Pester Journal - Abendblatt, Dezember 1877 (Jahrgang 4, nr. 183-206)

1877-12-01 / nr. 183

gonnen hat und das Bewegungen jeder Art in den Bergen nahezu unmöglig macht.“ Sau­rt jedoch,daß der zwischen Tetewen und Slatica gelegene Balkanübergang türkischerseits besetztinh Zwei Tage darauf,am 25.November,wurde dann Etropol genommen,wobei Theile der 7.Gardek-1s­vallerie,-Division auftraten.Ob es sich für die Russen darum handelt,nunmehr von Etropol und Pravec aus den Paß von Babas Konat in Besitz zu nehmen,ist noch nicht zu übersehen.Von Etropol aus liegt derselbe in Luftlinie nur 11 Kilometer entfernt,von Sophia aus dagegen 40. Sind auf der Straße Plewna-Sophia zur Deckung desCer­­nirungskorps nur eine Infanteriedivision,die Schützenbrigade und die eine Kavalleriedivision vorgeschoben,sorcheintes jedoch sehr fraglich,ob für diese verhältnismäßig geringe Truppenmacht diestellung zu haben ist,namentlich aber ob sie wird behauptet werden können.” Die "Zimes" von 28. v. M. bemerken über diese Operationen : „Wie viele Truppen Wiehemeo Alt in und bei Orhanie beisammen hat, ist nit bekannt, allein da dieselben zs mehreren kleineren Gefechten engagirt waren und zwar auf einer ziemlich langen Front, so läßt sich annehmen, daß etwa 10.000 Mann von der Armee, welche Osman Baia Hilfe bringen sol, dort versammelt waren. Ihre­ Stellung und ihr Rückzug ist aber ersttlig bedroht dar) Die Weg­­nehme E tr­o­p o 13 und var DVordringen des Generals Rauh b5 Lasten­i und Enger Weise mußte Miehemed Ali sofort nach dem Falle Etropols Orphanie räumen und den Babafonataß beißen, doch melden die beiden Straßen von Etropol und Dibanie nach Sophia führen. Gewinnt er diesen strategiscen Punkt nicht vor dem Feinde, so steht diesem die Straße nach Sophia offen und die Be­­jagung von Orhanie könnte nur unter den größten Schwie­­rigkeiten und den exiiierten Berlusten sich den Weg nach Sophia bahnen. Bemächtigen ich der General Ruud oder ver Prinz Alexander von Oldenburg des Baba­-Konat::Basles, so können die Kofaden bis in den Sehbereich der Minarete von Sophia streifen, das gegenwärtige Schmerlich eine starre Beratung hat. Die Testhaltung­­­ieser Stadt ist aber von der aller­­größten Wichtigkeit für die Türken. In ihr treffen die wichtigsten Straßenzüge zusammen, welche vom Norden und Westen nah nach Philippopel und Adrianopel führen. Könnten die Rufen Sophia nehmen und sich zugleich wen­ig über die Gebirge, welche die Stadt gegen Norden reden, sichern, so hätten sie eine höchst vortheilhafte Operationsbasis für einen Bormarsch duch das breite und fruchtbare Thal, welches nach Adrianopel führt. Allerdings ist es möglich, daßs Mehemed Ali eine viel zahlreichere Armee hat, als man allgemein annimmt, daß er zahlreiche Verstärkungen erhalten hat und binnen wenigen Tagen im Stande sein wird, das Terrain vor seiner Front zu säubern, die Gegner von den Blanten abzuschütteln und die ruflichen Bartruppen in Ber wirrung bis hinter die Verschanzungen von Telish und Dubnit zurückzutreiben. Allein alles das ist sehr un­wahr­­scheinlich, denn er fehlt ihm an Artillerie und Kavallerie, und noch unwahrscheinlicher ist es, dab Mehemed Ali, wie es heißt, feinen Daxich nach M Westen über Braca lenken und Mahaleta, 12 englische Meilen westlich von Plemino, der ein Umgehungsmanöver erreichen könnte.” Dem „Daily Telegraph” wird über die Lage bei den Baltan-Päsen von Do­cvhanie berichte, hab der Belik von Etropol den Ruffen keinen Weg eröffne, da der­ Mittel­­punkt des Engpasses, in dem es gelegen, sich noch in Händen der Türken befinde und es unmöglich sei, nach dorthin von Stropol vorzuladen, ohne die Stellung hinter Orhanie in­ . Aus Adrianopel. Budapest, 1. Dezember. Dan schreibt der „Pol. Corr." aus Adrianopel, 19. November : Gestern Nachmittag Jam nag Ad­rianopel ein etwa 80—90 Mann starrer Transport gefesselter B­u­l­garen, welche der Theilnahme an dem Aufstandsversuche, der in den letten Tagen in der Umgebung von Zirnoma: Semenly stattgefunden haben sol, beschuldigt werden. Da weder Seitens der Eskorte, noch im Monat des General: Gouverneurs etwas Näheres über diesen angebligen neuen Aufstand zu erfahren war, so reiste ich heute Früh dorthin, um mich über den Sachverhalt zu unterrichten. Zirnoma­it die 3. Station auf der Linie Adrianopel:Philippopel ; von hier zweigt sich die Eisenbahnlinie Tirnoma-Jamboli ab. Der Ort liegt an der Marita, über welche hier eine solid gebaute Eisenbahnbrücke führt. Hart am jenseitigen Ufer liegt das ziemlich ausgedehnte Städten Semenly. Diese beiden Schwesterstädte unterhalten seit Jahren einen lebhaften Handel mit Getreide und anderen Produkten und erfreuen sich seit der Eröffnung der Bahn eines ausgezeichneten Wohlstandes. Tirnowa-Semenly war bekanntl­ am 24. Juli der Schauplat eines feindlichen Ueberfalles. Gegen 400 Kosalen zerstörten daselbst die Bahn an vielen Stellen und vernichteten mehrere über das bei Semenly in die Marisa einmündende Flüßchen Kögük­ fűlie­rende Holzbrücken. Die bulgarischen Bewohner der Schwester­­städte betheiligten sich in seiner Weise an dem Zerstörungs­­werte der Russen und sind auch bisher friedlich geblieben. Worin Zirnomanohle in Semenk­y oder in der nächsten Umgebung war irgend­etwas von einer in den legten Tagen ausgebrochenen Revolte bekannt ; keiner­­lei Veränderung vermochte man wahrzunehmen und die Bei­­wohner gingen wie gewöhnlich ihren Geschäften nach. Wie nun die Ortsbewohner erzählen, wurden die er­wähnten bulgarischen Gefangenen in­ der Gegend bei Eslfi­ Sagın eingebracht, wo sie ih im Bal­kan aufgebeiten und nur ab und zu in die Niederungen gekommen sein sollen, um in türk­schen Ortschaften Lebens­­mittel zu plündern. Um einem Weberfall, wie dem vom 24. Juli vorzubeugen, wurde eine Kompagnie Muftehbafiz nach Zirnomwa gelegt, welche duch mehrere Bolten die Eisen­­bahnbrüche bemachen läßt und auch duch den Patrouillen­­dienst die verfiehenen bulgarischen , Ortschaften überwacht. Die Bewohner sind sehr froh, diese Begabung in ihrer Mitte zu haben, weil es schon wiederholt vorgekommen ist, daß Barhi-Bazuls und Ticherkeslen eine besondere Bors­liebe für fremdes Eigenthum befundeten, jenesmal aber von den türkischen Soldaten energisch zurückgeriesen wurden. Auf mehreren Punkten von Tirnova-Semenly und selbstverständlich auf den nächstgelegenen Hügeln wurden verschiedene Befesti­­gungen angelegt, welche soeben armirt und mit Bejagungen belegt werden. Für den Tal, als die Nuffen noch einmal in das Thal der Marika vordringen sollten, wirden diese Feld­befestigungen entsprechend vervollständigt werden. Die an der Eisenbahn durch das fette Unmetier verursachten Beschädi­­gungen, wodurch eine längere Verlehrestörung hervorgerufen wurde, sind bereits völlig wieder hergestellt­­welche Rußland stellt, entwecen die allgemeine Indignation der ungarischen Breffe. „HD 0 a" schreibt darüber: „Es seien jedenfalls fegrechte liche Forderungen. Alle sind gegen die Cristenz und die Lebensfähigkeit der Türkei gerichtet. Man will zwar den In­teressen Oesterreich: Ungarns schmeicheln, indem man erklärt, daß Ruhland seine handbreit Boden von der europäischen Zürkei erobern will. Aber das geht ja auf Eins hinaus, ob aus einem großen Theile der Türkei unter einem erblichen Fürsten oder unter mehreren Fürsten­ ein besonderer flavischer Staat oder mehrere Staaten gebildet werden. Diese neuen flavischen Staaten hielten sich nur so lange, bis Rußland die geschwächte Türkei von Neuem anfiele und sich mit den neuen Havifchen Staatenformationen verbinde — Zur Zahlung einer großen Kriegsentschädigung ist die arme Türkei unfähig. — Sagt man daher, daß Rußland Armenien so lange befegt halten werde, bis die Pforte die Kriegsentschädigung entrichtet, so heißt dies einfach so viel, daß Nuchland Armenien olkupirt.“ ‚Nemzeti Hirlap" schreibt:‘ „Durch die Erlangung der Herrschaft über die türkische Flotte wi­rd 6­chwarze M­e­er würde Rußland eine ansehnliche Seemacht werben, — mas es bisher nicht werben konnte — melde im mittel­ländischen Meere selbst mit England metteifern dannte, Defterres, Ungarn aber sofort und vollständig in den Hinter­grund drängen würde. Das zu einer Seemacht gewordene. Rußland würde, selbst wenn es Teinen fußbreit Erde in Europa ob­tivirt, Schußherr der flavischen Provinzen an der unteren Donau werden; oder der Bestand der auf die Hälfte reduzirten Türkei würde von dem Belieben Auslands abhän­­gen 5. — Defterreig: Ungarn aber wäre in der ganzen Länge seiner südlichen Grenzen von russischen Vasallenstaaten um­­geben." Engeswenigkeiten. Budapest, 1. Dezember. Der König trifft morgen (Sonntag) Früh 6 Uhr 20 Minuten von Gödöllő in Budapest ein und begibt sich Abend, wie „M. Hiv." mittheilt, mit dem gewöhnlichen Zuge der öfter. Staate-Eisenbahn nach Wi­en. Kronprinz Rus­dolf reist, derselben­­Auelle zufolge, schon heute Nachmittag nach Wien. Bischof Ch­ennu F. Mehrere ungarische Blätter ber­iichten über den am 29. v. Abends in Bel&nyes unerwartet eingetretenen Tod des Großmardeiner gr.:um. Bischofs Johann Olteanu. Obzwar der Bischof seit eini­­gen Wochen Träntlich war, so dachte doch Niemand an das so rasche Lebensende des kraftstragenden Mannes. Er dürfte sicherlich einem Schlaganfalle erlegen sein. Olteanu spielte, troßdem er noch verhältnismäßig jung genannt werden konnte (er war kaum 45 Jahre alt), fon seit einem Jahrzehnt eine hervorragende Rolle in der Geschichte unseres Vaterlandes. Zu Anfang des Konstitutionellen Lebens wurde er­­ zum gr. u­. Bischof von Zagos ernannt, zu­n welcher Zeit er auch als Reichstags- Abgeordneter hervorragend wirksam war. Bei den 1872er Reichstagsmahlen ist es hauptsächlich seinem patriotis­chen Einflusse zu danken, daß die Macht der extremen Na­­tionalitätsparteien in den südöstlichen Theilen unseres Landes paralysirt wurde. In dieser Periode wurde er Bischof von Großmwardein, als mwelcher er seine reichen Einkünfte zur Be­shätigung zahlreicher humanitärer Alte auf öffentlichem Ge Gin schrecklicher Menge. (Fortlegung.) Auch der Bankdirektor Chrysellius bestätigt Die Nachricht, übrigens, unter uns gesagt, der Cäsar,Witt« ftod konnte seinen gescheichteren Einfall haben, iefer Todesfall tommt dem alten Kommerzienrath, seinem Oheim ganz & propos. 8 stand quarante-sept mit ihm. Ich weiß es vom Bankdirektor. Nun ist er der Universalerbe Wittstocs.“ „Der Universalerbe ? Hat denn dieser Lumpaci- Ragabundus etwas Hinterlassen, außer einigen Schul­­den und abgetragenen Nöchen ?" „OD, lieber Freund, da sind Sie in einen gewal­­tigen Irrthum. Er war, allerdings unter eigenthü­m­­lichen Bedingungen, Miteigenthü­mer des Geschäfts und hat wenigstens hundertundfünfzigtausend Thaler dem Kommerzienrath Hinterlassen, ohne welche dieser Jet flöten gegangen wäre... . Der Bauf-Direktor mit dem ich heute Morgen bei Barthels einen Schoppen trauf, hat mir Alles erzählt. Es ist eine höchst mert­wiürdige Geschichte... . Aber, nun achen, Lieber Freund, ich muß nach Hause !" So schloß die Unterhaltung der beiden Casino­­mitglieder, die si am Abend des 14. Juli die Stadt­­neuigkeit von Lafar’s Verschwinden erzählten. 3a, er war eine Neuigkeit, die sich zwei Tage neben den großen geschichtlichen Ereignissen auf der Oberfläche behauptete, um dann allerdings in Vergessenheit zu verschwinden unter dem Eindruck der welterschüttern­den Begebenheiten, welche stündlich der Telegraph meldete. Merkwürdig und verworren war die Geschichte auch dem Kommerzienrath und seiner Frau... In wenigen Zeilen, die man auf Cäsarz Schreib­­tisch gefunden. Hatte dieser seinem Onkel Lebewohl­ejagt : gesag „Ich gehe aus einer Welt, die mir ans fängt ,umerträglich langweilig zu werden, in eine an­­dere, Hoffentlich bessere. Bis auf vereinftiges Wieder­­sehen ! » .Dein Neffe Cäsar Wittstock.«« Be wußte nicht,was er von der Sache halten sollte,er war wie betäubt und saß,den Brief nach allen Seiten ansehend und drehend,noch in seinem Komptoir fesselt als der Bankdirektor Chrysellius zu ihm hereintrat. Der Bankdirektor hatte einen ähnlichen Brief erhalten,wie der Kommerzienrath,aber etwas aus­­führlicher.Cäsar habe darin auf die Verlegenheit,in welcher sich sein Onkel befand,angespielt und gemeint, daß diese nun für immer gehoben sei. „sa, verhält sich denn dien Sache so, mein lieber Kommerzienrath ?" frug der Bankdirektor, fob Sich die goldene­ Brille zurecht und hielt dem Kommerzien­­rath seine silberne Dose ein. „Ach Gott, es ist wahr, Sie schnupfen ja nicht . . . Aber ein Teufelskerl ist Ihr Neffe,“ und er trippelte in dem Komptoir auf mir nieder, sich den Kopf mit beiden Händen reibend, „er war, ich kann es noch immer kaum glauben, Theilhaber an der Fire­ma Brunner und Kompagnie und ersäufte sich, wie ein Edensteher, der einen Gott und einen Rod hat ! Nein, nehmen Sie es mir nicht übel, Kommerzienrath, das ist ein schredilicher Mensch gewwesen.* „reilich war er ein schred­licher Mensch, ante wortete der­ Kommerzienrath, im Gedanken verloren, „ein schredlicher Mensch, Schrei, in Leben durch eine Rücksichtzlosigkeit und scredlt im Tode. 34 kann Ihnen jagen, Bankdirektor, die Sache hat etwas Unheimliches für mich." ; ; rGlaubt Ihnen schon, glaub ihnen schon, lies der Kommerzienrath ; aber ist es denn so, wie man sagt, der Oberfichhenrath, den ich vorhin traf, versi­­cherte es mir, und in dem Briefe Ihres Neffen finden si ja auch Andeutungen, daß Sie durch den Tod Wittstock ü­ber Hunderttausend Thaler erben ?" n 63 ist jo,“ nichte der Kommerzienrath ernst und durchaus nicht freudig und ging zu seinen Geld» ich rauf, öffnete ein geheimes gad und nahm ein Schriftstüc heraus. „Hier, seien Sie, es ist eine Der glaubigte Abschrift des Testamentes, meine Bruders Heinrich.” Bankdirektor Der Schrift. „Alles Hypothetarisch versichert,“ rief er Überrascht aus: „Haus, Fabrik, Grundflüde. .. . AD, nun dies durch­flog neugierig die greife ich, warum sie seine Hypothek aufnahmen und sie dadurch aus Ihrer Verlegenheit halfen ?“ Willen 2 -

Next