Oedenburger Zeitung, 1873. Dezember (Jahrgang 6, nr. 133-137)
1873-12-03 / nr. 133
xy venfungen da das einzelne Zimmer unterworfen , braucht wohl kaum erörtert zu werden. Nun ist «8 begreiflich, daß der, zur Winterzeit stets im Ofenlohe badende Hausmeister glatte Stellen (Eingänge, Stiegen, Wege im Haufen.) mit Sand ordentlich zu bestreuen verabsäumt, und daß gelesgentlich einer der vielen Frequentanten fi statt Belehrung einen Arm oder Beinbruch im GSculs baute hole. Man überblicht hier wieder ein weites Feld für ‚Schuldienerthätigkeit. Der eigentliche Meirungsfreis ded Schuldienerd ist aber damit, daß den didactiv nicht nur auf die Unterrichtsschen Anforderungen einerseits,den sanitären und pädagogischen Anforderungen (legtere im weiteren Sinne der Erziehung einer größeren Neinlichkeit und Ordnung) andererseits Nechiung zu tragen, möglich wird, noch immer nicht characterisirt. Das Departement,dessen Beziehung dem sogenannten „Schuldiener“ anheimfält ist ein weitaus größeres und dieses Individuum erhebt sich leicht zu einer sehr wichtigen Persönlichkeit für alles, was in der Schule ist und mit ihr in Zusammenhang steht, zu einer Art Factotum, so daß denn an Schuldiener hie und da förmlich zu sagenhaften Figuren epischer Schultraditionen ges worden sind. ® &5 kann darüber keine getheilten Meinungen geben, daß die erziehliche ne der Schule tunde, während welcher der Lehrer im Schlaffenzimmer amwesend ist, beschränkt sei, sondern daß sie sich auf die ganze Zeit des Schülers zu erstreden habe. Wenngleich nun ein guter Theil D dieser Zeit, wie er in der Natur der Sadhe liegt, von der häuslichen Greieung übernommen wird, so fällt doc jedenfalls die Zeit, welche der Schüler außerhalb der regelmäßigen Unterrichtsstunden im Schulhause zubringt, in diese Kategorie. Wie verbringt unser Schüler diese Zeit ? Der größere Theil derselben jagt in tollem Laufe in der Regel weit vor Beginn der Unterrichtszeit in die Klasse. Ein dagegen gerichtetes Verbot findet nur doch den Schuldiener gehörigen Nachpdrud. Daselbst werfen die Ungezogenen Bücher und Hut ab und beginnen nun entweder in der Klasse, oder auf dem Gange ihre Unarten. Dem Lehrer man nicht zugemuthet werden, dab er sich stets vor Beginn der Unterrichtszeit auf den Gängen herumtreibt. Beim Stundenwechsel findet die Wiederholung des vorigen statt mit der Erweiterung, dabeichießt der Schauplan auch wo auf die Aborte ausdehnt, über deren zweckentsprechende Bes nügung ohne Schuldiener kaum eine Kontrolle möglich Am ärgsten ist die Disciplin dadurch gefährdet, das Schüler, welche während der Unterrichtsstunden vom Lehrer oft aus den Klassenlocalen gelassen werden müssen, auf den Gängen ganz ohne jeder Beaufsichtigung ‚bleiben. « Alls das Gesagte tritt vorherrschend im zweiten Stockwerke des Realschulgebäudes auf.Zufolge der eigenthümlichen Vertheilung der Unterrichtslocale befinden sich nämlich hier zwei der stärksten Klassen ganz isolirt.Bedenktsomann um daß sich der größte Theil der in der Sturm-und Drangperiode der Flegeljahre befindlichen Schuljugend während obengenannter Zeiten ohne jegliche Aufsicht in den Gängen ganz urwüchsig gehen lassen kann, so finden wohl selbst die unglaublichesten Geschehnisse ihre ungezwungene, natürliche Erklärung. Unter solchen Verhältnissen ist ein Verwildern der Jugend unausbleiblich. Der einen Schuldiener ist mit einem allen genannten "Unzulässigkeiten der Boden entzogen. ..&8 wird wohl leider nie vermieden werden können, dab über Schüler Freiheitsstrafen verhängt, ja daß dieselben dur Entziehung des Mittagbroded verschärft werden. It mum der Lehrer noch so bereit, im Interesse der Jugenderziehung, der Besreiung eines auf falsche Wege gerathenen Schülers außergewöhnliche Opfer zu bringen, nie wird man erreichen künnen, daß jede Freiheitsstrafe in ihrer ganzen Länge unter persönlicher Anweseneit des Lehrers abgebüßt werde.Dies Beziehungen desselben zum Leben,seine häuslichen Verhältn niße,seine pädagogischen und persönlichen Arbeiten erlauben ihm nicht,sich jede beliebige vom Zufalle abhängige Zeit und Zeitdauer mit dem Schüler zu interhairen.Im besten Falle wird derselbe,eine bestimmte Zeit zum Opfer bringend,strafbare Schüler nur an gewisser Tagnwaer Zeit hat,bestrafen—jedenfalls ein Verstoß gegen das pädagogische Grundprincip der Unmittelbarkeit der Strafe.Seinen Mittagstisch wird aber wohl kein Lehrer opfern.Hat nun ein Schüler «eine Freiheitsstrafe über Mittag zu verbüßen,reicht dessen Lehrers freie Zeit nicht,um längere Freiheitsstrafen unter persönlicher Anwesenheit abzuthun, oder geht der Lehrer, wozu ihm der Spielraum immerhin frei bleibt, gar nicht im obigen Sinne vor, so bleibt der bestrafte Schüler unbeaufsichtigt. In diesem Saile ereignen ss erfahrungsmäßig Unzuläßigkeiten und die Strafe erreicht leicht das gerade Gegentheil des pädagogischen Bwedles. E 3 ist Aufgabe des Schuldieners, die Beaufsichtigung der eingesperrten Schüler unter der Oberaufsicht des Lehrers zu führen. Noch ist das Feld der Thätigkeit eines Schuldies wird nicht erschöpft. Er hat die dienstlichen Ausgänge für die Schule zu besorgen, die einen nicht unwesentlichen Bruchtheil seiner Zeit beanspruchen. Mancherlei Beziehung der Schule fordern die Möglichkeit sofortiger Communication mit den Eltern, beziehungsweise den Stellvertretern b derselben, mit den Lehrern der Anstalt, mit Behörden an, wozu ein Schuldiener unentbehrlich ist. Mit einem Worte ist auch des verderblichen Einflußes des Rt. Das einzige möglicherweise auftauchende Argustument gegen die Beistellung eines Sculdieners : „&8 war au bisher feiner da“ fann wohl seiner weiteren Berücksichtigung gewürdigt werden. Schon die 5. Bitte um einen Schuldiener. Neuerliche Erhöhung der Subvention. Generalversammlung. Am 27. November d. 3. hielt die Oedenburger Dampf-Weizen-Stärfe-Fabrik- Aktien-Gesselcshaft im Saale der Riesigen Handeld- und Gewerbesfammer ihre Generalversammelung ab, in welcher über den Geschäftegang vom 1. Be 1872 bi Ende September 1873 berichtet wurde. Dem uns vorliegenden Geschäftsbericht entnehmen wir recht erfreuliche, die Prosperität dieser industriellen Etablissements befindende Daten. &3 wurden während dieser Periode 14712 °/,, Mepen Weizen im Gesammttkostenbetrag von 95.831 fl. 17 fr. gegen 10501, Mepen des Vorjahres verarbeitet. Der Abtag des fertigen Erzeugnisses belief ich auf 7040", Zentner im fakturirten Werthe von 144.921 fl. 85 fl., gegen 5067 Zentner im Werthe von 102.932 fl. 58 fl. des Vorjahres. Das Reinerträgniß beziffert sich, nach Abschlag der statutenmäßigen Abschreibungen, — auf 10.718 fl. 46, oder 11",°, ded Aktienkapitald von 96.000 fl. Von diesem Neingewinne verbleiben nach Abzug der Reservefondquote und der statutenmäßigen Tantieme 9123.63 fl. zur Vertheilung an die Aktionäre was 9%/,"/, des Aktienkapitales ergibt. Das Unternehmen wäre Jonady in der Lage 15 fl. per Aktie auszuzahlen, doch wurde von Ausshuk in Berücksichtigung helfen, daß nach einem guten Jahre leicht ein schlechtes Folgen könne — proponirt nur 10 fl. per Aktie auszuzahlen und den westlichen Betrag, — abzüglich einer Streichung von 785 fl. 43 fl. vom Grünedungs-Lonto und 210 fl. — an Weltausstellungsauslagen, — dem Spezialreservefond zuzuführen, was von der Generalversammmlung auch angenommen wurde. Der &oupon wird somit vom 1. Jänner 1874 an in dem Stärtefabrikgebäude vor dem Neustiftethbore mit 10 fl. — eimgelöst. Wir entnehmen diesem Berichte au noch weitere recht interessante Daten, die sich auf das geschäftliche im Allgemeinen beziehen. Das Fabrikunternehmen hat in hochfeinster Stärke und Kleber in diesem Geschäftsjahre nicht allein nur einen Vorrath, sondern immer für beinahe einen Monat Bestellungen im Vorhinein gehabt und trug dem in Folge der ausgebrochenen Krise alle Geschäfte stodten. Die Bleichen und Appreturen ihren Betrieb stark reduzirten und das Unternehmen eine nicht zu unterschägende Konkurrenz zu bestehen hat, gelang es dennoc, neue Abjaßquellen aufzufinden und tropdem als ferner, auch der Klebergehalt des Weizens in der Epoche 187273 bedeutend geringer war, als in der vorhergegangenen Epoche 187172 dennoch das oben ausgewiesene zufriesdenstellende Betriebsergebniß zu erzielen. E s kann somit diesem Unternehmen mit ivollster Beruhigung der Zukunft entgegensehen. Local:Nachrichten. Zur 2dejjährigen Negierungsfeier Sr Majestät des Königs. Bei dem gestern um 10 Uhr vormittags stattgefundenen Hochamte in der Pfarrkirche zur 7ösjährigen Negierungsfeier Sr. Majestät des Königs, welches von Sr. Hohwürden dem Hrn. Stadtpfarrer gehalten wurde, wohnten die Finanz- und Komitatsbehörde, der Bürgermeister mit einer zahlreichen Repräsentanz, der Magistrat, das Offizier d« Korps der gemeinsamen Armee, und Honvéd-Brigade sowie auch ein sehr zahlreiches Publicum bei. Alle amtlichen Gebäude und das Nathhaus waren mit Fahnen festlich geschmückt. Die hiesige authbonome israelitische orthodoxe Gemeinde hat auch das im ganzen Lande freudig begangene Nationalfest das fünfundzwanzigjährige Negierungsjubiläum umnseres geliebten und gnädigen Königs in feierlichster Weise dadurch begangen, dabei um 7 Uhr Morgens alle hier weilenden Gemeindemitglieder im Bethhause versammelten, wojelst von Sr. Ehrwürden Herrn Rabinatsverweser M. Grünwald mehrere Palmen vorgetragen und dann in einer feierlich ergreifenden Nede die Wichtigkeit des Tages, und die das Wolfswohl und Kultur fördernde glorreiche Regierung Sr. Majestät besprochen, so dab alle Anwesenden in tief gerührter Stimmung sich ges drängt fühlten, für das Wohl Sr. Majestät unseres hocherhabenen Königs in dessen hoher Familie, zu flehen. Ferner wurde zur Verherrlichung des Tages von selber Gemeinderepräsentanz eine Holzvertheilung an den armen Gemeindemitgliedern beschlossen. S . * Wie seinerzeit die Säbelaffaire in der Pilz’schen Bierhalle mit vollem Rechte Aufregung in den Kreisen des Giild hervorrief, so dürfte von seiner minderen Folgerung der Sonntag den 30. November Abends von zwei Offizieren des 1. Wlarinen-Regimentes Graf Grünne in dem geschlossenen Speisezimmer des Gafinod here vorgerufenen Skandal mit leiders sehr traurigem Ausgange begleitet sein. Als die dortselbst fi produzierende Zigeuniermufift „die Wacht am Rhein“ pielte, beliebte er dem Oberlieutenant und Regiment Badjurant Schmolte wie Lieutenant Mattel des genannten Regimentes zu zijchen. Nach Vertrag einer Walzerparthie wiederholte die Mufik über Anforderung des Bahn- Ingenieurs Derflinger dies Lied, und sang selber vielleicht lauter als viele Andere der Anwesenden den Terz hinzu. Dbl. Schmolla ging in Begleitung des Lieutesnantd zu dem Zijche, an welchem sich der Ingenieur befand und wollte ihm nachdem er ihm früher Still- Schweigen geboth, beim Node fahend aus dem Lokale hinaußziehen. Nachdem aber der Ingenieur durchaus nicht Die Luft im fi verspürte von dem Oberlieutenant quasi hinausgeworfen zu werden, so suchte er durch Hinwegdrängen sich von den ihm gepackt halenden Händen des Oberlieutenants zu befreien, was ihm auch erlang, worauf er sich ruhig niederlegte. Im diesem Omente reihte Lieutenant Mattel dem waffenlosen Oberlieutenant den Säbel zum ziehen. Schmolla rief ihm rasch heraus und verlegte dem Ingenieur einen Hieb über das Gesicht, sodach nachdem Parere der herbeigerufenen Yerzte der gegen das linke Aluge gelegene Theil des Nasenbeines durchgehbauen wurde Welche Aufregung der diese brutale Thalherr vorgerufen wurde ist leicht erlärlich, minder erklärlich, hödestens durch die hervorgerufene allseitige he daß Diese beiden Offiziere so ruhig das Lokal nach vollzogenem Heldenftüde verlassen konnten.Betrachtet man den Ort,wobes es sich zutun, die Gesellschaft,in welcher sich derartiges ereignete, So kann man nur mit Entrüstung darüber denken.Sosehr es einerseits nicht zu billigen ist,daß irgendjemand in dem geschlossenen Casinos Speisezimmer in Anwesenheit anderer Mitglieder als jener seiner eigenen Tischgenossen laut singt,so ist das Vorgehen der Offiziere ein empörendes zixnenne.Auf neutralem Boden sich bewegend,sieht man von dem vorhergegangenem Zischen noch ab,hätte der Oberlieutenant,von dem man im Allgemein als Offizier Bildung beanspruchen sollte, wenn er ich schon über das Singen eines vielleicht in heiterer Zaune befindlichen Anwesenden nicht hinnwegfegen konnte, dem Wirthe bedeuten künnen, den Betreffenden aufzufordern entweder zu schweigen oder das Lokal zu verlaffen, aber nimmer steht ihne das Necht: zu persönlich, — der doch dur das Singen dieses Liedes durchaus nicht in seiner Ehre angegriffen erscheint, — und handgreiflich jemanden aufzufordern, das Zimmer zu verlassen. Aber ein Vorgehen, für was man seine rechte Bezeichnung findet, ist es, wenn der Eine sich einer Handgreiflichkeit erwährt, daß ein Offizier dem Anderen den Säbel reicht und dieser auf den Mehrlosen haut. Natürlicherweise wird da viel bei der eingeleitet werdenden gerioptisihen Prozedur von Standerehre gesprochen werden, von einer Bemüßigung des Dareinbauend, weil der Zivilist sich nicht das Paden seines Körpers gefallen läßt, das sind leere Phrasen, — der Offizier hat in dem Momente seine Standeslehre verlegt, in welchem er ob einer ihm durchaus nicht persönlich angreifenden Sache wegen einem Gaste die Alternative stelz zu schweigen oder von ihm hinausgescworfen zu werden. Das allein Ki von Roheit, geschweige das Weitere. Es ist wahrlich seine Kunst den Säbel zu ziehen und auf einem Wehrlosen einzuhauen, namentlich dann nicht, wenn man einen Ast der Brutalität mit dem sicheren Vorgefühle begehen kann, dab ja höchstens eine Zurandfehrung begleitet von einer obrigkeitlichen Nase das Ende einer unüberlegten gewaltsamen Handlung ist. Aber eines wäre den Besuchern des Casinos aus dem Givilstande zu rathen und das ist, von nun an mit einer scharf geladenen Sadpistole das Lokale zu betreten. «Sistirung der Viehmärkte.Laut telegrafischer Weisung von Seite des Ministeriums werden wegen der Viehseuche in Croatien und der in der Umgebung Oedenburgs vorgekommenen Fälle die Viehmärkte hierorts eingestellt.Welchen Schaden dies dem hiesigen Platze bereitet ist erklärlich,aber weniger dies, daß die Regierung nicht Sorge tragt für Bewachung der Viehtriebe auf den Straßen.Da geschieht nichts wo leichter eine Einschleppung eintreten kann,als durch die der Bahn transportirten Thiere,wo erstens die Bahnverwaltung selbst ein strenges Reglement darüber besitzt und einhalten muß und zweitens die betreffenden Commissionen an den Ausladestationen zu fungiren haben Wir sind gewohnt das unpracktische Vorgehen der jeweilig betreffenden Organe und hierin ist wieder ein eclatantes Beispiel zu sehen.«Theater-Nachrichten.Heute findet zum Vortheile der Armen die Aufführung des in Wien mit so vielem Erfolge gegebenen Lustspieles:»Die Seelige an den Verstorbenen«statt.Es ist ein guter Besuch umso mehr zu erwarten,als dieses Lustspiel durch seinen geistreichen,witzigen Dialogue,zu einem der Besten gehört. Samstag den 6. findet zum Benefice des beliebten Komiterd AM über die Repriese von dreien der besten einartigen Possen statt, in welchen der Beneficiant der Träger derselben ist u. zw.: „Die 73 Er. den Herrn von Dtngelberger“ — „Zum ersten Male im Theater“ und „Ein gemüthlicher Teufel“. Der allgesmeinen Beliebtheit des Komikers Hrn. Müller nach, welche er sich in kurzer Zeit errungen hat, ist ein zahlreicher Besuch der Beneficevorstellung zu gewärtigen und wir erlauben und die Bemerkung zu machen, dab t .rst. · k Wie wir aus sicherer Quelle entnehmen,soll diese»Säbel-»Hmgeschichte«nachdem der Beschädigte ein Untertham des deutschen Reices ist,der kaiserlichen deutschen Gesandtschaft am Wiener Hofe zur weiteren Verfügung zur Anzeige gebracht werden, | «