Oedenburger Zeitung, August 1914 (Jahrgang 46, nr. 174-197)
1914-08-01 / nr. 174
»F . August 1914. Die Ergriffenheit ging sodann in braussenden Enthusiasmus über, als die Klänge Des „Heil Dir...“ wie ein Sturmvogel über den breiten Plagatsten und die darauffolgenden Kampfeslieder die Luft wie mit Donner der Leidenschaft erfüllten. Weder die Grabenrunde und Neustiftgasse führte Die Kapelle in die Kaserne zurück, immer neue und neue Begeisterung einweichend und stürmische Ovationen für unsere Garnison pflüdend. In vielen Häusern der Grabenfunde sah man lorbeerbedrängte Bilder Dr. Majestät in den Fenitern. Besonders ergreifend war die Gruppierung der Apotheke des Allerhöchsten Kriegsherrn in den Fenstern der Frau Witwe Stefan PBor3a.Ins Gesamtbild des geitrigen Umzuges fügten sie wie ein schöner milder Farbenglanz unstere Veteranen, die mit ihrer Kapelle ausgerüht, ebenfalls Gegenstand bei geisterter Kundgebungen waren. Der Umzug ging ohne Zwischenfälle, ohne hindernde Stauung sehr würdevoll vor ih und für jeden, der ihn mitgemacht oder gesehen für ein Menschenleben unvergeblich. Nachdem die Kapelle in die Kaserne gezogen war, bildeten junge Leute eine in Reih und Glied geordnete Truppe, welche patriotische Lieder singend und den Krieg gegen Serbien verherrlichend die Straßen durc- 309. Vei dem Royal-Kaffeehaus, wo mehrere Offiziere im Borgarten jaben, brachte die Jugend enthusiastische Ovationen dar. Ein schönes Fest war das gestern, das aus mächtigen Gefühlen kommend, segnenden Armes, feuerige Abschiedssonne über unsere Garnison ausbreitete.... Leserburger Beiung. Tagesneuigkeiten. Sopron, 31. Juli. Unterfüget die Familien der einberufenen Soldaten, und die Namen Der Spender öffentlich quittieren. Die Redaktion und Administration Der “on „Oedenburger Zeitung“. Aufruf. Von der unterfertigten Verwaltungskommission wird hiemit fundgemacht, daßs die Familienmitglieder der Soproner mobilisierten Wehrpflichtigen, insofern Dieselben vermögenslos und ohne Erwerb sind, aus den gesammelten Spenden unserer Mitbürger, sowie aus den städtisch verwalteten Sonds unterstüßt werden. Diesfällige Gesucde sind an den VBritjes Der Verwaltungscommillion Magistratsrat Dr. Bile v. VBäghy mündlich oder schriftlich zu richten. Sopron, den 31. Juli 1914. Verwaltungskommillion. * Die Heller... . Die Goldglanz Haben. Ein langer Bogen, wo viele Namen zu lesen sind. Unbekannte, vielleicht nie gehörte, ja unleserliche Namen. Den mit Bleistift hingezeichneten Namen folgen Kronen, aber zu meist Heller. Und Diese Heller und eben jene, die einen Goldglanz haben. Vergoldet mit unverfälschter, naiver und spontaner Meninenliebe. Nach der Lite und Kronen und Heller steht das Wort „Zusammen“. Sa, Zusammen: 96. K 30. h. Die Sammlung der Arbeiter der Haasischen Teppichfabrik, welche uns heute Direktor N Rosenberg für die Zurückgelassenen der zum Militärdienst einberufenen Familienväter übermittelte... Hier lassen wir die Zuschrift folgen: Köbl. Redaktion! Mitfolgend überreiche ich Ihnen zugunsten Ihrer Sammlung für die bedürftigen Familien der einberufenen N Reservisten den Betrag von K 96.30 bar und zwei Listen der in der hiesigen Jabris der Aktiengesellschaft norm. Philipp Haas und Söhne von den Angestellten und Arbeitern derselben eingezahlt wurde. Ich bin stolz auf diese Arbeiterschaft und bemerke,daß keiner sich ausgeschlossen hat, ja,es haben sich Buben nachträglich noch selbst bei mir gemeldet,die absichtlich bei der Sammlung übergangen wurden, und brachten mir auch ihren Beitrag. Wenn die meisten Zabrifen der Monarchie diesem Beispiel folgen würden, so könnten die Wölker Desterreich-Ungarns dem greisen, edlen Kinderfreunde in der Wiener Hofburg ein Geschein darbringen, das sein Herz mit Freude erfüllen würde in ernsteiter, trauriger Zeit, der Gedanke, daß es seine hungernden Kinder der einberufenen Reservisten gibt! Hochachtend Direktor Rosenberg. * Beim Bürgermeisteramt sind zugunsten der zurückgelassenen Familtenmitglieder von einberufenen Reservisten und Erjagreservisten eingetrossen: Verein Soproner Kaufleute 100 K, Frau Samu WMitger 307 K 20 K, Dr. Sander Groß 50 K, Friedrich Manninger 20 K, Ludwig Start 100 K, Bürgermeister Dr. Koloman Töpfer 100 h, zusammen 677 K 20 h. « E Die hiesige Filiale des Roten Kreuzvereines hält morgen Samstag unter dem Doppelvorfig der Frau Baron Solymory geb. Gräfin Angela Zichy und Obergespan Dr. ». Baän eine wichtige Situng. Die Einladungen zuieser Situng gelangten heute seitens des Sekretärs, Komitatsobernotärs Eugen Fertsaaf, zur Versendung. * Löwendrogerie Franz Müller, Spitalbrüde, Sopron, beste Einlaufsquelle. * Die Opferfreudigkeit für die Familien Der einberufenen Soldaten offenbart sich in Ungarn wie in Deisterreich in ganz außerordentlicher, geradezu überwältigender Weise. Nicht nur in den Metropolen, auch im letten Dorfe opfert jeder gerne auf den Altar der Menschenliebe. Wie viele Familien vermissen ihr Oberhaupt! Jeder Untertan unserer Monarchie zieht aber freudig in den Krieg gegen Serbien, weil jeder das Gefühl hat, daß diese Abrechnung endlich zum Schutz unserer Ehre kommen mußte. 50 Millionen Untertanen leiten gerne dem Rufe unseres greisen Königs Gefolgschaft. Seder ruft der zivilisierten Melt zu: „Da istehen wir, wir fünnen nicht anders, so wahr uns Gott helfe! Und weil unsere Soldaten uns allen ans Herz gewahren, deshalb ergreift jeder rald entschlossen die Gelegenheit, um si in Dankbarkeit ihrer Lieben, die zu Hause geblieben, anzunehmen und nach Möglichkeit ihr zumeist befragenswertes Los zu lindern. 2 Ein erhebender Beweis edler Herzensgüter, wie die Arbeiter ihrer Kameraden gedenken. Aus der Offizin Rammwalter wurde ein Schriftfeger einberufen. Die Frau und drei Kinder blieben unversorgt. Sofort traten die Kameraden zusammen und beschlossen, von ihrem Wochenlohn auf die Dauer des Krieges die Familie des Kollegen ne Sol edle Tat lobt ji von eibit! * Berjehobene Gesangsfeste. Bürgermeister Dr. Stefan Barczy hat in seiner Eigenschaft als Präsident des ungarischen Sängerverbandes an sämtliche saarländische Gesangvereine eine Aufschrift gerichtet, in welcher er mitteilt, daß angesichts der gegenwärtigen schweren Zeiten die Gesangsfeste in Bolozspär und Szefelyudvarhely auf unbestimmte Zeit verschoben wurden. Auch die Korrespondenz mit der Zentrale des Verbundes mußte eingestellt werden. — Halte ein, Bablo! Rühre nicht daran! Diese Taube enthält die geheiligten Hostien! Auf die Anie, Pablo! Schwöre mir zu, daß du die Taube nach meinem Tode in meinen Schleier gehüllt unversehrt einem Briefter übergeben wirst. Schwöre es mir zu, Rablo, damit ich in Frieden sterben kann. Pablo, du mußt meine feste Bitte erfüllen. Die lechte Bitte derjenigen, die dich über alles geliebt! · . An Spenden für die Reservistenfamilien liefen ein: Bisher ausgewiesen K 173. — Kamilla Schuh, Professsorin der höheren Töchterschule K 10.— Konz Gisella, Professorin der shöheren Töchterschule K10.— Heinrich.v.thowsky,Oberstleutnant i. ®. K 10.— Sanfa Rosenberg . K 5 IH. Haas’sche Kabrit K 96.30 Zuslammen K 304.30 Die eingelangten Geldbeträge werden wir unserem Herrin Bürgermeister Dr. Koloman Töpfer ausfolgen . Hier bemerkte er an den Stufen des Hauptaltars eine Nonne hingestrebt. Sie rührte sich nicht. Als er ganz nahe an ihr war, fuhr er erschrochen zurück. Sie war ein noch junges Mädchen. Sie lebte no, troß vorfürchterlichen Brandwunden ihres Ge:istes, denn er vernahm no deutlich ihr Rödeln. Sie preßte einen Gegenstand, den er im Düstern nicht unterscheiden konnte, an ihre Brust. Als er versuchte, diesen Gegenstand zu ergreifen, ging ein heftiges Zittern durch die Glieder der Sterbenden. Sie schlug die Augen auf. Jebt erfannte er sie: — Trinidad! Auch sie hatte ihn erfannt und flüsterte eile: — Bablo! Bei der Bewegung, die sie machte, erkannte er den Gegenstand, den ihre blutenden, Halbverfehlten Hände so inbrünstig ans Herz preßten: eine mit Juwelen reich verzierte goldene Taube. Pablo vergaß das Schießen ringsum. So hatte das Schiksal no einmal ihre Wege gekreuzt. Machte er Trinidad Galveran so wiederfinden! Trinidad, die Freundin und der Traum seiner glücklichen, sorglosen Jugend! Bon Abstammung zu vornehm, um einen armen Arbeiter, wie ihn, heiraten zu können, zu arm, um die Gattin eines Bürgers werden zu können, hatten ihre Familienangehörigen ihr einen Gatten auserwählt: Gott! Und sie hatte gehorcht und darüber sein liebend Herz gebrochen. Er war nicht der Mann darnach, jn den Geiegen der Gesellsschaft zu beugen. Er wollte sich rächen. Von seiner hingemordeten Liebe war in ihm ein düsterer Haß gegen die Geiege, gegen den Reichtum, gegen jede Autorität zurückgeblieben. Er murmelte: —ArmeTrinidad!..ArmeTrinidad! Er versuchte sie aufzuheben.Sie stieß ihn mit einer matten Bewegung zurück. — Ich bin gestürzt, als ich die Taube vom Altar herabholte. Ich sterbe. Ich werde das Kloster nicht verlassen. — Du wirst nicht sterben, Trinidad! — Do do! · Jetzt erst bemerkte sie seine pulvergeschwärzten Hände,feine Uniform.» —Auch du,Pablo,auch du heilst unter Den»Gottlosen«?Du hatst geholfen dag Vang den Herrn anzuzünden!Du siehst wohl, sich muß sterben,um deine Schuld zu sühnen. Bereue,Pablo,tue Buße.Halte Einkehr in «dich"selbst,damit ichr die Verzeihung Gottes für dich erlangen kann!. Sie wollte ihre armen,verstümmelten’ Hände falten. Die Taube fiel zu Boden.Bablo griff darnach. Sie lächelte schmerzlich, machte das Kreuzzeichen und ging mit dem verklärten Lächeln auf den Lippen ein in die Ewigkeit. . .Bablo ergriff zitternd die Taube und büllte sie in den Schleier Trinidads. Er wollte die Flucht ergreifen, um ihren legten Millen erfüllen zu können. Hatte sie ihn doch geliebt, über alles geliebt! Er stürzte nach der Eingangstüre. Hier tauchten durch die leiten erleidenden Slammen die die Meuterer verfolgenden Soldaten vor ihm auf. Er sah ihre Klinten blißen. Und dann wars zu Ende. Er rollte mit durchschollener Schläfe neben den Leichnam ‚Trinidads. s« ——Noch ein«Dieb!—wetterte der Kapitän, als er auf der Brust Bablos die mit Juwelen reich verzierte goldene Taube fand, die ein Grand vor Jahrhunderten in einer Anwandlung von Frömmigkeit dem Kloster Canta Teresa gespendet hatte. « «