Oedenburger Zeitung, 1886. Mai (Jahrgang 19, nr. 99-124)

1886-05-01 / nr. 99

s--- -"·«-·.-««-s" ..—-e-.1«..·’s?«s «-«. verlangt worden sind. Die griegische Regierung ‚rigtete daher an ihre Agenten im Auslande ein ‚Zirkulär mit der Anfrage, ob die Großmächte die Ueberreichung des Ultimatums billigen. Im Falle Dies verneint würde, wird Griechenland seiner Ver­­pflichtung gegenüber Frankreich sofort nachkommen ; sollte aber die Ueberreichung des Ultimatums ges­billigt werden, würde Griechenland die Abrüstung ablehnen. Griechenland könnte in Folge des freunds­chaftlichen Rathes Frankreichs abrüsten, aber die Zustimmung zur Abrüstung in Folge des Ultima­­tums hätte einen Charakter, sie wäre das Ergeb­­nis einer Pression, und für diesen Halt bestehen die Verpflichtungen gegen Frankreich nicht mehr voll­­ständig. Von den Großmächten ist bs heute Vor­­mittags noch seine Antwort in Athen eingelangt. Wenn das Ultimatum aufrechterhalten wird, sol Delyannis, wie er erklärt, seine Entlassung nehmen. Die Erregung in Wien ist jeher groß. In Volksversammlungen wurden ‚Resolutionen ge­faßt, des Inhalts, daß die Zukunft Griechenlands nur doch Waffen entschieden werden könne; die Nedner griffen den König und das Ministerium heftig an.­­ Die Deformthätigkeit Oesterreich-An­­garııs. Oedenburg, 30. April, Die am jüngstverflogenen Mittwoch — laut unserem gestrigen Telegramme — vollzogene Eröffnung der neuen Eisenbahn von Do­­boj nadh Siminban im Difupationg:Gebiete lenkt wieder die öffentliche Aufmerkssamkeit auf die Fortsoritte, welche die österr..ung. Verwaltung in Bosnien und der Herzegowina ge­macht hat. Mehrere Blätter weisen mit­ Befriedi­­gung auf die Reformthätigk­eit hin, die namentlich in der Bermwaltungs- Periode des gegenwärtigen Reighs-F­inanzministers v. Kallay volldraht­t wurde, sowie auf die Thatsache, da­ während der neuesten V­erwiclungen im Orient das Okkupations-Gebiet ruhig und von allen bes­iegten Zwiscenfällen verschont blieb. Dan kann dem nur zustimmen, zumal die gegenwärtige Ver­­waltung nit blos dem Reiche keine übermäßigen und neuen Lasten zu Gunsten Bosniens aufbürdet, sondern auch mit anerkennenswerther­ertigkeit allen Berfuhen widersteht, welche sie in eine bestimmte nationale oder konfessionelle Barteirichtung drängen­­ wollen. Erfreulic­ht al die in offiziösen Depe­­schen erwähnte Thatjadhe, daß die bosnische Ver­­­waltung sich vornehmlic der D­eutschen Sprache bedient. Dagegen ist es minder verständlich, wenn ein ziemlich einflußgreiches Wiener Blatt den gegen­­wärtigen Zeitpunkt für den richtigen Halt, die Frage der Unmerion aufzu­werfen. Wir däch­­ten, der Orient macht unserer Monarchie hinläng­­st viel Sorge, so daß sie wol nit nöthig Hat, sich dort dergbeigen selbst zu schaffen. Seit Oesterreich- Ungarn als Träger des europäiihen Mandat die Verwaltung Bosniens und der Herzegowina übernommen, bat­­ der Entwicklung des­­erfehtswesens, diese­r Borbedingung jeder wirt­­­schaftlichen Hebung, jedes materiellen und kulturchen Gedeihens, sein Augenmerk zugewendet; wir haben die Weilitärbahn Brodstenica und e­­nica-Sarajevo, die Bahnstrecken Beostar-Metkovic und Silje-Dobrlin neu erstehen und die beroute Bahnstrecke Banjaluta-Dobrlin restauriren gesehen, mit wer legterer Linie die Verbindung Banjalu­­ta8 mit dem Neße der Südbahn hergestellt er­ Ieien. Wir sehen den olfupirten Provinzen nicht nur den Weg zum Sperzen der Monarchie, sondern auch die Verbindung mit dem großen Weltverkehr ertroffen oder wenigstens angebahnt. Vermitteln die Linien Brod-­Sarajevo und Banjaluta-Dobrlin dem bosnischen Norden die direkte Verbindung mit dem Weiche, so ist die ftrede Mostar-Metronik die natürliche Ber­­­kehrsader des Südens, der Herzegowina, mit dem Adriatischen Meere, und sie würde von no­rige­rer Bedeutung für das ganze Osfupationsgebiet ‚und die Monarchie, wenn die Verbindung der bei­­den Landeshauptstädte Mostar und Sarajevo bereits Thatfache wäre. Nur der Nordosten Boss­niens, der fruchtbarste, an inneren Schäßen viels leicht reichste Theil des Landes, entbehrte bisher auch der möthigsten Kommunikationen mit dem Landesinnern und der­ Monarchie, und gerade hier­­ sprachen mehr als Ein Umstand deutlich genug für die Schaffung einer Schienenstraße, welche das er­­gibige Salzfadwert in Siminhan und das Krlaner Kohlenwert nähit Tuzla durch rare und schnelle Verfrachtung wahrhaft nugbar machen mußte. Eine von der Saline zu Siminhan über Tuzla führende Bahn, welche bei Doboj die Verbindung mit der Bosnas Bahn vermit­­telt, konnte allein diesen Zmeden entsprechen und im Bau durfte umso eher und mit umso größerer Zuversicht in Angriff genommen werden, als die Rosten aus den Ueberschüffen der Landeseinkünfte Bosniens und der Herzegowina zu deden waren und der Betrieb selbst durch die bedeutende Salz- und Kohlenverfraßtung allein schon mehr als ge­ rechtfertigt ersten. Der volfswirthigaftliche Werth, die ungewöhnliche Bedeutung der neueröffneten Sekundärbahn, liegt nach alledem auf der Hand; sie wird nit allein der Saline in Siminhan und dem Krnlaer Kohlenwerte, sie wird auch der zum meist Feld- und Obstbau treibenden Bevölkerung zu Gute kommen, die nun mit dem Zentrum des Landes und mit der Monarchie in nahe und dis­­ekte Berührung tritt. Daß es der Bewohnerschaft nit an Verständnig und Dankbarkeit für diese neue That der österreichisch-ungarischen Verwaltung zur kulturellen Entwicklung des Landes fehlt, da­­von zeugt die jubelnde Begrüßung des Festzuges, der am 28. d. von Doboj über TZuzla nach Siminhan brauste. Wahrlic­h diese Eröffnungs­­feier auf den neugelegten Schienenstrang Doboj- Zuzla-Siminhan bringt ,dieses unter Kallay mächtig geförderte und wie so­manche Reform­­thibätigk­eit unserer Staatsverwaltung, gerade bei und wahrscheinlich vielseits verfannte Wert wieder etwas kräftiger zum Bewußtsein der Allge­­meinheit; wieder sehen wir Bosnien einen starren Schritt näher seiner vollen kulturellen und wirth­­schaftlichen Erhebung und das D­emwußtsein mag uns mit Stolz erfülen, daß unserer Monarchie die Zurchen zog, woraus die Saat der Zivilisation spriegt ! Dem Tage. C) Allerhöchste Auszeichnungen. Se. Ma­­jestät der König hat dem Zentral-Buchhaltungs: Direktor des Handelsministeriums Stefan Gyur­­topics, in Anerkennung seines treuen, unermüd­­lichen und ersprießlichen Wirkens, tatfrei den Titel eines königligen Nathes verliehen. Ferner erhielt der Vizes Konsul in Sfar, Georg Tapia, das Ritterkreuz des Franz­osen-Ordens.­­ Som Allerhöchsten Hofe. Ahre Maje­stät die Königin ist in Budapest an einen Augenkatarrh erkrankt und hat sich der Behand­­lung des Dr. Schuler unterzogen. Das jährliche Königepaar hat sich am 28. April nach Sybillenort in Schlesien begeben, wo­­sei oft Mitte Weai die Berlehung der Prin­­zessin Maria Yosefa mit dem derzeit Die Welt umsegelnten Erzherzog Otto, dem zweiten Sohne Erzherzogs Karl Ludwig, stattfinden wird. O Aus München verlautet intern 28. d. Die Entscheidung über die Regelung der Fi­­nanzialamität der königlichen Kabinetts­­kasse ist vollständig d­er weiteren Einflußnah­me des Königs auf d­ieselbe entlädt. Der Staatsminister v. «ug und der Kabinetcchef v. Schumeider un­terstehen in dieser Angelegenheit nur mehr der Verfügung des Prinzen Luitpold, beziehungs­­weise der Agnaten.­­ BAnfer Ausgleich mit ©esterreich. Während von offiziöser Seite Heute tele­graphisch gemeldet wird, daß der Generalrath der Oesterreichisch-Ungarischen Bant in der Gitung vom 29. April in Wien voll» inhaltlich die B Propositionen der beiderseitigen Regierungen akzeptirt habe, ftäntern in ganz Böhmen, besonders aber in Prag felbst die Brechen heftig gegen das neue Banfftatutz sie behaupten, daß dasselbe die „bereitigten" Wipitationen der österreich­en Nationalitäten­ unerfüllt lasse, und daß die Banknoten au fürderhin, ohne mit dem czechischen Text geschmüct zu sein, von Hand zu Hand wans dern werden. Aus Brag wird ferner berichtet, dag im Lager der Alt- und Jung-Ezehen eine Ge­ veiztheit sondergleichen herrssche. Der Czechenklub wird, wie dessen Organe schon jegt verfünden, uns erbittlich auf seinen Forderungen bestehen und — wie man mit Applomb verkündet — selbst auf die Sefahr Hin, dag der ganze Ausgleich mit Ungarn s[heitere, nicht machgeben. In österreichischen Parlamente verspricht demnach Die Berathung der Ausgleichsvorlage an Zwingensälen weich zu werden, und man darf gespannt darauf sein, wie Graf Taaffe sich seiner Lieblinge er­­wehren wird. Ueber den Beginn der parlamen­­tarischen Verhandlungen. Haben und drüben wird von offiziöser Seite Folgendes gemeldet: Nach einer zwischen den beiderseitigen Regierungen ge­troffenen definitiven Vereinbarung werden | öm m t­­ide Ausgleichs­vorlagen dem öster­reichischen und ungarischen Abgeordnetenhause am 5. Mai unterbreitet werden. Die ungarische Regierung hatte ursprünglich den 1. Mai für die Einbringung der Ausgleicsvorlagen in Aussicht genommen. Nachdem jedoch das öjterreichtige Ab­­geordnetenhaus erst am 5. Mai zusammentritt, so stimmte solieglich die ungarische Regierung diesem Termine zu. Es ist selbstverständlich, daß den Ausgleichsgejeg-Entwürfen eingehende Motiven­­berichte beigegeben sein werden. Wie bereits ges meldet, sol zunächst die Zollnovelle in Verhand­­lung gezogen und noch im Laufe dieser Seksion legislativ erledigt werden, und dürfte dieselbe jyon mit 1. Juli d. $. in Kraft treten.­­ Schon wieder eine Nachtragsforde­­rung. Aus Budapest wird geschrieben, daß die Lite der Nachtragskredite seitend unserer Regie­­rung für das Jahr 1885 noch immer nicht abges­­chlossen sei. Es soi nun Kultusminister Tre>­fort dem Abgeordnetenhause eine weitere Ra­­r­tragsforderung von 476.000 Gulden für Etat-Ueberschreitung­en überreichen. Dies­­es stückweise Enthüllen der wahren Sachlage wirft ein traurige Licht im die ungarische Finanzvers­waltung. Diese neueste finanzielle Ueberrafgung, welche die Regierung unserem Parlamente zu bes­teiten gedenkt, wird gewiß einer berechtigten, schar­­fen Kritik seitend der Opposition im Werkstage begegnen. O der präsumtive öffert. Handelschni­­fler. Dem „EC. aG“ wird von gut unterrichteter Seite gemeldet, dag die Ernennung de Seftionschefs Baron Witte zum Handelsminister noch vor dem Zusam­­mentritt des Reichsrathes erfolgen werde. O­P Postanweisungen nach Deutschland. Dem 1. Vai d. %­­an ıst e, den Aufgebern von Postanweisungen auch im Verkehre zwischen Detters­rei, Ungarn und Deutschland gestartet, gegen Ert­lag einer Zare von 10 fr., beziehungsweise 20 Pf., eine Bestättigung über die erfolgte Auszahlung des angewiesenen Betrages zu erlangen. Hiebei ist von den Ef.­postümiern in derselben Weise vorzugehen, wie dies mit der Verordnung vom 24. März 1386 für den inländischen Verkehr vorgeschrieben wurde. Dam­it die Verwendung von Noüdrcheinen zu Postan­weitungen im Verfehre mit Deutschland nicht gestattet, aie ee­n Ausbildung der F­ehrlinge. Nicht allein der Handwerksstand leidet bezüglich der Lehrlinge, sondern auch der Handelsstand und sogar Bureaus leisten bezüglich der Lehrlings­ausbildung ihr Möglichstes in unverantwortlichen Ver­­halten. Beim Handwerker sehen wir Werkstätten mit 1—2 Gesellen und 3—4, ja sogar mehr Lehrlingen. Diese Lehrlinge werden nun zu allerlei möglichen Arbeiten herangezogen, die nicht das Geringste mit dem Geschäfte, in welchem sie ausgebildet werden sollen, gemein haben ; sie müssen die Yaufereien für die Haus­­haltung der Meister und für die Gesellen besorgen, oft sogar Kindermädcen spielen u. j. wm. Solche Hand­­werker nehmen dann die Arbeit billiger an, als sie ein gewissenhafter Handwerker annehmen kann; die Lehrlinge müssen dann die groben Vorarbeiten machen ; der Meister mit ein oder zwei Gesellen machen dann das Uebrige. Er­stere kosten dem bezüglichen Meister ja wenig oder fast gar seinen Lohn. Solche Meister fragen aber nur darnach, ob die ihnen anvertrauten jungen Leute etwas lernen und ob solche im Stande sind, mit den bei ihnen erworbenen Kenntnissen ji späterhin eine Stellung zu gründen ; sie betrachten sie einfach als eine billige Arbeitskraft. Was wird nun aus diesen urglücklichen jungen Menschen ? Der Hand­­werfer fällt auf die Landstraße; die Noth treibt ihn vielleicht zum Verbrechen oder doch zum Betteln. Der kaum aus der Elementarschule entlassene Lehrling macht mit dem Eintritte in die Lehre den bedeutsamsten Schritt seines Lebens. 3 beginnt der Bau des Fundamentes, auf welchem sie das ganze Lebensgebäude des Betreffenden aufbaut. Er ist so­ mit Pflicht des Lehrmeisters, nach Kräften dahin zu wirken, daß sein Zögling durc die bei ihm erhaltene Ausbildung in der Lage sei, seinen Lebenslauf zu einem ehrenvollen zu gestalten , wobei er als selbstverständ­­ii, vorausgefegt wird, dag der Lehrling gewissenhaft zum Besuch der Gewerbeschulen angehalten werde. Die Grundlage, welche dem Lehrlinge in der Lehrzeit beigebernt sind, haften, gerade so wie die erlernten Handgriffe und Fertigkeiten, für das ganze zukünftige Leben. Um tüchtige Gesellen und ordentliche Men­gen heranzubilden, sol der Lehrmeister Nachs folgendes besonders beherzigen : Die Zahl der Lehrlinge sol höchstens zwei bei­tragen, wobei der regte erst eingestellt wird, wenn der erste noch höchstens ein Jahr zu lernen hat, damit die Lehr­­kraft nicht zu sehr in Anspruch genommen wird. Der Lehrling sol durchaus keinerlei häusliche Arbeiten ver­­richten, denn hierduch entstehen vielerlei Unzuträglich­­keiten. Dem Lehrling sol bei Antritt der Lehre sofort den, am besten so, daß er von dem Meister leicht­er« ein bestimmter Plag in der M Werkstatt angewiesen wer Er -

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