Oedenburger Zeitung, 1920. April (Jahrgang 52, nr. 75-99)

1920-04-01 / nr. 75

essitess > at NER LIE 7 | POUR IN Oedenburger Zeitung­ ­—Unsere Südbahn. »Wohl allen,die auf der Fahrt von Wien nach Oedenburg die Linien der Südbahn be­­nützt haben,ist der himmelhohe Unterschied zwischen den Zügen die auf der österreichischen Strecke verkehren und denjenigen,die man­ in Wieneri Neustadt zu besteigen gezwungen ist, aufgefallen.Gewiß,auch jenseits der Leitha ist das Fahren längst kein Vergnügen mehr, die Züge sind auch dort überfüllt und unge­heist,lauter Männer,die durch die Verhältnisse ihre Erklärung finden. Dagegen haben die Knpees Sige, Fenster oder zumindest Erfaß­­fenster, sind, soweit es die starre Inanspruch­­nahme erlaubt, veingehalten und, die Züge ver­­fehren Ho­menigstend mit einer annähernden Bünktlichkeit. Doch wehe dem Armen, der in D­iener-Neustadt den Zug nach Ungarn besteigt ! Um auf die Leiden, die feiner hartem, wenig­­stend einigermaßen vorbereitet zu sein, möge er alle Beschreibungen von Bolarfahrten, deren er habhaft werden kan, aufmerksam durch­­lesen; die Qualen,­­die ihm bevorstehen, über­­steigen alles darin Beschilderte. Er möge sich mit Wärmflaschen, Fußläden, Belzen und last net least einer Thermosflasche mit einem fräss­tigen Grog reichlich versehen, wenn er seine Kühnheit nicht durch ernstliche Gesundheits­­schäden büßen will. Die Wargsnd (welch ein Hohn diese Nam­en so benennen) haben natür­­lic längst feine Fenster mehr, auch Gringfenster xır hie und da; die Stäßsäge werden durch schmusige Bretter angedeutet. Die müßliche Gilde der Scheuerfrauen scheint für immer verschwunden zu Sein; Schmug und Verfall aberal wohin man „“blicht. Bon Beleuchtung natürlich feine Nede, will man selbst feine Kerze anzünden, so kann man von Glüh reden, wenn einem der Luftzug bloß das Licht aus­leiht und nicht gleich Die ganze teure Kerze zum Zenster hinausbläst. Auch haben sich die Züge in bewundernswerter Weise vom Fahr­­plan selbständig gemacht, warum dieser über­­haupt cd an den Bahnhöfen angeschlagen wird, ist rätselhaft, eingehalten werden die darauf bezeichneten Stunden und Minuten Doch wohl nie. Das eigenartigste bei dieser ganzen Sache ist aber der Umstand, daß die Linien von Wien bis Wiener-N­eustadt und von Wiener­ Neustadt nach Ungarn derselben Gesellsshaft angehörten und derselben Verwaltung unterstehen. Warum also der große U­nterschied in den Zügen, warumm die augenscheinliche Bevorzugung der österreichischen Linien? Das zu erfahren wären wir außerordentlich begierig. Und noch einige­ andere. Es wird fort über den Kohlenmangel geklagt, und mit Recht. Dennoch wurden im leter Zeit die Fahrten des Blattenfeerpreß vermehrt. In diesem Zug­ist stete undefekt; der Tahıpreis allerdings ist für gewöhnlich Sterbliche unerschwinglich. Wäre es nicht gerechter und für das allgemeine Wohl auch wichtiger gewesen, statt der Ver­­mehrung der Schnellzüge, die Anzahl der Personenzüge zu vermehren? Auch si­nd nicht immer erbaulich, gehen zu müssen, daß nur die durch die Konjunktur Begünstigten menschen­­würdig fahren dürfen. Und noch eine legte Frage wäre, warum wir seinen Dachgehenden Zug von Wr.­­Neustadt nach Großfanizia haben ? && fährt täglich ein Zug nach Großfanizia, zwei nach Wr. Neusta­dt, die Basragiere aber, die über Dedenburg hinausfahren wollen, müssen in jedem Falle mehrere Stunden warten;­ könnte man den Ver­ehr nicht so einrichten, daß wenigstens ein unmittelbarer Anschluß hergestellt wird ? Gewiß,ein Teil dieser Unzukömmlichkeiten wird durchs die allgemeinen Schwierigkeiten bedingt,die meisten aber ließen sich mit einigen guten Willen abstellen.Holfen wir,daß die Direktion diesen Willen aufbringen wird,war es ihr doch auch in Oestreich möglich. uf auf ws 4 a 0 |­4. April ga­b Berfügungen bezüglich der Rege­­lung des Geld­ und Wertverkehres. Der Minister de Snnern hat einen Straß an den Oberstadthauptmann von­­ Buda­­pest gerichtet, in dem er der Oberstadthaupt­­mannschaft und den Bezirkshauptmannschaften die Verfügungen über Geld­ und Wertverkehr bekanntgibt. Mit dem Aufhören der Devisen­­zentrale haben nämlich die hierauf bezüglichen Uebertretungen statuierenden Negierungsver­­ordniungen die Gültigkeit verloren. Die heute zu Recht bestehenden Verordnungen sind: 1. Gemäß der Verordnung über die Ver­­hinderung der Steuerflucht it verboten aus dem Gebiete des Landes wie immer geartetes mobiles Vermögen (in: oder ausländisches Geld, Ak­ten, Sparkassenbücher oder irgendein anderes Wertpapier, Briefmarken, Juwelen, Gold, Silber, Perlen, Kunstgegenstände ussw.) ohne Erlaubnis des Finanzministers auszu­­führen. Eine Ausnahme vom Ausfuhr­verbot bildet nur gewöhnliches Neisegepäck, sotwie eine 2000 Kronen nicht überschreitende Barsumme. Die den Gegenstand des Vergehens bildenden Mobilien oder Werte sind zu beschlagnahmen und in Budapest bei der Zentralstaatäfafle, in der Provinz beim nächsten Steueramte zu de­­ponieren; in allen diesen Fällen ist der Finanz­­minister zu benachrichtigen, der wegen der F im­­­a des Strafverfahrens die Berfügungen trifft. 1. Mit Nachsicht darauf, daß die Devisen­­verordnungen betreffend den Handel und den Verkehr mit fremdländischen Zahlungsmitteln reichlich Plas, ja ed sind eine Menge Sige ı außer Kraft gejekt worden sind, hat Die neuer­­­­liche Verfügung der Regierung im Verkehr mit fremden Dialuten und Desisen blog die Ver­­pflichtung der Einlieferung der Epportsaluta sowie das Verbot der Ausfuhr von Gold und Silber aufrechterhalten; aut dieser Verfügung darf man also fremde Waluta, Gold und Sil­­ber sowie Gold-­ und Silbermünzen impor­­tieren ; der Verkehr Hierin ist im Inlande frei, das Verbot der Ausfuhr aller dieser Werte ohne vorherige Erlaubnis besteht jedoch weiter zu Recht. II. Wer das Gold und Silber betreffende Ausfuhrverbot überschreitet, häll unter Die Ge­­fahrstrafverfügungen; die den Gegenstand des Bergehend bildenden Werte sind in jedem Falle zu beschlagnahmen, in Budapest bei der Zen­­tralstaat Pfaffe, in der Provinz bei der nächsten Steuerbehörde zu deponieren. IV. Laut der Negierungsverfügung über die zeitweilige Beschränkung des Zahlungsver­­kehrs ist die Einfuhr der uigestempelten Noten der Desterreichisch- Ungarischen Bank, inklusive der Ein- und Zwei­ fronennoten, verboten. In Reife und Grenzverkehr bilden eine Ausnahm­e­ von d­iesem Verbot die ungestempelten Raten der Oesterreichisch-Ungarischen Bank bis zur Höhe von 1000 Kronen. In unbeschränkten Mengen können aber fremde Valuten, die mit­ fremdem Stempel versehenen Banknoten der Deiterte ihischer­ngarischen Bank sowie die Kassen= Scheine der Ungarischen Bostsparkasse eingeführt werden. Zur Durchführung des Strafverfahrens gegen jene, die das im dieser Verordnung ent­­haltene Verbot überschreiten, ist­ das Polizei­­strafgericht kompetent ; der den Gegenstand des Bergehens bildende Wert ist zu beschlagnahmen und bei der kompetenten Polizeibehörde zu­­ de­­ponieren. EN Ein Opernzyklus in Oedenburg. Schon seit einiger Zeit war ed für ein­­geweihte offenkundig, daß im Stillen eine fünstlerische Bewegung im Gange ist, melche den Sunftfreunden unserer Stadt an Die Schönheiten der höheren Musik erschließen will. An der Soige dieser mit Freude zu begrüßen­­den Bewegung steht der auch als Komponist bestbefaunte und talentierte Kapellmeister Eugen Biranyi, welcher die Organisation einer Pufitkapelle von 26 und­ eines Chors von 24 Mitgliedern eingeleitet hat. Hiezu will er erstflassige Solisten der Budapester und der Wiener Oper in abwechselnden Gastspielen ge­­winnen. &o würde dann ein Opernzyklus von zirka 30 Vorstellungen nach der Art der „Best­spiele“ veranstaltet werden. Im Program­m des Zyklus finden hauptsäclich folgende Opern Aufnahme: Traviata, Nigoletto und Aida von Verdi, Der Barbier von Gevilla von Rossini, Gavalleria rusticana von Mascagni, Der in ISSN EAN Seuilleton. Rauhreif. Eine Alltagsgeschichte. 8nG. (Tortjesung.) Helene war eine Kleine­iherin und lebte bei einer Tante in der Hauptstadt. Sie hatte es gut bei ihr, war glückkig bei ihrer Arbeit, sang und traferte den ganzen Tag wie ein luftiges Böglein. Sie gingen zusammen an Feiertagabenden in die wunderbar stillen Kirchen und sie betete ihr Gebet so freien Herzens und stand mit dem lieben Herrgott auf gutem Fuß. In ihrem Herzen war es eine wundersame Ruhe, wenn auch hin und wieder ein nichtverstandener, süßer Schauer durch ihre Glieder ging, denn sie mach? zu einem präch­­tigen, frischen, kräftigen Mädel heran. Die feinen Bücher, die sie in ihren freien Stunden las, braten ihr eine jungfräuliche Sehnsucht nach dem Märcenprinz und das Vertrauen in die Güte der Menschen und Schönheit der Welt. Wenn ihre Kolleginnen in der Werk: Hätte von ihrem Liebesangelegenheiten Sprachen, dann lachte sie frei und unbefümmert, denn sie fannte alle diese Dinge nicht. So verging die Zeit, die eine Tages auch ihr dad Scidjal ° wurde. E 3 war bei einer sonntägigen Frühlings­­'­tanzunterhaltung im Freien, bei gedechten Tischen und Scrammelmufii. Der schmude, feingekleidete Herr tanzte schon den dritten Tanz mit ihr. Er tanzte so gut, so leicht und nahm sie so immig in die Arme. Sein Biid war so vertraut und freund­­ich warm, sie fühlte si an seiner breiten Brust geborgen und es war ihr, al hätten sie sich schon immer gelaunt. Sie konnte seinen tiefen Eid nicht wiedergeben, er war ihr, ald zöge ein Singen und klingen in ihre Brust, als blühte ein Zaubergarten voller halbgeahnter­­ Heimlichkeiten in ihrer Seele auf und ihre Knie wurden ah To Schwan, von heißen Schauern unwachgesüßt und liebten. Sie hatte ihr freies Lachen und mädhenhafte Sterbheit verloren und fühlte sich als Geschöpf voll Blut, als Trägerin eines fügen Geheimnisses und als begnadetes Weib. Sie trafen si oft..E 3 wurde ernst. Hans war so lieb zu ihr und so herrlich jeder ver­­borgene Kuh. Helene gewann Hans mit der ganzen Snnigkeit eines deutschen Mädchens Lieb. Sie verlebten wundervolle Stunden. Hans holte sie jeden Tag gegen Schluß der Arbeits­­zeit ab und sie gingen dann noch ein-zwei Stunden am herrlichen Donaufai Tpazieren, oder suchten eines jener verstecien unos auf, in dessen lauschigen Lugen man so wohlig warm beieinander fißen konnte. Hand Dorn war erster Beiläufer bei der großen Konfektionsfirma Nöper und Söhne und ein Äußerst ehrgeiziger junger Dann, der hochgeliebte Ziele hatte, doch davon erfuhr sie erst später. — Lou hielt einen Augenblick — von persönlicher Erinnerung überwältigt — ein und fuhr dann, ohne es in der Aufregung gewahr zu werden, von sich spresgend fort: „Zante Emmi wußte nichts von meiner Bekanntschaft, denn Hand wünschte nicht, daß ich davon spreche. Exit wollte er eine Stellung erringen und dann war sie hintreten und jagen, daß er mich lieb habe und zum Weibe begehre. Er schwur es mir mit tausend Eiden und bat mich nur um etwas Geduld und um Geheim­­haltung unnserer Verlobung, was ich ihm auch so freudig versprach. Wir wechselten zwar feine Dinge, gingen jedoch eines Abends in die Kirche zum Herzen Sein, im welcher zu dieser Stunde niemand war und da Sch wurem wir vor dem Altare der barmherzigen Meuttergottes, daß wir und treu sein und und nie verlassen werden.“ An Lous Augen, die verloren in der Ver­­gangenheit weilten, trat bei diesen Worten ein weicher Schimmer und ein unbewußter Seufzer hob ihre Brust. Rolf lag ruhig mit geschloffenen Augen da und streichelte ihr sanft die Hand. Die Kleine fuhr dann mit einem schmerz­­lichen und etwas Sportlichen Lächeln fort: „Wir schwaren uns also ewige Treue!” „An einem Schönen Meaisonntage, da machten wir zusammten einen schönen Ausflug per Dampfer in die Umgebung zur Csarda von Horany; der Tante sagte ich, ich ginge zu einer Freundin in eine Vorstadt der Hauptstadt. ich­ tranien Wein auf unser Sünftigem Stüf und das stieg mir etwas zu Stopfe, denn ich war an Getränke nicht gewöhnt. Auf dem Nahmwege war ich so ausgelassen, wie Hans mich niemand moch gesehen hatte und fühlte mich so wohl in seiner Nähe, daß ich

Next