Oedenburger Zeitung, 1881. Februar (Jahrgang 14, nr. 14-25)

1881-02-02 / nr. 14

weiten Spi­elraum,es gehörte ganz besondere Tanzbe­­fliegenheit oder sehr viel persönliche Liebenswürdigkeit dazu,um seinen Frack mit einer größeren Anzahl sei­ner vielbegehrten Seidenmaschen geschmückt zu sehen. Aber auch des,,Festes oberste Zierde,die Damen,blie­­ben nicht ganz kühl gegen die Anerkennung ihrer Vor­­züge,die in der Ueberreichung einer Blumenspende ih­­ren Ausdruck fand,und mit einer gewissen Genugthw­ung faßten die kleinen zarten Händchen die vielen Bous­quet’6,die man als Obolus schuldiger Galantorie in sie hineinlegte.Man wurde des süßen Spiels nicht müde und tanzte bis zur vierten Morgenstunde.Es war mir und gewiß den meisten Anwesenden ein er­­freulicher Anblick,daß die Toiletten im Großen und Ganzens anspretensjon waren.Es mochten höchstens vier oder fünf Damen im großen Ballstaate,mit weithin wallender Schleppe erschienen sein,die Mehr­­zahl war einfach aber geschmackvoll und der Ton,dem­entsprechend,eingemüthlicher,kein auf steifer Etiquette basirter,sondern zwanglos heiteren Kuns­ II«Das Karnevalsfest des hiesigen Eiss­laufvereines an 131.v.M.war von kostümirten Schlittschuhläufern so schwach besucht,daß wir die Berichterstattung hier überfüglich in sehr wenigen Feder­­strichen durchführen können.Von 6 Uhr Avends ab, welche Stunde für den Beginn des Festes angesetzt war, versammelten sich nur sehr allmählig die wenigen Musi­ken und war daher auch die Stimmungvis nach 7 Uhr eine höchstgedrückte.Auch die beiden sehr ges­­chmackvoll gelb-roth gekleideten und mit ungewöhn­­lichem Geschick sich bewegenden,weiblichen,Postillone« konnten mit dem männlichen,ebenso feschen»Post­­kutscher«als dritten im Bunde,trotz redlicher Mühe und gar harmonisch(!)klingendem Horngebläse,nicht jenes Anime in die Gesellschaft bringen,welches wir mit ihnen so sehr gewünscht hätten.Das niedliche »Be«3bes«,welches trotz Puppe im Arm,gar altklug that,als sich demselben ein schöngallonirter»Jo«iger« näherte,sah in seinem gut gewählten Costüme ebenso treffich au­s,wie die routinirte und lebhafte»Sata­­nella«,welche gar manches»Unheil«schuf und auch einreizendeö,,Blumenmädchen«entzückte seine vielen Bewunderer.Die zwei weiblichen»Jokeys«,welche wir vor einem eventuellen Wettrennen aufrichtig gewarnt haben würden,strafichelten zwar,ihrer Rolle entgegen, schon beim unbedeutendsten Hindernisse,gefielen aber in ihren rothweißen Farben sichtlich.Die noch ferner an­­wesend gewesenen Mädchen aus einiger Herren Länder, im Nationalkostüm,dann Türken,französische Cavaliere, Spanier,Italiener,Beduinen,ein Wilhelm Tell, Wahrsager,2c.mischten sich im bunten Getriebe unter­­einander.Diestädt.Kapelle,welche die Musik besorgte, b­at ihr Möglichstes und brachte durch ihrem unteren Weier wenigstens einigen Frohsinn in das Masken fest,dessen schwer zu leugnendes Fiasko durch das elek­­trische Licht nur allzu grell beleuchtet wurde.Der Zu­­schaun­ kaum war dicht bevölkert und dürfte einen­ er­­freulichen Ertrag abgeworfen haben. ” Esthaut! Seit dem legten Sonntage hat sich hier und — wie wir hören — ringsherum bis Wien und selbst Budapest, das strenge Frostwetter, das seit Beginn des Sänners eingetreten war, gebrochen. Unser Strafen yflafter, seither in Folge Glatteifes schlüpfrig, it e8 jegt dur den Kot­h geworden. Zum Glück ist bei legterer Eigenschaft ein Ausgleiten minder gefährlich, als bei der Ersteren (dem Glatteise), wodurch sich der fanntlich hier zwei Unglückfälle ergaben, die bei besserer behördlichen Ueberwachung des leider nit überall ger­wissenhaft vorgenommenen Aufstreueng, leicht hätten ver­­mieden werden können. Dean erklärt sich den Ums­lag der Witterung die den Tiefstand des Thermometers von 9 Grad Reaumur Kälte, so zu jagen über Nacht in 4 bis 5 Grad Wärme ummandelte, mit der über Irland ersienenen Barometer-Depression, welche eine allgemei­­ne Drehung der Winde gegen Süd hervorrief. Ueber Großbritanien West » Frankreich und Belgien jedoch herrschte bereits seit dem 27. vor. Mts., in West Deutschland seit dem 28. Käuner vollklommenes Thaus­wetter, während in Nord-Deutschland und Oesterreich- Ungarn erst nach erfolgter Drehung der bisher in un­­seren Gegenden Herrspenden südöstlichen Winde gegen Südwest und West eine vollständige Renderung in der bis nun bestandenen Witterung erfolgte. Die von den metereologischen Beobachtungsstationen signalisirten Luft­­drucdifferenzen waren sehr bedeutend und betrugen zwis­­chen England (727 Millimeter) bis Mittel-Nußland (774 Millimeter) über 47 Den­limeter ; in demselben Verhältnisse stand die Temperatur, indem von West- Frankreich und England bis zu + 10 Grad, gegen + 22 Grad im südlichen Nufland als M­orgentemper­­atur gemeldet wurde. In Folge dieser großen Baro­­meterunterschiede dürfte auch die Bewegung in der At­­mosphäre eine lebhaftere werden, und dadurch über die Dauer der jeit laufenden Woche und vielleicht auch noch darüber hinaus warmes Wetter in ganz Mittel-Europa erleinen.­­ Diebstahl. Die bei dem hief. Kafetier J. 8. bedienstete Magd, Theresia Toma, entwendete ihrem Dienstgeber häufig Steinkohlen, welche sie der Hausmeisterin J. 8. ablieferte. Von dieser heimlichen Kohlenlieferung, erhielt jedoch an Herr J. 8. Keunts­niß, und erstattete hierüber bei der Polizei die Anzeige. Auf Grund derseldben wurde bei der Hausmeisterin ©. 8. eine genaue Hausuntersuchung vorgenommen, bei welcher sich herausstellte, daß viele in der Wohnung der ©. 8. vorgefundene Gegenstände, namentlich Gläser und Geschirr Eigenthum des genannten Kafetiers sind. Nach gefliehenem Verhör von Seite der Polizei wurde diese Angelegenheit dem königl. Gerichtshofe zur weite­ren Amtshandlung übergeben.­­ Beruntreuung. Der hiesige Bädermeister S. R. erstattete bei der Polizei die Anzeige, daß sein Gebädausträger Gottlieb Hammel aus Oedenburg, 18 Jahre alt, das für das Gebäct von den Kundscaften erhaltene Geld im Betrage von 6 fl 40 Fr. unterschla­­gen und zu seinem eigenen Bedarfe verwendet hat. Der Schuldige wurde inhaftirt und zur Abstrafung dem königl. Gerichtshofe übergeben. ”* Schledt belohnte Dienstfertig­­keit. Sonntag den 22. v. M. — so schreibt man und — sendeten einige bei einer hiesigen Firma Angestellte, den Lehrling des Geschäftes ab, um sich bei einem Fi« afer zu erkundigen, was er für eine Fahrt nach Ruft (die um 2 Uhr Nachmittags angetreten werden sollte) verlangt. Der Kutscher forderte die geiegliche Taxe und der Lehrling beeilte sich die Auskunft seinen Auftragge­­bern zu Überbringen. Den Herren schien jedoch der Fahrtopın des Fiakers zu ho und sie verzichteten daher auf die Fahrt. Es mag sein, daß der Kutscher die bloße Frage als Bestellung auffaßte, furz er erschien mit seinem Schlitten beim Cafe Biringer und­ wartete (na­­türlich vergebens) auf die Fahrgäste. Tags darauf ver­­langte er von ihnen die Bezahlung für die durch das vergebliche Warten versäumte Zeit, allein die Herren weigerten er den Tyraker zu befriedigen. Dieser drohte mit der gerichtlichen Anzeige. Eingeschüchtert durch diese Drohung, und um nur ja nicht vor Gericht zitirt zu werden, bezahlte der Lehrling, nach abermaliger Weigerung der Herren sich mit dem­­ lut­­her abzufinden. Dies war der Dank der Herren Vor­­geregten für die Gefälligkeit des armen Lehrlings. Der Herr des Kursriers war jedoch großmüthiger und er­­ließ dem unbemittelten Lehrjungen die Hälfte des vom Frafer geforderten Betrages.­­ Die freiwillige Feuerwehr in Nehnig. Wie von dort berichtet wird, wurde am 16.v0.M. die zweite Generalversammlung der Mitglieder dieses­ gemeinnügigen Institutes abgehalten. Aus dem Berichte entnehmen wir, daß der Verein im abge­­laufenen Jahre 70 ausübende und 300 unterfragende Deitglieder zählte. In vertroffenen Jahre wurden eine außerordentliche und eine ordentliche Generalversamm­­lung, 10 Ausfguß-Sigungen, 20 Uebungen und eine Hauptprobe von den ausübenden Mitgliedern abge­halten. Die freiwillige Feuerwehr hat sich an der Ber­wältigung von fünf Bränden thatkräftig und wirk­­samst betheiligt, die Erfolge, die sie jedesmal errang, waren um so verdienstlicher, als es sich in den meisten Fällen darum handelte, bei von den flammen ergriffenen Strohdächern der Verbreitung des Brandes Eins halt zu thun. Auch jeder Laie weiß, um wie viel sowieriger das ist, als das Löschwerk bei soliden Bauten, wo die Dachstühle mit Ziegeln bewedt sind, zu bewirken. Laut Inventar repräsentiren die Nequi­­siten und Geräthe der Necyinger freiwilligen Feuerwehr einen Wert­ vom 1000 fl. und über 100 fl. Baaren Kafjavorrath. Endlich ist noch zu erwähnen, daß Herr Dr. Leopolp Guttmann zum Vereindarzte und zwar mit 54 Stimmen, gegen Dr. Max Berger, welcher blos 28 Stimmen erhielt, gewählt worden ist. Nicht nur den aaderen Vereinsmitgliedern gra­­tuliren wir zur allseitigen Anerkennung Die ihre er­­sprieglichen Leistungen, zum Wohle ihrer Mitbürger finden, sondern auch den Heinen Wartt Nehnig des glüdwünigen wir, dag er in so kurzer Zeit jenen V­er­­ein zur Entstehung und zu seiner heutigen Bedeutung verhalf, der nun in seiner segenbringenden Thätigkeit dem Orte zum Schuge und zur Zierde gereicht. OD Gebär- und Zindelanstalt in Wien. Von der Direktion dieser Anstalt, die im B Vollsmunde kurz weg das Sindelhaus heißt, ist uns ein Bericht zugenommen, dem wir nachstehende Daten entnehmen. Die Zahl der vom F­indelhaus verpflegten Kinder er­­reichte im Jahre 1880 die höchste Ziffer, nämlich 34.115. Ende Dezember 1880 verblieben 26.740 Kinder in der Pflege der Sindelanstalt. Am Schluffe des Jahres 1878 war die Zahl der Pfleglinge 21.596, am Schluffe des Jahres 1879 Schon 24.295. Dieses starke Anwachsen der Zahl der F­indelfinder ist auch ein Zeichen des materiellen Niederganges. Mit dem findenden Wohl­­stande nimmt die Zahl der Heiraten ab und die Zahl der unehlichen Geburten steigt. Von den 26.740 Kindern, die Ende 1880 in der Pflege des Findelhauses standen, waren 24.132 bei Parteien auf dem Lande. r­se Zugesneuigkeiten. + Eine entsegliche Schredensszene hat sich am Nachmittage des 30. Jänner in Wien in der B Vorstadt Yünfhaus zugetragen. Der Schuhmacher Franz Odenal lebte in wilder Ehe mit der Zar brifsarbeiterin Maria Novotny, welchen V­erhält­­nisse drei Kinder entsprangen. O­denal, der seit längerer Zeit mit der Äußersten Nord zu kämpfen hatte, hat heute nach einem vorhergegangenen Shonflikte mit der Mutter seiner Kinder dieselbe durch einen Auftrag zu entfernen gewußt. Während ihrer halbstündigen­ Ab­­wesenheit hat er mit einem Zimmermannsbeibe seiner fünfjährigen Tochter Yann­y, dem dreijährigen Knaben Franz und dem sieben Wochen alten Knaben Yohann in die Schläfe Hiebe verlegt und sich hierauf mittelst jeines Leibriemengd an der Thürklinfe erhenkt. Die No­­votny fand nach ihrer Nackehr die Thür verigliffen. Durch dieselbe drang unterdrüctes Stöhnen. Die ge­ängstigte Frau erbragd mit übermenschlicher Kraft die Thür, worauf sich ihr ein entjeglicher Anblick bot. In einem Bette fand sie die älteste Tochter und das jüngste Kind, jedes mit tiefen Wunden in den Schäfen, liegend . Beide athmeten noch. Der Knabe Franz lag in einem andern Bette und gab sein Zeichen des Lebens mehr von fi. Die beiden noch lebenden Kinder wur­­den sofort ins Spital gebracht, wo sie trog aller Ärzt­­lichen Kunst nach wenigen Stunden verschieden. Der Mörder selbst war todt. + Die niederösterreichischetand es­ An die Administration des „De. B.“ hier. Wir haben gelesen und, wie Sie wünschten, auch­­ geurtheilt, nährlcch verurtheilt. Oder meinen Sie etwa, wir wären gar­ so naiv, zu glauben, daß Sie ‚forvest‘‘ (2) vorgegangen sind, weil Sie triumphirend ausrufen: Sie hätten die von Herrn ©.­erbetene „nähere Auskunft‘ — trog dem derselbe eine solche laut dessen in unserer Neo. 12 abgedruckten Brief an Sie absandte — „nicht erhalten“ (!)?. OH nein! Wir wissen ja, ebenso wie Sie, auf welch wadeliger Basis Ihr niederschmetterndes (!) Beinweismateriale aufgebaut ist und wünschten nur, daß man unrefommandirte Briefe nachweisen könnte! Dann freilich wären wir genichtigt die „große Glode” zu Täuten, so aber ziehen wir nach wie vor nur das­­ „Zügen glödlein‘ Sapienti sat! Yndem wir Ihnen noch die Versigerung geben, daß wir au in Hinkunft irrthümlich an uns gelangte und Ahnen vermeinte, wer immer Namen habende Sendungen gewissenhaft an Sie übersenden wers der, hoffen wir zugleich, daß Sie uns nunmehr seine Veranlassung zum ‚großen Bim-Bam ‘ geben dürften und fertigen, ohne uns in eine weitere Polemik mit Ahnen einzulassen.­­ Yiex Administration der,,Gedenburgerzeitung«. Eingesendet. (Für unter dieser Rubrik befindliche „Eingefentet“ übernimmt die Neuaktion seine Verantwortung.­ „Blinder Eifer schadet nur !“ In dem Leben einer Stadt Heineren Umfanges gibt es der interessanten Ereignisse so wenig, daß sich der be­drängte Lokalreporter auf der Folterbank befindet, so oft der Tag des Drudens seines Blattes herannaht; mas könnte er denn berichten ? ! Das Haschen nach Neuigkeiten läßt ihn alle Neben­­umstände vergessen ; hier ein Wort erhascht, dort einen Na­­men gehört und die überspannte Phantasie des Gequälten kann sie Schon Wort und Namen zusammenreimen ; an den Namen knüpfen si manche Bilder und Vorstellungen — das Hirn arbeitet mit fomnoulfiviischer Macht — die Hand schreibt es voll Begier nieder und eine riesige Ente ent­steigt dem Ei der übereifrigen Berufsthätigkeit. Ein Namen — ein zu gründender Sub — der Name gehört einem Israeliten an — wie man denn der Klub anders als ein israelitischer sein? — Ich weiß es, diese Gedanken entstanden in dem Gehirne des Royalreporter des „Oedenburger Bote“, und fertig war die famose Sofalnotiz — die israelitische Jugend thut fi zu einem Klub zusammen mit konfessioneller Tendenz und an der Soige ist ein Mann, der, wenn er sold, konfesstionelle Ansichten hegte, der ärgste Schelm auf Gottes weiter Erde sein müßte! — Doch, Herr Berichterstatter, wir brauchen Ihren Rath nit ; unser Obmann ist nicht der Schelm und Dummtopf, daß er im Grenzen einer Konfession so etwas anregen wollte, das Aergerniß verbreiten könnte, Dürgt und doch seine Stellung als Bildner unserer Jugend dafür! — Die Thatsahe klargestellt: Ein Geselligkeits-Klub it im Bilden begriffen, doc­heineswegs ausschließlich mit iraelitischen Mitgliedern, sondern ein solcher, der einen voll­­kommen geschlossenen Zirkel bildet, also in seiner Tendenz vollkommen privater Natur ist. So frage nur: Verträgt e3 ft mit der Ehrenhaf­­tigkeit eine­­­ Berichterstatters die Angelegenheiten eines pri­­vaten Kreises, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, in fein­eswegs gutwilliger Absicht an die Oeffentlichkeit zu zers­ten, und denselben ein sol­afzefjorisches Gepräge zu ge­ben, welches eben mit der Tagesströmung und dem Jahr: Hundert disharmonirt ? Ist das nicht Böswilligkeit, ist das nicht unberufenes Eindringen in den­ geheiligten Kreis der privaten Angele­­genheiten ? Und was ist der Lohn dieses Berufseifers? : Lächerlichkeit ! Ein anderes Mal möge der Herr Berichterstatter sich besser informiren, damit er nicht seinen Lesern solche­r Enten auftischt. Cornelius. Ausweis: Don der Dedenburger Bau- und Boden-Kredit­­bank waren mit Ende Jänner 1881, 255.400 fl. Caffa-Scheine im Umlauf. BERGEN " el N MR -"k:.-..««.

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