Neues Pester Journal, November 1877 (Jahrgang 6, nr. 303-332)
1877-11-01 / nr. 303
ngk Russische Umtriebe gegen ungarn Budapest,31.Oktober. Mann von der Szäkler Bewegung halten,was wann alle-aber wenn die Szåkler einen nicht offiziellen Krieg gegen Rußland improvisiren wollten,so beruhte das insofern auf einem richtigenstinkle,als auch von zuffiiger Seite ein (vorläufig wenigstens) nichtoffizieller Krieg gegen Ungarn vorbereitet wird. € 3 ist vielleicht ein „großes Wort”, das wir gelassen aussprechen. Wir haben aber eine Reihe von Daten und Daten, in der Kenntniß der Dinge ist, die da kommen sollen. Wir wollen es in ihrem und in unserem Interesse voraussehen. Jedenfalls ist es unsere Pflicht, Dieselben der Oeffentlichkeit zu übergeben. Wir bürgen für ihre amtloie Authentizität. Wir veröffentlichen sie ohne , weitläufigen Kommentar, ohne jede Phrase übrigens sehr berechtigter Entrüstung, mit jener objektiven Ruhe, die uns die Verachtung der Mühler und ihrer Werkzeuge und das Vertrauen auf die Kraft der Monarchie, daß auf Patriotismus der Bevölkerung einflößt.* Unsere Daten sollen für sich selber sprechen. Wenn man glaubt, Mußland auf die den wirkung Serbien, am Kriege verzichtet Hat, so ist man im Irrthum. Nußland erwartet den richtigen Moment vielmehr, es bereitet ihn vor. Nufland hält die ganze südflaviische Bewegung und mit dieser auch die Situation in v. Novitoff, dessen der russische Botschafter an unserem Hofe, glaubte hiegegen Einwendungen machen zu missen- In Folge entsendete Für. Sports hakfoff einen gewissen BPatapoff, um Sonin alsogleich abzudaufen. Cs ist, und noch nicht bekannt, ‚ob Herr Sonin dein. «Befehle bereits nach= russische Negierung Sovo Bilbijla zu einem Nachfolger designirt, ist. Um den Zusammenhang der Füdflanifherufliichen Agitationen zu tustieren, mag hier noch erwähnt werden, daß der „Gouverneur Zonin den „Wojmoden” Bid Milanovic“ als geheimen Agenten dieser Tage nach Belgrad geschickt hat, die Forderung, bis zum 14..November 15.000 Mann in Aleknacz zu konzentriren. Man ist hierüber einigermaßen in Verlegenheit, denn die gegen Ende des serbischen Krieges aus Frankreich getauften Zelte und Mäntel wurden an Rumänien verkauft, das hiefür eingetroffene Geld aber ist in Verstoß gerathen. An Velgrad wurde soeben eine neue Zeitung, "Nova Srbija" gegründet. Diese Zeitung ist ein Organ der russischen Regierung und wird durch dieselbe subventionirt und aufrechterhalten. Ihr Nedakteur und.angeblicher Eigenthümer ist ein Winteradvokat aus Nedja b, Herr Maula. Es gibt also nunmehr in Serbien außer der serbischsamtlichen auch noch eine ruffische offiziöse Zeile tung, und zwar in Händen eines ungarischen Serben. So viel zur Erhärtung dessen, daß ruffischerseits ein Losschlagen Serbiens vorbereitet wird, und daß die ganze südflavische Bewegung in den Händen Naßlands ist. Nunmehr will man sich aber gegen jede unliebsame Störung Seitens unserer Monarchie versichern. Insbesondere soll das feindselige Ungarn belästigt und eingeschlschetert werden. Allerdings ist man zu vorsichtig, um in diesem Spiele offiziellen Faktoren eine Rolle zugutheilen. Dieses Feld ist ausschließlich den offizinien und populären Führern und Wählern überlassen. Herr Ivan Akfakoff hat neitestens Ungarn gegenüber die Aufmerksamkeit, gehabt, Agenten nach Belgrad zu senden, die die Mission haben, im gegebenen Momente in Südungarn einen Aufstand der Serben anufachen. Zu diesem humanen Zweckk übersandte Herr A. Taztoff bereits 20.000 Gulden, wag Belgrad. Die Moskauer Nationalbank aber hat einen Kredit von 85.000 Rubel eröffnet. Als Bürgen für diese Summe sind eingetreten: Sir Tiheriassi, Nil Bopoff und ein sicherer Tutschin aus Petersburg. In dieser Angelegenheit hat Herr Affatoff ein Schreiben an den ehrwürdigen Metropoliten von Serbien, Michael, gerichtet, in welchem es unter Anderen heißt, er habe geschworen, „Ungarn zu verderben”, &3 wird wohl nicht so arg fommen. Aber immerhin ist es gut, daß wir es willen, Beweisen inneren und werben, in Händen, æ 3 die unseren Ausspruch rechtfertigen daß der berüchtigte russische Agent ist und nicht bekannt, ob die Leitung umnserer durch die bosnischen Sinfurgenten äußeren molitit Allerdings ist Serbien in seiner Hand. 65 ist bekannt, Herr Sonin zu überbringen, „Gouverneur von Bosnien” genommen durch die it. bereits im Besibe dieser ausgerufen ‚wurde. es, und aber befannt, den. Mitzum Herr oder Befehl baktr Serbie verwaltet inoffiziell: Dättienlin) gu te lag. Das ist eine te . Bille, ‚die dem ungarisjen f. [den zu versüßen. Und darum wußte das Reichstage gereicht werden soll, und wir begreifen, aß die Regierung bestrebt war, Dieselbe nad kröis ««, .zu.1.g»»x1fche famen Ministerko Ministerium in der gemein nferenz den Beschluß dorchzufegen, daß mit Deutschland neuerdings Verhandlungen wegen Abschlusses eine Meistbegünstigungs-Vertrages einzuleiten seien. Vor wenigen Tagen noch wurde das Projekt des autonomen Zolltarifs von der ungarischen Presse einstimmig besämpft und verurtheilt; heute findest ‚Ti. bereit Stimmen, welche mit demselben zur partieren nicht ganz abgeneigt sind. Wenn Deutschland — so meint man — durchaus seinen Vertrag mit Oesterreicher ungarn abschließen wolle. So bleibe ebeno nicht übrig, als die Tariffrage in autonomer Weise um dfen. Die Ansicht wäre richtig, wenn der Borserfach richtig wäre. Aber es ist falsch, daß»Deutschland’ überhaupt seinen Vertrag abschließen wollte; erst vielmehr bekannt, daß Deutscland in eine Verlängerung des 1862er Vertrages ohne Widerstreben eingegangen, ja daß es bereit gewesen ‚wäre, in ‚manchen nicht ‚unwesentlichen Positionen an Oesterreich = Ungarn Konzepsionen zu machen. In der Thatsache,aber, daß Deutschland die Vertragsverhandlungen abgebrochen hat, Liegt die beste Silbestration der nun urpröglich „auftretenden Behaupttung, daß der Tarifentrvwf, welcher von österreichisch-ungarischer Seite den Vertragsverhandlungen zu Grunde gelegt wurde, theilweise noch Liberaler war, als der 1868er Tarif. Jiadj dem heutigen Stande der Dinge erübrigte allerdings nichts, als im autonomen Wege borzugeshen, 65 fan dies in zweifacher Weise geschehen : durch autonome Verlängerung des 1868er Vertragstarifes, oder durch Feststellung eines neuen Tarifes. Die Regierungen haben den Tekteren Weg betreten, ‚weil nur dieser geeignet ist, den schubgönnerischen ‚ Velieitäten der österreichischen Parlamentskreise Bedeunung zu tragen. Von den gleichzeitigen Negierungsbeiprüssen auf Wiedereröffnung der Vertragsverhandlungen mit Deutschland erwarten wir nicht nur feinen Nite, sondern sogar eine schädliche Crimvirz fing auf die Gestaltung des autonomen Tarifentwurrfes. Würde ein autonomer Tarif ohne jedwede Natlicht auf einen in Aussicht genommenen Beitragsabschluß festgestellt, dann würden die Tarifpositionen in minimaler Höhe fizirt werden müssen ; es wäre unmöglich, das Parlament dich ein Blendwert zu täuschen. Wird aber ein autonomner Tarif ‚dem Parlamente unterbreitet und wird diesem gleicherzeitig Fund gegeben, daß der Abschluß eines Bertraz beiden Ministerien im Prinzipe geeinigt. Daß unganges auf Basis des autonomen Tarifes projektivt riische Ministerium Hat, wie gewöhnlich, nachgegeben wird, dann wird man das Parlament mit allen und somit stand der Einigung kein wesentliches Hin- Mitteln bearbeiten, auf daß es auch höheren Postderiß mehr im Wege. Die österreichische Regierung tinen im autonomen Tarif seine Zustimmung gebe hat sich gegen die Aufrechterhaltung des 1868er und zwar wird man ohne Zweifel dabei das Argur- Status quo in der Zollfrage aus Leibeskräften gestent gebrauchen : der Tarif müsse Höhere Bofiz sträubt, und so hat denn das Kabinet Tiba will ihnen schon aus dem Grunde enthalten, damit es fährig tie immer feine Zustimmung zur Ginbrins den fremden Mächten Lohnend erscheine, sic) durchgang des autonomen Zolltarife gegeben. Ja Laufe, Abschluß von Verträgen niedrigere Tariffage zur der nächsten Woche wird denn auch der autonome fidhern. Kommen dann Die Verträge abermals nicht und zwar soll jener Tarif mit dem Die Belhrüfe des Kronrathes. Budapest, 31. Oktober. Nafcer als man gehofft Hatte, haben sich die Antitarif den beiden Parlamenten vorgelegt werden, zu Stande, dann bleiben Charaktere des autonomen ausgestattet werden, welcher den jüngsten Verhandlungen eben die hohen Tarifjäge des autonomen Tarifes in Kraft. Diese Eventualität muß ins Auge gefaßt werden, denn ist einmal der autonome Tarif ins Schlages suchte, um den tödtlichen Dolchstoß richtig zu führen, da ertappten sich alte, blasirte, septische Kritiker Dabei, daß ihnen eine Thräne über die Wange rollte. Als die Nemerin von der Bühne verschwunden war, herrschte minutenlanges, lautes Gemurmel im Saale: „„Nacel!" ging es von Mund zu Munde; im Foyer bildeten sich während des Zwischenastes Gruppen, in denen ‚dasselbe Wort ausgesprochen wurde, 65 gab nur eine Stimme: „Daß ist ein königliches Talent! Wir Haben, eine neue Rachel gefunden." Die Blätter wiederholten am nächsten Morgen die vielsagende Vtrafe. Die Erbberechtigte war ‚endlich, erschienen, Publikum und Kritik legten einmüthig Diadem und Mantel der Nadel auf Haupt, und Schulter Der — Sarah Bernhardt Die Römerin in "Rome Vaincue" war. also das erste Debut dieser Schauspielerin ? Keineswegs, Paris, hatte, sie shon vordem seit zwei oder drei Jahren gerannt ; sie galt für eine bemerkensnwerthe Künstlerin ;. für, eine der bedeutenderen ,Sociétaires" des Theâtre Français. Man hat sie in der „Eirangoire" von, Dumas ‚gesehen nd ‚applaudirt. Allein welch ein Abstand awischen. der früheren Rollen und der „Bolhumia”, Der Matrone in. Barobi’s Tragödie! CS. war, als. hätte, sie. plöglich, Flügel entfaltet und einen Ausflug genommen, nachdem sie.frißiger blos würdevoll auf dem Boden gewandelt war. In der That, was war Sarah Bernhardt in der „Etrangere“, ‚ihrer besten Rolle, ehe sie die Boftyumig gestaltete ? Di munzberliches, launenhaftes, Herzloses Weib, das der Digler dämonisch gebucht hatte und daß die Schukpiesserin blos fremdartig und bizarr zu gestalten die Kraft besaß. Ihre äußere Erscheinung war frappant; Nie hus ein extravagantes leid, in welchem ein flanemendes Gelb „Feuerjo schrie und ein verrühtes Roth den Karneval von Venedig trällerte, im Nas benhaar Hatte sie einen Kamm vom ornithologischesten Effekte, den man sich denken kann ; ihr Kopf glich mit diesem Aufzug dem Schöpfchen gesämüchten Kopfe eines Pfau’s, I ersten Affe, in der Szene bei der Herzogin von Septmonts, überraschte sie durch einige Schöne, stolze, Herrliche Bewegungen und durch die feine Leichtigkeit, mit der sie Sarrasmen aussendete ; im zweiten Arfe, wo sie ver Herzogin ihre Suegendgeschichte erzählt. Hatte sie merkwürdige Schlangenmwindungen und Biegungen, von denen ‘Paris einige Tage lang sprach. ALs wenige Monate nach der ersten Aufführung der "Étrangère" der 1876er Salon eröffnet wurde, sah man in demselben ein Bild, welches den "prix de Salon" jenes Jahres erhielt; es stellte Nero dar, der an einem Sklaven ein ihm bereitetes Gift versucht ; der Sklave wand sich in schraubenartigen Berrenfungen auf dem Marmorestrich ; die Baziifer behaupteten, die Etrangere in der großen Erzählungse fzene habe dem Maler vorgeschwebt, als er den „gewundenen Sklaven” schuf. Die „Posthumia” war also für Baris eine Offenbarung, ‚ein plößlicher Sonnenaufgang. Sarah Bernhardt hatte bis zu diesem Abend ein Inkognito gewahrt, hinter dem nur Eingeweihte ein Großes errieten ; in „Rome amicue“ hatte sie das Inkognito fallen gelassen und sich in der ganzen Majestät ihrer souveränen Begatbung gezeigt. Bei ihren früheren Bühnenerfolgen hatten ein jugendliches Gesicht und eine raffinirte Toilette mitgewirkt ; diesmal hatte sie statt allen Toilettenglanzes eine schwarze, grabludhähnliche Tracht, sie verzichtete auf den Effekt ihrer Magen, indem sie dieselben schloß, sie entfleidete sich selbst ihrer Jugend, indem sie eine Trauensperiode aufregte und sich zur Greifin schminzte, das ‚größte Opfer, das eine junge Scauspielerin für ihre Kunst bringen kann; allein, verlassen von ihren bewährten Bundesgenossen, entblößt von ihren gewöhnlichen Hilfsmitteln, enthufiaämite sie mit dem bloßen Zauber ihres Talente die Zuschauer unvergleichlich tiefer, als sie es ‚bisher mit ihren Augen, Haaren, Edelsteinen und Noben vermocht hatte. Die Welt war nach dem Borthumia-Abend auf ihre nächste Schöpfung gespannt ; allein dieselbe ließ viele Monate lang auf sich warten. Sarah Bernhardt ist von delikater Gesundheit ; sie erkrankte und man fürchtete allgemein, daß ihre Karriere ein tragisch frühes Ende nehmen würde; drei Vierteljahre lang blieb sie von der Bühne ferne, endlich ersctien sie vor zwei Monaten als „Andromache“ wieder und ein Schrei der Bewunderung war auch diesmal das Eco ihres Spiels. In diesen Augenbllfe beherrscht sie m wieder als „Atrangie” das Theâtre Francais und in den nächsten Tagen, sol sie in Victor Hugo’s „Hernani“ eine neue Rolle schaffen, welcher das ganze literarische und artistische Paris mit der größeren Spannung entgegensieht. Sarah Berghardt ist heute kaum 7soder 77 Jahre alt,die Ta1kscheine von Künstlerinen gehören bekanntlich nicht zu den öffentlichen Dokumenten und es ist zschwetzet das Zuverlässiges ‚über diesen Punkt zu erfahren ; allein da sie erst seit fünf-oder sechs Jahren dem Theater angehört, so wird sie Schwerlich älter sein. Sie ist sehr Hoch gemachsen, das bei zart, schlanf und biegsam, wie eine Liane. Ihre Magerzeit ir in Paris Sprichmörtlich. Im 1876er Salon mar ihr Porträt zweimal ausgestellt ; auf einem der Bilder fitr sie Halle Hingegoffen in einem weißen Schlafrad auf einem .