Oedenburger Zeitung, 1891. Februar (Jahrgang 24, nr. 26-48)

1891-02-01 / nr. 26

- TEE IRRE SEEN FH ÜTORIN 5 -« s , TE SEN Vergätinislmxmktus und seine geadis theile. Er ist wirklich ein ungewöhnliches Schau­­spiel,zu sehen,daß sich ein großer Mann selbst ——kleinmacht.Der»verflossene«Kanzler des deutschen Reiches,der jüngste aller Herzoge,der von Lauenburg nämlich,der,als er noch Bismarck s kurzweghieß,ein sehr großer Mann war,scheint seit seiner Metamorphose sehr klein geworden zu sein.Nestroy,der»Wiener Aristophanes«,hat gesagt,daß Schrecklichste,was erkomm sei,wenn ein junger Mann ein­ altes Weib werde.Es ist auch sehr arg,wenn ein alter Mann und be­­sonders ein berühmter alter Mann,ein alter Weib wird. Die Durchlaucht von Lauenburg hat ent­­schieden das innere Gleichgewicht verloren. Sei es Born, sei es Schwäche de Alters, sei es beides vereint, Thatsache ist, daß Fürst Bismarc in der legten Zeit Dinge jagt und thut, die nur einer Person auf Erden schaden, nur einen Menschen auf der Welt in ein schlechtes Licht gegen können, nämlich ihn selbst. Eugen Richter hatte ganz Recht, als er gelegentlich der Getreidezolldebatte im d­eutschen Reichstage das Auftreten Bismarc’s gegen Kaiser Wilhelm und die derzeitigen deutschen und preußi­­schen Kronräthe und Gewalthaber stigmatisirte. Und es war nicht zu viel, wenn er sagte, daß weder Arnim noch Geffden, die man über Betreiben Bismard’3 gerichtlich verfolgt hat, jemals auch nur annähernd in solcher Weise frondirt hätten, wie der Schloßherr von Varzin und Friedrichdruh, der Staatsmann mit den gedruckten Strafantragsformu­­laren. Fürst Bismarc hatte ein paar Wochen lang sich nicht interviewen lassen, sondern sich damit begnügt. Hinter den Zaun der „Hamburger Nach­­richten“ seinem Nachfolger Steine in den Garten zu werfen. Vor Kurzem ist ihm aber ein wunder­­licher Heiliger in der Person eines Herrn Mar Bewer, wie man norddeutsch zu jagen pflegt, „auf die Bude gerückt“ und dem gegenüber hat sich der Er-Kanzler in einer Weise gehen lassen, die schon über das erlaubte Maß hinausragt. Nebenbei be­­merkt, hat er bei dieser Gelegenheit auch die öster­­reichische, speziell die in Wien lebende Aristokratie in gröblicher Weise mitgenommen. Nun, wir em­­pfinden nicht das Bedürfniß und Haben wohl auch nicht die Pflicht, den österreichischen Hofadel zu vertheidigen, obgleich die Aufgabe vielleicht nicht einmal so schwer wäre — mit dem preußischen Sunfertium wird er einen Vergleich schon noch aus­­halten künnen, und wenn wir daran erinnern, daß Leute, wie Anastasius Grün — Anton Auersperg — Graf Hans Wilczer, und ihrer Aehnliche eine erste Rolle im österreichischen Hochadel gespielt haben, so widerlegt sich der Vorwurf, daß beim österrei­­cischen Adel nur das Geld Geltung hätte, ziemlich von selbst. Nebenbei bemerkt, soll der Millionär Bichmard, der sich den F­ideikommißstenpel von Staat Hat scheinen lassen, für den Werth des Geldes auch nicht ganz unempfindlich sein. Herr Gerson Bleichröder, der finanzielle Hathgeber Sr. Durchlaucht, könnte darüber wohl Auskunft geben, wenn er wollte. Wer die Publikationen aus Bismarc’s Amtsanfängen gelesen hat, der wird finden, daß einer der eigenartigen Züge des damaligen preußi­­schen Bundestag-Gesandten in Frankfurt a. M.. der Haß gegen — NReichere war. Herr dr. Bismarc hatte damals wenig Geld und wenig Gehalt. Man lese nur die Buvlisationen des Ritters v. Boichinger, man lese den sogenannten „Prachtbericht“ oder das „Kleine Buch“ und Aehnliches, und man wird finden, daß Bismarc in seinen Berichten an Man­­teuffel und Schlesnig wüthend über jene seiner Kollegen herfällt, die Geld haben und auf großen Fuß leben; speziell wird mehrmals darauf Hinge­­wiesen, daß Der oder Sener Austern ist und Champagner trinkt. Von einem besonders gehaßten Kollegen heißt es wörtlich, nachdem dessen sonstige Verbrechen aufgezählt sind, „worauf er beim Cham­­pagner fast joupirt“. Das war allerdings unerlaubt, nachdem Herr v. Bismarc damals kalt foupirte — ohne Champagner. Wir wissen übrigens nicht, wo der entlassene Reichskanzler Gelegenheit hatte, sich sein Urtheil über Wien und den österreichischen Hochadel zu bilden. Sein Aufenthalt in Oesterreich war immer nur auf Tage beschränkt. Indessen, es sei wiederholt, die Verteidigung der ös­terreichischen Aristokratie gegen den giftigen Wuthausbruch dieses Gestürzten können tat. Uns deren überlassen, wir möchten nur das Eine auc-­sprechen, daß nämlich Fürst Bismarc, wenn er so fortfährt, so bald in die Kategorie jener Personen stellen wird, die man nicht mehr ernst nimmt. Barzin und Friedrichdruh scheinen sein Serfen wer­­den zu sollen und er entpuppt sich als eine Art von deutschem Zivil-Boulanger. Seine Tiraden ver­­puffen wirkungslos, sie haben nur die eine Wir­­kung, dem Hörer das Wort Hamlet’s abzupressen: „D, wa für ein Fall war das!“ Aber das Auftreten Bismard’s, die Zügel­­losigkeit und politische Immoralität seines Ledens und Thuns fann wahrhaftig als Lehre dienen — auch außerhalb Deutschlands. Denn warum fanf Bismard so tief? Doch nur, weil man ihn früher höher erhoben hatte, als man einen Menschen und speziell einen Minister in einem Konstitutionellen Staat erheben sel. Man hatte gethan, als ob er unentbehrlich, unerreglich sei. Vom frühen Morgen bis späten Abend hatten die Sklavenseelen im Par­­lament und in der Breite ihm gesagt, daß er der „providentielle Staatsmann“ sei, das Alpha und das Omega. Kann man es ihm verübeln, daß er zuleßt selbst daran glaubte? Der Weihrauch, den man ihm spendete, stieg ihm zu Kopf und als Kaiser Wilhelm unerträglich gewordenen Verhält­­nissen mit kräftiger Hand ein Ende machte, erging es dem gealterten Manne, wie dem Meister Anton in Hebbel’s „Maria Magdalena“ ; er verstand seine Welt nicht mehr. Bismard in Deutschland — nun, wir wollen seine Namen nennen und seine Parallelen ziehen. Ledermann wird ohnedies errathen, was und wen wir meinen. Auch in Ungarn hat man einen Minister-Kultus etablirt. Die­­ Resultate sind nur so frag wie in Deutschland, aber sie sind bedenklich genug. Bismarc in Deutschland und ein Anderer in Ungarn, sie rechtfertigen das berühmte Wort, mit dem Thiers sein Geschichtswert abschließt, den Ausspruch, daß man nie Einem Mann, und sei er noch so begabt, die Geshide des Landes anvertrauen möge, weil er seine Gewalt stets miß­­brauchen und das Land fast immer im’s Unheil stürzen­­ müsse. Storkregung in der Beilage. Dem Enge. O Ernennung. Seine Majestät der König hat, laut soeben vom ung. Amtsblatt publizirter Allerhöchter Entschließung, den f. u. f. Kämmerer und Oberhausmitglied Grafen Geza Zichy zum Intendanten des ungarischen Opernhau­­ses und dem Nationaltheater ernannt, so­­wie die Enthebkung Franz v. Beniczky's von seiner Stelle al Regierungskommissär bei diesen zwei Instituten verfügt. O Dom S Konsularkorps. Durch allerhöchste Entschiehung wurde dem Honorär-Vizefonsul Arthur NR. dr. Kohen, Geschäftsträger des Konsulats in Malte, sowie dem Honorär-Vizefonsul in Hamburg Heinrich WestenHolz der Honorär-Konsuls-Zitel ad personam verliehen.­­ Der Bischof von Henfab plöglich ge­­storben. Am 30. Jänner Früh wurde Bischof Basilian Betrovics, ein Greich von 72 Jahren, in seinem Schlafzimmer todt aufgefunden. Das Bett war wohl abgedeckt, aber unberührt, woraus gefolgert wird, daß der Bischof schon in der Nacht vom 29. auf den 30. Jänner,­­als er sich zu Bett begeben wollte, von einem Herz- Schlage ereilt wurde. Bigor Betrovich war früher niemals frank. Am 29. Jänner hat er noch bis 6 Uhr Abends mit Bopovics, dem Direktor des Budapester Tökölyamums, fonferirt und schien frohen Muthes, so wie guter Gesund­­heit fs zu erfreuen. O Ein Freund der Freiheit F. Das eng­­lische Unterhausmitglied Charles Bradlaugh ist in London am 30. Jänner gegen 7 Uhr Früh ge­­storben. Er war ein weltbekannter­­ Sreidenter und berühmter polizifer. Am 26. September 1833 in London geboren, machte er sich 1849 durch fanatische Theilnahme für die ungarischen und italie­­nischen Freiheitskämpfe bemerkbar, diente dann mehrere Jahre als englischer Gardedragoner und nahm nach einer Erbschaft seine politische Agi­­tation zu Gunsten liberaler Bestrebungen wieder auf. Aus den Comitaten, Eisenstadt, den 30. Jänner. [Orig.-Korr.] Nachdem Einwetter. - Schneelich hbaberei. — Zanz- Konkurrenz. — Zodtenamt — Ernennung) Wenn der Strom der Ereignisse, um mich eines schönen Bildes zu bedienen, so starr anschwillt, daß der Korrespon­denz- Müller mitsammt der Mühle und den Konsumenten erläuft, wie es nämlich im vergangener Woche der Fall war, so ist die wahrlich nicht sehr angenehm; wenn aber die Korrespondenz-Mühle gar sein Wasser Hat, so ist dies nicht nur nicht angenehm, sondern vieleicht sehr Schlimm. Yalt wäre auch unsere Mühle im Laufe dieser Woche durch die Hier herrschende Trodenheit (wir bitten die geehrten Leser, diesen Ausdruch nur im figürlichen Sinne nehm­en zu wollen, denn troden war es hier seinesfalls, e83 war sogar sehr na­h) zum Stillstehen gebracht worden, wenn nicht der liebe Herrgott — und einige Ballfomites jie unter erbarmt hätten „Daß Ball-Komites Stoff zur Korrespondenz liefern ist nur zu bekannt, daß aber der liebe Gott, eine Korrespondenten wegen Wunder thäte, das ist kaum denkbar !* so dürften Sie wenn auch nicht sprechen, so da meinen. Und doch ist dem so, wie wir sogleich sehen werden. Bekanntlich Hat vor 14 Tagen Frau Holle ihre Federnbetten so sehr geschüttelt, daß wir vor lauter Schnee fast verschüttet worden wären. Dieser schöne, weiße Schnee scheint unseren Stadt- und diversen Gemeindevätern so gut zu gefallen und ihnen so an’s Herz gewachsen zu sein, daß sie ihn sogar für den Sommer aufzubewahren gedenken, weil man fast gar nicht daran geht, ihn forträumen zu lassen. Oder gehen sie vielleicht von dem Grund­­lage aus: „Wer ihn (nämlich den Schnee) gebracht hat, der wird und muß ihn auch wegnehmen.“ Da dürften sie sehr lange warten, bi ihnen der liebe Gott diesen Gefallen erteilt. Einem Korrespondenten thut Er schon was zu Liebe, doch einer ganzen Gemeinde läßt er durch diesen zurufen: „Legt selbst Hand an und räumt habich auf, ansonsten werden eure Wege, Gassen und Straßen unbefahrbar, von allen Leuten gemie­­den, euer BZugvich schhindet sich auf diesen Wegen zu Zode und euch selbst erwächst aus diesem „Sich über« laffen“ der größte Schade!" Ja, so ruft er ihnen zu; und wir denken, daß auch dem Rufe Folge geleistet wird; doch will man noch ein wenig zu­­warten, bis nicht noch mehr Wagen gestürzt, bis ich nicht einige W­uhrleute schwer verlegt haben das scheint die Hiesige Devise zu sein, unter diesem Losungsgeschrei haben wir immer gesiegt, es dürfte uns auch diesmal helfen. Daß das eben Vorgebrachte nicht alle unsere vier Gemeinden gleichmäßig angeht, freuen wir uns sonstau­ren zu können. Wir müssen sogar hier bemerken, daß eine derselben, nämlich die Unter­­berg-Eisenstädter, allsogleich nach dem Aufhören des Schneegestöbers Fuhrleute, so viele ihrer zu Haben waren, miethete und den Schnee, mit bedeutendem Sortenaufwende, wegführen ließ ; nur hätte man dort die „obere Gasse“ nicht so stiefmütterlich behandeln sollen und auch das nicht freie Bahn schaffen sollen. Auch die Stadt­­gemeinde war und ist noch immer bestrebt, si­cher Schneematsen zu entledigen, nur sollte dieses etwas rascher geschehen, sie sollte si das lösliche Militär - Unterrealschul - Kommando zum Muster nehmen, das unter einem ZQage die ganze Straße, die zur Anstalt führt, freimachte. Für die Schlofgrundgemeinde sorgt der Schloßherr. Da die Berggemeinde sceint gar nichts thun zu wollen. Vaselbst liegen noch immer die Hafter hohen Schneewehen, wie sie der Wind dahin getragen, dort verbarrifachten noch immer folde Hohe Schnee­­berge die Häuser, daß man von deren Gipfel fast in die Fenster des ersten Südwerkes steigen künnte. Wohl denen, die dort draußen nichts zu thun haben! Führt einen aber doch das Geshhc hinaus, so muß er auf der einen Seite der Straße knapp an den Wänden und Tienstern sich vorbeidrücken und dann von Glaf jagen, wenn er nicht einige Scheiben eingedrüct. Uns wundert nur, daß die Wohn­­parteien und die dort ansässigen Kaufleute wegen der störenden Schneebarrikaden nicht bei der Ge­­meindevorstehung Beschwerde führen, daß sie sich so bemüßigt sehe, den Schnee mwegführen zu lassen. Und jegt zu den Ball-Komited. Die ver­­­chiedenen im jüngster Woche abgehaltenen und in kommender Woche abzuhaltenden Bälle würden ein prächtige Beispiel zur Cinübung des Tempus für Schulen abgeben: der städtische Kasino- und der kath. Gesellen - Verein Haben getanzt; der Tarsaskör und die Mannschaft unserer freiwilligen Feuerwehr tangen vielleicht, wenn dieser Bericht hierher gelangt und der Män­­nergesangs-Verein „Srohsinn“ wird am 7. Feb­ruar tanzen. Wer wird aus dieser Tanz-K­onkurrenz als Sieger hervorgehen? Wenn das Sprichwort: „Wer zulegt lacht, lacht am besten“ ein Wahlwort ist, dann dürfte der Gesangs-Verein die meisten Chancen haben. Und er bestrebt sich auch in Wahr­­heit, den Besuchern des Ballfestes einen genußvollen Abend zu bereiten. Die Musik, besorgt von der Kapelle des Oedenburger 76. Infanterie-Regimentes, dürfte auch eine große Anziehungskraft bewirken und so kann diesem Feste das beste Prognostifon gestellt werden. Dog auch der Ball unserer braven Beuerwehler Männer dürfte gutauß fallen. Wenn ihm nur ein geringer Theil des riesigen Erfolges wird, dessen sich der Chargenball desselben Vereines erfreute, so kann er gewiß sein, daß er gelingt. Und wir hoffen au) ; .

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