Oedenburger Zeitung, 1887. Juni (Jahrgang 20, nr. 123-146)

1887-06-01 / nr. 123

» .»«» ER a «g »s« Wir- www-WITH « ».».Y.-x» JA­­ »wes-«­­ Wahr ist 68: Eine eigenthümlige Resigna­­tion ‚hat si des Landes bemächtigt, ähnlich jener Stimmung, von welcher ein Mann biherrrgt wird, der nachgerade zur Ueberzeugung zu gelangen beginnt, daß seine materielle Lage eine unver­­besserliche sei, daß ihm überhaupt nit mehr geholf­fen werden könne. Diese Stimmung ist allerdings eine Frankhafte und sie bildet ein wesentliches Hinderniß einer Wendung zum Beffern. Wenn jemand sich dem Glauben hingibt, «8 könne ihm nit mehr fohl immer ergehen, als er ihm thats fählich ergeht, so ist das gleichbedeutend m­it einer Kapitulation im Kampfe um’s3 Dasein. Die Er­­wartung eines besseren Loses und die Zurht vor noch schlechterem sind die mächtigsten­­ Triebfedern, welche den Menschen zum Einfegen seiner ganzen Kraft anspornen. Iun der öffentlichen Meinung Ungarns beginnen — namentlich auf dem Gebiete der materiellen Steressen — diese Triebfedern ihren Dienst zu verjagen. Und daß es so weit gekommen ist, daran trägt zumeist der Leichtsinn Schuld, womit bisher die Mandate der Nation vertheilt wurden. Syedes Volk hat die Negierung, die er verdient, und darum laßt Eud nu­ blos durch glänzende Programmreden füdern, traut nur der Erfahrung, die man bei diesem oder jenem Kandidaten bezüglich seiner Herzens­­und Geistesrichtung gemacht habt, traut den Anti­­zidenzien des Mandatswerbers . Hofft aber nichts von der Zukunft, wenn Euch nur die Vergangen­­heit dafür bürgt. « Wer Euch leiten soll,muß bewiesen haben oder beweisen,daß er den festen Vorsatz in sich trägt,für Euch nach Kräften zu sorgen.Sein Mandat soll nicht Selbstzweck,sondern nur das Mittel für ihm sein, sich in dem Bezirke, wo er gewählt wurde, die „schöne grüne Bürger­­frone“ zu erwerben, die mehr werth ist, als Titel und Orden. Zwar sind die Selbstlosen sehr dünn gesaet, aber es gibt — zur Ehre der Menschheit sei es gesagt — doch wo welde, und unter diesen mählet! E. M. Das öffentliche Gewissen. Dedenburg, 31..Mai 1887. In Wien eignete sich — laut Entdeckung vom 29. d.— der E. f. Postassistent Zalemwsti in fortgelegten Angriffen zwanzig Geldbriefe an, deren Inhalt anfangs mit fünfzigtau­­send, später mit h­undertundfünf­zigtausend Gulden bef­arirt wurde. Beschä­­digt erscheinen­ zumeist Wiener­ Bankhäuser, melche Geld nach der­ Provinz sandten, da dürfte das Bostorat für den Schaden aufzulommen haben. Zalewski ist flücht­ig und wird sted­­brieflich verfolgt. Sa Kaffhau stahl der­ j. ung. Zollamts­­fontroller — wie man kürzlich Tonstatirte — Franz Lehrmer beträchtlichere Beträge und in Naab wurde durch städtische Beamte bekamntlich Die Waffenamtstaffa geplündert. GE 2, 5 Das sind lauter Fakın der jüngsten Tage. Stünden sie. aber vereinzelt, da, dann könnte man ih .noch damit trösten, Daß es eben immer, und. überad Spigbuben gegeben hat und geben mir), daß also nur die Berüter der WMalversationen selbst, für ihre Schlechtigkeiten verantwortlich sind, daß diese fortgefegten Angriffe auf fremdes. Gut jedoch förmliche Ringe einer ganzen Kette trauriger Erscheinungen bildet, da Amtspersonen die Schuldigen sind, da öffentliches Gut geraubt und gestohlen wird, so drängen uns die erwähnten Fälle um so schmerzligere Betrachtungen auf. Das öffentliche Gemwifften hat be­denklich Schiffernd gelitten an den Klippen der Genußsucht und des Größenwahne. Jeder will vermögend und dadurch anges­­ehen sein. Eine unserer größten Schwächen ist sonach der Mangel an genügendem Pflicht­­bewußtseimn und hierin liegt der Erklärungs­­grund für laufend soziale Uebelstände. Mit allen Organen kammern wir und daran, irgend­welche Nechte zu erjagen, wenn es aber gilt, die Hand in Hand mit denselben gehenden Pflichten zu tragen, da werden wir schwach und läsfig. Darin ist ja auch eine der Hauptursachen unserer unzus­länglichen Verwaltung zu finden. Unsere Beamten haben in vielen Fällen die genügende Intelligenz, Fachrenntung und Eignung, aber sie sind nicht von dem Bewußtsein erfüll, daß sie eine V­erant­wort­­lichkeit auf sich haben, daß sie duch ihre Lällig­­keit und Saumseligkeit die Stadt, das Land, den Staat [chädigen. Ein leider sehr großer Theil der Beamtenschaft kennt, sobald er in Amt und Wür­­den ist, keine andere Aufgabe, als mit dem größten Aufwandte von Zeit die geringste Dosis von Arbeit zu erledigen und als wohlbeftelte Herren ihre Tage im süßer Muse einzuleben. Das it das eigentlich faule Deoment in unserer Ver­­waltung, welche unter demselben schwer kranft und leidet. Nur diese Läsfigkeit und Bequemligkeit macht es möglich, daß Malversationen von der Art der jüngst in Raab entdecken, Jahre hindurch unger­stört verübt werden können. Die Kontroll-Organe üben ihr Armt mit patriarchalischer Behäbigkeit, er­­leinen ab und zu, nachdem sie si rechtzeitig haben anmelden lassen. bei den Kafjen und finden natürlich — man hatte ja Zeit genug, sich auf den Besuch vorzubereiten — Alles in schönster Ordnung. Ueberhaupt herrscht zwischen den Kons­troleorganen­ und den ihnen untergeordneten Ber­amten zumeist eine so intime Bevatterschaft und F­reunchaft, das nur in den Fällen, wenn Die Vertuschung unmöglich ist, etwa d an’d Tageslicht gelangt. E83 sind das harte, strenge Worte, aber sie entsprechen in gar vielen Fällen den thatjäche­lichen Umständen. Ein eigenthümlicher Zug dieser unser Frant« haften V­erhältnisse liegt darin, daß in­ den seltensten Fällen wirklich bösfe Absicht den Anfang mach. Man fängt zumeist mit dem heiligen Borfag an, die für kurze Frist entliehenen Summen auf Heller und Pfennig zurückzuerstatten, dann treten Die bek­­annten Zufälle dazwischen und immer weiter geht es auf der schiefen Ebene abwärts. Aber nicht hier beginnt erst das Verbrechen, er hat in dem Augen»­bliche angefangen, da der Beamte die ihm anver­­trauten Gebter berührte, um sie, wenn auch mit der ehrlichsten Absicht der baldigsten Wiedererstat­­tung, zu Privatzwecken zu verwenden. Wäre das Pflichtbewußtsein, die volle Empfindung für die strengen Gebote der ehrlichen Verwaltung bei uns­­eren Beamten zu Zleisch und Blut geworden, dann geschahe eben­­dieser erste Schritt nit, dann würde man au nur vor dem Gedanken an einen folgen­erihrecht Halt machen. Das moderne Ungarn schreibt das „Dr. Tyblt." “­ hat unstreitig Manches von den alten avitischen Gebrechen in der Verwaltung mit Stumpf und Stiel ausgerottet, er hat durch die Einführung des Qualifikationsgefeges dem Zuströmen unbefähigter, unvorbereiteter Elemente einen Damm entgegengestellt, aber die tiefe soziale Krankheit, die in den Renlversationen der Staatsbeamten sich kennzeichnet, läßt sich nicht rach und nicht durch einfache legislatorische Maßnahmen­ heilen. Nur eine tiefgehende sittliche Erziehung, eine bis an den Kern der Gesellsshaft dringende ethnische Reform kann­ hier helfen. Für momentane Fälle muß natürlich­erem­plarische Bee­­trafung erfolgen, jede Milderung der Sache, jede Schönfärberei ist von unberechenbaren Schaden. Von dem spezielen Raucher Sale wollen wir nicht erst eingehend und ihn im seiner ‚ganzen grellen Peinlichkeit darstellend spregen. Wir wollen nit darauf hin­weifeln wie gerade das Vermögen der Waffen denen ein unglückliches Gefhhd die natürlichen Befrügel geraubt hat, unantastbares Heiligthum sein müßte, wie durch Verlegung desselben das allgemeine V­ertrauen in seinen Grundtiefen haben seine Wahl und in Ermangelung eines Besseren . — Und Du mirst heirathen, ohne Deinen Gatten zu lieben ? — Bad, das kommt jeden Tag vor und wie ich eine alte A Jungfer werde, heirathe ich Lieber einen frisirten Pudel. Der unglückliche Brosper hielt es nicht für rathsam, wo mehr zu hören; er schli fi fort und fegte nie wieder einen Fuß in de la Brunie’d Haus.­­ Die Hochzeit war in’s Wasser gefallen, aber der Schlag war hart. Brosper nahm mit wachsender Schwermuth sein freudloses und einsames Leben wieder auf. Eines Tages bemerkten seine Ei­­genofsen im Gasthause, daß er in eigenthümlicher Weise zu seinem Brode ziehe und am nächsten Tage theilte er einem Nachbar in vertraulicer Weise mit, daß ihm der Hotelier vergifteten Wein gereicht habe. Er bildete sich ein, daß der Aspektor, wüthend über die gesceiterte Heirath, ihm nach dem Leben trachte und Leute befohde, um ihn durch Gift aus der Welt zu schaffen. Er aß nicht mehr im Gasthause, kaufte sich selbst verstohlener Weise sein Brod beim Bäder und i­ant nur mehr Elares Wapfser, das er im öffentlichen Brunnen selbst schöpfte. — ALS die fire See, daß de la Brunie ihn als Opfer ausersehen Habe, si bei ihm immer mehr steigerte, sprang er demselden eines Tages, als der Asperior in sein Bureau kam, an die Kehle und hätte denselben beinahe erwürgt. — Man brachte den­ unglücklichen Prosper Zoufjaint in eine Anstalt für Irrsinnige und da er tobsüchtig war, wurde er in einer Einzelnzelle runtergebracht. — Er wird sterben, wie er gelebt hat: Einsam und verlasfen. ae 3 « «,»-.- --«"««?«;JWWXJTIW—swsisssssspssstwwksa--«·­­ersgattert werden muß, e8 mag genug sein, ed zu betonen, daß sich hier.­die schwere soziale Krankheit, an­ der wir­ leiden, in einer­ Der abfragendsten Formen zeigt. Der Fehler bleibt natürlich ganz derselbe, ob Waffen- Post oder Zollamtsgelder veruntreut werden. Denselben auszumerzen. Die Kräftigung des ethischen Gefühle und des Pfligt­­bewußtseins so weit zu entfalten, daß derartige Ereignisse kaum oder doch nur äußerst selten vork tommen können, das erschütterte Vertrauen der Bevölkerung wieder zu kräftigen muß als eine der bedeutsamsten und erhabendsten Aufgaben der­ Geset­­gebung, der Volfserziehung und der gesammten Gesellschaft betrachtet werden. Dom Tage. Die Anarchisten in Belgien. Am sigten Montag entstand abermals in Berviers eine große Menschenansammlung, bestehend aus mehreren tausend Personen. Dieselben durchzogen die Stadt unter Rufen nach dem allge­meinen Stimmrecht. Gensdarmerie sprengte­ mit gezüchtem­­ Säbel heran, war jedooh nur im Stande, die Menge zu zerstreuen. Die Bourgeoisie stellte sich vielfach auf die Seite der Arbeiter.­­ Von allen Seiten wird ein Umsichgreifen des Strites gemeldet. Mehrere Arbeiter-Verbindungen veröffentlicn einen Aufruf an die Arbeiter, worin diese ermahnt werden, die Stritebewegung fortzus­toßen, und den behördlichen WMeaßregeln energi­­schen Widerstand entgegen zu fegen. Die Bürger­­schaft in mehreren Industriestädten des Hennegau beschloß, die Forderungen der Arbeiter bezüglich des allgemeinen Stimmrechtes mit allen Kräften zu unterfrügen. — Troß der täglig bewirkten­­ Verhaftungen von Anarchisten, wächst deren Anzahl in den erschrechendsten Proportionen. Die Polizei fahndet nach einem gewißen Davister, welcher als das Haupt der nach Belgien entendeten Anarchistenbande gilt. oO Allerhöchste Auszeichnungen. Seine Majestät der König hat dem Professor am Rojes­bauer ev. Gymnasium U. 8. Karl Kramarcsis, in Anerkennung seines vierjährigen ausgezeichneten Wirkens, das goldene V­erdienstkreuz mit der Krone ; ferner dem pensionirten Nehnungsratde Stefan Hämorgly, in allerhöchster Würdigung seiner vieljährigen treuen und eifrigen Dienste gleichfalls das goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen. O Die neue Residenz des Kronprinzen­­paares. 3 verlautet, daß Seine f. u. E. Hoheit der Thronfolger mit Höchst seiner Gemahlin der Kronprinzessin, im August als Divisionär nach Graz verlegt werden wird. Bereits empfing der Kronprinz in Larenburg eine Deputation bestehend aus dem Landeshauptmann Graf Wurm­­brand, und zwei Gemeinderäthen von Graz, die ihm dafür dankte, daß er mit der Kronprinzessin nach Steiermark, beziehungsweise nach Graz kommen werde. Der Kronprinz zeigte rege T Teilnahme für die Angelegenheiten der Stadt und des Landes.­­ Aus der diplomatischen Welt. Der österreichisch-ungarise Betjafter in Yonton Graf Károlyi legt amı. Juli sein Amt nieder und wird wahrsceinlich duch Grafen den Wolfen­­steim erlegt werden. Dieser Legiere — bekanntlich bisher in St. Petersburg —Vertreter der Monarchie — ist am 27. d.in Ber­lin eingetroffen und begab sich am 29. d. mit den österreichisch-unga­­rischen Botschafter am kaiserlich Deutschen Hofe, mit dem Grafen Szechenyi nach Wien.­­ Ernennung. Der ehemalige Abgeordnete Ladislaus Lufäcs wurde zum­ Ministerialrath im Finanzministerium ernannt. Vorstand der Kreditsektion designirt, welche früher vom Staatssekretär Wederle geleitet wurde. Lufäcs war bisher ständiger Referent des Schluß- Derselbe ist zum­ rechnungs-Ausschusses, sowie Mitglied des Finanzen­ausschusses und wurde in parlamentarisen Kreisen wegen seiner finanziellen Detailkenntnisse­ sehr ger­egägt. 0Dufchvimzaikitäräreilen Am 1.Juni wird der Reichss Kriegsminister Graf Claydtsx Rheidt die Geschäfte wieder über­nehmest und, sobald die Abtheilungen des Ministeriums die Vop­· arbeiten für die Zsammenstellung des Kriegsbudgets pro 1888 beendet haben,das ist anfangs MUgUfN neuerdings einen vierwöchentlichen Urlaub antreten. Eine Veränderung in der Leitung­ des­ Kriegss­­ministeriums ist keineswegs zu gewärtigen,nur der Sectionschef,Generalmajor«y.»Wurm­b,der seit nahezu dreizertahren an der Spitze des­ Unterrichtswesens steht und das moderne Systan der Militärerziehungs-und Bildungsanstalten in der Monarchie begründ­et hat,wird im«Herbst von­ seinem Posten zurücktreten und das Kommando einer Division übernehmen. »»« u - -

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