bricht an der jene Glanz Gottes. Unser Gott fommt und schweiget nicht. Morgenglanz der Ewigkeit leuchtete herein ins­­ Krankenzimmer. Auf seinem Bettchen lag ein fünfjähriges Töchterlein, und an dem Bette fn der Bater. Da entspann sich ein Gespräch zwis­chen beiden, wie es der DBater nachher in schlichten Worten wiedergegeben hat. Kind: „DBater, weißt du’s ganz gewik, wenn ich heute sterbe, daß ich dann das Bara­­dies und den Himmel erbe?“ Bater: „Ja, mein Herzens­ töchterlein, Engel werden kommen und dich sanft aus aller Bein holen zu den Frommen.“ Es war der schöne Glanz Gottes, der diesem Kinde anbrach vom himmlischen Bion her.­­ Auf seinem Sterbebette lag Johann Arnd, einer der ernstesten Zeugen der evangelischen Kirche, der Berfaffer der vier Bücher vom „wahren Christentum“. Noch einmal erwachte er aus kurzem Schlummer und sagte: „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“ „Wann hast du sie denn ges­­ehen ?" fragte ihn seine Frau. , Jegt eben,“ antwortete er, „und es war so schön!“ Wie kommt es denn, daß es so schön aufleuchten darf über dem Sterbelager der Chhristen, mögen sie nun ges­teifte Männer in Chrifto sein oder zarte Kinder, von ihren Eltern zu Jesu geführt? Das macht, daß uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe, daß uns aufgegangen ist die Sonne der Gerechtigkeit, und Heil unter ihren Flügeln. Durch die Jahrhunderte hindurch standen immer wieder Propheten Gottes, zu Wächtern über sein Volk gefeßt, auf hoher Warte und schauten in die Ferne, und manche bange Frage drang zu ihnen herauf: Hüter, ist die Nacht Sonntag 8. Dez. “a fchter Hin? Endlich zeigte sich der helle Streifen am Horizonte, es kam das Morgenrot des Heils und die Sonne selbst. Unser Gott kommt,sagt der Psalmist.Ja,ich will kommen,so klingt es durch die Schriften der Propheten hindurch,und der Herr hat sich aufgemacht aus zu einem heil­ligen Tempel. Aber auch das andere Zeugnis wird immer wieder laut: Er kommt, der verheißene N­efsias. Und als er wirklich kam, da mündeten die beiden Linien der Weis­sagung ineinander, da durfte es der Sohn Gottes seinen Freunden und seinen Feinden jagen: Wer mich siehet, der siehet den Bater; ich und der Bater sind eins. Unser Gott kommt und schweiget nicht.Das ist ein sehr ernstes Wort.Unser Gott ist der Leben­dige,er kann und darf nicht schweigen.Wer sich das Geld oder die Gunst der Menschen­ oder die Lust der Welt zu seinem Gott er­­wählt,der hat wie die Heidenstumm­e Gött e.Aber unser Gott schweigt nicht,wenn es auch manchmal so aussieht, als ober gar zu lange schwiege zu dem bissen Tun und Treiben der Menschenkinder auf Erden.Davon kannst du,wenn du willst,einmal in unserm 50.Psalm nachlesen, Vers 16—21.Und der 2.Psalm schildert­ es so gewaltig, wieder,der im Himmel thront,noch einmal reden wird in seinem Zorn mit denen,die sich empören,gegen ihn und seinen Gesalbten.Es wird kommen ein Tag,da werden die Gottesverächter und Christusverächter Stroh sein,und der kü­nftige Tag wird sie anzünden.Hieran sollen wir am 2.Adventssonntage gedenken.Denn kaum hat die Kirche den Anfang ihres Jahres gefeiert mit der Adventsfreude. . « L Der Ali 64. Zahr:

Next