Oedenburger Zeitung, 1889. Dezember (Jahrgang 22, nr. 277-300)

1889-12-01 / nr. 277

Fe Beilage zu Ar. 277 der „Oedenburger Zeitung“ lassen. Der Schlitten, der sich den Sommer über ausgeruht, gelangt nun wieder zur Herrschaft, und sahen wir gestern und heute Schon mehrere derselben mit luftigem Schellengeflingel an uns vorbeifliegen. Des Umschlages der Witterung freut sie Niemand mehr, al Schuster und Kürschner, die ob des trockenen und milden Wetters, das bis­her herrschte, fast verzweifelt waren. Auch dem Markt, der am 2. Dezember hier abgehalten wird, dürfte das kalte Wetter zugute kommen, aber auch die gestattete Abhaltung de Biehmarktes dürfte zur Belebung desselben viel beitragen. Wenn nur die Leute mehr Geld hätten! Denn, wie man nach dem Ausspruche des Grafen Montekufuli zu einem Kriege drei Sachen: „Geld, Geld und wieder Geld“, braucht, so benöt­igt man zu einem Markte eben dieselben drei Sachen, und die scheinen leider unseren Land­­leuten zu fehlen. n. Gidhieh, den 25. November. [Orig.-Korr.] (Feuuerwehr-Statuten.) Die Statuten unserer freiwilligen Feuerwehr wurden vom hohen f. u. Ministerium des Innern genehmigt. n. K­apavar, 29. November. [Orig-Korr.] (Eine Entgegnung.) In ihrem werthen Blatte vom 22. d. M. beschäftigte sie jemand mit unserer Schule. Dieser Herr­­ schreibt: „Wir haben ge­­hofft, daß die hiesige Bürgerschule veredelnd auf die Volksschule wirken werde, leider haben wir uns getäuscht, denn hier wird jeder Schund auf­­genommen, um nur ein je größeres Duantum zur­­ammenzubringen. Wenn Herr A sich die Mühe genommen und und nur einmal besucht hätte, so würde er sich überzeugt haben, daß wir aus dem Shund auch wohlgesittete, fleißige und von Löblichem Ehrgeiz beseelte Schüler bilden. Shund! Was versteht der Liebe Herr A unter Schund? Wollte er vielleicht sagen, daß fast die Hälfte unserer Zöglinge Kinder der ärmeren Klasse sind? Kapuvar hat für­ die Erziehung seiner Kinder namhafte Opfer gebracht. Wir sehen seinen Schund in Kindern der ärmeren Klasjie. Der Zweck einer Schule ist ordent­­lie Menschen von Gesittung und Intelligenz zu bilden. Wir wägen mit gleichem Gewicht, sei der Schüler ein Kind eines armen Birgers oder eines vornehmen Reichen: die Schule ist Niemandem ver­­schlossen. Was wäre nun das Biel unserer Schule, wenn wir bloß die Schüler der sogenannten In­­telligenz aufnehmen und die Kinder der Armuth “ _ abweisen wollten ?! Jener Schüler, welcher die 4. Klasse unserer Schule absolvirt, besigt schon so viel Kenntnisse, um ein tüchtiger, verständiger Handwerker zu wer­­den. Diejenigen aber, die ihre Studien an einem Gymnasium oder einer Realschule fortlegen wollen, sind ebenfalls so weit unterrichtet, daß sie ohne große Mühe weiterschreiten können. Selbst wer schon nach Absolvirung der 2. Klasse daheim bleibt, ist nicht ganz ungebildet, son­­dern schon zum tüchtigen Landmann tauglich, da er wenigstens korrekt lesen, schreiben und rechnen fan. Wenn der liebe Herr /A­ uns beehren würde, könnte er sehen, daß die erste und zweite Klasse ‚so fonstruirt sind, daß jeder lernbeflissene Zögling, "welcher nach Absolvirung derselben zu Hause beim Pfluge bleiben will, jene Bildung besißt, welche man heutzutage von ihm verlangt und erwartet. Oder soll das ein „Schund‘‘ sein, was wir auf Grund einer Aufnahmsprüfung aufnehmen, obschon es noch nicht die Reife besitt, um Bürger- Schulzögling werden zu künnen ? Auf dieses sei mir erlaubt zu bemerken, daß unsere Forderungen sehr gering sind. Wir wollen uns nicht mit kontemplativen Dingen beschäftigen, sondern und damit begnügen intelligente Glieder der Gesellschaft Heranziehen zu künnen. Mehr verlangt auch unser Lehrplan nicht. Wir werden auch fünfzig so Handeln, daß wir auf Grund einer Aufnahmsprüfung alle jene­­ Schüler aufnehmen, welche geistig reif, körperlich entwickelt sind und das gehörige Alter beriten. Außer diesen werden auch schwächere Schüler auf­­genommen, welche al­s außerordentliche Schüler eingetheilt werden. Wenn Herr A unsere Schule mit seinem Besuche beehren würde, konnte er sich überzeugen, daß viele „außerordentliche Schüler jegt zu den ausgezeichnetsten Höflingen unseres Institutes zählen. Hätten wir vielleicht die glänzenden, angebornen Talente nicht zum Nuten der Schüler und der Gesellshaft ausbilden, die anderen Jungen ab­­weisen sollen ? Legen Sie Ihre Hand auf's Herz und fragen Sie si), was Sie thun würden, wenn Sie an unserer Stelle wären!? Dieses würde ‚ Ihnen sagen, daß der Lehrkörper der hiesigen “ Bürgerschule Alles gethan hat und auch fünfzig Alles thun wird, wozu Gewissenhaftigkeit, Menschen­­liebe und­­ Geseb verpflichtet. Sa, wir nehmen innerhalb der gejeglichen Schranken jeden sich meldenden Schüler auf, welcher lernen will. Herr A möge wissen, daß wir uns nie zu rühmen pflegen, aber diesmal sei mir erlaubt zu Konstativen, daß wir mit jenen Schülern, welche unsere Anstalt verlassen haben um ander­­wärts ihre Studien zu vervollständigen, niemals Schande aufgehoben haben. Es scheint, daß Herr A unsere Schule gar nicht fennt, denn wenn er sich nur einigen Einblick verschafft hätte, so würde er willen, daß der dritte Theil unserer Schüler vom Elternhause her, blog deutschsprachig ist. Diese Zöglinge verlassen ge­­wöhnlich nach Beendigung der I. Klasse unsere Anstalt und treten in ein Gymnasium oder eine Realschule über, wo sie ihren Vlag im­mer glänzend behaupten. Dem Ebengejagten ist zu entnehmen, daß man jeder Vieles mit einem Kinde ausrichten kann, wenn es lernen will, und welches wir auf Grund einer Aufnahmsprüfung aufgenommen haben. Wohin sol man denn ein armes Kind Schiden, welches lernen will? Zurück in die Ele­­mentarschule? Dies thun wir deshalb nicht, damit man ihm einen Antrieb gibt, daß wir veredelnd wirken auf die Schüler der Elementarschule, nach­­dem wir überzeugt sind, daß Diejenigen dort nicht weniger lernen um bieher kommen zu künnen. Herr A möge fortan gefälligst etwas objek­­tiver urtheilen und nicht in’S Blaue hinein behaup­­ten, daß wir Schüler nehmen, wo wir sie finden, nur um ein größeres Quantum zusammen zu brin­­gen. Wer selber kommt, der kommt eben und er tut es um zu lernen. Soldyen aber die lernbeflißen und fähig sind, werden wir die Thüre nicht verschliegen. Es ist uns unerfindlich, weßhalb wir nicht veredelnd wirfen sollten auf die Elementarschule?! Wir wisfen nur, daß unsere Schüler — was ihr sittliches DBe­­tragen, sowie ihre Intelligenz betrifft — auf glei­­cher Stufe mit den Schülern solcher Lehranstalten stehen, die nach demselben Lehrplane wie wir unter­­richten und deren Rang als Schule ein sehr ange­­sehener ist. Uebrigens genehmige Herr A meinen ver­­bindlichen Dank dafür, daß er mir Gelegenheit gab mich auszusprechen; ich füge Die Bitte bei: Wer fünfzig über ein solches Thema schreiben will, möge sich früher erst genau über dasselbe orientiren und dann­­ urtheilen. Jeder Borjab ist gut, wenn seine Ausführung gewissenhaft und sein Ergebniß heilsam ist und von solchem Vorjaße waren wir geleitet, als wir unsere Schule errichteten und nach diesem Vorjabe handeln und wirken wir. Julius Ajtay. Konstativung der Jahrespauschalsumme über alle im Laufe des Jahres 1889 eingeschafften und von diesen ohne Ein­­rechnung der Konsumsteuer verkauften, respettive ausgesc­härf­­ten Konsumsteuer-Artikel eine detaillirte Anmeldung oder Einbenenntung bis zum 15. Jänner 1890 bei der städtischen Buchhaltung zu übergeben, wo auch die zur Anmeldung und Einbefenntniß der Hauptresultate nothwendige Drucksorte zu haben ist. Im Sinne des 6. Abschnittes des obgenannten Ge­­sees wird zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß alle jene Geschäfts-Eigenthümer, welche im Jahre 1890 ein neues Geschäft behufs Verkauf von konf umsteuerpflichtigen Artikeln eröffnen, verpflichtet sind, das neue Geschäft binnen 30 Ta­­gen, vom Zeitpunkte der Eröffnung gerechnet, beim­­ Bürger­­meisteramte schriftlich anzumelden. Privatpersonen, melde in solchen Orten, auf welche sich die Wirksamkeit des IV. G.-X. vom Jahre 1881 und des V. G.-X. vom Jahre 1883 nicht erstrebt —­ oder von inländischen Transito-Magazinen ihre fünfumsteuerpflich­­tigen Artikel beziehen, sind auf Grund des V. G.-X. vom vom Jahre 1883 Abschnitt 6, II. Punkt­e) verpflichtet, die übernommenen Artikel ihrer Menge entsprechend bei dem von der Komune der fünf Freistadt zur Einhebung betrauten Verzehrungssteuer-Amte anzumelden und die entfallende Kon­­sumsteuer zu bezahlen. Laut V. G-Ü. vom Jahre 1883 Abschnitt 7, dehnt sie die Steuerfreiheit über jene Artifel aus, welche Die steuerpflichtige Partei einer andern gleich steuerpflichtigen Partei verkauft, oder wenn durch dieselbe Konsumartikel in eine geschlosfene Stadt und nach solchen Pflägen, für welche das erwähnte Geieg seine Geltung besißt, versendet werden, unter welchen Umständen im ersten Falle der Name und Wohnort des Käufers, im zweiten Falle mit gleichzeitiger Angabe des Ortes, wohin die Artikel versendet wurden, die faktische Aufgabe auch mit dem Aufgabsfrachtbrief zu do­­kumentiren­ ist. Laut Abschnitt 8 desselben Gesäßes ist die Jahres- Steuerpauschalsumme für die betreffenden Parteien in 12 gleichen Raten am Ende eines jeden Monates zu bezahlen. Insolange die monatliche Pauschalsumme pro 1890 nicht festgestellt ist, muß die monatliche Rate nach der vorjährigen P­auschalirung gezahlt werden. Die nach Steuertagposten Zahlenden haben auf Grund der in den ersten Tagen des Monates gepflogenen Abrech­­nung die entfallende Konsumsteuer sofort zu begleichen. Zugleich werden die Parteien aufmerksam gemacht, daß die in obigen Verfügungen einschlägigen Tatreiohunge Handlungen und Uebertretungen laut $ 10 des V. ©. vom Jahre 1883 einer Geldstrafe von 2 bis 25 fl. unter­­liegen ; in solchen Gefalls-Uebertretungen aber, wo die Kon­­sumsteuer verfülgt oder auch nur der Gefahr der Verfürzung ausgelegt wurde, wird als Strafe der 10—20-fache Betrag der verkürzten Summe zu bemessen sein. Oedenburg, aus der am 20. November 1889 abgehal­­tenen Magistrat3-Sigung. Der Stadtmagistrat. Telegramme. Budapest, 30. November. General Trajan Doda, welcher vom Arader Schwurgerichte wegen Aufreizung gegen den Staat eine Freiheitsstrafe erhielt, wurde von Seiner Majestät begna­­digt, nachdem sein Gnadengesuch vom ungarischen Ministerrathe befürwortet worden war. Graz, 30. November. Vorgestern um halb 10 Uh­r Vormittags ist im Schlosse zu Lauern Fürst Hugo zu Thurn und Taris im 73. Lebensjahre verschieden. Wien, 30. November. Im Hotel „Foller“ hat ein Italiener, Namens Vinzenz Morelli seine Geliebte Emma Ferletti erschoffen und dann sich selbst schwer mittelst Schufjes verlegt. — Der Tuch- und Schafwollenhändler Israel Thieberger, 58 Jahre alt, hat sich erhängt. Belgrad, 30. November. In der heutigen Ligung der Stupfschtina wurde der Entwurf betreffs Neuorganisation des Heeres eingebracht. Kommunal-Beitung. Kundmachung. Im Sinne des zwischen der hierortigen j. ung. Fi­­nanz-Direktion und der Kommune der 1. Freistadt Deden­­burg bestehenden und au­ch, für das Jahr 1890 gelten­­den Vertrages, ist die Kommune der E. Freistadt Dedenburg berechtigt, auf Grund des VI. G.­U. vom Jahre 1881, V. G­ U. vom Jahre 1883 und GMX. XLVI. vom Jahre 1887, nach dem im Gebiete der I. Freistadt Dedenburg, so­­wie in der Kohlenbergwerkschaft Brennberg Konjumirten Roh­­zuder, raffinirten Zuder, Kanditen, Kandirten Obst, Chocolade- Babrifaten, als auch nach dem Bierverbrauche die Konsum­­steuer einzuheben. — Im Sinne der oberwähnten Geseh­­artikel und zwar $ 6 des V. ©.­N. vom Jahre 1883 wer­­­­den alle jene steerpflichtigen Parteien, welche sich im Jahre 1890 mit dem Verkaufe, beziehungsunweie Ausschanfe der er­­wähnten Konsumsteuer-Artikel befassen — aufgefordert, behufs kokal-Beitung. * Der Andreastag, mit dem wir gestern das Namensfest unser ® allverehrten, verdienstvollen Herrn Stadtpfarrers feierten, gilt im Volksmunde als Eheprüfet. Wer es richtig anzufasfen versteht, erfährt nämlich­ — laut der Sage — durch die Vermitt­­lung des Heiligen Andrea ob und wen er heira­­then werde. Der Jungfrau, die sich mit einem Stoßge­­betlein, oder einem Berje, den sie des Nachts auf ihrem Bettlein stehend, spricht — an ihn wendet, erscheint angeblich das Bild ihres Zukünftigen. Sie sieht, wie derjenige aussieht, der bestimmt ist, ihr Herz in süße Fesseln zu schlagen, oder die Wucht ihre Bantöffelchens zu fühlen. Wieso es­sam, daß der Jünger Jesu und nachmalige Apostel der Skythen, der Heilige An­­­dreas, welcher unter Bespasian gekreuzigt wurde, der Schußpatron der Ehelustigen geworden ist, er­­klärt man sich damit, daß auf seine Berson in die­­ser Hinsicht ein Theil der Bedeutung des alt­­deutschen Gottes ro oder Freyr übergegangen sei, der als Gott der Fruchtbarkeit den Chen vorstand und wohl um die Sterbtzeit durch Hefte ge­­feiert wurde. Paulus Cassel meint, das wunder­­volle Gleichniß von den zehn Jungfrauen am lech­­ten Sonntag vor Advent, wo in der Nacht der Ruf ertönt: „Seht, der Bräutigam kommt“ (Matth. 25,6) sei durch den Aberglauben in die oben ange­­führten Bräuche entstellt worden, bei welchen Wei­­ber ihren zukünftigen Mann erkennen wollen, wozu noch füme, daß der Name Andreas von dem grie­­hischen Aner, Mann, abgeleitet ward. Mag dem sein, wie er will, jedenfalls ist der Heilige infolge jener Orakel ein bei der Damenwelt sehr bekannter und beliebter Mann geworden, an dessen Gedächt­­nißtag er auch sonst noch mancher Aberglauben angehängt hat. Wer am Andreastage stirbt, heißt er in Tirol, kommt in den Himmel; im Harz wird am Andreasabend auf dem Tusch ein spides Mehl­­häufchen errichtet; ist es am anderen Morgen auseinandergefallen, muß man in demselben Jahre sterben. Und beim Landmann endlich ist der Andreas­­tag ein sogenannter Lostag: „Wenn es zu Andrei schnei’t „Wachst aufs Jahr kein Getreide „Bleibt’s aber schön am Andreastag „Sich der Bauer freuen mag.“ 1 N 28 Yiger ee ee dB Er a EEE ER ERERIE CNEe ee

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