Kirchliche Blätter, 1931 (Jahrgang 23, nr. 1-53)

1931-06-11 / nr. 24

— 214 — möglich,daß sie sollten wissen­,was den nahe Reich oder Himmelreich,oder Christu­s Reich heiße. Ebenda. Denn dies Reich der Gnaden soll nicht allein währen und bleiben hie auf Erden, zu dieses Lebens­zeit, sondern aue ewiglich nach diesem Leben, dort im Himmel, und dazu auch in dieser Zeit also fest sein, daß es nimmer wanfe noch falle. Denn ob wir gleich ungewiß sind, und zuweilen strau­­cheln und fallen mögen durch Gnade und Irrtum: so fallet und wanfet doch die Gnade nicht. Ebenda, Den Beziehungen des Pelagianismus, der be­­fanntlic Die Willensfreiheit und das Vermögen des Menschen zum Guten von sie selbst aus bejaht und die Erbsünde verneint, hat Luther nicht nur aus der eigenen religiösen Erfahrung widerstanden, sondern sie auch aus seiner Stellung zu Christus abgelehnt. Ihm ist Christus der gratuitus largitor remissionis d. h. er allein kann uns dazu verhelfen, unserer Sünden los und ledig zu werden. Daß Gott ,unser gnädiger Vater sei, verdanken wir dem Glauben an Zesus. In Christus ist die Gnade Gottes eingegoffen, es ist, wie er einmal gesagt hat: „eine unaussprech­­liche Gnade, daß wir Christum erkennen und haben, den gerechten Heiland und König“. Christus allein kann uns helfen. Niemals das Gefet, niemals unser Wille. In Gnaden sind wir um Christi willen, in ihm ist alles Gefeß zugleich überwunden und erfüllt. Die Schrift aber und des Evangelii Lehre lehret uns also, daß man dies soll vor allen Dingen, und zum Ersten, als zum Grund segen und vorhin gewiß sein, daß Gott sei unser gnädiger Bater, welches geschieht, so wir glauben (an Christum) und­ aus dem Grund hernach alles bringen, was wir reden, tun und leben, daß ich könnte sagen: Ich weiß, daß ich einen gnädigen Gott habe, und mein Werk, nach dem Wort und in solchem­ Glauben getan, ihm wohlgefallen und gute Früchte sind, Predigt über Luc. 24, 36—47. Die göttliche Ber­eifung und Zusügung spricht: Willst du alle Gebote erfüllen, deine böse Begierde und Gründe los werden, siehe da, glaube an Christum, int welchem ich dir zusage alle Gnade, Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit, glaubst du, so hast dur, glaubst du nicht, so hast du nicht. Von der Freiheit eines Christenmenschen, (1520) zum Andern, zeiget ©. Peter hier weiter­ an, daß­ wir allein duch Christum, als den einzigen Mittler zwischen Gott und dem Menschen zu Gnaden kommen und Gott, dem Bater,­ versühnet werden..­­ Darumb müssen wir Christum mitbringen, mit ihm kommen, Gott mit ihm bezahlen, und durch ihn und in seinem Namen tun, was wir mit Gott handeln wollen. Zweite Auslegung des ersten Briefes St. Petri. Diese hohe Gnade geschieht uns um des lieben Sohnes willen, dem Gott so günstig ist. Wer sich nun an das Christentum hanget, dem wird geholfen.... Goll ein Mensch fromm sein, und etwas gutes tun, so muß es allein durch die Gnade Christi geschehen. Im Gefäß ist eine Gnade und Wahrheit, sondern lauter Lü­gen und Zorn. Sermon über den Spruch Joh. 1, 16. Wo nun Glaub und gut Gewissen ist, da ist gewißlich der heilige Geist, und stehet dennoch das Vertrauen nicht auf eigner Wiürdigkeit oder gutem Gewissen, sondern auf Christo. Daher schließen wir, daß wir in Gnaden sind umb Ehrifti willen, aus seiner Verheißung. Bedenken, gemeinschaftlich mit Melanchthon.und Bugenhagen. 1538. Das ists denn, das der Evangelist hiesaget: Das Geseh ist durch Mossen gegeben, Gnad und Wahrheit aber durch Ehriftum; als sollt er sagen: Das Gefeß ist zwar ein Gefeß des Lebens, Gerechtigkeit und alles Guts, jo durch Mofen gegeben ist, aber durch Christum ist etwas mehr ge­­schehen, der sümmet und füllet den ledigen Beutel und leere Hand, und bringet, was das Gesehe lehret und von uns erfordert. Er bringet Gnad und Wahrheit, und durch Chriftum ist uns gebracht, daß ich nu erfülle das Gefege und halte das erste und andere und dritte Gebot..., daß ich­ zu Gnaden kommen bin, das hab ich alles von Christo, durch feine Gnade und wahrhaftig durch feine Wahrheit. " Auslegung des Land 2-Kapitels Johannis(1537 und 1538). Wie schon oben erwähnt,ist die Gnade in Luthers­­ Theologie das flammende Schwert gegen die Lehre des P­apsttums. Wenn wir das Luthertum und das Bapsttum als System betrachten, so bildet bei Luther die Gnade das Fundament, während Nom seinen ganzen hierachischen Wunderbau auf dem Opus aufrichtet. Das hat Luther fein und doch gewaltiglich herausgefühlt und auszunüßen verstanden. Noch 1530 hat er bei der Erklärung des 14. Psalms auf der Feste Koburg besagtes Schwert prachtvoll ges­chwungen. Daß man ihn seit dem Thesenstreit im ganzen Be­­reich der katholischen Kirche als einen Keber verfehrie, das hat ihn nicht angefochten, im Gegenteil. Auch für ihn war der Hieb die beste Parade, für ihn ist der ein Abtrünniger des wahren Glaubens, der sich Gottes Gnade abverdienen und ablaufen will. Alle Register weiß er im Kampf für diese Gnade zu ziehen, Empörung, niederschmetternden Spott, fein­sinnige Auslegung des Wortes — meisterhaft wußte er diese Orgel zu spielen. Warum verfolgen denn sie allesammt diese Lehre an der Gnade Gottes, und heißens Keßerei.... Daß Gottes Gnade uns so viel gebe, mochten sie vielleicht wohl leiden; aber daß ihr Ding sollte so gar nichts sein, und allein die bloße, lautere Gnade vor Gott gelten, das muß Regerei sein. Denn sie wollen auch die Hand mit im Sach haben, und doch den freien Willen so viel tun, daß sie Gottes Gnade ihm abwenden und ablaufen mögen. Daß also nicht Gottes Gnade, sondern unser Berdienst zuvor die Gnade erlangen, und also wir die Gesellen sein, die den ersten Eefstein legen, darauf Gott dann ad) seine Gnade und Güte baue, damit er uns danken, loben und anbeten müsse und wir seine Götter werden. Der 117. Psalm. Die Welt will unserem Herr Gott mit NRedt den Himmel abgewinnen, ihn abverdienen und abkaufen, da er doch lässet ausschreien durch die ganze Welt, er wolle es uns umsonst geben.... aus Gnaden will ich Euch geben.... Es ist wohl eine Schand, daß man uns das soll vorwerfen, daß wir nit umsonst annehmen, sondern noch verdienen wollen, und noch Gott zu geben bedenken, dem der uns alles reichlich darreichen will. Solche Narren sind wir, daß wir geben wollen, da wir nehmen sollen. Der Bettler kommet hin zum gewaltigen Könige, und bettelt also, daß er nicht will das Almosen umsonst von ihm nehmen, sondern ihm irgend vier Heller oder Läufe dafür geben. Auslegung über etliche Kapitel des 5. Buches Mosis. 1529. „Aber Gott ist seine Zuversicht“. Ist die Urach, darüber sich alle Unlust und Uneinigkeit erhebt. Er predigt nicht anders, derselbe Gerechte, denn Gottes Gnade, das ist die Hadermeb. Darüber hebt sich der Kampf. Wir predigen die Lehre von der Rechtfertigung, das ist der Kern; da stoßen sie sich an, daß der Herr seine Zuversicht ist; daß man allein auf die Gnade poc­ht, darüber muß er­­verdammet werden. Darumb werden sie billig auch wiederumb verdammet, daß sie nichts Guts thun, und was sie tun, daß er nichts sei; die Gnade kann man nicht leiden. Das ist ja ein jämmerlicher Handel. Bee­ Erklärung zum 14. Psalm.(1530 auf der Koburg ausgelegt.) Für Luther ist Gottes Gnade eine Realität, greif­­bare Wirklichkeit. Er pfeift in wahren Hymnen diese Gnade und ist dabei doch immer bemüht, seinen Hörern und Lesern klarzumachen, wie man denn eigentlich in den Befit dieses Gottesgeschenkes gelangt. Wenn man­ so will, erteilt er darauf eine Doppelte Antwort; die eine schöpft er aus dem eigenen Er­­lebnis, aus seinen Anfechtungen und Bem­uhungen, _

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