Pester Journal - Abendblatt, Juni 1877 (Jahrgang 4, nr. 26-51)

1877-06-01 / nr. 26

Sa ee = » « -·-;-."-:"« Be . .,« Ein anderer Brief,der in den republikanischen Kreisen sachschriftlich cirkulirt,bietet den Republikanern einen Beistand v von unerwarteter Seite an;er ist vom­ General Gallifet,der in­­ Dijon kommandirt,an Duclerc,den Vizepräsidenten des Se­­­ 1rats,gerichtet.Gallifet spricht sich in diesem Schreiben mit­­ großer Energie gegen die«Staatsstreichgelüste gewisser Ehrgei­­z-»zigen«aus und erklärt,er werde die Verfassung bis aufs­­ äußerste vertheidigen. s».Eine ähnliche Erklärung gab bekanntlich nach dem 24. Mai 1873 der General Wimpffen ab; er wurde sofort außer Dienst gestellt und ist heute noch nicht wieder verwen­­det worden. Wie Wimpffen von Sedan her, so ist Galliffet vom letten Opernball her mit der Präsidentschaft verfeindet- Ci­műre interessant, wenn gerade Gallifet bestimmt wäre, den Bestrebungen Mac Mahons auf militärischem Gebiete Widerstand zu leisten und wenn so jeder dieser beiden rück­sichtslosesten Besieger des Bariser Aufstandes vom andern abgethan würde. On­ den Lafenen gähört es bedent­li­ch, Das gestehen selbst die konservativen Blätter ein, in: Meer vena­trengerer$fjolixiun­g der Truppen vom PBo b­e­rufen. Die Militärgeistlichen, die in Predigten gegen die Kammer spra­­chen, wurden tumultavarisch unter Doomen, Soldaten, EN BD f. kvzi terre mwiesen bonapartistische Zeitungen, Die man ıbren aaustheittesum.d.in welchen zum Staatsstreik aufge­fordert wird,mit Entrüstung gurind Das 114 Regiment ist wegen „­ hb­ledyter Haltung” von hier nach dem Departement Deur-Sèvres verreißt worden und muß zu Fuß nach seinen neuen Garniso­­nen marschiren, während die dortigen Truppenkörder per Bahn hierher befördert werden. Jedenfalls haben die legteren besser gebeichtet, als die ersteren. Das ist der Segen der drömmigfeit. Leider schlagen solche Exempel nicht doch ; in­­ der Kirche St. Paul haben Frevler, jedenfalls dem Laienstand angehörig, die kostbarsten Kirchengeräthe, ein sehr werthvolles Brevier 2c. gestohlen. a Abendblatt bes Peiter Jonrial. 1. uni 1877. 4 Engesnenigkeiten. dleifhhauer und forderten von der Gemeinde eine Herab­­feßung der Gebühr. Da dieses ihr Gesuch bisher nicht be­­willigt wurde, so erklärten sie heute, wie man uns mittheilt, fein , forcheres" Fleisch mehr ausschrotten zu lassen, wenn die Gemeinde nicht noch he­u­t­e diese Angelegenheit in Ordnung bringt- Bleibt die Kultusgemeinde bei ihrer Wei­­gerung, so wird schen morgen in den hiesigen Fleischbänken fein „forcheres" F­leisch zu bekommen sein, und alle Sünden, die die jüdische Bevölkerung in Folge des Genusses von „trefenem“ leifch begehen, fallen auf das „Haupt“ der Ge­meinde zurück. Ein Wunder. Aus Börösvár (in der Nähe Oiens) meldet man dem „PB. N." unterm 31. d. folgende Geschichte: Die leider bemeift, daß der Aberglauben bei dem Bolfe noch in üppigster Blüthe siebt. Die Fromme Einwoh­­nerschaft unseres Fledens — schreibt der Korrespondent — bemerkt seit einiger Zeit bei Morgenanbruch an dem Frenster eines Hauses das Bild der Mutter Gottes: "Dasselbe ist nur von unklaren Umrisfen, als ob es Mit Kreide gezeichnet wäre. Am Arme hält Maria den Reinen Jesus, dessen Haupt von einer Sternenfrone umgeben ist- Die Mähre von dem Mum, der verbreitete sich rasch in der Umgebung und alsbald strömten von Bilis-Esaba, Pilis,Szänts, Csobánta, Soly­­már, Szt.’van Schaaren von Wallfahrern herbei, um das Wunder zu sehen. Freilich kamen auch viele ungläubige Tho­­mase, die das Bild mit einen nasfen Tuch abwischen wollten, aber der Eigenthü­mer des betreffenden Hauses weigerte sich entschieden, dasselbe zuzulassen. So kommt es, daß sich auch feßt noch das Bild an dem mit Goldleisten eingerahmten Fenster befindet und von einer Menge von Ampeln und Kerzen beleuchtet wird. Die frommen „Schwaben“, die das Hauptkontingent der Wallfahrer bilden, ärgern sich aber nicht wenig über die falvinischen „Magyaren“, welche an das große Wunder troß alledem nicht glauben wollen. Heute, am Srohnleichnamstage, findet eine große Wallfahrtsprozession zu dem W­u­nderbilde statt. Kampf zwischen zwei Dörfern. Ein blutiger Zus­­ammenstoß fand zwischen den Einwohnern der Nachbarge­­meinden Szerb-Szent-Márton und Ivanka im Temeser Ko­­mitate statt Anlaß bot hiezu das Durcj­rechen eines Schub­­dammes am Anlab der gegenwärtigen Ueberschwenmungen. Die Aufregung und Erbitterung hat einen solchen Grad an­­genommen, daß wie „I. 2." schreiben, zur Herstellung der Ordnung zwei Klompagnien Militär aus Temesvár auf den Schaupla entsendet werden mußten. Bei den Schlägereien, die bisher schon Start hatten, wurden in einem Dorfe 20, und in dem anderen 18 V­erwundete auf dem Sampfplabe zurückgelassen. Abenteuer eines Schulm­eisters. Der Lehrer von $ 0­3 & r (Baranyaer Komitat), welcher dieser Tage, schreibt die „oünfl. Big.” eine Reise nach Szigetvár unter­nehmen wollte, beging die Unvorsichtigkeit, sein „großes” Geld zu Hause zu Taffen und von dem kleinen Gelde weniger zu sich zu stedden als er zur Deckung der Meiseforten nöthig hatte. Als er dort Abgang bemerkte, kehrte er nicht um, um den Fehler gut zu machen, sondern rechnete darauf, daß er, gestütt auf seinen „N Ruf,” so viel Kredit finden werde, um seine Reife auch ausführen zu können. Bis nach Uepegh, wohin er zu Fuß ging, bot sich ihm seine Gelegenheit, seine Kreditfähigkeit auf die Brobe zu stellen. In Vebögh aber, wo er eine Fahrkarte nach Szigetvár lösen wollte, legte ihm der Kassier zu seiner nicht geringen Nederraschung das Geständ­­nis ab, daß Eisenbahn-Fahrkarten auf Puff nicht aus­­gefolgt werden Diese Ankündigung raubte dem Manne sein Budapest, 1. Juni. Das Seniorat der evang. Kirchengemeinde des Reiter Komitates hielt gestern und vorgestern im Saale des evang. Schulgebäudes eine Generalversammlung ab. Nebst Beschlüssen über Kirchen­ und Schulangelegenheiten bildete den Hauptgegenstand die Neuwahl des Kircheninspektors und wurde mit Stimmenmehrheit der Reichstagsabgeordnete Mi­­chael v. 3 ö1b0vár für diese Stelle gewählt. Derselbe, durch eine Deputation abgeholt, wurde vom Senior Samuel Saarfäng mit einer warmen, von patriotischem Geiste durchmehren Begrüßungsrede installirt. Hierauf erfolgte die Beeidigung des neuen Ispektors , der die Verbreitung geistiger Bildung sich als Ziel seiner Befrie­­dungen feßte. Nach der Situng fand ein Banfet statt, an­­ welchem sämmtliche Diccefanmitglieder t­eilnahmen und wo­­bei er auch an Toasten seinen Mangel gab. Konflikt zwischen der ifr. Gemeinde und —­leifchanern. Den ifr. Gemeinden wurde seinerzeit von der Behörde gestattet, eigene „Schachter“ zu halten. Diese wieder hatte die Verfügung getroffen, daß jene Seifchhaner, die durch­ die „Schlachter” Vieh Schlachten zu Lasien berechtigt sind, an die Kultusgemeinde eine Tare von 55 fr. fü­r jedes einzelne Vieh zu zahlen haben Hiegegen opponirten aber die Selbstbewußtsein und brachte ihm so außer ‚aller Fassung daß er einer Herzstärkung bedurfte und sich zu­­ diesem­ Behufe ins dortige Gasthaus verfügte, um sich eine solche zu ver­­schaffen. Nach eingenommenem Mahle machte ihm die Frau MWirthin eine Rechnung, die um zwei Kreuzer seinen ganzen Baarvorrath überstieg. Er blieb ihm also nichts übrig, als abermals seine Sreditfähigkeit zu erproben, er machte aber auch hier dieselbe Erfahrung, wie bei der Fahrbillets­ Ausgabe und war froh, aus dem Bereiche der Wirthin mit heiler Haut zu entlammen. Nun nahm er seinen Weg über das Geleite und stolperte über ein zwischen den Schienen liegendes Eisen, das er aufhob, es von allen Seiten betrachtete und er als ein werthvolles ,gefundenes Gut­ mit sich nahm. Kaum war er aber einige Schritte weiter gegan­­gen, wurde er vom Bahnmächter angehalten und über das in seinem Besite sich befindliche Eisen zu Rede gestellt, worauf er erklärte, daß er dasselbe um­­ 30 Er. gekauft habe. Allein auch jebr sollte sein Vertrauen in seine „Kreditfähigkeit” einen Stoß erleiden, er wurde vor den Beamten geführt und war nahe daran, als Dieb behandelt zu werden, wenn nicht in legter Stunde die Rücsicht auf den edlen Beruf des Mannes, über die Pflicht, ihn zu bestrafen, den Sieg davon getragen hätte. Er kam mit einem „blau­en Arg“ davon und wird unwahrscheinlich seinen Schü­lern mit der Erzählung seines’ Aben­­teuer in Uepegh ein vergnügtes Stündchen bereitet haben. Das Hodjinnffer in der Provinz. Das Wasser der Maros ist in A­r­a 5, wie wir dortigen Blättern­­ ent­­nehmen, schon wieder im Falten begriffen. Mitt­­woc Abend hatte das MWaffer nur mehr eine Höhe von 3.25 Et. Aus Siebenbürgen wird eine konstante Abnahme gemeldet. — Aus E Sur­u­g, (Bäcs:Bodrogh), 28. Mai, berichtet man der „N. Tem. tg." Es dürfte Ihnen vielleicht schon der Dammdurchbruch bei uns bekannt seinnt. Es tu­t dies der Damm des Titler Dammbau:sonsortiums, Eigen­­thum der Anglo-Hungaria-Bank. In Folge des Durchbruches wurden 16.000 Koch imumdirt. Leider ist Dieter Nied, mit dem schönsten Saatenstand, der im unterer Gegend einst­rt, zu Grunde gerichtet, der entstandene Schaden it uns­chaltbar. Auch werden wider viele Familien brodelo3 und formen ihren Verpflichtungen weder bei dem Kaufmann, dem sie Fü­r das ganze Jahr schulden, noch betrefft ihrer Steuer Genüge Teisten. Der Durchbruch geschah Sonntag, den 27. d., bei Sonnenuntergang, und zwar­­ bei der 4. Rampe, wo der dort angestellte Wächter bis zur Brust im Wasser stand. Trot angeweldeter großer Kosten und Mühe konnte dem Durchbruch nicht­ Einhalt gethan werden. Zu den Eisenbahmmmfällen in Numänten, deren wir Schon nach einer ausführlichen Schilderung eines Augen­­zeugen gedachten, wird noch nachträglich dem ,B. N." von seinem Bukarester Korrespondenten mitgetheilt, daß bei den­­selben 1120 Menschen zum Opfer fielen! Das erste Unglück geschah bei Bako, der Bukarest = rumänischen Linie, wobei 26 Waggons mit rufsischem Militär entgleisten und 850 Per­­sonen verunglückten. Der zweite traurige Fall erreignete sich auf der Bukarest-Slatinaer Linie bei Vercserova, wo 270 Mann rufsischen Militärs zum Opfer fielen.­­ Peröft. Unter den in der Schweiz, namentlich in 3­ü­­­rich lebenden Ungarn gibt sich eine lebhafte Agitation in Betreff der Auffindung jener zwei Volen (Malinovoty und Wisniewskfy) fand, von welchen es in ungarischen Blättern, nach der Aussage eines Temesvárei­ngenieurs, hieß, daß dieselben, aus Sibirien geflüchtet, sich auch in Un­­­garn aufhielten, und hier erklärten, 9etöfi befände si in Benedikta. Noman von Karl Detlef. Erster Band, viertes Kapitel, (Fortlegung.) „Wenigstens sind Sie gegen Ihr eigenes Ge­schlecht nicht minder streng. . . Wüßten Sie nur, wie gütig und aufopfernd die Gräfin ist,“ sprach sie mit schöner Wärme weiter, „für jedes Leid hat sie Ver­­ständniß, nie entschlüpft ihr ein Liebloses bitteres Wort ; sie hat die reinste Freude an Natur und Kunst, die tugendhafteste Frau kann­ sein nachahmungsunwürdigeres Vorbild sein. Wie oft stehe ich beschämt vor ihr, wenn mich Feine Widerwärtigkeiten zur Ungeduld reizen und ich sehe, wie ruhig sie die schmerzlichsten Enttäuschun­­gen und Entbehrungen erträgt . . . Zaffen Sie ein wenig in Ihrer unerbittlichen Strenge wag," hat sie, „bedenken Sie, daß es keinen gibt, der nicht der Nach­­sicht bedarf, seine Seele, die nicht ihre Schatten birgt ! Ich möchte ihr alles geistig Bedeuten­de zu führen,weil ich weiß,daß es Niemand mnehr«zu würdigen werstet, wie sie..und ich würden sich so sehr freuen,je dort öfters zu sehen...doch das kommt nicht in Betracht,“ brach sie erreichend ab. »Fräulein Benedikta,«sagte er leise,dat1 mit Kle­­mens,der sich ebenkü­hnlich in eine Konversation m­it einem alten Engländer ein­greich istt hatte und in seltsa­­­­­­mer Aussprache das Erstaunlichste zu Tage förderte, ihn nicht hörte, „der legte Grund ist vor allem­ be­stimmende für mich. Ich will versuchen, Sie unserem gemeinsamen Vaterland wiederzuerobern, denn ich fürchte Sie laufen Gefahr, sich hier in Fesseln legen zu Lassen. Eine jede Pflanze gedeiht am besten in heimischem Boden. Sie dürfen hier nicht Wurzel schlagen, die Wur­­zen treiben nicht tief genug, um den Baum zu nähren, wenn er älter geworden. Ihr Plat ist nicht zwischen einer fromm ge­wordenen Weltdame und einem weltli­­chen katholischen Priester.“ „Die mich lieben und mir ihre Liebe täglich beweisen — ich stehe sehr allein, Herr von Marschall.* „Durch eigene Wahl,“ fiel er ein. ‚Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe seit dem Tode meiner Schwester Niemand, zu dem ich gehöre.“ „Haben Sie seinen Vormund ?“ „Men Schwager war es, doch mit ihm kann ich mich nicht verständigen ; er ist ein Mensch ohne jedes Bedürfnig des Herzens und hat absolut sein Interesse für mich. Wenn er die Nachricht eines gro­­ßen Unglücks, das mich betroffen, oder meines Todes empfinge, würde er den Brief, nachdem er ihn gelesen, gleichgültig fortlegen und weiterarbeiten, ohne mir einen Gedanken, ein flüchtiges Bedauern zu schenken. Selbst der Verlust seiner Frau hat diesen Storhismus, wie er seine Gleichgültigkeit nennt, nicht erschüttert ; es war, als sei sie nie durch sein Leben gegangen, er vermißte sie nicht, er Sprach nicht von ihr und er denkt­e ihrer au­ch nicht mehr. Die Vernichtung eines seiner unfruchtbaren Manuskripte würde berühren.“­­ Sie hatte zwar ruhig gesprochen, aber­ es zitterte ein tiefer Schmerz im Grunde ihrer Seele, den der Mann heranzfüglte und der seine Theilnahme für das junge Mädchen nur vermehrte. Sie hatte ein starres Herz, einen festen Willen und einen stolzen Sinn; er lag viel in ihr, das seiner innersten Natur entsprach) und der künstlerisch-poetische Nimbus, der sie umfloß, wirkte, ihm unbew­ußt, mit dem Meiz der Neuheit auf ihn. Die Fremde begünstigte ein rasches Belanntwer­­den, er war ihr seit dem Abend, bei der Gräfin einige Male begegnet und doch war lebhafte Vertheidigung Der Gräfin Hatte ihm nicht mißfallen, man stieß so selten auf enthusiastische Bewunderung dachte un­­willkürlich, wie wohlthuend es sein müßte, die Begei­­sterung dieser warmen Seele zu entflammten. Und er Hatte fest so viele müßige Stunden, um sie mit Dem jungen Mädchen in Gedanken zu beschäftigen! Boi nicht langer Zeit wieder in das Leben schien er ihm, Ihre als stände sich vorgenommen, er­am es ihm, als renne sie schon lange. Er gewährte ihm eigenes Vergnür sie im Verkehr mit Andern zu beobachten, er bildete sich dann ein, aus ihrem wechselnden Mienen­­spiel, aus dem sprechenden Blick ihrer Augen die Ber­­iehungen zu errathen, in denen sie zu den­­ einzelnen und er zurü­cgekührt, Anfang desselben , wie eine sanfte Morgenröthe dämmerten fremde süße Empfindungen in ihm auf . . . Heirathen ! (Er „hatte einem Jahre ei­gen. Bersonen stand, ihn er nächstens oder in empfindlicher nur

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