Oedenburger Zeitung, 1884. September (Jahrgang 17, nr. 202-225)
1884-09-02 / nr. 202
EN Die Bitte um — Steuererhöhung. Dedenburg, 1. September 1884. TEN TERENE BEETER GERUFEN im bösen Nachbar nit gefällt." Mithin Haben wir die triftigen Gründe zum Abschluffe einer Trippel- Allianz erörtert; es ist keineswegs unüberwindlicher B Freundschaftsdrang, der sie veranlagt, aber die Gebote der Klugheit befürworten sie. Ungarn ist eben nit endhantirt, daß Rußland sch enger an uns anschlieft. Ungarn hat auf ganz ver sich von den perfiden Mossowitern nicht gar zu viel Liebe und Anhänglickeit zu versprechen und der zwischen den Interessen Ungarns und Auslands herrshende Gegenzug ist wohl schwer oder gar nit zu vermitteln. Kaiser-König Franz Sosef, ebenso gut wie Nikolaus, sind vermöge der Handelsbeziehungen nach dem Oriente zu einer gewissermaßen gegnerischen Politik engagirt. Die Gefahr des Slavismus ist für unsere Monarchie eine stete „bete noire“, die von Nurland fortwährend gegen uns gehegt wird. Die Erinnerung ferner an das unselige 1848, Bündung Oesterreichs mit Rußland macht ang verharschte Wunden im Herzen eines jeden ungartigen Patrioten aufs Neue bluten; und wenn Ichon gar uns anderes, so fürchten wir von dem russischen Einfluß auf die staatsrechtlice Stellung Ungarns eine reaktionäre, antifreiheitliche Tendenz. Der Reichstag aber tritt gewiß erst nach der Kaiser-Entrevue zusammen und — wenn er auchon früher geschahe — eine Interpellation im Parlamente könnte kaum Lit in das Drittel der Ziele der geplanten Monarchen - Bewegung bringen, sondern höchstens in der eventuellen Antwort Tipa’s den Sag des Zaillerand varliren: Die Diplomaten besigen die Spraye um ihre Gedanken zu verbergen.“ Uebrigens dürfte Unser Ministerpräsident in dieser Angelegenheit ‚Selber nichts wissen, denn man zog ihn weder in Gastein noch in Barzin den Winister-Unterhandlungen bei. Aus dem Auffaluffe, den also Herr von Tifa einem etwaigen Anterpellanen ertheilen könnte, werde weder der Frager noch die Nationsichlüger werden. So viel steht fest, nur in dem Falle werden die Bölfer unserer vielgeprüften Monarchie versöhnt nach dem Orte blide, wo die drei Monarchen zusammenkommen, sobald wirklich daselbst die Friedenspfeife angezündet und geraucht wird. Wir wollen dann sogar unsere Aversion gegen Rußland niederkämpfen und den Grafen segnen und pfeifen, der die Verständigung angebahnt hat und sie bindend gestalten möchte. Keinem Volke in der Monarchie gelüftet nach Kriegerum und wenn durch die Entrevue wirkli blutigen Eventualitäten vorgebeugt werden kann, dann sollen alle Gloden zu Ehren des Czaren und seiner Verbündeten ihre ehernen Zungen erjhallen lassen, aber „Sriede sei ihr erst Geläute !“ 2. E. M. „Dan sol’8 wirklig nicht glauben“, aber in einer ungarischen Stadt hat es si soeben thatsächlich zugetragen, daß 150 Steuerträger eindenden Funfens bedurfte, um das Gebäude ihrer ehelichen Treue in Brand zu stehen. Wo aber die Elektrizität einmal vorhanden ist, braucht es nur eines schwachen Leiters, den Strom herzustellen. Dieser schwache Leiter stellte sich auch rechtzeitig ein — in einer warmen Maiennacht, und zwar in der Form eines Ständchens. Die Stunde war vorgerückt, die Seitenstraßen Horns menschenleer, und in einer derselben wohnte Bettina. Plöglich ertönt Gesang und Saitenspiel. Sie berät auf, die bekannten Winfeltöne der „Mando“ - linata“ schlagen an ihr Ohr. Etwas wie eine verstimmte Guitarre schnarrt dazwischen. Bettina’s Wangen erglühen, das Blut steigt ihr zu Kopf, die angesammelte Elektrizität tobt in ihren Adern. „Sollte er es sein ? flüstern nicht ihre Lippen, sondern singen sie, gedecht von der Wienfte, auf der Straße ganz laut mit. „Sollte er es sein ?* Unter diesem „Er“ war ein junger Mann gemeint, den sie unlängst auf dem Pincio ganz besonders mit ihrer Schönheit beschäftigt gesehen zu haben wähnte. Und Eitelkeit fuhr wie der Blig in ihre aufgewühlte Seele und rief: Wer sonst aber? Da stand sie auchon am offenen Fenster, weit über die Brüfung gelehnt und lauschte athems 108 dem Ständen, das ja nur ihr gelten konnte. Ach, wie süß, wie beglühend trafen diese Töne ihr Ohr. Eine sanfte Wärme, eine unerhörte Wonne durchströmte ihre Glieder. Ya, ja, das war dies Gefühl, von welchemn sie so viel gelesen, das einmal selbst zu empfinden ihr als höchste Seligkeit vorgeschmwebt hatte. (Hortfegung folgt.) gestritten sind, die Regierung möchte ihre [uldigen Abgaben an dieselbe erhöhen. Die Geschichte ist umso überraggender, als die seltsamen Petenten sämmtli$ der Unnabhängigkeitspartei, also einer Yrakion angehören, deren Führer dem bald die gegenwärtige Regierung stürzen wollen, eben weil dieselbe das Voll mit Steuern erbrüht. Die ungläublig klingende Erscheinung, daß Leute sich beklagen, sie werden unzureichend ausgebeutet, hat sich in günsklichen ergeben und die scheinbare Anomalie hört auf, eine folge zu sein, sobald man deren Grund fenntu günflichen brachte die Opposition seinen ihrer Kandidaten in den Neidetag, weil ihre Wähler numerisch zu schwach sind, nun können natürlich aber die Matadoren der Unabhängigkeitspartei ihre Niederlage bei der legten Ablegatenwahl noch immer nicht verwinden und sind entschlossen, die erlittene Schlappe bei der kommenden Reichstagswahl wett zu machen. Für ein wirksames, den Sieg filterndes Wirtel halten sie die Vermehrung der Wählerzahl. Da dies jedoch nur dadurch möglich ist, daß der Opposition neue Elemente zugeführt werden, nachdem, wie die Erfahrung lehrt, die alten nicht ausreichten, haben sie sich’8 zur Aufgabe gemacht, die Zahl ihrer Wähler zu vermehren, d. h. solche Nichtwähler, die biß nun ihrer zu geringen Steuerleistung wegen auf das Wahlregt keinen Ansprug erheben konnten, nur eine den vorgeschriebenen Steuerzensus (105 fl.) erreigende Steuerleistung unwahlbereitigt zu machen. Die armen Steuerzahler, die da glaubten, es handle sich blos um eine Kleinigkeit von wenigen Kreuzern, waren einverstanden und petitionirten an die Steuerrelamation d » Kommission im guten Glauben, sie werden jegt endlich fünfkirchner Wahlbürger werden. Allein was geschah? Die Steuerreflamations-Kommission ordnete eine Untersuchung der Einkommenverhältnisse der Retenten an und dieselbe ergab, daß auf Grund ungenauer oder abschtlich zu gering gemachter Fahrungen, viele der Bittsteller seit Jahren den Fiskus verfürgt haben, sie müssen ich also zu Nachzahlungen bequemen, die sich in den meisten Fällen auf einige Hunderte von Gulden belaufen. Ein theurer Kaufjilling für das Wahlret ! Zu Nug’ und Krommen anderer, vielleicht auch, wie die superklugen Fünfkirchner, nach dem Bahlrete lüsterner Steuerträger, möge folgendes Erxempel aus dem Eajftigen Alterthume dienen: „Von Titus glavius Bespasianus, dem Eroberer Jerusalems, erzählt nämlich eine alte Sage, da ihm auf dem Wege durch’s Ohr eine Müde in den Gehirnkasten gelangt sei, deren fortwährender Gefurre ihn dem Wahnsinne nahe gebracht. Der Gequälte berief die Sterndeuter seines Neides, damit sie ihm vom Plagegeist in seinem Kopfe befreien. Als keiner von ihnen zu rathen wußte, erhob sich ein Greiß aus der Schaar der Gelehrten, der dem römisgen Kaiser den Rath ertheilte, si in eine Schmiede zu begeben. Er bhat, wie ihm geheißen, und Angesichts der auf den Mmbos fallenden Streiche des Schmiedehammers hielt die Müde mit ihrem Garren inne und Titus fühlte sich genesen. Da nur kurze Zeit währte die Freude, denn die Müde begann auch in der Schmiede ihre Musil fortzufegen, sie hatte sich an den Hammerschlag gewöhnt. Titus leider nit, denn er wurde ftohtaub, aber das Kigern der Müde dauerte fort.” Die Moral ergibt sich von selbst: Auf die 150 Betenten wird jegt der Steuererefutor mit dem Hammer vorgehen, das Schnurren der Müden, nämlich die faste und kraftlosen Reden nichtstaugender Vollevertreter werden deshalb nicht aufhören. Zum Glüdke für einige blieb es in Fünffichen fein. Geheimnig, daß Diejenigen, mit welchen die Neklamationskommission sich ob der Ziffer der neuen Steuerleistung im Unterhandlungen eingelassen, sich gegen ihren Willen tiefer eingeruntt hatten, als sie anfänglich vermutheten und sie zogen es in legter Stunde vor, ihre Geradhe zurückzuziehen, um vorläufig so unter der Zwangslage der niedrigen Steuer auf das Wahlrecht zu verzichten. Man merke es sich, Blinder Eifer sehndet nur, und wenn Dir der fürsorgende (!) Staat zwar von den Rad auszieht, aber Dir doch wenigstens das Hemd läßt, so geh’ nit Hin und fage: Ich trage Über dem Hemde ein Armelleibgen, sonst nimmt er Dir auch dieses. Wir haben es alle miteinander wahrlich nicht nöthig, unserer Sehnfught nach Steuererhöhung Ausdruck zu geben; denn Dank der Fürsorge unseren Finanzministers, erreichen wir mit der Zeit dieses Ziel, au ohne unser Hinzuthun. Bu. Dom Tage. oO Allerhöchste Auszeichnungen. Seine Majestät der König hat dem Magistratsrathe der Hauptstadt Budapest, Gustav Alter, in Anerkennung seines erfolgreichen Wirken auf dem Gebiete der Öffentlichen Angelegenheiten, insbesondere dem des Unterrichts, das Ritterkreuz den Franz-rosef-Orden verliehen. Dieselbe Auszeichnung wurde dem Provinzial de Pregburger Ordens der Barmherzigen, Stanislaus Fizy, zu Theil. Ferner wurde dem Grundbesiger im Neograder Komitat, Jakob Hoffmann, sowie dessen geieglichen Nachkommen, in Anerkennung seiner Verdienste auf dem Gebiete der öffentlichen Angelegenheiten und um die Förderung des Gemeinwohls, der ungarische Adel mit dem Prädikate „Lörinczi“ tatfrei verliehen. — Schließlich erhielt Dr.. Eduard Margalics, Professor am Zomborer Obergymnasium, in Anerkennung seiner Verdienste auf dem Gebiete der öffentlichen Angelegenheiten, das goldene Berdienstkreuz mit der Krone, Oo Ein Alerhöchstes Handschreiben. Seine Majestät der König richtete an den Korpskommandanten FZM. Bauer ein Handscheiben, mittelst welchen er demselben den Orden der Eisernen Krone erster Klasse verleiht und die volle Befriedigung über die Truppenleistungen anläßlich der Bruder Uebungen ausspricht. Für treue Pflichterfüllung. Seine Majestät der König verlieh dem QTummatareller Agenten der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft Sofef Brenef das goldene Verdienstkreuz mit der Krone. Ihre Majestät die Königin wird mit der Erzherzogin Marie Balerie am 16. September in GödBHlLö eintreffen und sich am darauf folgenden Tage zu Pferd nach Megyer begeben, um daselbst die für die dortigen Parforcejagden hergerichteten Stallungen, Wagenremisen, in Augenschein zu nehmen. Aus Agram meldet man unterm 30. August den Schlag der Landtagspefsion. Präsident Kreftich dankte zudörderst in einer Zuschrift dem Landtage für die Beweise des Vertrauend und die patriotische Unterfrügung und erklärte, durch Krankheit verhindert zu sein, der Beschliegung der Landtagsperiode anzumahnen. Hierauf verlah der Schriftführer folgende Zuschrift des Banus an das Präsidium: „Se. E. und E. apostolische Majestät geruhte mich Allergnädigst mit a. h. Königlichen Nestripr ddo. Wien 22. August 1884 zu ermächtigen, den Landtag der Königreiche Kroatien, Slavonien und Dalmatien am Schlusse seiner dreijährigen geistlichen Landtagsperiode am 31. August d. h. in a. h. Seinem Namen zu schließen. Ich beehre mich, dies dem Tödlichen Präsidium des Landtages mit dem höflichen Ersuchen mitzutheilen, das hohe Haus davon in Kenntniß zu feßen und dasselbe zu gleich zu verständigen, daß ich den Landtag am bezeichneten Tage um 10 Uhr Vormittags mit Einhaltung des üblichen Zeremoniels in feierlicher Weise schließen werde, und daß diese Feier mit dem Gottesdienste in der St.-Markusfirche enden wird. Agram 29. August 1884.” Zur Tagesordnung übergehend, wird der Ausschußantrag, betreffend den Ausbau des Rulaphita-Kanales, ohne Debatte angenommen. Sektionsef Stankovic beantwortete mehrere Interpellationen administrativer Natur. Sektionshi Boncina vrefleftiite auf Die Interpellation Zoric in Angelegenheit der Regierungsverordnung betrefft der Cheschließung zwischen Juden und Christen. Der Sektionschef verweist auf die Unvollständigkeit der Geiesgelung auf diesem Gebiete und sagt, die fragliche Veifügung der Regierung werde bis zur Schaffung geieglicher Berstimmungen duch den Landtag in Kraft bleiben. Reichstagsvorlage. In Betreff der dem nächsten Reichstage vom Justizministerium zu uieterbreitenden Vorlagen meldet „Sogtud. Közlöny“, daß vor Allem der allgemeine Theil des bürgerlichen Gefegbuches und das Erbret vor den Reichstag gelangen werden. Die Notariatsnovelle wurde endgültig fallen gelassen, dagegen wird die Adnotatenordnung dem KReihetage noch im der ersten Session zugehen. Der Entwurf, die Strafprozeßverfahrend wird einer im Herbste zusammentretenden Enquete vorgelegt werden, welche über das Schiesal dieses Entwurfes entsceiden sol. © 3a Sachen der rascheren Erledigung der Schüluingsangelegenheiten Hat der Minister des Innern an sämmtliche Jurisdikionen eine Zirkularverordnung gerichtet, in welcher dieselben aufgefordert werden, die von der Budapester Polizei in Schüblings-Angelegenheiten an die ergangenen Nequisitionen bei Einhaltung eines Präklusiv- Termine, unter Verantwortung für etwaige Berjäumnisse und Schadenerlag-Verpfligtung für die verursachten Kosten zu erledigen. Anlaß zu dieser Verordnung hat der Umstand geboten, daß in Folge der Versäumnisse der Provinzbehörden der Stand der Schüdlinge in Budapest eine außerordentlich hohe Zahl erreicht hat. « nieht. 4