Oedenburger Zeitung, 1906. August (Jahrgang 39, nr. 174-198)
1906-08-01 / nr. 174
gegenüber zu Schulden kommen lief. Er hat nämlich seinen Wirthschaftsbeamten, Georg Kovacz, angeblich weil ihm dieser 166 K 405 schuldete, auf einer Eisenbahnstation, wo der Minister den Kovacs zufällig traf, von einem Gendarmerie - Wachtmeister verhaften und den also Vergewaltigten erst dann wieder freigeben lassen, als derselbe den erwähnten Betrag entrichtet hat. Der I Interpellant sagte: „Es ist eine allgemein bekannte, bisher noch nicht zuftäc- Digerseits dementirte Thatsache, daß auf telephonischen Befehl des Herrn Landesvertheidigungsministers Sefelfaluffy der Kemender Gensdarmerie-Wachtmeister 3. Barta den Wirthschaftsbeamten Georg Kovacz in Haft genommen und erst dann wieder frei gefassen hat, als der verhaftete Wirthichaftseamte einen Betrag von 166 K 40 b, welchen der Minister forderte, zu Handen Des Gendarmerie-Wachtmeisters erlegt hatte. Durch diese Handlung würde der Minister das Verbrechen der Erpressung um das Verbrechen d8 Mitbrauches der Amtsgewalt begangen haben.” Interpellant fragte man den Justizminister ob dieser geneigt ist, den Staatsanwalt anzumeisen, unverzüglich das strafgerichtliche Verfahren gegen den Landesvertheidigungsminister und gegen den Gensdarmen Barta einzuleiten? Er fragt ferner den Minister des Sunern, ob er ME ist, gegen den genannten © engdarmen ge zugehen ? Da feiner der interpellirten Meinister an=ewesend war, verlangte Nedner von den anwesenden Mitgliedern der Regierung eine dringliche Erklärung und Verfügung, damit eb sich dort nicht Anarchie im Lande herrsche. Aufdiese Brovokation äußerte sich unverweist Ministerpräsident Wekerle wie folgt: „Die Anklage, welche in den Blättern gegen den Heren Landesvertheidigungs-Minister erhoben wurde und den Thatbestand, welchen der Herr Abgeordnete auf gleicher Basis hier dargelegt hat, kann ich nicht vorausfegen und nicht glauben und darum till ich mir, insolange der Herr Landesvertheidigungs-Minister sich nicht geäußert hat, in dieser Sache seine Meinung bilden. Leider ist der Herr Minister fest nicht anwesend, da er vorgestern Nachmittags seinen Urlaub angetreten hat und nicht willen konnte, daß der Herr Abgeordnete‘ diese Sache hier zur Sprache bringen werde. Ich Bitte das geehrte Haus nur, er wolle sich über die Sache gleichfalls seine Meinung bilden, insolange die Neuerung des Herren Ministers nicht vorliegt. Was Die Bemerkung des Herrn Interpellanten betrifft, daß er die Anarchie fürchtet, so mag er ruhig sein. Den Seite der Negierungsbanf droht sie gewiß nicht. Ich bitte das geehrte Haus nochmals, seine Meinung in dieser Sache in Schwede zu halten.“ Andreas 2. Achim nahm die Antwort zur Kenntniß; auch er will die andere Partei hören. Die Anarchie fürchtet er nicht von Seite der Negierungsbank. Nach diesem unermeblichen Zwischenfall proponirte der Ministerpräsident: „Da das Haus sämmtliche Vorlagen erledigt hat, mit Rücksicht ferner auf die vorgeschrittene Sommerraison und damit die Regierung Zeit gewinne, das Budget und jene Vorlagen entsprechend vorzubereiten, welche sie im Herbste pflichtgemäß einreichen muß, erlaube ich mir vorzu= schlagen, daß das Haus sich bis zum 10. Oktober vertagen möge Sn Der Sikung am 10. Oktober wolle das Haus Die weitere Arbeitsordnung feststellen. — Tepß der dagegen vom Abgeordneten Mila Hd 53 a ausgesprochenen Eiiwendung, da die Ferialzeit zu lang bemessen sei, um genügend Gelegenheit zu haben, die Handlungen der Negierung zu kontrolliren, nahm doch das Haus den Vorschlag des Ministerpräsidenten an und ermächtigte diesen die homagialsten Glücwünsche des Hauses anläßlich des Geburtsfestes © 1. Majestät zu verdolmetschen und etwa nothwendige Neuwahlen auszuschreiben, wir vernehmen, wird der recht auf seiner Lentver Beligung heilende Honvedminister Ludwig Sefelfalussy für morgen Mittwoch in Budapest erwartet. + Zwei ungarische Minister in Mailand. Der Korr. „Hircsarnos“ zufolge beabsichtigen die Minister Kossuth und Darandyi der „Internationalen Ausstellung in Mailand noch im Laufe des Sommers einen Besuch abzustatten. In den Streifen der dort lebenden Ungarn besteht die Absicht, insbesondere dem Handelminister Kojfuth an täglich dessen Ankunft in Mailand einen imposanten Empfang zu bereiten. Der Bruder des Ministers, Ludwig Theodor Kojfuth weilt dermalen zu ständigem Aufenthalt in Mailand. +: Der Todestag Petöfis. Aus Segesbär wird berichtet: Die siebenundfünfzigste Jahreswende des Todestages Alexander Petöfis wurde Sonntag von der hiesigen Bevölkerung in pietätvoller Weise begangen. Bei der Gedenksäule am Segesvärer Felde wurden Erinnerungsreden gehalten, sodann die Säufe bedrängt. + Bur Sage in Kroatien wird aus Agram unterm 30. d. gemeldet. Die Konferenz der froatisch-serbischen Koalition hat sich für die Einberufung des kroatischen Landtages im Oktober ausgesprochen. Für den 18. August, den Geburtstag des Königs, werden anläßlich der Hiftung der ungarischen Fahnen Demonstrationen der Starcsevicgianer befürchtet. Der „Obzor“ berichtet, der Bamus mußte erst die Besorgnis des Königs wegen panflavistischer Umtriebe in Kroatien zerstreuen, um die Ernennung der Sektionschefs zu bewirken. Aus Efsegg telegraphirt man: Abgeordneter Dr. Binkovics traf an Karlstadt in Vrozega ein, wo er heute einen Bericht seinen Wählern über die parlamentarische Thätigkeit erstattete. Dem Abgeordneten wurde ein festlicher Empfang bereitet: die Stadt war beflaggt und Abends ihuminirt. Am Bahnhof ereignete sich ein Zwischenfall. eine starre Gruppe Starc Sedictioner dem Abgeordneten Vintopvics, als er für den festlichen Empfang dankte, türkische Abzugrufe zurief, kam es zu einem Randgemenge, wobei zahlreiche Personen verlebt wurden. Bewegung der ausgedienten Unteroffiziere. In einer Sonntag in Budapest abgehaltenen Konferenz der ausgedienten Unteroffiziere kam die vom Honvedminister auf ihr Memorandum ertheilte Antwort zur Sprache, in welcher der Minister erklärte, daß er im Rahmen eines Gefebentwurfes die Gravdamina der ausgedienten Interoffiziere fahrentmerde. Die Konferenz nahm die Antwort des Ministers mit Befriedigung zur Kenntniß. Zum Schluß wurden alle in Zivildiensten befindlichen ausgedienten Unteroffiziere aufgefordert, sich zum Anschluß an die Bewegung bei der Landeskommission (Budapest Fönteza 15) zu melden. # Zur Wahlbewegung. Bela Barabaä3, der im Budapester VII. Wahlbezirk gegen Eötvüs befamntlich unterlegene Kandidat, bewirbt ich, wie von ung schon gemeldet, um das Nagyfördter Mandat. Nun wird von dort berichtet: Ein Theil der hiesigen Bürgerschaft hat in einer vorgestern abgehaltenen Versammlung den Budapester Professor und bekannten Schriftstelleer Zofert Taffonyi mit dem Programn der Unabhängigkeitspartei kandidirt. Taffonyi hat gestern bereits seine Programmrede unter großem Beifall seiner Hörer gehalten. Zu seiner Unterstügung im Wahlkampfe it auch Abgeordneter Dr. Franz Hermann in Nagyförds eingetroffen. Zwischen Barabas und Taffonyi dürfte sich ein heftiger Wahlkampf entspinnen. Miker folges die Hoffnung auf die Bildung eine Koalition3fabimetzs nicht aufgegeben. Er unterhandelt mit mehreren Politikern, versprach die Durchführung des Manifestes vom 30. Oktober und stellte eine Amnestie in Aussicht, die nur die Mitglieder der Kampforganisationen und die Bombennwerfer ausnimmt. Er hat auch die Beamtenschaft neuerdings in einem Erlasse aufmerksam gemacht, daß troß der Auflösung der Duma seine Reaktion eintreten soll, haß der Bolitf seine Hindernisse in den Weg gelegt, Aus fchreitungen aber mit der größten Strenge unterdrückt werden sollen. Die reaktionären Gesellschaften wurden aufmerksam gemacht, daß die Negierung ihrer Hilfe nicht bedürfe und daß ihre Ausschreitungen verfolgt werden würden. — Nach den rebten Meldungen aus Moskau haben sich die Führer der Partei friedlicher Reformen unter folgenden Bedingungen zum Eintritt in das Kabinet Stolypin bereit erflält: Einberufung der Reichsduma spätestens im September Dieses Jahres; Erweiterung der Sompetenz der Neidisduma ; Einschränkung der Befugnisse des Neichsrathes ; Reorganisirung der Gerichte; Aufhebung des Kriegszustandes und des verstärkten Schußes ; Aufhebung der Z Todesstrafe; Gleichstellung der Juden; Zustaffung der nichteuffischen Sprachen in den Grenzländern bei den unteren Behörden ; Ausarbeitung von Gelegentwürfen betreffend die bürgerlichen Freiheiten behufs Einreichung in der Dumaz; Amnestie, wenn auch seine vollständige. Diese Bedingungen sol Stolypin akzeptirt haben. — Gleich wie die Petersburger Professoren, die die Mitgliedschaft des Reichsrathes bejiten, haben nunmehr auch die der Moskauer Universität angehörenden Mitglieder des Reichsrathes ihre Mandate niedergelegt und gegen die Auflösung der Duma Proteste erhoben. — Dem Kommandanten von Petersburg wurden gepanzerte Automobile mit Maschinengewehren zur Verfügung gestellt, welche für den Fall von Unruhen an der Peripherie der Stadt verwendet werden sollen, wahrlich Politische YHachrichten. + Der Honvedminister wird in Budape erwartet. Die „Bud. Korr.“ schreibt: Wie Bedenburger Reifung. Ausland. — Der Roslkrieg mit Serbien. Man meldet aus Belgrad, 30. Juli. Sobald die Stupfditina geschlossen wird, soll die Wiederherstellung des status quo vor der Grenzsperre al Basis für die Wiederaufnahme der Berghandlungen mit Oesterreich- Ungarn angestrebt werden. &3 ist nicht un möglich, dab Bafics zu diesem Umwede nach Wien reist. — Die Ereignisse in Rußland. Minister Stolyprum hat troß seines bisherigen 1. August 1906. Tagesbericht aus Sopron und Wellungern. Tageskalender. Mittwoh, 1. August. Katholiken: Petri Kettf. — Protestanten: Betri Settenf. — Griechen: 19. Zuli. Dius u. M. Sopron, 31. Zuli. * Obergespan Dr. v. Baan erschien heute Vormittags in Begleitung des Bürgermeiters Dr. Töpfer im Armen-Versorgungshause. Vom Präsidium des Versorgungshauses empfangen und vom Verwalter Kremsner geleitet, besuchten die Herren sänmtliche Räume, auch die Küche und der Herr Obergespan, der leutselig mehrere der Pfründner und Pfründnerinen ansprach, sich theilnehmend nach ihren Verhältnissen erkundigend, sprach sich ehr anerkennend über die Einrichtung des Hauses aus. * SKidliches.. Der Moronkentränger Kaplan Johann Huber wurde durch den Bischof zum Aushilfspfarrer dem schwererfrankten Räabacsanafer Pfarrer Dr. Ignaz Ki zugetheilt. — Ebenso wurde der Dfner Kaplan Sofef Nagy dem vom Schlage geführten Pfarrer Michael Brayersteiner in Lajtafentgyörgy zur Aushilfe beigestellt. * Hymen. Der Sektions-Ingenieur der Ungarischen Staatsbahn, Herr Mikses Jeher feiert am 8. August seine Vermalung mit seiner Braut Frl. Irma Breyer aus Sißmarton, Nichte unserer Mitredakteurs Moriz Breyer, im Kurorte Savanyulut. — Herr Stefan Eigner hat sich mit Dem anmuthigen Fel. Annusta Heincz aus Sopron verlobt. — Die reizende Tochter Gisella des Ober fantors der hiesigen Nevlogen-Kultusgemeinde Herrn Eduard Deutsch Hat sich mit dem Modemnwaarenhändler Herrn Alexander Xepes aus Budapest verlobt. Namenstagsfeier. Der allseits hochgeschäßte Kanonikus des hiesigen Domkapitels, Hochbmw. Ignaz Kovács, ehemals Erzpriester in Perenye, war heute anläßlich seines Namenstags seitens seiner zahlreichen Verehrer und Freunde Gegenstand herzlicher Ovationen.