Oedenburger Zeitung, 1882. Dezember (Jahrgang 15, nr. 277-299)

1882-12-01 / nr. 277

setzt«oder abgesetzt,so Beamte,Richter,Advokaten. Jaer ging sogar so weit,den Gastwirthen und Besitzern von Konditoreien—(beiläufig der Ersatz für die österreichischen Kaffeehäuser)—aufzutragen, es müsse jedes politische Gespräch in diesen Lokalen, bei sonstiger Sperrung,sofort unterdrückt werden. Natürlich waren derartige Wi­­ßregeln nur unter dem Schutze des,großen Belagerungszustandes« möglich,und eines solchen erfreute sich Berlin vieler Jahre hindurch.Jeder ankommende Eisenbahnzug wurde,unter Assistenz von Gensdarmenant-Mi- Mär­,gleichviel ob bei Tag oder Nacht,von den Polizeikommissären untersucht,den Passagieren die Pässe abgenommen,die harmloseandividuen mit einem Passierschein versehen,die Verdächtigen aber zur Stadtvoglei eskortirt und ganz besonders »Ge­­fährliche gleich wieder per Schule in die Heimat zurückbefördert.——1 unter Manteuffels Regierung ward auch der berühmte Verfasser der Kriminal- Romane,Dr.Temme,gemaßregelt,abgesetzt,dann sogar Landesverwiesen,ferner der»Erzdemagog« . Dr. Johann Yasoby, der die „Vier Fragen eines Ostpreußen“ geschrieben und melder an den König Friedrich Wilhelm IV. die Worte gerichtet hatte: „Das ist das Unglück der Könige, daß sie nicht die Wahrheit hören wollen“, zuerst in contumaciam „zum Galgen und Rad“ verurtheilt, als er aber freiwillig aus der Schweiz zurückkehrte und si dem Gerichte, wegen der gegen ihn erhobenen Anklage auf Majestätsbeleid­igung, Landes- und Hochverrath lautend, präsentirte, vor die Gefhmwornen geftelt. Nach achttägiger Verhandlung­ [prachen ‚diese aber den „Mitfelhäter“ Johann Yaleby frei, das Ge­richt verurtheilte den Staat in die Kosten und ferner „im Prinzipe“ zur Zahlung eines Schaden­­erlaßes an den Freigesprochenen. Und da afoby die Sache beim Berliner Kammergerichte verfolgte, erhielt derselbe schließlich auch, wenn wir nicht irren, 20.000 Thaler ausbezahlt. Dieser Prozeß machte damals selbstverständlich Eoloffales Aufsehen, erregte einerseits maßlose Erbitterung gegen Man­­teuffel, veranlagte aber andererseits den Legieren, dem Könige Friedrich Wilhelm IV. vorzuschlagen, die Geschwornengerichte wieder aufzuheben. Merk­würdigerweise weigerte si der König aber so entscie­­den, Manteuffel’s Vorschlag zu akzeptiren, daß dieser nie mehr darauf zu sprechen kam. Neboch ließ er seine ganze Macht jenen Richtern fühlen, die, in Folge des Freispruches der Geschworenen, dem Hochverräther Valody „im Prinzipen einen Schadenerlag zuerkannt hatten. Dianteuffel’s Machtepoche dauerte bis 1858. Während der Jahre 1856 bis 1858 war er t­at­­sächlich der alleinige Negent in Preußen, da Fried­­rich Wilhelm IV., in Folge einer hier­mit näher zu bezeichnenden Gewohnheit, in Trübsinn, gepaart mit „heftiger Melancholie“, verfiel. Endlich sah die Königin selbst ein, daß Manteuffel es zu bunt treibe ; der jeßige deutsche Kaiser — (damals Prinz von Preußen, vom Hofe verbannt) — ward nach Berlin berufen, und in einem Emilienrathe zum „Prinzregenten” ernannt. Das war im Oktober 1858. Tags darauf erhielt Manteuffel seine Der­­ission. Noch­­ denselben Abend flüchtete er auf seine pommerschen Güter. Alliberal im Lande er­­tönte heller Jubel, und dieser mag damals dem „neuen Negenten“ vor Allem veranlagt haben, dem Bolte stillschweigend und wenigstens eine Zeit lang „fast ungebundene Freiheit“ zu bemilligen. Denn der Haß gegen Manteuffel kam ja­g dem Hohen­­zollern’schen Fürstenhaufe im Allgemeinen, wie dem Stellvertreter des Königs im Besonderen, zu Gute. Letst hat also der ehemals Allmäctige, der Biergefürchtete, und zulegt ganz Verschollene sein Haupt zur ewigen Nähe gebettet. Was er gethan, oder vielmehr an den von ihm „Üegierten“ vers­phroden, gehört der Geschichte an. Segensworte werden aber trotdem den Sarg Manteuffel’s nicht begleiten, und wahrscheinlich selbst Diejenigen, denen er „zu dienen“ „geglaubt, dürften kaum ein Wort der Anerkennung für den Dahingeschiedenen finden, weil die Geschichte und das Volk zugleich über den „Bolfsverächter“, den „autokratischen Partisan” den Stab gebrogen. — — Ob jene Staatsweisen, welche heute in Mitteleuropa all­mächtig sind, sich an Manteuffel’d Laufbahn und Ende ein Beispiel nehmen werden? Wir glauben kaum. Aber die Wölter sollten daraus Die Lehre ziehen, daß auch für­ den Gefürchtetsten und Allmächtigsten die Stunde der Vergeltung kommt, welche dann "demselben, wenn nichts Anderes, die Bezagtuung Aller sicher und gewiß auf den Dedel des Sarges legt, war Beh FAEES alte Perl schritt finstern Blides im Stäbchen auf und nieder. Er hatte gar bald den Weg hieher ges­tunden. Die Yama hatte ihm das Geschehene ins Ohr geraunt, und die Bitterkeit ihm den Wander­­stab in die Hand gebrüdt. — Wo ist deiner Schwester Krone hingefom­­men? trug er zornig die Eintretende. — Man hat sie ihr abgeschnitten ! — Sprach Käte trogig und trat vor das Bett, ald wollte sie Lene fliügen die demwußtlos darinnen lag. Port fchwieg. Plöglich richtete sich sein ver­­glastes Auge auf Käte. — Und dein Haar ? —­­h sonitt er ab! — sprach sie zaghaft und holte Hinter ihrer Schürze die Arzneiflasche hervor. Der Alte seufzte, dann bliete er lang, bald auf die eine, bald auf die andere seiner schönen Töchter. Die eine, die dort steht, ist roth wie eine Rose, die andere die dort stöhnt, ist weiß wie eine Rilie. Und doch dauerte ihm die Mose zuerst. Er näherte si ihr, streichelte ihre Furz gefragten Loden zärtlich und liebevoll . — Mein armes Käthen! Dir wird das Haar fon wieder wachen, vom Lage, O vom Allerhöchsten Hofe. Aus Budapest kommt uns die offi­ziel sein sollende Nachricht zu, daßs der Hof definitiv am 15. Dezember nach der Dfner Burg übersiedeln und bis 20. Jänner da weilen wird. Das Kronprinzenpaar trifft­ am 23. Dezember in Budapest ein. Auch Ihre Maje­­stät die Königin sol auf Alfergöd­t­ Ihren be­­reits besclossen gewesenen, diesjährigen S Jagdaus­­flug nach England und Irland bereits ver­zichtet haben; da die Majestäten mit den in­­ländischen Jagden viel zufriedener sind­­en werden demnach die Hof-Parforcejagden heuer im Jänner wieder aufgenommen werden. O Gambetta wurde am 27. d. in Paris von einem schweren Unfall betroffen. Er hatte Mor­­gend zeitlich in seinem Reinen Hause in der Rue St. Didier einige Besucher empfangen, und als diese sich entfernt hatten, nahm er einen Revolver zur Hand, um dessen Mechanismus zu prüfen, ob derselbe gut im Stande fi befinde. Durch eine unvorsichtige Bewegung ging einer der Schüffe los. Die Kugel drang in die linke Handfläche hinein und glitt längs des Armknochens unter der Haut hart bis in die Nähe des Ellbogens, wo sie wieder heraustrat. Die Verlegung wird übrigens ohne ernstere Folgen für den hohen Patrioten geheilt werden können.­­ Ernennungen. Oestern sind die königlichen Handbilette­ erschienen, Fraft welcher die von uns bereits gemeldeten Ernennungen des Fünigl­­ungas m­it den Obersthofmeisters und Oberst­­stallmeisters offiziell verlautbart werden. Gleichzeitig hat Seine Majestät der König den f. f. Major und Kommandanten der E. Ef. Leibgarde­­reiter-ESkadron. Adanı Berzemwiczy de Berze­vicze et Kafas-Lomnig zu seinem ersten Stallmeister ernannt. £okal-Reitung, Unzukömmlichkeiten in unserem W Muni­­sipal-Ausschisse. (Schluß.) . Denn im beregten, unqualifizirbaren,­­nach dem spielbürgerlichen Diktionär aber: „wohl weislich" benamteten) "Borgange, sehe ich nicht nur die Mißachtung der Wähler, — ich sehe darinnen nicht nur die Usurpation der durch den Wahlakt erlangten Rechte, nein­ ich sehe da­­rinnen mehr — und dies alter irt mir am meisten — die Bezießung des Gelegen­heiten­ Intention darin fulminirt, daß Die Hälfte des Ausschusses aus Personal-Berechtigten, die andere Hälfte aber aus Repräsentanten der Wahlberechtigten bestehen soll. Die Wahl der Ausschußmitglieder geschieht bes­tam­tlich bei und in drei Bezirken. Die man allgemein weiß, sind von den hier bei stehenden drei Wahlbezirken, im zweiten und dritten die Anhänger der Bolfspartei die über­wie­­gendsten und diese Partei hat auch in dem feßt benannten Bezirken, nicht nur bei der legten allgemei­­nen Wahl, sondern auch schon bei der früheren, alle ihre Kandidaten mit großer Majorität zu Ausschug- Mitgliedern erwählt. E3 fan und fol nidyt der Zweck dieser meiner Expettoration fein, erst no zu erörtern, worin sie die Roll- oder Unabhängigkeitspartei, von der s­ogenannten „liberalen“, eigentlich aber den Egoismus huldigenden und der Regierung gegenüber serbilen Partei unterscheidet. Ich begnüge mir damit, hier bloß zu fonstativen, daß die Bosf3­­partei immer und überall­ im Rathhaus­­saale sowohl, wie bei ihren auswärtigen Ak­­­tionen, also in den politischen, wie in den kommunalen, ökonomischen und füoyıur: Fragen) zielbewußt, offen, entschlosse im oppositionellen Gimme auftritt, wirft Sie thut Dieß nicht aus „Eitelseitssige wie ihre Gegner mit eiserner Stirne behaupten, so dern auf Grund innerster Ueberzeugun in Folge eines tiefgefühlten freiheitliche Dranged, in Rücksicht auf den Nothscreid gedrüdten Bolfes und Jonad aus purer .. Menschenpflicht. Diese eben kurz flizzirte Tendenz der Bolf­­partei ist seine neue, aus bloßem Widerspruch­geist entstandene, sondern sie bestand von jehe also an­chhon bevor die legten Wahlen stattgefi den haben. Mithin haben die aus den zwei fepten Wa’ Kam­pagnen hervorgegangenen Mandatare d Bolfspartei von diesen Tendenzen ii dem zu behauptenden Standpunkte nn nur Kenntniß gehabt, sondern sie haben sich die­ Parteirichtung freiwillig angeschlossen , sind deshalb, ja­ bloß deshalb von ihren Kı­fratern, a Gesinnungsgenossen geme worden. Nur auf Dieser Basis genießen sie fon die Berechtigung Mitglieder des Munizipalaı Ichusses zu sein. Sollte dieß geleugnet werden wollen, bin ich, erbötig (als Damals gewesener Wa­ präses) dem Beiweis zu liefern, daß»­chon mir gemeinten Herren dannn bei der Rollspartei noch die „Leithe­bel“-Rolle spielten, Allein trug: die gekennzeichneten, von jenen ( abtrünnigen) Herren damals einbek­annt Standpunkte, der ihnen ihre Wahl Seitens der treffenden Gesinnungsgenossenschaft, zu Ausschuß mitg den ded zweiten und dritten Bezirkes erwirkt­­ haben sie nun ihre Partei verlassen und wer­b­en! — denn sie sind (ohne hierüber mit 11 Wählern si verständigt, deren Rath und Einwillig eingeholt zu haben) von der Rolfspartei in „Liberale“ Partei — somit in das Tag der Gegner — übergegangen und d­­en dort als „Lanztnechte" heute noch, überall in Allen, wider ihre früheren Genossen und ge­genen Wähler .) Mir fällt es wirklich nicht ein, den frei Willen der Menschen in Ketten schlagen, Necht der Selbsbestimmung und Selbstentsc­eit Jemandem streitig machen zu wollen: ich denke­­ daran Den oder Seien der vollkommenen Frei seiner­ Ansichten und seines Handelns zu berauben, gestehe vielmehr performell Berechtigten un­­dDingt das Recht zu, was immer für ein pr­üd­es, kommunales und soziales Glaubensbekenntniß, jeder Gelegenheit unangetastet abzulegen und zu fechten, aber Diejenigen, die nur bedingen weise, wenn sie nämlich, den­ sie gewählt haben Mitbürgern in allen Fragen zur Geite stehen,­­ jenigen müssen der ursprünglichen­­ ficht und Gesinnung treu bleiben, müssen zu ihren Wählern halten, deren Einwilligung zu einer Schwenkung vorerst holen. Wo nicht, ist ihr Verhältniß de fakte , und sie sind­ ihres Mandates verlustig. IH verarge — nachdem ich es schon lange lernt und selbst im­ Leben erfahren habe, day auf verschiedenen Wegen nach Rom gelangen Fann den Betreffenden durchaus nicht, daß sie ihre An­ten geändert, ihre Wieberzeugung um­staltet und ihre Parteistellung gew­ielt haben, sondern ich finde das unstatthaft mit der politischen Moral unvereinbar, das jet sich Fälschlich, als personell Bered betrachtend, gegen ihre Wähler auftreten, ohne selben bis heute von ihrer vollzogenen Gefinnun änderung und P­arteiwechßlung gel verständigt und die Gutheißung bdieses‘ Schritte von ihren Kommittenten eingeholt zu . Es ist ein Mißbrand ihres Mandates, da sie noch heute im Munizipalausschuße als Re­­sentanten ihrer Wähler geli­en. Wäre ein solches Verhalten — das jedoch litisch und moralisc verwerflich ist — läsfig, so würde die bloß übertragungsmwe erhaltene Berechtigung, die Gewählten mit Bibdlisten gleichstellen und Ersteren das *) Der einzige scheinbar (nur [cheinbar­ treffende Vorwurf, welcher gegnerischer­seits der Red der „De­denburger Zeitung“, gemacht werden kann, I darin, daß sie sich zu einer Schwenktung von rechta­­ ints entschlossen habe. Die „Dedenburger Zeitung“ sich nllemals der „liberalen Partei” verwunge­habt, sie hat si die Freiheit ihrer Meberzeug tet8 gewahrt und diese, nur diese führte sie vor Jahren aus vom Lager unausgeregter, systemati­kurüdjegungen, aus dem Lager solcher Leute stets nur „gelobhudelt“ und Nieman­den als si­e die gebührenden Rücfichten erweisen wollen, die nur wenige anstreben, was ihnen zu Fuß ist, unbestimme:­t um, ob das Volt darunter leidet oder nicht — au Kampfplag der Volkspartei, . . SE rei

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