Oedenburger Zeitung, 1883. November (Jahrgang 16, nr. 250-274)

1883-11-01 / nr. 250

ERBE FRSLEN NR zu­ sind gen Süden gezogen, um in milderen M­imaten ihre Nester zu bauen; der mitteleuropäischen Menschheit ward aber, wie alljährlich, die Steuer­­bewilligungssession beschieden. Denn Diejenigen, welche das Wohl des Volkes zu ver­­newern, als ihre heiligste und größte und erha­­benste Aufgabe betrachten, sind vollzählig und ge­­sund und freudestrahlend zurückgekührt...... Gibt es jemanden Denkenden in Mitteleuropa, den bei solchen Erwägungen seine Allerseelenstim­­mung überkommt ? Aber auf Allerseelen folgt dereinst da wieder auch ein Neues Jahr, eine neue Auferstehung der Natur und in der Natur. Das ist der einzige Trost für die Menschheit. Und wenn jeßt die Mutter Erde sich für den Winterschlaf vorbereitet, so wissen wir, daß sie im nächsten Lenz zu neuem Leben erwachen wird; daß sie also jegt für eine neue, bessere Zukunft Kräfte sammelt. Dieses Beispiel muß auch der ringenden und kämpfenden Menschheit den Muth verleihen, aus­­zuharren, sich in Geduld zu fügen. Denn es wird,­­ muß auch für sie eine bessere Zeit kommen, ein neuer Tag anbrechen. Denn das, was jene Hochmögenden und Großmächtigen, die mit dem Wohle des Volkes spielen, fest fäen, wird dereinst aufgehen und in die Halme fliegen und tausendfältige Frucht bringen, weil noch jede wahre Freiheit aus — — dem Drude und Wahnsinne des Despotismus ent­­sprang, an he la un Y Unsere gemeinsame Armee. Dedenburg, 31. Oktober. Es wird gewiß Viele Interessiren, wie nach den Erklärungen des Reichsfrieggministers unser Heeresbudget beschaffen ist. Die Erhaltung der gemeinsamen Armee unter gewöhnlichen Ber­­hältnissen kostet 95.537.000 Gulden. Hievon wer­­den die Offiziers- und Mannschafts­­gebüh­ren gezahlt für: Einen Feldmarschall, 11 Feldzeugmeister und Generale der Kavallerie, 58 Feldmarschall-Lieutenants, 107 General-Majore, 276 Oberste, 314 Oberstlieutenants, 622 Majore, 2318 Hauptleute und MWiitmeister erster Klasse, 1118 Hauptleute und Rittmeister zweiter Klasse, 3884 Oberlieutenants und 3595 Lieutenants, zus­­ammen sonach 12.302 Offiziere. Die Zahl der Militär - Geistlichen, Auditore, Militärärzte und Truppenrechnungsführer beläuft fi auf 1609, jene der Militärbeamten und Professoren auf 1415. Endlich gibt es noch verschiedene Gagisten ohne Diätenklasse in der Anzahl von 493. Die Ge­sammtzahl der Gagisten der Armee beträgt sonach 15.909 Personen. Die Mannscaft, d. h. die Un­­teroffiziere und die Soldaten, machen 251.179 aus. Nun kommen zu diesen Gebühren noch die sonsti­­gen Heereserfordernisse. Diese sind pro 1884 um 632.000 fl. höher als im Vorjahre. Warum? wird der geehrte Leser fragen, ist eine Vermehrung des Truppenstandes eingetreten ? — Nein. Ohne mit Details ermüden zu wollen, sind wir im Nacstehenden bereit, in kurzen Wor­­ten die Verwendung der duch die uns auferlegte höhere Militär - Erhaltungslast hereinzubringenden Summe zu sfizziren. Da treten denn vor Allem 221.000 fl. in den Vordergrund, welche zur achtwöchentli­­hen Ausbildung der Erfagreserpi­­sten des Stellungsjahres 1883 gefor­­dert werden. Die Verfügung, daß fürderhin auch die Erfagreservisten eine achtwöchentliche Ausbildung erhalten müssen, basirt auf dem im Jahre 1882 geschaffenen Gehege über die Reform des Landheeres. Die Zahl der Auszubildenden be­­trägt 9272 Mann, der Mehrbedarf an Löhnung, Naturalienverpflegung, Menage und anderen Be­­dürfnissen ist im Budgetvoranschlage detaillirt be­­gründet. Daß ed vom Standpunkte der Schlag­­fertigkeit der Armee besser ist, wenn die Erfaß­­reservisten ausgebildet werden, als wenn sie erst während des Krieges abgerichtet werden müßten, liegt wol auf der Hand. Wer den Zweck will, muß auch die Mittel wollen. In ganz ähnlicher Weise wird auch die Errichtung eines neuen Remontendepots motivirt, welches eine Mehr­­auslage von 50.000 fl. erfordert. Der bedeutendste, auch vom prinzipiellen Standpunkte bemerkenswerthe Mehrbedarf zeigt ss bei den Waffenübungssbuslagen. Bis­­her betrugen diese alljährlich 750.000 fl. In Zu­­kunft sollen sie dauernd auf eine Million abgerundet werden. Der Kriegsminister behauptet, die jährliche Vornahme von Operationen zweier gegen­einander auftretender Korps sei unbedingt nöthig und beruft sich hiebei auf das Beispiel aller anderen Großmächte. Einer Mehrforderung von 100.000 fl., bes­­egnen wir bei dem Zitel der Nemontirung, außer dem früher erwähnten neuen Nemontendepot. Se jäherig wachsende Schwierigkeit, ein vollkommen gutes Material an Reitpferden zu erhalten, dadurch be­­seitigen, daß er den Affenk­ommissionen die Mög­­lichkeit bieten will, Züchtern, welche besonders gute Pferde vorführen, eine Prämie von 25 fl. per Pferd zusommen zu lassen. Da der Bedarf jähr­­lich beiläufig 4000 Pferde beträgt, verlangt er zu obigem Zwecke in runder Summe eine Art Dis­­positionsfond von 100.000 fl. Die Absicht des Kriegsministers wird bei den Pferdezüchtern gewiß seiner Opposition begegnen , wenn die Löbliche Absicht des Ministers nur in der Praxis durch verschiedene Kunststücke nicht vereitelt wird. Wir befürchten, daß von diesen 100.000 fl. die eigent­­lichen Züchter den geringsten Nagen haben werden. Am wichtigsten und zugleich am wenigsten anfechtbar erscheint uns die Mehrauslage von 81.000 fl. bei Bemessung der Auslagen für die Mannschaft sfost Ob dafür der gemeine Mann wirtld mehr zu offen bekommen werde, wissen wir allerdings nicht, ja wir möchten es sogar bezweifeln, den die 81.000 fl. dürften eher darauf zurückzuführen sein, daß eben die Viktualienpreise — insbesondere das Rindfleisch — im Allgemeinen gestiegen sind. Sollte aber wirklich daran gedacht werden, den Mann besser zu ernähren, so zahlen die Steuerträger gewiß­willig diesen Mehrbedarf, denn wenn wir fon unsere besten Löhne auf Jahre hinaus entbehren müssen, sie harten Strapazen, einem sklavischen Dienste, mit­­unter unerhörten Anstrengungen und eventuell so­­gar der Lebensgefahr, oder des Verlustes ihrer Gesundheit ausgefegt wissen, so wollen wir m wenigstens dessen gewiß sein, daß sie unter nor­­malen Verhältnissen, inmitten des Friedens nicht hungern müssen. Uebrigens behält si das Ministerium bezüg­­lich der Naturalverpflegung ausdrücllich das Not vor, falls die Preise höher ausfallen sollten als sie berechnet wurden, einen Nachtragskredit in Anspruch nehmen zu dürfen. Wir haben hierauf seine Bemer­­kung und erwähnen diese Details nur, um darzuthun, daß gerade mehrere der größten Budgettitel auf einer ziemlich problematischen Grundlage ruhen und das er ein dur die Erfahrung durchaus nicht gerecht­­fertigter Optimismus wäre, das Präliminare als das Maximum des Bedarfes unserer Landarmee anzusehen. E. M. EN are ee A eare Vorgehen gegen Rußland nicht für opportun­eragtet. O Die ungarische Delegation in der elektrischen Ausstellung. Die Mitglieder der un­­garischen Delegation sind unter Führung des Präsidenten Kardinal Haymald und des Vizepräsidenten Ludwig Tiga am Montag um 8 Uhr Abends beim Studportale der elek­­trischen Ausstellung angelangt und­­ wur­­den duch den Grafen Wilczer und Baron Er­­langer empfangen und in der Ausstellung herum­­geführt. Die Delegirten besichtigten die Telephon­­kammer, das Mikrophon und das Asphaleia­s Thea­­ter, wo gerade die dritte Vorstellung stattfand. Lcl­eßlich wurde die Möbelabtheilung besichtigt, und nachdem Kardinal Haynmald sich im Namen der Mitglieder bedankte, verließen die Delegirten um 10 Uhr die Ausstellung. Dem Tage. Aus den Komitaten. Bernstein, am 30. Oktober. (Komitat$­­Wahlergebniß). Wie allerwärts im Eisenbur­ger Komitate, wurde am 29. d. M. an in unserem Wahlbezirke die Wahl dreier Komitatsausschuß-Mit­­glieder vorgenommen. Von 196 abgegebenen Stim­­men fielen auf Herrn Anton v. Szerdahely aus Paty 169, auf Herrn Franz Haam herrschaftlicen Verwalter in Jon­mannsdorf 152 und auf Heren Johann Mayer junior, Gastwirth in Bernstein 139 Stimmen. Mit der Bekanntgabe­­­ieses Wahlresultates künnte eigentlich mein heutiger Bericht erschöpft sein, doc gab es bei dieser Wahl so in­eressante Agitation d­­erscheinungen, daß ich nicht umbchin kann, dieselben hier mit einigen Worten zu charasterifixen. Dir brauchen nämlich niemals um einen Wahl­­kandidaten besorgt zu sein, dieser Mühe sind wir über­­hoben. Er hat nämlich ein gewisser Herr Tugen taller aus Ging ein so großes Interesse und eine so besondere Vorliebe (ob aus patriotischem Antrieb ?) für unseren Bezirk, daß er vermöge seiner Konnersonen mit den Maßgebenden hiesigen Ortes fast bei jeder Komitatsausschußwahl uns nur nur mit einen Wahl­­kandidaten versieht, sondern selbst dafür Sorge zu tragen weiß, einen von ihm „anrekommandirten" Kandidaten a“ durchzubringen. Natürlich haben unsere Wähler nach der Pfeife unserer Maßgebenden tanzen müssen, (wil’s ja feiner mit diesen verderben !) und wir haben groß aller früher lautgewordenen Betfäge , seinen, außer­­halb unseres Wahlbezirkes unwohnhaften Vertreter zu wählen — heute abermals das Bild einer moralisch und physisch Beeinflugten Wahl vor ung ; man hat heute abermals eine solche Persönlichkeit (ohne dieser in irgend­welcher Hinsicht nahe treten zu wollen) in den Komitatsausschuß delegirt, von der wohl alle Wähler sagen müssen: „Wer ist dieser Herr von Szerdahely? Yh kenne ihn nit!“ Und doc 169 Stimmen! Aber nein! Nicht das Volk hat ihn gewählt, sondern der obgenannte Herr Tugentaller und sein Anhang. Wie leicht ist das Volk zu füdern und zu beein­­flußen ! Armes, bethörtes, irrregeführtes Volt, Du tritfst eined Deiner herrlichsten freiheitlichen echte, das Dir der Staat einräumt mit Füßen, Deine politische Ueberzeugung hast Du um einige Liter Wein feil! Und Du willst dann noch Hagen über schlechte Verwaltung, hohen Steuerbrud zc, und weißt nicht, daß Du selber durch Deine Indolenz und Deinen Leichtsinn bei Ausübung der politischen Rechte — Dein Elend verschuldeit ? Ein lebhafter Beweis für die Wahrheit des mwartanstalten Wiens und Umgebung 200 fl.yvertrf@ases: „Unser Bolt ist politisch noch nicht reif!" “. “ Allerhöchste Auszeichnungen. Mit Aller­­höchster Entfehlierung vom 25. Oktober wurde dem Ohdbergespan de Szabolcser Komitats Sofef Oraeff für seine als Obergespan geleiste­­ten eifrigen und erfprießligen Dienste tarfrei das Ritterkreuz des Leopoldo-­ordens verliehen. Ferner hat Seine Majestät der König den Major des Generalstabskorps und Militär, Artah& bei der Gesandtschaft in Belgrad, Her­­mann Pinter, als Ritter des Ordens der eiser­­nen Krone dritter Klasse, in Gemäßheit der Ordens­­statuten, in den erblichen Ritterstand erhoben.­­ Spenden der Königin. Ihre Majestät die Königin hat an 3000 fl. für wohlthätige Zwecke aus ihrer Privatlaffa bewilligt, darunter dem Frauen-Wohlthätigkeitsvereine für Wien und Umgebung 800 fl.; dem adeligen Frauenvereine zur Beförderung der Guten und Notliden in Wien 500 fl.; dem Zentralvereine für die Kinder- Zentralvereine für Kostkinder-Beaufsichtigung und Krippen in Wien 200 fl.; dem Frauenvereine für Arbeitsschulen in Wien 200 fl.; dem Wiener Wohl­­thätigkeitevereine für Hausarme 100 fl. ; dem Asyl­­vereine für Obdachlose in Wien 100 fl. ; den barm­­herzigen Schwestern in Wien 400 fl. u. f. w. O Aus den Delegationsberaifungen in Wien. Die legte­­itung des Budget-Ausschusses der österreichischen Delegation stand an sen­­sationellem A­nteresse weit hinter derjenigen der ungarischen Delegation zurück. Es war vor­­auszusehen, daß den Erklärungen, die Graf Kal­­hofy in der ungarischen abgegeben, unfehl­­bar Dementis und Abschwächungen nachfolgen wer­­den, die denselben allerdings kaum etwas von ihrer Bedeutung nehmen dürften. Graf Kalhofy hat es in der österreichischen Delegation für fünftliche Inter­­pretationsversuche und Deuteleien erklärt, wenn man annimmt, er sei aus seinen Worten hervorgegangen, „man müsse gegen Rußland auf der Hut sein.“ Diese auf friedliches Einvernehmen mit der Negie­­rung des Ezaren deutenden Erklärungen unseres Ministers des Aeußern bedeuten offenbar, daß in den legten zwei Tagen ein lebhafter Depeschen­­wechsel zwischen Friedrichsruh und Wien stattgefunden und Graf Kalmory seine neuesten Heußerungen im Einvernehmen mit dem Fürsten Bismarc gethan, der ein verlegendes Sortießung in der Beilage. Telegramme. Budapest, 31. Oktober. In dem Zirkus­­gebäude nächst dem Neugebäude ist gestern ge­­gen 6 Uhr Abends Yeuer ausgebrochen. Die Flammen griffen sehr rasch um sich. Nach Verlauf von weniger als 15 Minuten stand das weit­läufige Gebäude in Flammen Die städtische, die freiwillige und die Mühlen Feuers­wehr waren alsbald zur Stelle. Es gelang den vereinigten Bemühungen, von Brand zu lo= falifiren Kein Menschenleben ist zu befragen, auch die Pferde wurden geret­­tet. Der Zirkus war ein großes, weitläufiges, durchgehends aus Holz bestehendes Gebäude, wel­­ches vor vier Jahren von Nenz erbaut wurde und gegenwärtig von der Gesellscchaft Herzog ges­paltet ist. Das Gebäude stand inmitten eines großen leeren Planes, welcher als Holzlagerplag be­­nügt wird. Criest, 31. Oktober. Der bekannte Könige­attentäter Parsanante farb plöglich im Bagno von Porto Ferraio durch Selbstmord. Budapest, 31. Oktober. Bei Ministerpräsi­­denten Tipa fand eine zweistündige Konferenz

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