Oedenburger Zeitung, 1901. März (Jahrgang 34, nr. 50-75)

1901-03-01 / nr. 50

fg "XXXIV. Jahrgang. FEN reis: 6 Seller. Bränumernationd- Breife: Für 2oco: Ganzjährig 20 Kr., Halbjährig 10 Kr., Vierteljährig fir, Monatlich 1 Kr. 70 gl. Für­en: Ganzjährig 25 Kr., Halbjährig 12 8 5091, Bieb­eljährig 6 Kr 25 Hl., M­onatlich 2 Kr. 20 SI. Freitag, 1. März 1901. Oedenburger Zeitun­g Hollfi­des Tagblatt. · AdmiuiftraitionuudVerlag: guchdkntktrkiAlfredRomwaltcr,Erdenrund-m Telefon Ar. 25. Snferate nach Tarif. Derselbe wird auf Wuni überall in gratis und franco vers Annoncenaufträge, © bonmen­ent: und Infertiond:­@es­bühren find auf die Admin­tration (Grabenrunde 121) einzusenden. = Vermittlung durch alle Annoneen-Bureaus­. Preis: 6 Heller. = König Eonard VII. in Deutschland. Oedenburg, 25. Februar. Der König von England weilt in Deutschland und seinem Besuch bei seiner­­ schwerfranten Schwester, Kaiserin Fried­­rich, wird zweifellos politische Bedeutung zuerkannt werden und zuzuerkennen sein. Troß der winterlichen Jahreszeit reiste der englische König über Bliffingen. Weder Calais hätte er eine Stunde Seefahrt, über Diftende zirfa drei, über Bliffingen sieben bis acht Stunden, was um diese Jahreszeit selbst mit einem erstklassigen Schiff in der Nordsee gerade sein Ver­­gnügen ist. Aber der König wollte weder französisches noch belgisches Terrain be­­rühren, was die politische Situation in interessanter Weise kennzeichnet. Zu Hol­­land sind die englischen Beziehungen sehr gute, trogdem selbstverständlich in Holland die ganze­ Bevölkerung auf Seite der Buren steht. Aber die holländische Regierung hat eine strikte Neutralität aufrecht­erhalten und die holländischen Generalstaaten haben sich "absolut zu seiner Kundgebung hinreißen lassen. In Belgien haben die Gesch­worenen den Mordbuben Lipido freigesprochen und die belgische Repräsentantenkammer hat vor Kurzem troß der Einsprache de Ministers des Neußern de Ravereau eine Peti­­tion zu Gunsten der Buren der Regierung Deshalb reiste der König von Großbritannien über Holland und nicht über Belgien. König Eduard geht diesmal nicht nach Berlin, sein Besuch gilt blos seiner franken Schwester, ist also nicht ala Gegen­­­­­ zur Berücksichtigung empfohlen. ‚.besuch für den Besuch Kaiser Wilhelm’s ‚ in England aufzufassen. Ein solcher Gegen­­besuch wird natürlich erfolgen, jedoch erst ziemlich spät im Sommer und dann wahr­­scheinlich in Potsdam,wobei natürlich auch­ Berlin berührt werden wird. Den Feldmarschall Grafen Roberts hat Kaiser Wilhelm zu den Herbstsmanövern ein­­geladen. Daraus ist zu ersehen, der Kaiser läßt sich, wie auch die jüngste Note der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ zeigt, in seiner Haltung absolut nicht beirren. Hiefür sind keineswegs sentimentale Er­­wägungen der Familienpolitik maßgebend, sondern ist die Rücsicht auf die inter­­nationale Stellung Deutschlands ausschlag­­gebend. Man hat es da mit einem ver­­zweifelt einfachen eb­enerempel zu thun. In solange nicht zwischen Deutschland und Sranfreich eine vollkommene Versöhnung stattgefunden hat, kann Deutschland absolut nicht daran denken, gegen England Front zu machen. Er wird freilich von Paris aus dazu ermuntert, aber das ist eine Tate, die man ihm ftelt. Wenn er mit England bräche, würde sich Frankreich augenblicklich auf die englische Seite schlagen, denn das unverrücbare Ziel der französischen Politik ist die S­ich­rung Deutschlands. Das weiß man in Berlin und darum geht man nicht in die Falle. Daß man bei dieser Politik die öffentliche Meinung in Deutschland zum großen Theile gegen sich­­ hat, missen der Kaiser und sein Kanzler und sie bedauern es, aber sie lassen sich dadurch nicht irre machen. Sie sagen, daß Bismarc, als er 1863 sich gegen die polnischen Insurgenten stellte und die Militärk­onvention mit Aus­s­land schloß, auch die öffentliche Meinung gegen sich hatte. Aber er hatte sich damit für 1564, 1866 und 1870 den Nimen gedeckt und freie Hand geschaffen und da hat ihm die öffentliche Meinung dann später Amnestie ertheilt. Noch ein anderes Moment spielt in der Sache eine Rolle; die Rücksicht auf die Situation in China. Deutschland hat sich dort weit vorgewagt, nach der Meinung Bieler zu weit. Err ist dort in einer delikaten Situation, mit Ausnahme Englands und der Dreibund- Mächte wird es dort von­ den anderen Ak­ionsmächten eher gehemmt als geför­­dert. Würde es aus irgend­einem Grunde mit England brechen, so hinge es in China politisch und militärisch vollkommen in der Luft. Auf derlei gefährliche Abenteurer Politik aber lassen sich die politischen Rechenkünftler in der Berliner Wilhelm­­straße nicht ein. Ei. Das ist die Wahrheit, so liegt die Situation augenblicklich und darum können nur Kurzsichtige eine Minderung der­­ deutschen P­olitis­ England gegenüber er­­warten. Ihr ft die Marschronte vorge­zeichnet und sie wird sich von derselben nicht abdrängen Lassen. SETRSM­EHR 3­7 S­­ dis. . . -..... .-.--, ie + Oeferreich-Ungaen. O Allerhöchste Auszeichnungen. Seine Majestät der König hat dem Ministerialrat5 und gemesenen Bürgermeister der Stadt giume Dr. Anton BV Ballentstig das Komthurkreuz des Franz Foser-Ordens, dem £ ön. öffentlichen Notar in Fiume Dr. Ni­kolaus Gelletich und dem Universitäts- Privat­­dozenten Dr. Sojef Szelessin Keczte­­s-»«-v.xo,k-;·- E | 3 re Re ee ae ü MR en ä 4 1 Feuilleton, Die fhone Then. Skizze aus Chinas jüngster Vergangenheit. # ar M. h ds­u 2 RS) Jeden Morgen er­ ’ Er " ist sie mit derselben Erbitterung, wie er jr ae skrupellose Reinigerin Haft, die allmäch­tge Kaiserin-Mutter Tsu-HBi, die ihn hier in dem Imselschlößchen wie einen Ge­­fangenen bewachen läßt. Scheinen Bewaffnete, um ihn über die herab­­gelassete Zugbrücke in den Palast der alten Frau zu erfortigen. Dort empfängt ihn seine Gemahlin ; er muß sie begrüßen und muß der greisen Kaiserin seine Ehrfurcht er­weisen. Am liebsten würde er den Heiden an den Hals springen und sie erdrosseln. Sit das ein kaiserliches Dasein? Kann er nicht einen Augenblick sich seines Lebens freuen? Weiß er denn, ob der Wein, den er trinkt nicht vergiftet ist? Wie lange ist er denn der, daß die &allerspeise so seltsam schmeckte, daß ihm übel ward, und der Hund darauf ging, wo fraß? . . . Wem soll er noch trauen? . . . Von seinen drei Dienern ist Liu der einzige, der ihm treu ergeben, der ihm Nachricht bringt von der Außenwelt und von Tischen, Stern! :. . . von seiner N­oje,seinem­­ müthig ; ihre Brüder wirken für ihn; sie­­ haben weitverzweigte Verbindungen, aber ob sie ihm befreien künnen? Ziehen will ihm heut Botschaft bringen, ob die Zahl er Freunde starr genug ist, um einen Aufstand zu wagen ..... Wo bleibt die holde Wunder­­­­blume mit den Sammelaugen in dem elfen­­beinfarbenen Antliß ? Arme Tischen ! Sie schmachtet im tiefsten WVerließ, wo sein Sonnenstrahl eindringt, bei dürftigster Nahrung, eine lebendig Begrabene: von der Welt vergessen. Ein Jahr vergeht. Unruhe und Empörung herrsi­hen im Lande. Fremde Kriegsschaaren steigen aus dem Dieere, Rache fordernd für das Blut der ge­­heiligten Bersen des Gesandten, Nah­e den Schuldigen, Befreiung den Unschuldigen ! Wann wird Tfchen’S Kefferthür sich aufthun ? · Das feindliche Kriegsheer nähert sich der­ Hauptstadt Die alte Kaiserin läßt ihren Neffen holen: „Wir müssen flüchten , bereite Dich vor.“ Eine furchtbare Aufregung herrscht im ganzen Palast ; die gemeinsame Gefahr hat die Herzen einander genähert, und die junge Fürstin ,,Wotst Prinzes imTschen9«fragte­ er schro» ! sie und riet dem nichts Gutes ahnenden­­ Kmwang-ja wohlmwollend zu. Verlegenheit malt sich auf allen Gesichtern Nur die Kaiserins Mutter bleibt ruhig »Tscheint bereits in Sicherheit«sagt „Du brauchst Dich nicht um sie zu sorgen.“ Ein eigenthümliches Lächeln spielt um ihre unweifen Lippen. Arme Tischen ! “In einem der Hinteren Höfe schleppen zwei Männer einen schweren Sad nach dem Brunnen. Lautes Jammern — menschliche Klage­­laute — dringen aus dem groben Süd. est sind sie am Brunnen. Ein dumpfer Tall verschlingt den rechten Schrei des Opfers, das Wasser sprist Hoch auf. Arme Ten ! Sie hat aufgelitten. Der Regen, strömt hiernieder. Eine jämmerliche Karawane, nur mit dem Noth­­dürftigsten versehen, zieht aus dem Schloßthor in den grauen Morgen hinaus. in Tischen ist Schön, ist klug, ist | , wirft sich ihrem Gemahl an die Brust. ! Aber E £ alt weit er fier zurüc. E3 ist die alte K­aiserin mit ihh ftaat. Sie flieht vor den „rothen za ... “ -i­­z Be

Next