Oedenburger Zeitung, 1889. Februar (Jahrgang 22, nr. 27-49)

1889-02-01 / nr. 27

b.­­ % Telegramme, Sophia, 31. Jänner, Die Bulgarische Ge­­sellschaft vom Nothen Kreuze gab gestern Abends einen großen Wohlthätigkeitsball. Bei dem Ein­­fangen der Nachricht des Hinscheidens des Kronprinzen Rudolf theilten Prinz Fer­­dinand und Prinzessin Klementine sofort der Leh­leitung mit, daß sie dem Ballfeste nicht bei­ Die bulgarische Regierung ließ die Geladenen ersuchen, das Fest zu suspen­­diren, was auch geschah. Der fürstliche Hof wird Trauer anlegen. Prag, 31. Jänner. Bei der Neuwahl eines Reichsrathsabgeordneten in Böhmerwald wurde Statt des Fürsten Schwarzenberg der konservative Kandidat Woldrich mit 176 gegen 156 Stim­­men, welche Taftchef erhielt, gewählt er:­­ wohnen könnten. Königin den Tod des Schwiegersohnes erfuhr, fiel sie in eine Ohrenmacht­ und rief, „als sie zu sich­ kam, “aus: Es ist nicht möglich! “In der­­ Stadt verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauf­­feuer und erzeugte allenthalben die größte Bestür­­zung über das schredliche Unglück, welches die Herrscherhäuser Oesterreich und Belgiens betref­­fen. Wie verlautet, reist die Königsfamilie nach Wien.­­­­ Stimmung in Budapestt. Die Unruhen sind im Schmerze über den Tod des Kronprinzen vollkommen beigelegt. Die in Aussicht genom­­menen Demonstrationen der Studierenden unter­­­ blieben. Das requirirte Militär ist in die Ka­­sernen zurücgekührt. Die für die nächste Zeit an­­beraumten Unterhaltungen und Bälle wurden ein­­gestellt. Die Theater bleiben geschlossen. Aus allen Theilen des Landes treffen Kundgebungen ein ‚ "über die tieferschütternde Wirkung der Todesnach­­richt. In Klausenburg traf die Nachricht eben während der Vorstellung im dortigen Na­­tionaltheater ein. Direktor Du­roi theilte in tief­­empfundenen Worten die Trauernachricht dem ver­­sammelten P­ublikum mit, welches tiefergriffen in lautlojfer Stille das Haus verließ. O­B vom ungarischen Weichstage. Der BVräsident berief auf Wunsch sämmtlicher Parteien das Abgeordnetenhaus für heute Donnerstag zu einer Situng ein. Dieselbe wurde lediglich dem tief erschütternden Todesfalle gewidmet und hat sich sodann wahrscheinlich auf längere Zeit, bis nach Bekanntgabe der Daten in Betreff der Leichen­­feier vertagt. Minister-Präsident Tipa ist nach Wien abgereist. Die schon für Mittwoch Nachts beabsichtigte Uebersiedlung des Hofes nach Budapest ist natürlich­ auf unbestimmte Zeit aufgegeben.­­ Aus München meldet der elektrische Draht Prinz Leopold und Prinzessin Gisela erhielten während des Diners die Nachricht von dem Tode des Kronprinzen und fuhren sofort mit einem Ertragguge nach Wien. Hier ist Alles in größter Aufregung, Extrablätter der Zeitungen geben von dem erschütternden Ereignisse Kunde. Alle fremden Gesandten fahren vor dem österrei­­chischen Gesandtschaftspalais vor, ebenso vor dem Palais des Herzogs Mar, wo große Bestürzung herrscht. « Ozetdzeugmeisletz freiherr v.Bewean Wie aus Meran telegraphirt wird, ist am 30. Jänner Nachts dortselbst FZM. Friedrich Freiherr Tafens von Kilstädten, der ehemalige Stell­­vertreter de Landwehr-Kommandanten, gestorben. Freiherr von Parens, der erst vor wenigen Jahren in den N­uhestand getreten ist und mehrere Jahre hindurch auch unter (Oedenburger) Korpskom­­mandant war, ist Inhaber des Infanterie-Regi­­ments Graf Clerfayt Nr. 9. gewesen. Der Ber­­g­blichene war Großkreuz des Leopold-Ordens (mit der Kriegsdeforation des Ritterkreuzes), Ritter des Ordens der Eisernen Krone erster Klasse, Befiter des Militär-Verdienstkreuges mit der Kriegsdefora­­tion und Ritter des Militär-Maria-Theresien-Or­­dens. Die Leiche des Feldzeugmeisters wurde bereits nach Wien überführt. Das Leichenbegängniß findet in Wien Sonntag statt. Lokal-Beitung. Lokalnotizen. * Aus der Generalversammlung unserer Stadtrepräsentanz. Der Herr Bürgermeister Lind theilte der ihn stehend anhörenden V­ersamm­­lung mit, daß die­­ Todesnachricht über das er­­schütternde Hinscheiden seiner I. und I. Hoheit des durchlauchtigsten Kronprinzen Rudolf so viel scmerzliche Empfindungen aufgewühlt habe, daß die Versammlung zur ruhigen Berathung über die Verhandlungsgegenstände sich nicht gestimmt fühlen dürfte; er beantragte daher ein ehrfurchtsvolles Kon­­dolenzschreiben, im Wege des Ministerpräsidiums an die Etufen des Thrones gelangen zu lassen und hiermit die Eitung zu schließen. Der Munizipal-Ausschuß gab Hiezu einhellig seine Zustimmung und Herr Abt und Stadtpfarrer v. Beda, will nach Maßgabe der in Wien anzu­­ord­nenden Trauerfeierlichkeiten ein solernes Requiem abhalten, wozu der Herr Bürgermeister die Mit­­glieder­ der verehrlichen Stadtrepräsentanz seinerzeit zur Theilnahme einladen möge. * Die Stimmung in Oedenburg. Bor­­‚gestern. Mittwoch Nachtmittags und Abends herrschte in unserer Stadt, anläßlich der telegra­­phischen­ Trauerbotschaft von dem plöglichen Hin-­scheiden Seiner f. f. Hoheit des Kronprinzen Erz­­herzog Rudolf eine unbeschreibliche Gemü­hs­­aufregung. Die Stunden insbesondere von vier bis jed­s Uhr, während welchen die entjegliche Kunde von dem jähen Tode des auch hier wärmstens ver­­ehrten Thronfolgers, noch nicht mit voller apodis­­tischer Gewißheit die Straßen durcheilte, waren Stunden peinlichster Emotion. Gruppen bildeten sich an allen Straßenkreuzungen und in jedem öffent­­lichen 2ofale sprach man nur von dem erschüttern­­den Ereignisse. AS schon die Hiesige Baubank und unser Redaktionsbureau im Belege der unheilvollen De­­peschen war, als der hier eben zu Besuch bei seiner Tochter, der Gräfin Fugger-Babenhausen weilende Obersthofmeister Seiner Majestät, Prinz Hohenlohe, infolge erhaltener Nachrichten, un­verweilt mittelst Separatzuges der Sü­dbahn nach Wien abgereist war, wagte dennoch Niemand an das Entjegliche zu glauben, um so weniger, als «8 hieß, der Verewigte sei durch einen Schuß um’s Leben gebracht worden. &3 wird Keinem, der Zeuge dieser allseitigen Bestürzung war, an dem Ge­­dächtnisse entschwinden, wie bewegt, wie schmerzer­­füllt die Physiognomie unserer Stadt war. Man sah viele Menschen im fluchtartiger Eile. Dem­­ und Jenem auf der Straße etwas zus­tufend, verstörten Antliges einem bestimmten Ziele zustreben. Jeder wollte nämlich, da es die Er­­scheinungszeit der Abendblätter war, durch die H­ei­­tung das Nichtige erfahren, Jeder hoffte auf ein Dementi des Gerüchten in den Journalen. Das H­eitungsbureau des Heren Blum war noch gegen /,10 Uhr von hunderten von Menschen belagert, aber Herr Blum hatte bereits vor 9 Uhr alle seine vielen Abendblätter abgeseßt. — Die Theater­­vorstellung wurde abgesagt. Gestern wehten von sämmtlichen öffentlichen und von­­ vielen Privatgebäuden mächtige Trauer­­fahnen. Das Fest der „Schlaraffia“, welches für heute bestimmt war, ist aufgeschoben worden ; desgleichen vertagte der „Niederfrangy“ seinen Massenball auf noch unbestimmte Zeit. Der Batvaristenball, welcher am 8. Februar stattfinden hätte sollen, wurde ebenfalls vertagt. Er braucht in diesem furchtbaren Augenblice wahrlich eine Landestrauer nicht erst angeordnet zu werden. Jede Brust von unserer royal und patrio­­tisch gesinnten Bevölkerung empfindet unsägliches Web und ist erfüllt von tiefer, ehrfurchtsvoller Teilnahme an dem Schmerze des erhabenen Herr­­scherhauses. Möge der Himmel den Kaiser- König, die hohe Landesmutter und die schwer geprüfte Prinzessin mit der Kraft begnaden, um das über sie hereingebrochene Unglück mit Fassung zu ertragen, das ist der Wunsch, der sich Millionen entringt und das ist das Gebet, das uns Alle mit Inbrunft erfüllt und das jeden anderen Gedanken verdrängt. * Bur Nachricht. Allen jenen p. t. Damen und Herren, welche für die auf heute Freitag, den 1. Februar anberaumt gewesenen Fest-Sippung der „Schlaraffia Sempronia“ Einladungen erhielten, diene zur gefälligen Nachricht, daß diese Feier, mit Nachsicht auf das ganz Oesterreich-Ungarn in tief­­schmerzliche Trauer verlegende Ableben unseres theuren Kronprinzen — bis auf Weiteres ver­­hoben wurde. Die Abhaltung wird seinerzeit bekannt gegeben werden. * Der Masken- und Coffumeball des ver­­ehrlichen Männergesangvereines „Liederfranz“, wurde des erschütternden Todesfalles wegen auf unbe­­stimmte Zeit verschoben. Wir werden seiner Zeit nicht ermangeln unsere P. T. Leser von der Abhaltung des Balles recht­­zeitig in Kenntniß zu jehen. * In der Generalversammlung der Oeden­­burger Sparkassa, welche gestern Nachmittags 4 Uhr, unter Bereit des Herrn Präsidenten Ignaz Nitter von Standorffer tagte, waren 141 An­­theile vertreten. Der Herr P­räsident gibt mit schmerzbewegter Stimme die wehmüthige Kunde von dem Ableben Seiner E. und f. Hoheit Kronprinz Erzherzog Rudolf. Die Versammlung erhebt sich von den Ligen und beschließt, über Antrag des Heren An­­waltes Dr. Nikolaus Schwarg, den Ausbruch ihrer wärmsten ehrfurchtsvollen Theilnahme durch das hohe Ministerium de Innern an den Aller­­­­höchsten Thron gelangen zu lassen. Dann gedachte der Herr Vorfigende mit Trauer des Hinscheid­ens des verdienstvollen und pflichttreuen Direktionsrathes, Herrn Anton S­ha­f­­fer. Auch hier erhob sr zum Zeichen ihres tief­­empfundenen Leidwesens die V­ersammlung von den Siben. Der Gewinn des Jahres 1888 beträgt ein­­schließlich de Gewinn-Vortraged vom Jahre 1887 pr. 400 fl., im Ganzen 27,933 fl. 5 fl. Aus diesem Gewinne wurde bestimmt per Aktie 60 fl. an Dividende, nämlich für 300 Antheile , 18,000 fl. zu vertheilen. Die Einlösung der Kou­­pon3 erfolgt vom 1. Februar an. Dem Neferpefonde werden 8000 fl. aus­geführt, dem Kurstilgungsfonde 500 fl. zugewendet. Der Rest von 1433 fl. 5 fl. wird an fol­­gende Wohlthätigkeits-Anstalten vertheilt: 320 fl. für verschämte Hausarme, 100 fl. der Wolfsfüche, 100 fl. dem freiwilligen Zurn- Feuerwehr-Verein, 100 fl. dem Boltzfindergarten, 100 fl. dem Deaffond, 100 fl. dem Musil-Verein, 100 fl. je­der katholischen und der evangelischen Kinderbewahranstalt, 50 fl. dem katholischen und 50 fl. dem evangelischen Konvent zur Christbaum­­feier, 50 fl. dem Frauen-Wohlthätigkeits-Vereine, 50 fl. der Hausindustrieschule, 25 fl. der Wolfs­­bibliothek, 25 fl. dem israelitischen Frauenvereine, 100 fl. dem Brivat-Staufenhause und 25 fl. dem Studenten-Hilfsvereine. Der Ueberschuß von 13 fl. 05 fl. den Dienern der Anstalt. Ueber Antrag des Herrn Dr. Josef Kania wird einstimmig dem Präsidium, den Direftions­­und Aufsichtsräthen der Dank votirt und protofol­­larisch aufgenommen, sowie den Rechnungslegern das Absolutorium ertheilt. Die Funktionäre der Anstalt und zwei neue Direktionsräthe waren zu wählen, doch war bei Schluß des Blattes das Skrutinium noch nicht beendet. . . Ke­i BEE I en es in — — Ungesnenigkeiten, + zwei Jahre Militärdienst. Aus Buda­­pest wird berichtet: Seit einigen Tagen macht sie un­­ter der wehrpflichtigen studierenden Jugend Ungarns in Folge von Agitationenen das Bestreben geltend, es mögen die zum Einjährig-Freiwilligendienste Be­­rechtigten sich bindend verpflichten, lieber zwei Jahre M­ilitärdienste zu leisten, al die Offiziers- Prüfung abzulegen. + 14 Stunden auf dem Donaueife. Aron Szab6c jun. in Mohacs ging dieser Tage an das Donauufer filchen. Um sein Ziel leichter zu erreichen, trat er auf das scheinbar feste Eis, doch von den Füßen berührt, jeßte sich der ganze Eisstoß in­ Be­­wegung, und eilte abwärts. Die Hilferufe des mit der Kälte sümpfenden Mannes verhalten ungehört, so daß derselbe gezwungen war, in dieser furcht­­baren Situation in Todesfurcht von 5 Uhr Abends bis 7 Uhr Früh zuzubringen, um welche Zeit der Meoczkojer Waldheger den bereits Bewußtlosen be­­merkte, und vom entgegengefaßten Ufer Hilfe brin­­gend, gelang es den Eisstoß mit Szabó an das Ufer zu bringen, und sofortige ärztliche Behandlung hatte den Erfolg, den fühnen Fischer am Leben zu erhalten. 3 Re a > ARE , ö% Rt ...­«-..«- « ge­rn TE sr + , ««. EEE ne ·.... rn Si #5 el Eee u Sea Ti she CE PAIer a er Ye Begur gi EEE ET TER ar air ee Na nee z et ee EEE PER ee RN­a Gerichtshalle, Schlußverhandlungen des Oedenburger B. u. Gerichtshofes als Kriminal-Gericht. Am 5. Februar 1889. In der Strafsache wider Anton Dragan aus Ladendorf wegen Verbrechens der Veru­ntreuung. Wider Viktor Frank aus Klingenbach wegen des aus Fahrlässigkeit begangenen­ Übergehung der schweren körperlichen Beschädigung. FLotto-Biehungen vom 30. Jänner. Schlaraffen hört! Die für heute anberaumt gewesene Gutten­­berg-Nachtung wird zufolge dem eingetretenen und au ung Alle tief erschütternden Hinscheideng [r. f. Hoheit des Kronprinzen Rudolf — auf einen erst näher festzustellenden Tag verschoben. Wir versammeln uns heute Abends zu einer Ber­­sprechung in unserer Burg. Lulu! Verantwortlicher Redakteur : Ernst Marbach. Redaktionsbureau: Szechenyi-Plab Nr. 15/16. Herausgeber und Verleger: C. Romwalter & Sohn. E­­FR Leporello. ung — Prag: 56 64 28 65 36 Lemberg: 4 39 24 89 73 Hermannstadt: 36 53 80 45 3 \

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