Oedenburger Zeitung, 1880. August (Jahrgang 13, nr. 92-104)

1880-08-01 / nr. 92

Das neue Ererzier:Reglement für die Fußtruppen soll vollends ausgearbeitet sein und bereits der königl. Sanktion gewärtigen. Dasselbe sol noch im Laufe des Monats September I. %. an die Truppen zur Ausgabe gelangen. Als eine vortreffliche Deapregel betratet man in kompetenten Kreisen die Abschaffung des ermüdenden und doch für die Dauer nicht an­wend­­baren Schneilsgrittes. Wie bie zum Jahre 1866 wer­­den in dem neuen Reglement nur der „Schritt“ und „Raufjepritt“ genannt, ersterer, jedoch um drei Schritt in der Minute langsamer, als bis jer der Fall war. Die größte Aufm­erksamkeit wendet das Reglement dem Schiegen zu. Die Distanzen werden eingetheilt in Fleine (18 600), in mittlere (bi 1000) und in größere (über 1000 Spritte). Dem Schägen der Distanzen sol eine ungleich größere Aufmerksamkeit zugeendet werden, als es bis jegt stattfand. Die Zugsfalve ist beibehalten worden, als Norm für geringere Entfernung gilt das Einzelnfeuer. * Der Herr Bürgermeister bringt zur allgemeinen Kenntniß, daß der wegen der Viehlaus» Gefahr vom hohen F. ung. Ministerium für Landwirth­­schaft, Industrie und Handel zur Durchforschung der Weingärten der Comitate Oedenburg und Wieselburg ermittigte Commissär, Herr Realschul-Professor Dr. Ludivig Fialowsky einen ungarischen und teutschen öff­­entlichen Vortrag über die Reblaus (Phyllovera vastat­­ine) Sonntag den 1. August I. %., in der Turnhalle abhalten wird. Der Beginn des ungarischen Vortrages ist um 10 Uhr, die des deutschen um 11 Uhr Vormit­­tag. Nachmittag von 2—5 Uhr microscopische Demon­­stration. ”" Das löbliche Stadthhauptmann- Amt, bringt nachstehende Kundmachung: Womit all diejenigen, die in den Jahren 1845 bis 1859 geboren und seiner Zeit entweder im Wege der Reklamation oder Untaugh­­eit von der Militärpflicht befreit worden sind, und all diejenigen, die zufolge Aufhörens des Befreiungs­­titels in die Erfagreserve überlegt worden sind, diemit aufgefordert werden, im Sinne des Delegartifeld XX­VII, vom Jahre 1880 ihre Militärbefreiungs-Tageinbefennt­­nisse bis 4. August IL. %., unausbleiblich im Stadthaupt­­mannamte vorzulegen, widrigens gegen dieselben die ge­­feglichen Strafen in Anwendung gebracht werden. Die Einbefenntnigdrucforten liegen im Steuerad­­repartirungs-Amte auf. * Der Oedenburger Komitat landwirthschaftliche Verein hat die Heraus­­gabe eines hier monatlich einmal ersceinenden fachwissenschaftlichen Journals, unter dem Titel: „Landwirthschaftlicher Anzeiger“ be­schlossen und bereits die erste Nummer ausgegeben. Diese, einem­ wirklichen Bedürfnisse aller unserer Oecfo­­nomen Nehnung tragende Monatsschrift umfaßt einen ganzen Druckbogen Text, ist ungarisch und deutlih ge­­schrieben, «8 ersceint nämlich jeder Auflag in beiden Sprachen, und beweist, wenigstend mal die us­por­­liegende erste Nummer betrifft , daß gründliche Scen­­ner unserer volfs- und landwirtschaftlichen Unteressen für­ die Mitarbeiterschaft gewonnen worden sind. Der Abonnementspreis beträgt für Nichtmitglieder jährlich Bloß 2 fl., für Gemeinden gar nur 1 fl. und die Mit­glieder des hiesigen landwirthaftlichen Vereines er­­halten e8 gratis. Wir entnehmen der ersten Ausgabe, daß am 3. August Nachmittag 2 Uhr der hiesige Komitats­­landwirthschaftliche Verein" eine außerordent­lie Generalv­­ersammlung im hiesigen Komitatssaale abhalten werde, wozu die p. t. Mitglie­­der höflichst eingeladen werden. Werner berichtet der „Landwirthshhaftliche Anzeiger“, dag der hiesige Real­­shhulprofessor Dr. Ludwig Kralomwsti zur gründ­­lichen Untersuchung der Oedenburger Weingärten ermitt­eirt worden sei. Er hat seine Thätigkeit in Gemeins­chaft der Mitglieder der städtischen Philioreia-Kommis­­sion am 24. d. M. begonnen und fand — obwohl äußere Erscheinungen vom Vorhandensein der Meblaus, Gottlob­­ auf seinem unserer Hotel wahrgenommen worden sind — da an vielen Stellen die Ausgrabung der Wurzeln und die eingehende Untersuchung derselden statt. Mit Beruhigung fonstativen wir, daß bis jegt nicht die geringste Spur dieses Uebels entdeckt wurde, desgleichen, daß die Weinflöde als Grundbedingung des nächstjäh­­rigen Ertrages, mit Ausnahme derjenigen Stellen, welche vor mehreren Tagen stattgefundene Hagel erreicht hat, gut ausgebildet und in gesundem Zustande sind. Meit Bedauern müssen wir jedoch bemerken, daß der Weinertrag kaum */,, Theil des vorjährigen — also eines schwa­­chen Mittelertrages — ausmachen wird. "*+Bom Freitagmarkte. Der Hornvieh­­markt war diesmal von auswärtigen Käufern stark be fuht. Der Auftrieb betrug 800 Stück, wobei si die Preise zwischen 48 und 54 fl. per Meter-Zentner be­­wegten. Verkauft wurde beinahe Alles. Die Zufuhren von Getreide waren ziemlich gut bestellt, dabei können wir fonstatiren, daß die Preise gegen der vorigen Woche gleich geblieben sind, schöner Weizen wurde mit 10 fl. 50 fl., Korn wurde mit 9 fl. 20 fl. und schöne Brauer-Gerste mit 7 fl. 50 Fr. pr. Meter-Zentner bezahlt. * Todes-Nachricht. Gestern Samstag wurde ein geachteter Bürger unserer Stadt, Herr Michael Sommer, Öartwirth zur Sonne, unter zahlreicher Begleitung zu Grabe getragen. Der Verborgene hat ein Alter von 68 Jahren erreicht. *Dedenburgs jüngsteßrimadonna, Fräulein Mdele Glozer, ist für die nächste italienische Saison in das Faiserl­ vuffische Hoftheater nach Wars­­chau engagirt worden. Diese große Opern-Staggione beginnt im Dezember und währt bis zum März des nächsten ahres. Die jugendliche h­ochbegabte Künstlerin, die erst unlängst in Wien wieder dur die außeror­­dentliche Koloratur ihres hohen, Frischen und kräftigen Soprans Aufsehen gemacht hat, dürfte in Nußland auf große Erfolge rechnen. Ihr Gehalt soll fest schon 2000 Francs pro Monat betragen. * Freunde der vaterländischen dra­matischen Kun­ft follen und werden es nicht ver­­säumen demnächst die von Oedenburg aus doch sicher­­lich weder langwierige noch bejd­weilige Fahrt nach Steinamanger zu unternehmen.­­Es wird näm­­lich am 19. August das daselbst ganz neuerbaute Theater, welches im Style sehr dem des Nationals theaters in Budapest ähneln sol, eröffnet werden. Die als gut bekannte, auch hier heuer mit schönem Er­­folge thätig gewesene ungarische Schauspielgesellsschaft des Herrn Divertord Beecdi aus Raab, wird den er­sen Zempeldienst in den der nationalen Muse ge­­weihten Hallen verrichten. *Generalversammlun­g. Heute Sonntag um 11 Uhr Vormittag findet eine außerordentliche Ge­­neralversammlung der Kasino-Aktien - Gesellschaft in ihrem Lofale (Speise-Saale I. Stod) statt, wozu wir die Herren Aktionäre zu zahlreicher Betheiligung auf­merksam machen. * Ein größerer Theil unserer Ge­wölb-A­nhaber auf der Grabenrunde, und der Silbergasse, insbesondere Schnittwaarenhändler und Trödler, namentlich der israelitische Theil derselben, scheint entweder auf eine gewiße behördliche Anordnung vergessen zu haben oder sie gar absichtlich zu ignoriren. Wir meinen nämlich jene Verordnung, welche ausdrücklic das A­u­f­­hängen und Ausstellen von Waaren und andere Gegenstände vor und an den Gemwölbern, wie an neben dem Zrottoi­or untersagt. Ganz abgesehen davon, daß duch Außeratlaffung dieser­­ Vorschrift die Paffage gestört wird, so ist es auch an sich Fein herzerfreuender Anblick, bei manchen unserer fünften Paffagen eine Art Gegenmarkt etablirt zu sehen. Ma­ni­ac ka­wlan a Zageöneuigkeiten. + Die Frau Prinzessin Marie de Lusignan, die in Paris ihrer Wohlthätigkeit wegen ebenso bekannt ist, als wegen ihres bedeutenden Ta­­lentes, wird in ihrem Hotel eine große theatralische Spirde zum Retten der ungläckigen Opfer, welche die Hungersnoth täglich in Armenien fordert, arran­­given. Die Prinzessin selbst wird im Kostüm der „Margarethe“ und der „Somnambula“ die betreffen­­den Rollen singen und dabei von namhaften Künstlern unterjrügt werden. . —I—Selbstmord­ aus Gr.­Kanizga wird über einen daselbst stattgefundenen sensationellen Selbstmord geschrieben: Ein junger Kaufmann, Namens Oester­­reicher, erst vor kurzer Zeit mit einer liebenswürdigen Frau verehelicht, der allerbesten materiellen Verhältnisse sich erfreuend, hat sich verfroffenen Mittwoch dar Deffnen der Schlagadern an beiden Händen entleibt. Der Unglückliche vollzog die entjegliche That in seinem Zimmer und als man dessen gewahrte, war bereits jeder Rettungsversuch vergeblich. Ein Motiv für den Selbstmord ist nicht­ auffindbar. + Brände Am 18. Juli sind in Bziral 6 Wohngebäude abgebrannt. In Zolcsva brach in der Nacht vom 27. auf den 28. I. %. ein Schadenfeuer aus, wel­­ches sieben Häuser einäscherte, bei welcher Gelegenheit der Mangel an Leih-Requisiten und an einer organi­­sirten Feuerwehr lebhaft gefühlt wurde. Mittwoch Abends watdete in Steyerdorf ein furcht­­bares Feuer. Es sind: Das Oberverwaltungsgebäu­­de, Beamtenhaus, Pfarrhof, Kirche, Meaterialmagazine (ämmliche Eigenthum der Staatsbahn,) ferner 30 Privathäuser abgebrannt. Die Objekte der Staatsbahn sind bei der Azienda Assicuratrice versichert. Der Scha­­den ist enorm. + Reichsforstverein. Der österreichisch-uns­garische Reichsforstverein wird vom. 8. bis 11. Septem­­ber d. 5%. seine 13. Wanderversammlung in Salzburg abhalten. Exk­ursionen nach Glanegg, auf den Gaisberg und nach Hinterwiesthal stehen auf der Tages­­ordnung. + Das Ende des Millionen-Dieb­­stahls bei Baron Rothigild Man wird si erinnern, daß vor einiger Zeit, Kaffabeam­te der Firma Rothschild in Wien, nahezu eine Million veruntreuten. Der Wiener Schwurgerichtshof hat am 29. d. die vier Angeklagten zu schweren Kofferstrafen verurtheilt. Das Urtheil lautet auf fünf Jahre schweren Kerkers für Straffer, sieben Jahre schweren Kerkers für Kanig, zweieinhalb Jahre für Bergmann und zwei Jahre für Ruddelcdel.­­ Räuber und Mörder. Die Floriani­­gasse in der Spfelstadt in Wien war in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch der­ Schauplan eines frredlichen Verbiegens. In der, im Hause Nr. 59 im 1. Stoce befindligen Wohnung des Majors Simic der gegenwärtig in Dornbach wohnt, steht auch eine große eiserne Kaffe und diese scheint das Ziel eines mit der außerordentlichsten Frechheit ausgeführten Ein­­bruchs gewesen zu sein. Eine vier Meter lange Stange an deren oberem Ende sich ein mit Kleister präparirtes Papier befand, diente dem mit den Lofalverhältnissen offenbar gut vertrauten Einbrecher zum Eindrücen einer Fensterscheibde jenes Zimmers, in welchem sich die Feuerfeste des Majors befindet. Der Dieb befestigte hierauf mittelst derselben Stange an einer Gaslaterne die Schlinge eines starken Taues, welches in Folge von Bermnotungen eine komplete Strichleiter war. Der Dauner kletterte auf derselben Hinauf, schwang ei zu dem einige Schritte entfernten Fenster, öffnete, da eine Scheibe bereits eingebracht war, die Niegel desselben und stand in der nächsten Sekunde vor dem Ziele sei­­ner verbiegerischen Z Thätigkeit, der eisernen Kaffe. An demselben Momente gelangte der Gauner durch ein anseinend unbedeutendes Borfomming zu der Erkennu­ng, daß sein Waging umsonst gemeten und daß er auf Flucht sinnen, müsse Ein kleines Stübchen der eingedrücten ensterscheibe war flirrend auf das Pfla­­ster gefallen und zwar gerade in dem Augenblicke, als der im Hause mohnhafte Mechaniker, Herr Josef Ambros schon von einem früheren Geräusch erwacht war. Er stand auf, wehte seinen Lehrbuben, den Haus­­besorger und seinen Nachbar und zusammen begaben sich diese Personen auf die Gasse. Inzwischen war eben der­­ Verleger aus einem anderen Fenster auf die Waffe gesprungen. Die Verfolger eilten hinzu. Man setzte sich auf ihn, er vertheidigte sich mit Anwendung seiner ganzen Kraft und es gelang ihm im Ringfampf mit seinen Gegnern, die Helben zu Boden zu schleudern. Die vier Personen wälzten sich auf der Erde, zu­unterst lag der Verbieger. Er bekam eine Hand frei, zog aus der Zajche einen Revolver, legte diesen an den Kopf des über ihn befindlichen Ambros und drühte los — die Kugel fuhr durch den Kopf des Getroffenen und dieser fiel todt zurück. Bis jegt ist noch seine Spur von den Mörder entdeckt worden. + Unglückssäle im Hochgebirge Am 22. d. M. verunglücke bei der Besteigung des Mont­­blank ein englisches Ehepaar; die Frau ist todt, der Mann liegt , wer verlegt darnieder. — Der Rechtsan­­walt beim Kölner Oberlandesgerichte, Herr Otto Welter, gewesenes Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses für den Wahlkreis Köln, stürzte am 25. d. bei Ueber­­streitung eines Gletschers bei Taufers in Tirol so un­­glücklich in eine Gletscherspalte, daß er ungeachtet der Bemühungen eines zu seiner Rettung herbeigeeilten Füh­­rers in dieser Spalte seinen Tod fand. + Obligationen» Diebstahl. An der Neigsbruderei zu Berlin ist ein großer Diebstahl ver­­übt worden. Es fjollen daselbst Berliner Stadt-Obliga­­tionen, die dort gedruct werden, im Betrag­ von 250.000 Mark entwendet worden sein. Dieselden sind wohl, da die Unterschriften am denselben noch fehlen, werthlos, gleichwohl sind die Wechselstuben seitens der Polizeibehörde von dem Diebstahl verständigt worden, um dieselben vor eventuellen Webervortheilungen zu bes­wahren. en. ee Pas­. 5 a EE. rege­rer AR ee Volkswirthschaftliches. Ungarische Tresorsdeine. Der unga­­rische inanzminister hat den Einfuß für die vom 25. d. M. an zu emittirenden Schagideine von 5 auf 4’, Perzent herabgefegt. Diese Maßregel ist jener ana­­log, welche vor Monaten schon von Seite des österreic­hischen Finanzministeriums mit der Reduktion des Zing­­fußes der Salinenscheine von 4 auf 3'­, Perzent ange­ordnet worden­ ist. Literatur. Deutsches Familienblatt. Vierteljährlich 1 fl. 09 ff. — In Heften zu 30 fr. Verlag von 3. H. Scorer in Berlin. Nr. 29 und 30 enthalten außer der Fortfegung des immer s­pannender werdenden Romanes „Kuchardt und Söhne“ von E. Lenned auch die Fortfegung und den Schluß der reizenden und humoristischen Novelle von Heinrich Seidel. Ferner: Die Böiker Ruslands. Bon Emil Dedert. Mit Ilus­­tration. — Winfe eines Photographen. Bon H. Hart­­mann. — Die militärische Lage der Schweiz Bon FT. Mit Titelvignette. — Ein internationaler Part am Niagara. Bon E. Schlaiger. — ReifeReform. Bon Georg Juratchel. — Der Freier. Gedicht von Lohmeyer. — Schügenkönigs Toilette. Gedicht von Edwin Bor«­man. — Frau H Stammbuchblätter. — Der Baum vor dem Hause. Ge­dichte von Johannes Trojan. — Die Plauderede ist auch diesmal sehr mannigfach und enthält: B­ibrotyp. — Erfordernisse eines guten Gastmahls. — Eine Eisen­­bahn dur die Sahara. — Iit kühles Verhalten den Kranken schädig? — Wider die Seekrankheit. — — Merkwürdiger Standeswechsel. — Das erste Pferd auf der Bühne. — Die Konversation und das Domino»­spiel. — Ein Albumblatt. — Ein Schennerwort über die beste Kaffeebereitung. — Eduard Mörikes Denkmal. Mit Abbildung. — Aus Chamfort: Maximes et pen­­s des morales. — Sanft und set. — Vor der Abfahrt. — Taubheit ist heilbar. — Ericssons fab­rische Maschi­­ne. — Affirmatisation von Charakterpflanzen der Alpen — Zur Charakteristik Möltkes. — Die angenehmste Todesart. — Wie messen die Naturmenschen die Zeit ? — Höchst interessante Untersuchungen über das Leugten d­le­ Gedicht von Aicolf Frey. — ae . 2 pe ag. a

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