Oedenburger Zeitung, 1906. August (Jahrgang 39, nr. 174-198)
1906-08-01 / nr. 174
Be an TE XXXLXJahrgang. En Volifiles Vagblaft. Telefon Ar. 25. Freis: 6 Seller. Präanumerations:Preise: Für Loco: Ganzjährig 20 Kr., Halbjährig 10 Kr., Vierteljährig , Monatlich 1 Kr. 70 Sl. ür an anl 25 Kr., Halbjährig 12 Kr. 50 Hl., 8 Vierteljährig 6 Kr. 25 Hl., Monatlich 2 Kr. 20 Hl. 2 Mittwoch, 1. August 1906, Adminiftration und Verlag: Buchdenkerei Wlfred Romsvalter, Grabeneunde 121. Nr. 174. Preis: 6 Seller. Snferate nach Tarif. Derselbe wird auf Wind überallhin gratis und franco versendet. Annoncenaufträge, Abonnements und Insertiond- Gesbühren sind an die Administration (Grabenrunde 121) einzusenden. Vermittlung für alle Annoncen-Bureaus. Sezialarbeit. Sopron, 31. SZuli, alt zwei und ein halb. Weonate werden Die bereits gestern angetretenen Ferien unserer Reichstags-Abgeordneten dauern, nach welchen das Abgeordnetenhaus wieder zu neuer Thätigkeit zusammentreten soll. Diese Ferien werden den Abgeordneten eine willkommene Erholungspause sein, für die Negierung aber bedeuten sie Die eigentliche Arbeit, wenn abgesehen davon, daß den Mitgliedern des Kabinets, welche infolge der wenig praktischen Sintungszeit, täglich Durch Die Berathungen des Abgeordnetenhauses und der Ausschüsse vollständig offupixt war, nur Diese „zerien”=Zeit zur Verfügung steht, um sie in eingehender Weise mit ihren Ressortangelegenheiten zu beschäftigen und namentlichh Die Budgetentwürfe und andere wichtige Gefegesvorlagen vorzubereiten, fällt der Regierung diesmal die große und wichtige Aufgabe zu, unter handel& und zollpolitisches Verhältniß zu Oesterreich auf Grund von Verhandlungen mit dem österreichischen Kabinet zu regeln. Laut Mittheilung des „PB. LU.” wird gleichzeitig mit dem Budgetgeseße in den Amtsblättern Wien nd Budapest die allerhöchste Gutschließung über die Beitragsleistung beider Staaten zur Deckung der gemeinsamen Ausgaben erscheinen und zwar wird das bisherige Quotenverhältniß unverändert aufrechterhalten. Diese Entscheidung trägt die Unterschrift der beiderseitigen Ministerpräsidenten,woraus ersichtlich ist,daß in Bezug auf die Quote zwischen den beiden Regierungen derzeit eine Differenz nicht besteht. Ministerpräsident Dr. Weferle hat ich gestern bereits, wie wir schon gemeldet haben, an das Hoflager nach Sich begeben, ebenso der Minister des Innern Graf Julius Andraffy, der von Stervär kommend, sich dem Ministerpräsidenten in Wien anschließt. Driller. Weferle wird bei seinem diesmaligen Aufenthalte in Sihl Sr. Majestät über das Resultat der reichstägigen Arbeiten, solche über die politische Situation Bericht erstatten, während Graf Andrasiy über die Angelegenheiten seines Nesjort3 Vortrag halten wird. Wie „PB. 2.“ versichert, handelt es sich bei der Sihler Reife des Weinisters des Innnern nicht um Vorschläge bezüglich der Verwaltungsreform, und entbehren die Meldungen herüber jeder Grundlage. Ebenso wenig dürfte Die Entsciedung St. Majestät über Differenzen angerufen werden, die zwischen den Negierungen Oesterreichs und Ungarns in den Ausgleichsfragen oder über die Art der Behandlung dieser ragen bestehen; hiezu ist jeßt sein Anlaß geboten. Dr. Weferle, der sie noch immer nicht im Befige des vom österreichischen Ministerpräsidenten (Freiheren v. Bech in Aussicht gestellten Memorrandums über die Ansichten und Forderungen des österreichischen Kabinets befindet wird auf der Nachreise von ıchl im Wien mit seinem dösterreichischen Kollegen zusammentreffen und bei Dieser Zusammenkunft der beiden Staatsmänner wird sich zeigen, wann die Verhandlungen aufgenommen werden Ffünnen. Selbstverständlich wird diesen der Austausch der beiderseitigen Forderungslisten vorangehen. Die Mitglieder der ungarischen Negierung werden unter solchen Umständen bei den bevorstehenden Verhandlungen ihre ganze Energie, ihr Wissen und ihre Klugheit aufbieten möüssen, um Die wirtsishaftliche Interessen Ungarns auf der ganzen Linie wahren zu können. Glückicherweise sind aber diese Interessen in bewährten Händen niedergelegt. Wir hegen Die Suversicht, daß Dr. Aerander Weterle, Jan Kosuth und Dranaz Daranpyi die Verhandlungen erfolgreich führen und in feinem alle von den Nechten und Interessen Ungarns auch nur das aller geringste preisgeben werden. —— EEE Die fette Situng. Feuilleton. Drei Bräute — Kovelle von Ludwig Scheyrer — (Kartierung.) Nach mehrstündigem Bemühen hatten seine Vorkehrungen den bösen Nervenanfall beschwichtigt; doch um welchen Brei war dies geschehen! Wilhelm hatte sich durch sein Wort neuerdings an das Bett des Fürsten gerettet, und seine Braut strebte vergebens auf ihrem Siechenlager die zitternden Hände nach dem fernen Geliebten aus; sie rang vergebens nach seinem Anblick, nach seinem tröstenden Wort, nach seiner heilenden Pflege! Nenn der Fürst in leichtem Schlummer oder in dumpfer Mattigkeit dahinlag und das ängstlich stets auf Wilhelm haftende Auge sich für kurze SFeift Schloß, überfam diesen wohl öfters Der St zu fliehen, und er sprang auf, um leise fortzuschleichen, blieb aber stets wieder an der Thür stehen, sammelte seine Gedanken und warf sich verzweiflungsvoll auf den Divan imee Das waren harte Kämpfe zwischen Pflicht und Liebe! Ein Brief des Medizinalrathes goß einige Tropfen Balsamin sein wundes.Gemüth. Der alte, vielerfahrene Arzt hatte selbst die Behandlung Amalien’s übernommen und schrieb, daß Weitläufigkeiten verbunden wäre, nichts verabsäumt werden würde, um das gesfährliche Nebel schnell zu beheben. Er beschwor Wilhelm, seine unsäglich schwere Aufgabe festen Sinnes zu bewältigen, indem die Bestellung eines neuen Ordinarius mit zu viel nebstdem würde dies die mehrtägige Abwesenheit des Medizinalrathes von Wien und von Amalien’s Krankenbett bedingen. Bei so bewandten Umständen erübrigte nichts anders für Wilhelm, als Designation. Er wendete seinem Stranfen die aufopferndste Sorgfalt zu, nicht ohne den beigen Wunsch, daß seine Selbstverleugnung durch Amalien’s baldigste Genesung belohnt erden möge. Doch stieg seine Unruhe bald wieder, weil er durch mehrere Tage seine Nachricht erhielt. Er harrte und harrte, noch einen Tag und noch einen Tag und noch einen Tag, und schon feste er sich hin, um ein stürmisches Schreiben an den Medizinalrath zu richten, als dieser eintrat. Wilhelm stürzte auf ihn [08 , doch bevor er noch eine Frage thun konnte, sagte der alte Herr mit ernster Miene, ihn nach dem S Khrankenzimmer führend: „Still, Freund, lassen Sie uns vorerst den Verlauf dieser Krankheit beurtheilen; mie ich mich so eben überzeugte, befindet sich der Fürst schon so wohl, daß er unserem Gespräche zuhören kann. Ihrer Braut geht es gut.” Sopron, 31. Juli. Unter dem Berfit des Präsidenten Julius Susth und in Anwesenheit der Minister Dr. Weferle Korffluth, Daranyıi und Josipovich trat gestern das Abgeordnetenhaus zur legten Lisung in dieser Reichstagsperiode zusammen. Nach Erledigung einiger Berifikationsangelegenheiten, richtete Abgeordneter Andreas Achim eine dringliche Interpellation an den Justizminster des Innern. Nedner brachte den unerhörten Gewaltakt zur Sprache, den sich der Honvedminister Ludwig ‚'Setelfaluffy einem seiner Schuldner Nach einer langen Unterredung, bei welcher der Medizinalrat ud dem jungen Arte wiederholt seinen vollsten Beifall und der Fürst die unwärmsten Lobsprüche zollte, zogen sich die beiden Jünger Aeskerlang in Wilhelm’s Zimmer zurück, und nun begehrte dieser mit fieberhafter Ungeduld einen Bericht über Amalien’s Krankheit. Der Medizinalrath sprach sehr langsam und ausführlich von den seltsamen Symptomen, unter welchen die Lungenentzündung aufgetreten war, und Wilhelm, der athemlos zuhorchte, rief jählings aus: „Und dennoch ist Amalie gesund worden ?“ Der Medizinalrath gab seine Antwort, Wilhelm starrte voll Entgegen auf ihn und stieß dann mit feuchender Stimme heraus : „Mein Gott, Sie schweigen, — Sprechen Sie doch! — Mein Gott — Amalie it todt!“ Er fiel auf den Stuhl zurück, und nach einer graberähnlichen Stille verlegte der Me PNDBICGIN, indem er ein Papier herauszog ! „Dir konnten Sie nicht retten, da überzeugen Sie Sich selbst, ei Sektionsbefund bemeist die Unmöglichkeit, sein Sie sich, lieber Freund dieses g edle Wesen war überhaupt für Fein langes irdliches Dasein organisirt.” (Sortjegung folgt.) l