Oedenburger Zeitung, 1881. Dezember (Jahrgang 14, nr. 144-156)

1881-12-02 / nr. 144

WI- keiMwsPsp-».’«« —Freitag,2.Dezem-kkriss«l—. xIM Jahrgang Nr. 144. “ar ne ee Dedenbuger Zeitung, vormals „Hedenburger Nachrichten‘“.) Draan für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr! — Beorachten zur Mehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: Für Roco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 kr., Vierteljährig 2 fl. 25 fl., Monatlich 1 fl. Hr Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vier­­eljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Insertions­­­gebühren sind um die Redaction portofrei einzusenden. Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. 124.­­Neugasse Nr. 18, im 1. Stock. Redaktion: Einzelne Nummern offen og Kreuzer. Er a Inserate vermitteln: die Herren Hafenstein , Vogler, in Wien, Prag, Budapest sowie in den Hauptstädten Deutschlands und der Schweiz. A. Oppelit, I., Stubenbastei 2 Wien. Heinrich­ Scaler, I. Wollzeile 12 Wien. Infersions-Gebühr : 5 fr. für die einspaltige, 10 Fr. für die zweispaltige, 15 kr. für die dreispaltige und 20 fr. für die durchlaufende Petitzeile er­­clusive der Stempelgebühr von 30 Kr. Bei mehrmaliger Einschaltung entsprechender Rabatt. Biel Sarm um Nichts. *) Budapest,30. November 1881. Die in deutscher Sprache erscheinenden haupts­­tädtischen Blätter, welche aber gar oft magyarischr sein zu müssen glauben, als die ungarischen, entwickeln ein volles Ma p atriotischer Entrüstung über den Aufruf, den der deutsche Schulverein in Berlin erlassen hat, und worin unter Hinweisung auf das Streben, deutsches Wesen und deutsche Bildung in Ungarn nach Möglich­­­keit zu unterbrü­den, die Bürger des deutschen Reiches aufgefordert werden, ihren Stammesgenossen in dem Be­­streben nach Bewahrung vor deutscher Kultur beizustehen. „Veiter Lloyd“ begreift nicht, wie angesehene Männer, Professoren, diverse Näthe u. dgl. seinen Anstand nehmen, ganz direkt zur Unterwühlung fremder Staats­­institutionen aufzufordern. Das Blatt läugnet, das in Ungarn eine Tendenz bestehe, das Deutschthum zu unterdrücken, meint aber, daß wenn sie bestünde, sie ss zu ihrer Rechtfertigung auf solche Äußerungen nationaler Aufdringlickeit und Selbstüberhebung berufen dürfte, wie sie in dem Aufrufe enthalten sind, der als läppische Agitation charakterisirt wird, und nur dazu dienen könnte, die Agitation im entgegengefegter Wirmung zu fördern und zu verschärfen. Hierauf wird die „Ignoranz“ der Autoren des Aufrufs, so z. B. „die hundert Mal widerlegte historische Lüge“, daß die Deutschen den Magyaren von der Türkenherrschaft befreit hätten, „ad absurdum geführt.“ Schließlich droht „Petter Moyd“ den Siebenbürger Sachsen, denen er die Urheber­­schaft „dieses offenfundigen Astes der Landespreisgebung“ zuschreibt, mit der Mitachtung der Patrioten. Den Trost, daß „das wirklich denkende deutsche Publikum und die politische Gesellschaft Deutschlands an dergleichen Dingen seinen Antheil haben“ scheint das Blatt nit gar do anzuschlagen, jedenfalls Tan e8 nicht seinen Migmuth darüber verbergen, daß der von Berlin aus­­gehende Aufruf in Wien sympathisch aufgenommen wird, troß des spöttischen Tones, den c8 gegen Die „Deutsche Zeitung“ einschlägt, weil legtere im neuen Vereine eine dankenswerthe Ergänzung der in DOejster­­reich für die dortigen Deutschen geschaffenen Organi­­sation begrüßt, und die Hoffnung ausspricht, die beiden­­ Brüdervereine werden mit anerkennenswerthem Eifer der Lösung ihrer Aufgabe immer näher kommen. Das „Neue Pester Jurnal“ behauptet in ähnlichem Geiste, daß der deutsche Schulverein sich mit diesem Schritte, der gegen die elementarsten Anforderungen der völker­­rechtlichen Diskretion (!) verfrage, sich einen Ast unquali­­fizirbarer Ueberhebung zu Schulden habe kommen lassen. Ganz ähnlich wie Rufland es si verbat, daß Europa sich um die Gräuel befümmere, die er in Polen verübte, erklärt „Neues Peter Journal", daß die angebliche Bek­ümmerung des deutschen Unterrichtes die Herren in Berlin absolut nichts angehe, und daß sie mit ihrer Einmengung in die innere Seseggebung und Verwal­­tung eines fremden Staates eine Art von geistiger Irredenta für das Deutschthum in Europa und den umliegenden Ortschaften proflamiren, ja sogar sich auf eine Art irdischer Vorsehung hinausspielen, indem sie erklären, daß es nirgends auf der Welt dem Deutschen an Mitteln fehlen darf, sich und den Seinigen deutsche Bildung zu schaffen und zu erhalten. Daß seiner Zeit nicht 6108 die ungarischen, sondern auch die deutschen Protestanten die Hilfe Gustav Adolfs und Nicelieus angenommen, und die europäischen Mächte oft gegen die Unterbrückung der christlichen Unterthanen der Pforte remonstrirt und stärkere Argumente gebraucht haben, als diplomatische Noten, daß die „Allianze fraelite, der Gustav Adolfsverein, die römische Propaganda eben­­falls die Mängel in der innern Gefeggebung und Ver­­waltung mancher Länder von ihrem Standpunkte zu korrigiren trachten,das vergessen die beiden genannten Blätter und fuhen aus dem Aufrufe des allgemeinen deutschen Schulvereines mit aller Gewalt etwas anderes herauszulesen,als das da erlaubte Streben nach Er­­haltung deutscher Kultur in Ungarn. „Ein Band des nationalen Gemeinschafts »Bewußtseindg umschliegt die Bürger dieses Landes und die „Deutschen“, die ungarischen Bürger deutscher Abkunft und deutscher Sprache, gehen Allen voran in der innigen Pflege und Kräftigung dieses edlen Verhältnisses“ sagt „Neues Peter Journal“ in voller Wahrheit. Nur muß Hinzugefügt werden, das Groß dieser zweifellos patriotischen staatsfreundlicen Desinnung der ungarländischen Deutschen, der magya­­rische Chauvinismus unablässig an der Entnationali­ firung derselben arbeitet, und darum wäre die­­ Hülfe des deutschen Schulvereines eine ebenso angezeigte, wie z. B. die den Protestanten von Seiten des Gustav Adolfzvereines oder den Juden seitens der „Allianze Stenelite” gereichte, die Staatsigkeit Ungarns nir im Mindesten verlegende. P,T­­ *) Mir geben dieser Ansicht unseren langjährigen Budape­­ster Korrespondenten Raum, wenn wir sie auch nicht in allen Punkten theilen. Die Rev­­ ue Kommunales. Aus der General-Versammlung des löbl. hierstädt. Munizipal-Ausschuisses vom 26. November 1881 (Schluß.): Repräsentant PB. Müller bringt zwar seinerlei triftige Gründe vor, welche die Aussicht auf Herein­­dringung dieser großen Summe erklären sollen, sondern züncht blos al fresco das Unglück, welches eine geschlof­­fene Stadt im Gefolge haben würde, und bedauert, das Dörfler die gefehloffene Stadt wolle.*) *) Zu den Kortesfhiffen, welche in vieler Angelegenheit angewendet wurden, gehörte nämlich auch die Ausstreuung des falschen Gerüchtes: „Dörfler m will die geschloffene Stadt durchfegen!” Seuilleton. Eine Nacht beim „Hoerl“. (Erzählung eines meiner Freunde der vor 50 Jahren zum ersten Male nach Wien kam.) (Bortjeung.) Ranm Hatte ih Play genommen, so stürzten zwei Kellner auf mich los, als wollten sie mich wie Häfcher paden , der eine job mir einen riefengroßen Speise­­zettel, der andere eine ellenlange Weinfarte hin, und beide schienen die Antwort auf ihr „Gnad’n was schaffens“ mit Mund, Augen, Händen und Füßen zugleich ab­­lauern zu wollen. Meine Blicke irrten auf diesen Karten wie in unbekannten Regionen umher ; hundert frem­de, unverständliche, nie gehörte Namen traten mir entgegen, ich fühlte mich wie in babylonischer Sprachverwirrung bes fangen bei den wunderlichen neuesten französischen, eng­­lischen und wienerischen Bezeichnungen ; die zwei Kellner ftierten mich mit ungeduldigem Zrippeln immer größer an, und verwidelten mit ihrem no Fander welscherem Dolmetschen mich immer tiefer in die endlosen Reihen der Speisen und Getränke; ich spürte fast die Wehen des jüngsten Gerichtes in meinen hungrigen Eingeweiden, bis ich selbst zu einem Gerichte mich zu bestimmen wagte; da faßte ich endlich einen Fahnen Entschluß, und deutete auf Geradewohl mit dem Finger nach mehreren Punkten der vor mir ausgebreiteten neuen Welt. Die Kellner flogen nicht ohne einen leiten Seitenblick, der Ver­­wunderung davon, und alsbald wurde mir ein in der That eben so buntes als köstliches Diner servirt. Doch den Wein hatte ich vergessen ; eine glückliche Frage des Kellners erinnerte mi daran, und nun einmal im Zuge befahl ich rajh eine Zlassche Zofayer. Dein Debüt war vortrefflich, fiel ich meinem Freunde in die M­ede. Allerdings, und ich gestehe, ich machte Herren (!) Sperls Kühe alle Ehre. Doch mit dem Zofayer wollte er nicht ver­gehen. Er mundete zwar herrl­, aber ich konnte von dem flüssigen euer nur wenig über die Lippe bringen. — Aha, er war Dir zu start, sagte ich lachend.— Ganz richtig. Jude hatte ich prächtig getafelt, und erinnerte mich, daß «8 nun Zeit zum Aufbruch sei. Ich rief dem Kellner um meine Nehnung. Er zog ein zierliches wohlduftendes Blättchen rosenfarbenes Papier (?) aus einem Porter­feuille, und im Nu hatte ich die Zeche­ zwanzig ul­ den Scheine. Jh erfjhradh — ih besah das theuere Papier — ich rechnete nach — die Rechnung war richtig, — zwölf Gulden die Flasche Tofayer, — acht Gulden das Efsen. — Aber mein Freund, ich Habe vom Tofayer kaum eine Viertelflasche getrunken ; der ganze Nest geht zurück. „Verzeihn’s Ihr Gnad’n, das i8 alleing, wird immer vor­zahlt." — Halb ärgerlich, halb bes­chämt über meine Kleinstädterei gab ich dem Burtchen zwei Dukaten; er eilte fort, zu wechseln, und ich hörte deutlich, wie er seinem Kameraden spöttelnd zurief: „das i8 g’wiß a Neubadener in Wien". — Sollte das mit theurem Geld meines Geldbeutes bezahlte Gold in der Slasche fahren, mich von dem Schlingel von Kellner wo obendrein auslahen lassen ? Der Gedanke stachelte mich — ich stürzte ein volles Glas hinab; es schmed­e mir jegt besser, wie vorher; ich trank ein zweites, drittens — da stiegen die Teufelsgeister aus der Slasche lustig empor und umschwirrten meinen­­ Kopf; ich sah den Kellner mit farkarti­gem Lächeln nahen, mir war, als flüsterten die Weindämonen mir Rache zu — ich that noch etliche Züge, und — als der Fellner kam, war zu seiner großen V­erwunderung die Zlasche leer. HD. Dem­ Fraser, fuhr der Erzähler fort, mußte bei meinem topiösen Diner Langeweile bekommen haben ; ich fand seinen Wagen vor den Hause. Ich schritt also wohlbedächtlich zu Fuße fort, und fühlte mich dabei ganz behaglich waren und heiter gestimmt. Die Bewe­­gung war mir angenehm, ich fragte und plauderte mir mit dem stets gefälligen nächsten besten Wiener, der m­ir begegnete, glücklich bis auf den Stephansplag. In der Nähe wohnte meines Bedünfens mein alter Scuk­a­­merad, und ich war für den Abend zu ihm gebeten. Der Mond fuhren hell; feine Strahlen schimmerten dur) das Filigran des alten Stephansthurmes, und ed kam mir vor, al wenn die großen gothischen Steinblumen, die hier in einen riesigen Strauß zusammen geflochten Kimmel an­streben, ihre Blätter alle in Silber getaucht hätten und in der frischen Abendluft ich wiegend, den Häusern und Straßen und Menschen in der Ziefe da unten noch den Nahtgruß zuminden wollten. Ich glaubte den Boden unter meinen Füßen in leiter Schwan­­kung, die eben von jener Bewegung des mondumflogenen Steinriesen herkommt, und schwebte so, von solchen poetischen Weinträumen getragen, etlichemal hin und her auf dem großen Plage. — Nun mich wundert, unterbrach ich den launigen Erzähler, dag Du in Deiner Benebelung, denn 8 war doch nichts anderes, nicht in Daums Kaffeehaus geschwebt bist, das allen Besuchern des Stephansplages (!) seine gashellen glanzvollen Räume einladend anbietet. — Ya wohl geriethb, ich auch da hinein, und zwar mit dem besten Borfage, den ich in meiner Lage nur immer faffen konnte. Bortfegung folgt.­ we 7 a FR mn ie pe . . » ·MLW.I..’-«(s«-s----.«-.-«J.«--.-«.k"1-.x..«».-»--Epde««.,:

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