Oedenburger Zeitung, 1882. Mai (Jahrgang 15, nr. 101-123)

1882-05-02 / nr. 101

trotzdem es nahelag,daß in demselben Augenblicke viele Hunderte an der Unglücksstätte schmorten«... Die Vernehmung des Feuerwehr-Kom­mandanten Adolf Wilhelm und des Requisitenmeisters Leo­­pold Herr förderte für den Gang der Untersuchung nichts Neues zu Tage.Daß sich der Erstere als ein,,unfehlbarer Amtlicher«gab,liegt in dem Spieß­­bürgerthum selbst;daß er sich nicht um die Rettung von Menschenleben,sondern nur um jene von Gebäu­­den kümmerte,will er mit seinen Instruktionen be­­gründen,und aus diesem Grunde erscheint es auch dem beschuldigten Feuerwehrkommandanten als etwas ganz unbegreifliches,daß man ihn vor das Gericht geladen.Herr,der Requisitenmeister,gab gelegentlich seiner Vernehmung,eine sehr lebhafte Darstellung der Feuerwehr-Exekution und war einige Male nahe daran, den Gerichtshof als Brandobjekt in Anspruch zu neh­­men.Uebrigens nahm­ Herr kein Blatt vor den Mund und erklärte dem Staatsanwalte zu wiederholten Malen, daß er kein Fachmann sei,mithin von der Spritze nichts verstehen könne. Nachdem die Angeklagten­ Vernehmung beendet worden,kamen die Zeugen an die Reihe. Da wir jene,­etwas Licht in die Sache bringende Aussagen des Gasoberinspektors Bandau schon er­­wähnt,so wären von den abgegebenen Erklärungen des bis zur Stunde einvernommenen Zeugen und noch jene von Interesse,welche der Architekt von Förster, dann der Stadtbauamts-V­izedirektor Arnberger,die Direktrize Völkl-Strampfer und Theatersekretär Gies­­ran abgaben. Zeuge Förster,der das Ringtheater erbaut, wies nach,daß die Miserabilität des Baues nicht auf sein,sondern auf Konto,des Stadterweiterungsfonds zu fegen sei. Er (Förster) mußte das, was, strenge genommen, neben­einander gehört hätte, über­einander thürmen; auf diese Art entstand dann die „Ringtheater-Boutique“ mit dem vielen Winter­­werk, den halsbrecherischen Stiegen, der lebensgefähr­­lichen vierten Galerie (welche eigentlich, der Höhe nach, den Namen einer fünften verdiente) und dem „ewigen Blasen des Ved­us aus vollen Baden." — (Die ein­­vernommenen Beamten des Stadterweiterungs-Fonds stellen ss auf den Standpunkt, daß der Eigenthümer des Theaters nur darauf zu sehen hatte, daß das Objekt ein weiches Erträgniß bringe, für die Sicherheit des Publikums hatten aber andere Leute Sorge zu tragen gehabt.) (dortjegung folgt.) Brunner stand nämlich in der That mit dem Büchs­­enmacher Wilhelm Müller in Liebesbeziehungen und erklärte auch ganz offen, daß sie entschlossen sei, Boniglo zu verlassen und gänzlich zu Müller zu ziehen. Sie verlieh auch die Wohnung des Schuh­­machers, konnte jedoch von demselben ihre Effekten nit erlangen. Boniglo faßte nun den Entschlas, seine Geliebte zu tödten. Als nun Sonntags vor­­mittags abermals Leopoldine Brunner wegen ihrer Effekten in der Wohnung ihres früheren Geliebten erlitten, fchierte Boniglo den anwesenden Gesellen weg, um Zigarren zu holen. Hierauf ergriff er ein großes ZLranchier-Messer und schlachtete die Brunner damit förmlich ab. Sodann zog der Nud­­lose seine Veteranenuniform an und stellte si dem in seinem Bezirke eben amtivenden Beamten mit den Worten vor: Jch habe meine Frau erstochen ! Die Verhaftung des Mörders wurde vorgenommen. + „Die Wiener Landwirthschaftliche Rei­­fung“ publizier seit Neujahr eine Portrait-Sallerie bon um die Land- und Forstwirthschaft Oesterreich- Ungarns verdienten Männern, die mit Ende April beim 34. Portrait angelangt ist. So bietet ung dies eine willkommene Gelegenheit dieses Blattes, das in Oesterreich seinen Rivalen hat und dessen Herausgeber an Strebsamkeit wohl von seinem Herausgeber eines Sachblattes übertroffen wird, wieder einmal zu geden­­ken und unseren Lesern aus dem Sreife der Agrono­­mie und Gedächtniß zu rufen. Die „Wiener Land­­wirthschaftliche Zeitung“ verdient die Theilnahme und Beachtung jedes Landwirthes und hat sie nie mehr als heuer verdient, wo sie in der That mehr und Schönes­te3 und Besseres bietet als je. Wagesweuigkeiten. + Blutige Arbeiterkrawalle fanden dieser Tage in der Gemeinde Sz­ö5illös (Hevefer Kor­mitat) statt. Von den 2000 Arbeitern, die bei der „Derveny-Abäder" Negulirungsgesellscchaft beschäf­­tigt sind, begannen, wie man dem „B. H.“ meldet, etwa 300 eine fürchterliche Prügelei. Sie rühten mit Grabfgeiten und Hauen aufeinander los und kämpften mit sold’ entfeffelter Wuth, daß drei todt auf dem Plage blieben und über vierzig Per­­sonen schwer verwundet wurden. Der Stuhlrichter verlangte telegrafisch Militärassistenz, da er mit seinen Banduren nichts ausrichten konnte. Die Prügelei wurde duch einen Streit während des Kartenspiels zwischen Dorotsmaer und Saruder Arbeitern veranlaßt und von den Landsleuten beider Parteien unterfragt und ausgetragen. Vierzig Sa­­ruder Arbeiter, die aktiv an der Prügelei theil­­nahmen, wurden verhaftet. + Josef Freiherr von K­aldiberg. + Aus Graz wird ung telegraphisch das Ableben des ehema­­ligen Leiter des Handelsministeriums und treuen Mits­arbeiters Schmerling’3, Josef Freiherr v. Kaldiberg gemeldet. Er starb in seinem 82. Lebensjahre, fast unerwartet; denn troß seines hohen Alters hatte exr­ © fit­ bis in die legte Zeit die volle Seiftesfrü­he und körperliche Rüstigkeit bewahrt. + Erste Siebenbürger Eisenbahn. Die Station „Siboth“ der Ersten Siebenbürger Eisenbahn­ wird vom 15. Mai d. J. an, statt der bisherigen Be­­­ennung den Namen „Allenger“ führen.­­ Attentat auf einen Eisenbahnzug. Aus Eilli (Südbahn) wird gemeldet, dag in der Nacht vom 27. v. M. vor einen in der Strecke Eilli- Store verkehrenden Lastenzug ein größeres Holz find in böswilliger Absicht quer über die Schienen gelegt worden ist. Glücklicher Weise entgleiste die Maschine nicht, sondern schob den Blodk vor si­cher, bis der Zug in der Station zum Stehen kam, wodurch ein unter Umständen sch­werer Unfall ver­­hütet blieb. Die gerichtlichen Erhebungen zur Erub­ung des Thäters sind im Zuge. + Mord aus Eifersucht. In Wien hat am Sonntag der Schuhmacher Ignaz Boniglo seine „Beliebte, die bereits 32 Jahre alt gewesene Leopol­­dine Brunner, aus Eifersucht erstochen und in unmittelbar nach verübter That selbst der Polizei gestellt. In der jüngsten Zeit gab es im Hause Boniglo’8 wiederholt Eiferjagtsszenen. Leopoldine­­ N Telegramme. Brüx, 1. Mai. Die Strike der Bergarbeiter wird seitens des Bezirkshauptmannes Braun als nunmehr volständig beendet geschildert. Die Wiederaufnahme der Arbeiten vollzog es angeb­­lich bereits in den Schachten Segen Gottes, Saronia, Washington, Guido und Georg allerdings mit zur Zeit noch vertringerter Mannschaft angesagt. Die Zusammenrottungen wurden vom Gendarmerie- Wachmeister Gättler auseinandergesprengt und Stirtende unerbittlich abgeschoben. Eine vom Ob­­mann des Arbeiter Fortbildungsvereines angemeldete Versammlung zur Diskussion über die Forderung der Arbeiter wurde verboten und eine Hausdurch fußung in den Vereins-Rofalitäten, jedoch resultatlos vorgenommen. Verhaftungen wurden vorgenommen. Ludwigsburg, 1. Mai. Die Gemahlin des Thronfolgers Wilhelm von Württemberg ist gestern am Sindbettfieber gestorben. Prinzessin Georgine von Walded (hies der Familien­name der Dahingeschiedenen) war am 23. Mai 1857 geboren und wurde dieser Tage von einem todten Kinde entbunden. Berlin, 1. Mai. Heute morgens ist Kaiser Wilhelm aus Wiesbaden eingetroffen. Allerhöcft derselbe ertheilte sofort Audienzen und empfing zuvörderst den Fürsten Orlom­ om, 1. Mai, Morgen Früh erfolgte die Abreise des Königs von Württemberg nach Stuttgart. Budapest, 1. Mai. (Privat-Telegramm.) Bon gestern auf heute Nachts verübten unbekannte Thäter einen Einbruchsdiebstahl im Fach. Seminar und raubten eine Werthheimkasse sammt 9000 Gulden Anhalt. Offener Sprechfall. Für unter dieser Nabh­t befindliche Artikel übernimmt die Redaktion seine Verantwortung. VON wie in Gegenwart des Dr. Atos Azari, Professor der Thierarzneiwissenschaft und Bevollmächtigter von der I. ungarischen Regierung seine erste Impfung in Kapu­­dar (Oedenburger Komitat). Zur Probe wurden 20 Stüd Hornvieh verschie­­denen Alters genommen, ferner 100 Stüd Merino- Schafe, 14 Stüd Hornvieh, die Hälfte hievon unga­­rischer, die zweite Hälfte deutscher Race, und 50 Schafe wurden geimpft. Außerdem wurde eine Schafherde von 489 Stüd zum Berfuche bestimmt, welche nach Bepreny gehörte, wo der Milzbrand damals herrschte und vielleicht Angesteckte sie darunter befanden — aus leiterer Zahl wurden 267 St. geimpft und 222 St. blieben ungeimpft. Am 10. Oktober fiel von obigen geimpften 14 St. Hornvieh und 50 St. Merinos, feines. Dagegen fielen von der DVepfenger Schafherde gleich nach der ersten Impfung 1, später 2, zusammen 3 St., und von den nicht Geimpften 1 St. an Milz­­brand. 5 Schafe wurden separirt gehalten, wo sie die Nahrung mit dem von an Milzbrand umgestandenen Thieren stammenden Blute bespingt, besamen. Am 10. Oktober wurden dieselben Thiere mit stärkerem Materiale geimpft. Bei dem Hornvieh kamen feine Veränderungen zum Vorschein. Von den 50 Me­­ring Schafen sind 6, von den 267 Stüben aber 10, u. zw. am 12. Oktober 1 © t., am 13. 4 S t., am 14. 1 .t., am 15. 3 St. und am 17. 1 .t. um­gestanden. Die vorgenommene Sektion erwies Milzbrand. Bei der dritten, am 22. Oktober vorgenommenen Impfung wurden außer den 20 Stüd Hornvieh und außer den noch gebliebenen 94 Schafen (46 geimpfte und 50 ungeimpfte) au­s Schwein mit dem Mate teriale geimpft. Die geimpften 46 Schafe blieben gesund ; von den anfangs Ungeimpften ist das erste Stüd 30 Stun­­den nach der Impfung verendet, weitere Fälle aber nach der folgenden Tabelle, Monat Tag Stunden. d. Impfung Mortalität Stud­io daß daher 48 von 50 ungeimpften verendeten. Das Hornvieh lebt und ist gesund. Betreffe der großen Mortalität" gelegenheitlich der Thuillier’schen Impfversuche gegen Milzbrand aus der Herrschaft Kapuvar (Oktober 1881) wurde in Betracht genommen, daß gerade zu dieser Zeit der Milzbrand unter den Schafen in Vepfeny geherrscht hat und die hievon Geimpften, zwar anscheinend noch gesund gewesenen, dennoch den Keim des Milzbrandes schon in sich getragen haben mochten. Dergleichen Thiere gibt es aber in Ungarn zu mehreren Tausenden, bei denen durch ungünstige Er­­eignisse der Milzbrand früher oder später ausbricht. Zu bemerken ist ferner, daß der Milzbrand im Oedenburger Komitate fortwährend, zu jeder Jahres­­zeit, größtentheils aber nur sporadisch auftritt. Die Ursache, daß größeren Dimensionen bis jet jederzeit vorgebeugt wurde, ist nämlich, daß in den Stallungen, wo Sterbefälle vorgenommen, die vorschriftsmäßigen heterinärpolizeilichen Maßregeln schnellstens durchgeführt wurden. Die Reinigung der infizierten Stallungen, Wechsel der Fütterung und des Wassers, vorgenom­­mene Bewegung, sehartiger Aufenthalt u. s. w. haben sich immer bestens bewährt. Die Berfuche des Jutterbefpiigens mit dem Blute von Thieren, welche an Milzbrand umgestanden sind, wurden auch schon vor vielen Jahren gemacht, und zwar hat man sogar die so ganz warme Milz von solch’ umgestandenen Schafen den Schafhunden verfüttert ; es zeigte si bei leiteren niemals eine Spur von einer Krankheit, dagegen sind öfters Fälle vorgenommen, daß Leute das gekochte Fleisch der an Milzbrand erkrankt gewesenen Thiere genossen haben, "an Milzbrand (Anthrax) erkrankt und gestorben sind, wie dies protofollarisch verzeichnet ist. Unter welchen Umständen und Verhältnissen sic­ die schädliche Potenz, sobwohl bei den akuten, wie auch, beim cronischen Milzbrand einstellt, obschon in dieser Nich­tung häufig Experimente gemacht wurden, ist biß jest noch nicht genügend fonstatirt. Sollte, besonders bei Schafherden und in Gegenden, wo der Milzbrand in größerem Mafstabe auftritt, die Schugimpfung mit Erfolg vorgenommen werden, so dürfte vielleicht die Nothwendigkeit in Bahn brechen müssen, jedes an­­scheinend noch gesunde Thier zu scarifiziren, um das Blut mittelst des Mikroskops zu untersuchen, damit nicht etwa durch die Impfung bereit Leidenden fünfzig­­hin eine ebenso große, ja vielleicht noch größere Mor­­talität fi) einstellt. Die Impfung bei Schafen, frommen Zug- oder Melk-Hornvieh vorzunehmen, bietet keinerlei Schwierig­­keit, dagegen dürfte beim Pußtavieh (aus der Gulga) Oktober 23. 30—37 Stunden n. d. Impfung 13 RR Bear­er RB 85,,»,,14 »26.100,,»,, 2 »Zusammen 48 Stück, erprobt bei Husten, Halskrankheiten, Magen- und Blasen­­katarrh. PASTILLEN (Verdauungszeicphen). Heinrich Mattoni, Karlsbad (Böhmen). Landwirthschaftliche Rettung. Saftern’sche Impfung gegen Milzbrand. Im Herbste (28. September) vorigen Jahres machte Herr Thuillier, Assstent des Heren Pasteur, ia ee. ee ee) He . ‚ug YA ’, ER

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