Oedenburger Zeitung, 1908. Dezember (Jahrgang 41, nr. 277-296)

1908-12-01 / nr. 277

« .l...-.. LxxxLszJahrgang Dienstag, 1. DEGOIDER: 1908. edent Irei5:7zseccer. Pran­mkrationspreise Ist Loko GanzxahrthK, halbmqag II K, vierteljährig 5 K 50 h, monatlich 1 K 90 für Be­he­ 26 K, Kalie 13 K, vierteljährig K 50h, monatlich 2K30 SEE 7­oem in mn mn. roer Zeitung »Volitisches Tagblatt. Administration und Verlag: Buchdruuerei Mifre ® Nomswalter, Dreserrunoe ı2ı, Beleppon Ar. 25. Nr. 277. Preis: 7 Seller Inserate nach Tarif. Derselbe wird auf Wunsch überallhin gratis und franto versendet. Annonzenaufträge, Abonnementd: und Infertionsges­chü­hrern sind an die Ndministration (Grabenrunde 121) einzusenden. Vermittlung duch alle Annr­nzenbureaus. Das Regierungsjubiläum in Oesterreich). Sopron, 30. November. Nur noch­ Stunden trennen uns von dem in der Geschichte Oesterreichs so eminent hervorragenden Mt. Der vor sechzig Jahren (am 2. Dezember 1848) erfolgten Thronbesteigung Franz Sofers, und man kann füglich Jagen : die ganze zivilisierte Welt hat sich ver­einigt, dem allverehrten greisen ubilar, das Musterbild eines bisher in seiner beispiellosen Gelbstlosigkeit unerreichten Monarchen zu huldigen. Die unerschöpfliche Herzensgüte und hohe politische Weisheit des Königs haben ihm auch die Herzen der Ungarn nach den vorausgegangenen schweren Kämpfen erobert und Die ritterliche ungarische Nation bis zum völligen Vergessen be­­standener Gegenzage versöhnt. Daß dem so ist, beweist die hocher­­freuliche­­ Tatsache, daß einerseits Der König-Kaiser die 48er Politiker mit seinem Vertrauen beehrt, und daß anderseits diese 48er Politiker die angebotene Be­­rufung annahmen. Das gegenseitige Ver­­trauen von König und Nation ruht nun auf breiterer Basis, wie vor dem senk­­würdigen 7. April des Jahres 1906. Das ist unleugbar, es ist hocherfreulich ! Allerdings schmerzt die andere Tat­­sache, daß Desterreich dies ritterliche Ge­­halten der ungarischen Nation nicht mit Gleichem vergab­. Desterreich huldigte noch nie dem König von Ungarn gelegentlich dieses seines Regierungsjubiläums, nicht bei der 25. und nicht bei der 40. Jahres­­wende. Diese Ueberhebung, diese Mitgunft Desterreichs bildet jedoch Dessen erbliche Belastung. Wie denn auch Desterreich niemals politische Schöpfungen hervor­­brachte, welche einigten, sondern immer nur solche, welche entzweiten ! Oesterreich ist ein nur durch Umwietracht, nicht Durch Ausgleich von Gegenträgen aufrechterhalt­­barer Staat ! In dieser durch die Geschichte von Jahrhunderten erhärteten dritten Tatsache jedoch­ kommt Die einzig richtige Politik Ungarns zum Durchbruche, und Diese lautet: Stärkung der Beziehungen zum Träger der Szene, Vermeidung der Loderung des 67er Bandes ! Das ist nicht gleichbedeutend mit der Aufopferung des Gelbstbewußtseins oder der politischen Ueberzeugung, sondern er­st geradezu die Politik, — und wer die Verwirklichung seiner politischen Weber­­zeugung, seines W­echts, und geachtbe­­wußtseines unter Erwägung aller Umstände anstrebt, ist politisch, und jener ist unpo­­ltisch, der einseitig das Recht fordert und gehe darob die Welt, der Staat, die Nation zugrunde ! S­nsbesondere Die ungarische Nation benötigt zur F­estigung ihres Bestandes neuerdings, den jüngsten Festläuften an­­gemessen, der meilen Selbstmäßigung ! Ya, die ungarische Nation gebe hierin geradezu ein Beispiel für Völker mit maß­­losen Ansprüchen ! Wemn Die ungarische Nation im Späteresse ihres für Europa nötigen Be­­standes nicht doftrinäre Rechte einräume, dem gebe sie auch ein Vorbild in Der Mäßpigung ihrer rechtlichen, aber weil durch perfide Gegnerschaft noch nicht ver­­wirklichten, bisher immer doftrinären An­­­prüche ? Die ungarische Nation beansprucht nach Außen derzeit nicht das volle Aus­­maß ihrer Souveränität, steht aber nac) Innen der­­ Verwirklichung sogenannter Naturrechte noch­ — ferner ! Das Uubiläum Oesterreich i­st für diese Betrachtungen besonders geeignet, denn Desterreich gibt Ungarn das Beispiel, in was es nicht machen darf, auf daß Desterreichs Bestreben nicht zur Geltung komme: die Wiederherstellung des Olmüger und Kremsierer Zentralismus ! Deshalb Huldigen wir Ungarn dem Kaiser von Desterreich zu seinem sechzig­­jährigen Herrscherjubiläum, — wir huldigen aus Achtung internationaler Problemse dem Kaiser, besonders aber, weil dieser durch Wahl und Erbvertrag gottlob auch unser König ist, — mir Huldigen demnach nicht für, sondern wider den 2. Dezember 1848 ! Der Gefekentwurf über die Wahlreform. (Bertregung.) $ 58, Feuilleton, Fozenko. Novelle von Franz Derczeg. Kosakenart trägt. Die Gesichtshaut ist sehr weiß, die Nase kurz, die beiden grauen Augen stehen in großem Abstand von­einander, was nach der Annahme der Franzosen dem Gesichte einen tartarischen Ausdruck verleiht. An seine großen, weißen, weichen Hände dachte Maria mit besonderer Zärtlichkeit. Später mußte sie auch andere Aeuber­­lichkeiten über ihn. Daß er in Moskau wohnt, in der chinesischen Vorstadt, in der Nähe des Zubranfaplabeg. Daß er sich mit großen, finsteren Plänen befaßt, von denen selbst Maria nichts willen darf. Diese und andere Bilder waren schon längst in Marias Bewußtsein tief verstect. Fest traten sie plößlich an die Oberfläche und das Mädchen war darüber nicht erstaunt. Damals ging sie noch weniger unter die Menschen wie vorher. Von der Universität eilte­n sie manchmal mit foldy glückeliger Un­­geduld nachhause, ala würde in Wahrheit der Geliebte auf sie warten. Und der gute Freund aus Moskau, der Traummensch erschien nun auch bei Sag. Maria sah ihn nicht, aber sie fühlte seine Gegenwart. Ab und zu brauchte sie nur zu wollen und er war in ihrer Nähe E3 fam auch vor, daß sie die Augen vergebens schloß. Er Hat langes Blondhaar, daß er nach , daß sie umsonst ihre Gedanken auf ihn, richtete (Fortlegung.) Maria, Kopf und Herz waren alle Tage hindurch dieser fahen Erinnerung voll. Niemals noch hat ein Traum solch starren und tiefen Eindruck auf sie gemacht. Sie hatte die Empfindung, daß das auch mehr war als ein Traum. Möglich, daß zwei Brillingsseelen sich in dem geheimnisvollen Garten de Traumes fanden, nachdem sie sich im Nebel de Lebens lange gesucht hatten. Der Mann des Traumes hatte im Uebrigen seinen Namen. Er war — er. Der Mann. Alles. Umso sonderbarer war es, daß Maria fie seiner Züge nicht entsann. Die Hoheit, die Kraft, die Güte und die Härtlich­­keit strahlten ihm vom Antik, seine individuellen Züge waren jedoch in ihrer Erinnerung ver­­blaßt. Diese Eigenzüge zeichnete sie sich erst später ab in ihren Schmärmereien zur Tages­eit.­­ Soviel sie wußte, ist er mehr sein ganz junger Mann. Er ist groß, stark und düster wie der littauische Büffel. Dabei ist er mild, warm und empfindsam wie ein junges Mäd­­chen. Gegen den Beschluß fannen die Betreffen­­den während fünfzehn Tage nach der Zustellung, spätestens aber bis 15. November ihre an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Besch­werde bei dem­­ Präsidenten des­­ Zentralausschusses einreichen, und ihn vergebens anrief? der Moskauer er­­schien nicht. — Sehr zerbricht er sich über große Dinge den Kopf und kann sich um mich nicht kümmern, — sprachh Maria. Anja betrachtete eines Tages aufmerks­am die Studentin. — 6GSie haben sich verändert, — sprac­h sie, — Sie fangen an hübsch zu werden ... Sie sind jebt so mie eine japanische Lampe. Etwas hat sie in ihnen entzündet und er­­leuchtet Sie. Maria lächelte geheimnisvoll, aber Anja drang nicht weiter in sie. Im Winter begann das kleine magere Mädchen zu kräufeln. Der Kopf tat ihr wochen­­lange wehe. Anka empfahl ihr, sich mehr in der frischen Luft zu bewegen. Sie hörte den guten Nat­an, beherzigte ihn aber nicht. — Denn damals verlebte sie die glücklichste Zeit ihres Lebens. So sie sich auf ihr Lager warf, fühlte sie mit offenen Augen und sofort die große Hand des Moskauer über ihre Stirne streichen.. Er mußte daher von den Leiden Marias und war mit seinen treuen und zärt­­lichen Gedanken tot bei ihr. Das Herz des Mädchens­ war damals erfüllt von glücklicher Ergriffenheit und weiblicher Unterwürfigkeit. (Sortregung folgt.)

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