Oedenburger Zeitung, 1880. November (Jahrgang 13, nr. 132-143)

1880-11-03 / nr. 132

© «.»-,««».»«« , »s-— —­­HA ER ee. men SE EIER TE ERSTEN YMWoeb-s3.s9itovexubxrsle0. XII. Jahrgang. (vormals „Wedenburger Nachrichten‘“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Er? — Beorachten zur Mehr! — Der Wahrheit eine Gaffe,,, Das Blatt eriennt jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag, From­merations-Preise: Administration, Verlag, Expedition: Redaktion: Für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vier­­teljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahm­e von Inseraten, Präm­merations- und Injertionds­gebühren sind an die Nedaction portofrei einzusenden. Einzelne Nummern fosten MM ab Kreuzer. Kir Roco: Ganzjährig 9 fl., Tnieeı 4 fl. 50 fl., vierteljährig 2 fl. 25 fl., Monatlich 1 fl. Grabenrunde Nr. 124.­Neugasse Nr. 18, im, Stock. _ Az. 132. ARE EEREREFETRETTEE TEN­T­RELLEITTE | Inserate vermitteln: die Herren Hafenstein , Vogler, Wall«­ff aafle, 10, Wien, Budapest. A. Oppelit, I., Stubenpartei 2 ien. Heinrich Scalel, I. Singerstrasse 8, Wien. Sufersrons-Gebäßr , 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. für die zweispaltige, 15 fr. für die dreispaltige und 20 fr. für die Serdieni­ans Betitzeile­er- Clusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einshaltung entsprechender Rabatt. _ ‚Nesenschaftsbericht des Minister’s Trefort. Die Anwesenheit unseres Reichstags-Abgeordneten Ministers Aug. v. Trefort, der Samstag Abends in hiesiger Stadt eintraf und bis Montag Morgens in unserer Mitte weilte, hatte Dedenburg ein ungewöhnlich lebhaftes und frohbewegtes Gepräge gegeben. Schon bei der Ankunft Treforts hatte sich eine sehr ansehnliche Menge hervorragendster Bürger am Südbahnhofe ein­­gefunden, die den illustren Deputirten mit begeisterten Elsenrufen empfingen und in die Stadt geleiteten. Sonntag Vormittags sprachen bei Erzellenzw. Trefort, welcher im Gasthofe zum „König von Ungarn“ abge­­stiegen­­ ist, zahlreiche Deputationen hiesiger Vereine vor: der Zurns Feuerwehr-Verein, unter Führung des Prä­s­ses Herren 0. Tomfic, der landwirtcchaftliche Verein unter Führung des Herrn v. Szilvájy. Legerer dankte dem Kultusminister für die gütige Ueberlassung des außerhalb des Neuhofes gelegenen, und dem Weli­­gionsfonde gehörigen Grundstücks, auf welchem befannt­­ich die landwirthschaftliche VVersuchsstation errichtet werden soll. — Die auf Sonntag Nachmittagg A Uhr in der Turnhalle bestimmte Erstattung des Rechenschaftsberich­­tes war von zirka 600 Wählern besucht. Die Turnhalle war zu diesem Ende mit Blumen und Zannenreifig, und die Nednertribüne mit den Bilduissen Ihrer Ma­­jestäten geschmüct. Um das überaus geschmachvolle Ar­­rangement haben sich insbesondere Die Herren v. Thom­­jich, Rösch und Ludwig­sen verdient gemacht, — Vizepräses Dr. Julius Mayer eröffnet die Wähler­­versammlung und delegirte mehrere Personen, den De­­putirten zu bitten, im Kreise seiner Mandanten erschei­­nen zu wollen. Nach wenigen Minuten erscheint Minis­ter Trefort und wird unter nicht enden wollenden Elsenrufen auf die Tribüne geleitet. Daselbst richtet Dr. Mayer folgende Ansprüche an Seine Exzellenz den Minister : Ich Konstative mit Befriedigung, daß auch heute die gesanmte Wählerschaft der Stadt Oedenburg, ohne Un­­terschied der Partei Färbung, jener opferwillige Patrio­­tismus, jene Liebe und Anhänglichkeit an das Vaterland und die Nation, ebenso wie die unverbrüchliche Treue an das angestammte, erlauc­te Fürstenhaus beseelt,­­in wel­­che Gefühle diese Bürgerschaft von jeher auszeichneten und die auch zur Zeit des letten Wahlkampfes alle Wähler ohne Unterschied zur Wahlurne geführt haben. Wenn im Laufe der Zeit auch die Neihen der iierstädtischen, unwohlorganisirten staatsrechtlichen Do­pp­o­­sition­s­part­ei eine Verstärkung erhalten haben sollte, so glaube ich ohne Welterhebung und umso gemwister die Behauptung aufstellen zu können, drag die Regierungs­­parthei immerhin noch überlegen ist, weil ich mich berechtiget fühle anzunehmen, daß in demselben Mare, als fs die oppositionellen Elemente verstärften, der früher ab und zu hervorgetretne Indifferentis­­mus in unseren Reihen gescchwunden ist, indem er eine oft erprobte Thatsache it, daß sich bei und das ruhige, besonnene und nüchterne Bürgerthum zulett immer ziel­­bewußt zusammenscaart, sobald von irgend einer Geste eine Gefahr­ droht. — — Hochgeehrte Mitbürger ! gestatten sie mir bei die­­ser hochwichtigen Gelegenheit dieser meiner subjektiven Meinung, dieser meiner individuellen Ueberzeugung ehr­­lich und offen Ausdruck geben zu dürfen, daß den Städ­­ter gewiß immer ein konservativer, aber dabei freisin­­nig fortschreitender Geist außzeichnen muß; ich sage: fonservativer Geist, — denn gerade die Städte, welche die eigentlichen und alleinigen Mittelpunkte des Han­­dels, Gewerbes und der Industrie, die Sammelpunkte der geistigen, arbeitenden und schaffenden Sintelligenz, Die Vertretung des si ruhig und sparsam entwicklnden dauernden Wohlstandes bilden, — zum Zwecke ihrer eigenen Enttwicklung eines zähen Festhaltens am Bestehenden bedürfen. Nicht mit Unrecht wird der Bürgerstand „der Stand der Regel“ genannt, welcher an den bestehenden Regeln festhält und festhalten muß. Bei seinem Berufe zur individuellen Arbeit und zum individuellen Erwerbe, im Gegensaße zur familienweisen Weberlieferung und Vererbung des flachen Landes, ist er im erster Reihe Vertreter und der berufenste Wähler den bestehenden Ordnung; und wenn der ungarische Bürger auch von jeher eine besondere und ausgesprochene Vorliebe­ für bürgerliche, persönliche und politische Freiheit zeigte und für die Entfaltung derselben auch von jeher­ mit voller Kraft eingestanden ist, so mal der echte städtische Bür­­gersinn doc immer nüchtern und ruhig, — denn der denkende Bürger mahte und­ muß erkennen, das jedes schroffe Nütteln an dem Bestehenden Gewerbe und Handel in’3 Grocden bringt, und die ruhige und freie Entwickklung des geselligen und geistigen Kulturlebens hem­mt. Gestatten Sie mit meiner individuellen Anschau­­ung und Mieberzeugung auch dahin Ausdruck geben­ zu dürfen, da im Staate den Städten nicht die Aufgabe geworden it, staatsrechtliche Politik zu treiben — unwirth­­chhaftliche, gewerbliche und Handelspolitik ist ihr Beruf, die Entwickelung des geselligen und geistigen S Kulturbe­­lebens ist ihre Mission, und wollen sie dieser ihrer Aufgabe gerecht werden, dann bleibt ihnen mehr nicht viel Zeit, nicht viel Muße dazu, um in Dingen der staatsrechtlichen Politik ihr Votum abzugeben. Ein echtes, städtisches Bürgerthum, kann deshalb auch niemals zu einer schroffen, staatsrechtlichen O­pp­o­­­sition gehören, denn diese Lebtere schließt den Begriff einer naturgemäßen ntwickklung des städtischen Bür­­gert­ums aus, und arbeitet dem Berufe und den Auf­­gaben eines solchen sogar entgegen. Darum, hochgeehrte Mitbürger! hege ich auch die zuversichtliche Hoffnung, daß “ Seuilleton. Eine neue Nobe. Herlestende. an Elise Alten war in ihrem Boudoir allein. Sie studirte eifrigst die neueste Nummer irgend einer Modenzeitung und verweilte mit besonderer Vorliebe bei den Folorirten Kupferstichen. Hell leuchtete die Sonne auf alle diese bunten Herrlgkeiten. Bon Zeit­s Zeit blickte die junge Frau auf und in den nahen tegel . .. !, "ie einfach war ihre eigene Toilette ! Das dunkel­ farbene Kleid entbehrte jedes Zierrathen. Da war feines von den reizenden phantastischen Details, die auch der simpelsten Mode no zu einiger Wirkung ver­­helfen . . Vielleicht hätte sie im einer glängzenderen Drapirung weniger Hübih ausgesehen, vielleicht Hätte ihr Gatte sie in einer solchen weniger anbetungswürdig gefunden! Wie oft ist eine Nobe die Nivalin der­­jenigen, deren Verbündete sie sein sol!... Doch nein! In einem Kostüm, wie das vor ihr liegende Blatt­er zeigte, würde sie Alle sicherlich entzüden, bezaubern ! Bigarre mundete ihm nicht. Er fehleuderte eine Menge An oben und streute die Fragmente eines Briefes auf Jann und fan, was für Sorgen ihn bedrücen mochten, — « «Um Tage vorher war Gustav etwas verstimmt aus dem Bureau nach Hause genommen. Er hatte Elise efügt, sich abseits gefegt und sein Wort mit ihr ge­­echselt. Dergleichen hatte sich, seitdem sie verheirathet wären — fünf Monate — wo unt ereignet. Was konnte ihm nur fehlen ? Seite Augen waren trübe, die Stirn ummöllt; ein Bartende neigte si melancholish erdwärts und die dent Lepilo: 'Elife wagte nicht, ihn zu fragen. Aber sie und um sie sich und ihm zu vertreiben, feste sie si ans Klavier und begann ein heiteres Lied. Oustav sprang auf und bat sie, innezuhalten. Wieder schwiegen sie eine Weile, bis Elife endlich ihre Unruhe nit mehr zu bezähmen vermochte. „Suftav.“ sagte sie... “. „Bitte, vertraue mir, was Dich quält!" „Mich?...“, es ist nichts und noch weniger !“ „Ren, ein...” „Dennoch ... . Wirklich, Elise, es ist.. . ." „Verdiene ich Dein Vertrauen nicht ?" „Gewiß, gewiß.” Sie näherte sich ihm und umschlang feinen Hals mit ihren Armen. „Lieber, Gustav !" „Run denn... Nenten sind gefallen." „Das heißt 7" usch habe Geld verloren.” „Und nur deshalb bist Du verstimmt? Um nichts Anderes ? DO, wie glüdlich bin ich... .“ „Glüdlich ? Erlaube, das ist... Aber ich will Dich do Füffen." Durfte sie ihm also Heute schon eine größere Ausgabe zumuthen ? Hatte nit an die glückliche Ber figerin einer N­obe die Pflicht, sie zu zeigen ? Und auch das kostet Geld, Geld... Abscheuliches Geld? Sie wollte nit weiter daran denfen. Na­ch legte sie die­ser nahm ein Buch zur Hand... 5­­ e “a „Wer. ..2 Ach, meine liebe, liebe Eilig!’ „Habe ich Dich überrascht ? ja? Das freut mic, falle‘ gern aus den Wolken. Aber ich sage Dir glei, ich bleibe nicht lange... es ist nur im Vo­rübergehen . .. Du gestattest, daß ich mich sete . . . YG bin dur die halbe Stadt gefahren, habe tausend Dinge besorgt ... . Die Saison ist vor der Thür... Man wird gar nit fertig... . Aber wie geht «­ Dir ? und Gustav ? Gut, nicht wahr? Natürlich .. .“ So plauderte Frau Hersfeld. Sie nahm geräusch­­voll auf einem Lessel Plag, warf ihren Fächer auf den Zi­h und das Soigentuch daneben. Das Frousfrou ihrer schwarzen Seidenrobe begleitete ihre Worte wie eine Baßstimme. Dabei wandte sie ihren Kopf hin und her, sah in den Spiegel und rücte ihren Hut zurecht, der auf dem elegant gefmoteten Haar nicht haften wollte. Ihr Gesicht war überaus zierlich, die Augen dunkelbraun und lebhaft, die Nasenflügel von einer nervösen Beweglichkeit. „Wie Du wieder aussiehst, Elise !“ „Wie denn ? „Wie eine Erzieherin mit dreißig Gulden monatl­ichem Galai­ ... Schäme Di! . .. Hast Du Deine NEBEN für die Saison fon getroffen 2 Rein... „Es ist die Höchste Zeit! Was denkst Du nur ? Mein Gott, so eine junge Frau, die unmittelbar aus der Pension in’s Leben tritt,­­ ist von einer bewunder­­ungswürdigen Sorglosigkeit! Du glaubst gewiß, die schönsten Toiletten liegen eines Morgens, wenn Du er­­wacst, vor Deinem Bette und Du hast nur hineinzu­­schlüpfen. . . So wohl! Werd’ einen Aufwand von Beist, Galle, Geigmach und Geld erfordert eine einzige Robe! Es ist nur gut, daß Du mich hast... Sei so freundlich und gratulive Dir dazul ... Ich habe zwar sehr viel für mich zu thun — aber ich opfere­nd, Elise, gib mir etwelde von den Zrau mich auf... vortrefflichen trauben Deiner Mamia... vortrefflichen­­ (Sortjegung folgt) er 172 72.20

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