Oedenburger Zeitung, 1884. Mai (Jahrgang 17, nr. 101-126)

1884-05-01 / nr. 101

Sa ne 7 urger3eifung. (VBornmals „Diedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Forttritt zur Ehe! — Bebrühten zur Mehr” — Der Wahrheit eine Gaffe.“ — Das Blatt erjeint täglich, mit Ausnahme deB auf einen =­onn= oder Treiertag folgenden Tages. Srum­merations: XPreise: Roco; Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl., Bierteljähri, Be Bocas Sera 1 bang 7 ° Pec­icken Für Auswärts: v jährig 1 Ri. Despiltes 7 fl., Biertel= jährig 3 . Alle für das Blatt Bestimmte Sendungen, mit Ausnahme son. Inf­eraten, Bräm­merations- und Aufertionsgebühren, sind an die Nedaktion portofrei einzusenden. Administration, Hering und Inseratenaufnahme: Buch­ukerei E, Nomtvalter & Sohn, Grabenrunde 121. WE Einzelne Nummern Rotten 5 Kreyer. uU Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Wall- Aiagafie 10, 4. Oppelit, ı., Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, 1., Wollzeile 12, R. Moffe, Seilerstätte 2, M. 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Zwölf Jahre nach Schaffung des bisherigen Gewerbegefetes, zwölf Jahre nach der gejeglichen Decretirung der Gewerbefreiheit , die mit dem 1859er Gewerbe­patent verfügte, war eine aus Ungarn auf oktroyirte — erhält also ein neues Gewerbegefeg Kraft, wird die unbedingte Gewerbefreiheit einigermaßen ein» geengt. &8 ist das ein bedeutsames Geschehnig im unserer wirtschaftlichen Entwiclung, zu den inte­ressantesten Excursen über den Wandel der Zeiten, über die Flustuationen in den Stimmungen und Strebungen der Wölker und Stände überreiches Material bietend. S So hätten denn die Gewerbetreibenden Uns­garns ein durch ein ganzes Dezennium unausgejeßt angestrebtes Ziel erreicht: Das 1872er Gewerbes­geieß ist veridirt, umgeändert, die ihnen anstößig­­sten Bestimmungen desselben­­ sind beseitigt oder do modifizirt und fortan werden sie zu Klagen über die Gewerbegefeggebung kaum irgend melden Anhaltspunft haben. Es ist jedenfalls mit dem neuen Gewerbegefeg nicht so mancher Stein bed Anftages entfernt, es ist al ein wichtiger Worts­chritt in der Uimmgestaltung der gewerbligen Or­a errungen. Denn Xhatfade ist, das mit der Defreib­ung der G­ewerbefreiheit im Jahre 1859 und vollends 1872 allein lange nicht das Wort vollendet war, welches die Leseggebung zu ver­­richten hatte. Die» Befreiung des Gewerbes vom Innungszwange, von dem Drude des Zunftgeistes, die Anerkennung der gewerblichen Freiheit, der Freiheit der Arbeit, war ohne Zweifel ein groß­­artiger, weittragender Schritt, eine That. Dog sie war blos eine negative That. Der positive Theil blieb aus, da man nach dem Niederreißen der Vors vete und der zünftlerischen Institutionen nicht das nothwendige Surrogat für Dieselben, eine neue Gewerbeordnung, eine neue Gewerbe-Organisation schuf. Die Gewerbes Freiheit war bis heute, wie ja oft und mit Mecht gefragt worden, noch seine Ger­werbe-Ordnung, und die beseitigte Zunft-Organi­­sation harrte eines zeitgemäßen, sich ihr natürlich anschliegenden Erlages, eines neuen Aufbaues des Gewerbestandes, der in sich zerfallen dastand. Mit dem neuen Gewerbegefege ist endlich diese unent­­ehrliche, seit einem Dezennium schwer vermißte Ergänzung der 1872er Reform geschaffet. Dem Bewerbestande wird zwar die alte Gliederung, jene in Dienster, Gesellen und Lehrlinge, aber unter zeitgemäßeren Formen, gegeben und innerhalb der­selben wird für eine strammere Disziplin, für ein festeres Aneinanderschliegen aller Angehörigen des Gewerbestandes gesorgt. Die Lehrlinge werden nicht mehr zuchtlos, förmlich „wild wahsen“ können, es wird vielmehr für ihre Ausbildung eben­­so sehr wie für ihre angemessene Disziplinirung gesorgt. Die Gesellen werden durch mannigfacige Anräte einer verständigen Gewerbepolitik den Arbeitgebern und ihrer Korporation nahegefragt und all ihr Wohl, wie es in den früheren Zünften in der der damaligen Zeit entsprechenden Weise geschah, wird durch die Errichtung von Krankenwasfen u. s. w. gesictert. Die Meister endlich. keine „Zünfgulden- Meister" mehr, sondern Leute, die ihr Gewerbe erlernt haben müssen, werden nit mehr jeder für sich und einer gegen den anderen fliehen, sondern sie werden, im eine große Korporation Vereinigt, wieder einen wirklichen „Stand“ bilden, einmüthig für die gemeinsamen Interessen des Gewerbe» standes fo sorgen und mühen. Das Bürgerthm­ wird nur mehr ein ideeller Begriff sein, sondern in den Gewerbekorporationen leibhaftig in die Ers­cheinung treten und si ohne Zweifel wieder mit jenem G­ewichte geltend machen, das das Bürger­tum vordem zu einem so mächtigen Faktor des sozialen ebens gestaltete. Doch eben hier liegt die Nothwendigkeit vor, eine ernste, nachbrüchliche Mahnung an die Gewerbe­­treibenden zu richten. Bisher konnten sie mit manc­hem Nechte, aber vielfach auch mit Unrecht, der G­efeggebung die Schuld an dem Zerfalle des Ge­­werbestandes zu schreiben. Da keine hinlänglichen Machtmittel zu Gebote standen, alle Gewerbes­treibenden in den Genossenschaften zu vereinigen und diese Genossenschaften auch nicht jene Diss­ziplinär, Gewalt und überhaupt nll jenen Wirkungs­­freie hatten, die ihnen einen ersprieß­lichen Einfluß sicherten, konnten die Gewerbetreibenden mit mehr weniger Berechtigung ihre Hände in Unschuld waren. Das ist gewaltig anders geworden. Die falultative Z­wangs-Genossenschaft, die nämlich mit Zweibrittels Majorität der Gewerbes­treibenden zu befhliegende Gewerbekorporation, ist eine ganz andere Institution, al die freiwillige Gewerbegenossenschaft. Ihr müssen alle dasselbe Gewerbe betreibenden Arbeitgeber angehören, es wird sich seiner von ihnen den Korporations-Ver­­pflichtungen entziehen können. Was aber nur weniger wichtig ist, dag die Gewerbekorporation behördlichen Charakter betreffs der Gesellen und Lehrlinge besigt und mit behördlicher Autorität und Disziplinargewalt die Ordnung zwischen den Ges­werbetreibenden, ihren Gehilfen und Lehrlingen ein»­zuführen und aufrechtzuerhalten hat. Das ist e ine bedeutungsvolle Errungenschaft ; damit ist dem &e« werbestande sein Selbstbestimmungsrecht zurücge- RESET ee RE ne vr un SEE SEE EB — an Seuilleton. Kurttk. S.... ein, was ihm bedeutsamer erschien, „ie eigentlich sehen über dieselbe hinaus, Ind­ter Dir würde gern das junge Grün auf den Bäumen, Humpoteske, vom Keben nacherzählt von Anna Gnevfow. (Fertlegung ) Ein Ball beim Oberst, der vier erwachsene Töchter sein eigen nannte, eröffnete die Saison ; die Kameraden tanzten im Schweiße ihres Ange­sichts, unser Lieutenant aber, der gehört, daß die Herren in der Residenz das Tanzen für eine über­­flüssige Strapaze erklärt, stand im Rahmen der Thür und schaute gelangweilt in das bunte Ger wühl, bis die Jugendluft da gewaltsam ihr Necht forderte, unterftügt doch die Mahnung eines älteren Offiziers, der ihm erklärte, daß es nicht gern gesehen würde, wenn die Herren nur Wands dekorationen bildeten. Von da ab wurde der Lieutenant ein wöüb­ender Tänzer und die Kameraden gestanden es sich zu, dag vd. ©... . ein charmanter, guter Kerl sein würde, wenn er nur sein renommiren und sein feeindbar aufgeblasenes MWesen ablegen wollte. „Einmal eine gehörige Niederlage und er ist zeitlebens turirt“, behauptete im vertrauten Streife ein älterer Hauptmann und die Umfigenden gaben ihm Recht, da Alle die Ueberzeugung hatten, der junge Lieutenant gebe si oft die größte Mühe, seiner angenommenen Rolle treu zu bleiben. Ziemlich zum Gchlug der Saison hin, ja verlor der Irrenanstalt zum Diner ein und als ob mit dieser Einladung etwas Besonderes zusammen­­hänge, so erfreut zeigten si die Offiziere, so viel wurde in den Tagen vorher von dem ‘Feste ge­sprocen. 56 waren außer dem Lieutenant v.­­... . noch so manche der Herren neu in das I­egiment hineingekommen und alle bezeigten das erbhafteste Interesse, die reizend gelegene Anstalt im Augen- Hein zu nehmen, umso mehr, al­ es belaınt war, dag der Direktor seine Gäste in liebenswrdigster Weise herumzuführen und ihnen Aufklärung über alles Vorkommende zu geben pflegte. „Es ist wirklich ausnehmend interessant, den Borsicher im persönlichen Berfeht mit den Irren zu sehen, seine Gewalt über sie zu­­ beobachten“, sagte am V­orabende des Tages, zu dem die Ein­­ladung ergangen, einer der Offiziere im Safino zu dem anderen, „der Brie­f eines Auges bannt sie ihn, eine Handbewegung läßt sie zurädweb­en, ich muß sagen, daß ich ihn slundenlang, ohne zu ermüden, auf feinen Wanderungen durch die Säle der Unglück­ten begleiten könnte.” „Und jegt im Frühjahr”, meinte ein Anderer, „in das Bild ein noch umngles bewegteres, wir sehen die Kranken in den weitläufigen K ürten be­schäftigt, sehen sie baden, graben, gießen, dann aber all­gemüthlt mit der Zigarre oder Pfeife umhergeben, so daß der Nicteingeweihte Faum glauben würde, Menschen, die des Verstandes bes­taubt sind, vor sich zu haben.“ „Apropros, Frühjahr,” fiel Xieusenant vor, weshalb uns Direktor Berg so spät eingeladen, daran gegeben haben, denn ich bitte Sie, meine Herren, um diese Jahreszeit schmedt der Mein nit Hall so gut wie im Winter, man wird ja gar nit lange genug bei Zijde figen, um die Sorten, die Sie stets gelobt, wer­ausproben zu können und —* „Warten Sie ab, warten Sie ab,“ lachte ein Kamerad, „wollen uns übermorgen Früh ein­­mal wieder sprechen, und wenn inen dann der Kopf nicht weh thut, wenn Sie nicht einige Sehnfugt nach einer Zaffe starken, schwarzen Kaffee empfin­­den, dann erkläre ih­mi für geschlagen und gebe Hönen zu, daß Ihnen fold ein Häßliches Thier, wie es ein Kater ist, ihr Lebtag nicht über den Weg laufen wird.“ „Wetten wir“, sagte der Lieutenant im zieml­­ich Hohem Ton, „daß mir gar nichts weh thut, meine Kehle ist ausgepicht, daß Habe ich in der Hauptstadt fon erprobt und ich wüßte nicht, was­ geschehen könnte, daß mir hier inD...... eine Niederlage bereitet würde. " Das war wieder die häßliche Art und Weise zu renommiren, die er verursachte, daß Lieus tnant v. ©... . ziemlich isolirt stand, und au jegt wandten si seine Kameraden von ihm ab und einem andern Gespräche zu, an dem der junge Mann unbetheiligt blieb. (Bortsegang folgt­ APR SEEN A RS ERDE 3 . 3 3

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