Oedenburger Zeitung, 1885. Juli (Jahrgang 18, nr. 147-173)
1885-07-01 / nr. 147
Ilnsckugomitatkm Fikeiusztauenhaid 29.Juni.(Ernte.Stand der Weingärten.—Unglück.) Schon vor einigen Tagen sah man bei uns Schnitter mit ihren Sicheln im Getreidefeld ein Thätigleit und die Farbe des Getreides beurkundet,daß diese Ersteseröffnung keineswegs verfrüht ist,sondern daß der Schnitt in dieser Woche schon allgemein beginnen kann.Sowohl der Roggen als auch der Weizen und die Gerste versprechen eine gute Ernte, wenn Alles auch ferner von Elementarschäden bewahrt und glücklich eingeheimst werden kann. Der Stand der Weingärten ist ein sehr erfrewlicher und überaus befriedigenden DieUeppigkeit des Wachsthumes und die Schönheit der Trauben lassen nichts zu wünschen übrig.Gottgebe,daß auch diese Hoffnung des mit so vielen Zahlungspflichten belasteten Landmannes,nicht zunichte werde. Jn Kremnsdorf spielte sich das kleine liebenswürdig elf Monat alte Töchterlein eines dortigen Kaufmannes am Bache und während sich ihr älteres Brüderchen,welches sich ebenfalls zuvor mit ihr spielte, einige Minuten entfernte, fiel die Kleine und Wasser und ertrank. Die unglücklichen Eltern sahen’ freilich bald nach dem Kinde, allein e3 war zu spät, — daß man unabänderlich, die Elternherzen mit unaussprechlichem Schmerze erfüllende Unglück, war geschehen! A: K M Telegramme. Budapest, 30. Juni. Die General-Bersammissung des reformirten Kirchendistriktes jenseits der Donau wurde vom Minister, Präsidenten Tipa, als dem Oberjurator, mit einer Aussprache, eröffnet, in welcher derselbe auf die beiden neuesten Momente im Leben der Kirche, nämlich auf die staatliche Subvention für die reformirten Gymnasien und auf die Vertretung der reformirten Kirche im Oberhause hinwies. Diese regtere Angelegenheit wurde ohne jede Debatte analog dem Konventu alsBer Shluffe akzeptirt. Der Ministerpräsident reiste gestern wieder ab. Der Feuerwehr-Landwehrverband mit 76 Vereinen, zusammen 1000 Mann, hielt im großen Exerzierhofe im Neugebäude eine Gesammtübung vor dem Erzherzog Josef ab. Prag, 30. Juni. Bei der Karlsbrinde wurden die Leichen eines fünfzehnjährigen Burschen und eines vierzehnjährigen Mädchens aus der Moldau gezogen, die mit vreifach umwundenen starken Bindfäden zusammengebunden waren. Das Motiv dieses Selbstmordes ist unglückliche Liebe. Madrid, 30. Juni. Die Gerüchte in Betreff der Ministerfrisis behaupten sich. Gestern wurden in Madrid zwei Erkrankungen und ein Todesfall und in ganz Spanien 1274 Erkrankungen und 566 Todesfälle in Folge von Charlera Konstatirt. Dresden, 30. Juni. In Folge sozialisticher Agitation unter den czechischen Arbeitern hat die Polizeidirektion eine größere Anzahl ausgewiesen und den czechischen Verein Cesky klub aufgelöst. » Zain,30."Juni.·Die Garde-Infanterie-Brigade soll demnächst nach Cypern abgehen, um im Proodorgebirge Lager zu errichten. Das schottische Infanterieregiment wird in Suez Lager beziehen. Lokal-Zeitung. Lokalnotizen * Hofe Hüfte. Wir hatten am legten Sonntag das Vergnügen hier den berühmten» vaterländischen Dichter, den !. f. Herrn Hofrath Ludwig von Doczy sammt Frau Gemahlin zu beherbergen. Die Herrschaften wohnten ihm Hotel zur „weißen Rose“ und machten zu Wagen Partien in unsere Umgebung namentlich nach Rußt, also Frau von Doczy eventuell einige Wochen zum Gebrauche der Seebäder zu verweilen gedenkt, falls ihre Unterkunft und Bad sonveniren sollten. * Der „Oedenburger Männergesangverein" hielt Sonntag Abende — wie wir gemeldet — seine Sommerliedertafel ab. Der zu solchen Veranstaltungen besonders geeignete, mit buntfarbigen Lampions geschmückte „Königgarten“ war — wie dies bei der Beliebtheit des „Ferfidalegylet“ gar nit anders zu erwarten stand — bis auf's legte Plaggen gefüllt. Aaderen Sängern, die € 8 sich zur Hauptaufgabe machen, der nationalen Kunst eine wahre Heimstätte zu sichern, muß das Wetter stets gnädig sein, und so hatte auch der Himmel den ungarischen Troubadours die BÖunit bewahrt und folcherart an dem emsigen Wirthe seinen Stich durch die Rechnung gemacht. * Ein Weltraf scheint uns heute wieder einmal jeder am Plage zu sein und obgleich wir leider befürchten müssen, abermals wie schon, so nit tauben. Ohren zu predigen, so wollen wir nichts desto weniger unsere Stimme sehr laut erheben, dem, wahrlich ! im gegebenen alle thut es sehr noth. Hinter dem „Hirsgen"-Gasthofe läßt die Stadt einen Kanal anlegen, weil sie von der Nothwendigkeit seines solchen durchdrungen ist. Nun, das ist verlöblich von der Stadt; aber warumice lehnt sie ihre Jürsorge nicht auch auf den Saffthof selbst aus.“ Das Hotel zum „Dirfhen“ ist bekanntlich einer unserer ersten Gasthöfe. Passagiere von Hoher Distinktion wohnen für alltäglich darin, die vornehme Geselle haft versammelt sich in der Restauration Mittags und Abendfest sind diese Herrschaften, der Hige halber, des Abends meist im Hofe. Dieser Hof ist nun ganz und gar nicht kanalisirt. Die Jauce der Pfrede von den aus- und einfahrenden Gespannen, das ‚Blut der dort ein paarmal, wöchentlich zur Schlachtung gelangen» den Thiere, die Abfälle und das Spülwasser aus den Küchen, nach obendrein ein im Hofe befindliches offenes Piffoir, dies Alles liefert eine solche Maffe Unrath, daß derselbe den ganzen Gasthof um so mehr verpetten muß, als er oberirdisch andfließgt. Dorthin gehört noch viel notwendiger die Jamalisirung, als rücmwärts beim Adhamte Wie kann die — wie man hört — ständig fungirende Sanitätskommission er dulden, daß der geschilderte, die Schädlichsten Miasmen erzeugende Unflathb offen abfliegt ? ‘est in heißer Sommerszeit. Angesichts der ihre Wanderung bereits angetreten habenden Eche» Lerailt ed geradezu polizeiwidrig, dag man nicht an die Kanalisirung des „Hirigen“-Gasthauses denkt. Der Pächter Dieses der Stadt gehörenden Hotels zahlt, dem Übernehmen nach, 2409 fl. Jahrespacht, ist mit einer Steuer von 1400 fl. (Consum-, Verzehrungs- und inditrefte Steuer) belastet, von ihn kann also unmöglich erwartet werden, daß er den absolut erforderlichen Kanal aus eigenen Mitteln ziehen lasse, allein die Stadt ist es den Sanitätsbedürfnissen ihrer Steuerträger schuldig, an Mittel zu denken, um den betriebenen Herd Höchst gefährlicher Dünfte-Ausströmung je eher zu beseitigen. Wir wollen gar nicht von den Ästhetischen Forderungen reden, welche den permanenten Jauchenteich im schönsten Theile unserer Stadt, auf der Graben runden und in einem städtischenebäude, als einen Gegenstand des Ekel und Abscheus verurtheilen, wir bitten nur den sanitären Standpunkt im Auge zu behalten und eine Entfernung des beregten Ilrath3-Emporiums um so eher zu verfügen, als dieser Unfug ja auch den Pächter, der seinen Verbindhkeiten, der Stadt gegenüber, getreulich nachkommen muß, in seinem Geschäfte empfindlich schädigt, was er, der einen so hohen Bahnchilling entrichten sol, wahrlich nicht verdient. * Todesfall. Montag Nachts ist Frau Kath. Klem, geborene Brill, nach kurzer Frankheit in ihrem 74. Lebensjahre verschieden. Heute findet das Leichenbegängnis um 6 Uhr Nachmittags vom Trauerhaufe, Langezeile Nr. 14 aus, am Friedhofe zu St. Michael statt. * „ur an die ricsige Adresse!“ schrieben wir in Nr. 145 dieser Blätter, ale wir es beklagten, daß sich die Anbringung von acht Öa%>tandelabern linksseitig der Bahnhofstrasse und die Legung der diesbezüglich biezu erforderlichen Gasröhren so lange verzögert; wir sprachen in dieser Notiz das städtische Bausamt in Bezug auf die Verschleppung erwähnter Herstellung frei, und meinten, daß „ganz anederer* Kaltoren wegen diese Angelegenheit zu den „verschobenen“ gezählt werden müsse. Nun wird vielfach geglaubt, dies sollte ein Ausfall auf die Hiesige Gas- Akltiengesellschaft sein und vieselbe sei schuld, das bis heute die Herstellung der Gasbeleuchtung auf der Bahnhofstrage auf sich warten läßt. Diese Ausslegung unserer Notiz ist falsch, denn am 15. April ist die Anfrage städtischerseits an die &a 8x Aktiengesellschaft gelangt, ob sie bereit sei, die in Frage stehende Herstellung sofort zu bewirken ,don am 17. April ist die bejahende Antwort erfolgt und erst am 20. Juni ist der Befeich des vierstädtigen Wengistrates an die Gas-Altingesellschaft geleitet worden, diese Arbeit in Angriff zu nehmen. Da man mehrere Wonstalt das nöthige Materiale (namentlich das zu Gasleitungsröhren erforderliche Gußeisen) nur vollständig vor»räthig hat, es entspricht in einem Wert je von circa 2000 fl., die man nur zmweglos in den Depotstadt liegen lassen kann, so konnte die Gasanstalt die fraglichen Röhren erst nach der erhaltenen Weisung bestellen und bis zur Effektuirung der Bestellung vergeht naturgemäß auch einige Zeit, so daß das Funktioniren der für die linksseitige Bahnhofstasse bewilligten acht Gaslaternen erst in drei bis vier Wochen zu erwarten ist. Die Gasanstalt hat dabei dDoH in denkbar variierter Weise dem Aufrage entsprogen und die Schuld der „Verschießung“ ist einzig und allein, darin zu suhen, daß die Kommune von der Projeftirung der Herstellung bis zu deren Invollzugregung über drei Monate vergehen ließ. * Handwerker und Yorger. Mit den ausstehenden Forderungen ist er allerorts beim Hands merfer ein kigliches Ding. Der reichste Daun schämt sich nigt dem Handwerfsmann, der da sein Geld braucht und darauf angemiesen ist, esmöglichst oft umzufegen, seine Beträge oft jahreslang schuldig zu bleiben, während er es mit seiner Ehre nicht vereinbaren kann, große Summen, Wechsel, Anweisungen, insbesondere Spielsgulden und dergleichen bei Källigkeit nicht sogleich zu bestahlen. Der Kaufmann und Händler liefert nur gegen Wechsel, und indem er seitere wieder im Zahlung gibt, kommt er mit seinem Betriebes Kapital aus und hat sein Geld nicht in seinen Bosten festliegen wie der Handwerker; das läßt den Handwerker arm und mittellos erscheinen. Wenn nun aber der Handwerker und mit ihm auch manch’ andere höhere Geschäftsleute an ihre Kundenchaften herantreten und erklären, daß sie endlich auch ihr Geld brauchen, weil sie ja ihre Hilfsarbeiter bezahlen müssen, weil, wenn sie Stredit wo andere anspregen müssen, dies ihrem eigenen Kredite schadet — kurz, wenn die Geschäfterleute ihren Schuldnern gegenüber noch so Höflich auf die Deckung ihrer Forderungen bestehen, so wird ihnen dies von den Kunden sehr oft übel genommen und verlieren diese, indem sie trogdem dabei nicht einmal ihr Geld erhalten. Bald heißt es: „Ach, dieser Geschäftsmann ist ohme dem rei, der kann fon ein Bishen auf meine paar Gulden warten, (man bedenkt aber nit, daß seine Arbeiter alwöchentlich gezahlt werden müssen, daß er seine Negion täglich bestreiten muß). Bald wieder heißt es: „Von meinen wenigen Gulden wird der Mann auch nicht fett, er sol warten bis Neujahr.* Bis dahin ist er aber vielleicht zu Grunde gegangen ! Was ist Hingegen zu machen? ebenfalls wäre er Safe der Gewerbekammern, ih diese wichtige Frage einmal zu stellen und Abhilfe zu haften. Handwerker ist zu empfehlen; es muß der Preis bei Kreditgewährung namhaft erhöht werden, so daß die Vortheile de Baarkaufend Ledermanner= Ein gemeinsames Vorgehen der figui sind. Kredite dürfen nur zahlungsfähigen Von den unter der Leitung Dieter, Herr Brudbauer, erwarb sich aber auch allseitiges Lob. Gegen 4,9 Uhr nahm die Liedertafel ihren Anfang. Eine Zigeunerkapelle aus der Umgebung besorgte die Musik, den Chormeister und Seminardirekord, Herrn Julius Kapi, zum Portrage gelangten Liedern müssen wir zunächst „Ejizene“ (Ständen) von Serly und „Szabadsägdal“ von Huber — zwei Perlen der Zonkunft — besonders Lobend hervorheben. Herr Kapi, der sich nicht nur als Chormeister bewährt, sondern auch als Komponist vorzugsweise der die meisterhafte Transkription ungarischer Rolfslieder sehr Häufig durchschlagende Erfolge aufzumweifen hat, befindet in der Wahl der Lieder zumeist eine überaus glücliche Hand und versteht selbst mit seiner kleinen Sängergemeinde duch die zündende Vortragsweise großen Effekt zu erzielen. Dies beweist al der Beifallssturm, der den Vorträgen sämmtlicher Volfslieder folgte, und ganz besonders Bei dem reizenden Tenorsoto des Herrn M. Breyer („A mi häzunk felett egy szep csillag van“) der Fall war. Das schöne, zum Herzen dringende Liedchen kam dur den schmelzenden Tenor und der gefühlvollen Vortragsmeise des genannten Sängers zu solcher Geltung, daß Die brausenden Eisenrufe und der Applaus früher sein Ende nahmen, bis das Liedchen nicht wiederholt wurde Mit einem animirten, bis zum hellen Morgen andauernden Tanztränzchen, an welchem sich die Liebreizendsten Mädchen und feine junge Herren unserer Stadt mit seltener Ausdauer "betheiligten, Schloß das Thöne Zelt des ungarischen Gesangvereines, der sie in der Dunst der Bevölkerung immer mehr einbürgert und bereits beginnt, vermöge seiner edlen, von jedem Patrioten mit Freude begrüßten Mission sich im Herzen der Bewohnerschaft ein Denkmal zu KERN: r FE. > N TE Te ae Sr