Oedenburger Zeitung, 1920. Mai (Jahrgang 52, nr. 100-122)

1920-05-01 / nr. 100

ERIK ER­RN an! Europäisches Sklavenleben Es gab Zeiten,wo Mönchsorden ent­­standen,um dem Sklavenleben abzuhelfen, Zeiten,wo Amerika wider Amerika stritt im Zeichen der höheren Menschenrechte.Es gibt Kontrakte,die den afrikanischen Menschenhandel einschränken. « Prediger predigten von der Kanzel gegen den Verlauf von Sklaven. Menschenfreie Diener der Humanität schrieben di­e Bände über die Befreiung der Schwarzen Menischenraffe und über die empörenden Menschenjagden. Und DENE Seht nur das blutende Ungarn an! Nehmt die alten Folianten, die über das Scheußlic­he der Menschenjagden, die über den Menschen­­handel‘ mit seelischem Widerwillen berichteten. Liest sie Engländern, Franzosen, Amerikanern, Italienern und allen übrigen vor. Gin jedes Wort, das gegen den Sklavenhandel geschrieben steht, ei jedes Wort sagt euch alle an! Eine jede Zeile schreit Euch an: Geht nur nach dem befegten Ungarn! Dort ist jet Sklavenmarkt, S­klavenhandel! Sklavenhandel mit einem Kul­­turbolfe, das Bibliotheken gegründet, Schulen gepflegt, Städte und Kirchen gebaut hat. Dort ist un Sklavenhandel und Sklavenjagd! Der Ungar, der humanite, edelste Menschenfreund, fl­ießt dogelfrei, wenn er si Ungar nennt. Die Kerker sind in den belegten Gebieten — welche ihr fremden Völkern an dem Leibe de einheitlichen Landes zuurteilen wollt — voll Unschuldiger und Gräber reihen sich an Gräber von den unschuldig Getödteten. Meint Tränen für die Schwarzen am Kongo. Haltet V­ersammmlungen, wo für edle Menschenrechte gesprochen wird. Aber denkt nicht an den Kongo alein, vergießt nicht nur für die Schwarzen Tränen. Hier, in der Mitte Guropad, hier in den abgetrennten Gebieten Ungarns, wird Sklavenleben geschaffen...­­ Doch merket euch, der Ungar fan nicht und nie vergessen, daß er ein Ungar war! Er bleibt es auch biß zum legten Tropfen Blut! Stunde später war das Pferd vollkommen zerstückelt und hat vielen einen willkom­­­menen und langersehnten Braten abgege­­ben. Ich will gar nicht von der K­ohlen­­not sprechen, die furchtbare Dimensionen an­­genommen hatte, aber ich bin Der Ansicht, daß schon im Namen der Menschlichkeit et­­was für die sterbenden Männer, Frauen und Kinder Wiens getan werden müsse und vor allem für die Mittelflassen, die, wie ich schon eingangs erwähnte, am stärksten Tei­­chen und waldierter, gründlichster Hilfe be­­dürfen. Bevor ihh­nien verlieh, bereitete sich ein Streit der Aerzte in den Spitälern vor, weil die Scheuerfrauen mehr erhielten, als die Doktoren. Die Bauernschaft im Land bat Nahrungsmitteln in Hülle und­ Fülle, aber die Leute wollen nichts nach Wien sen­­den, weil sie mit der gegenwärtigen Regie­­rung nicht einverstanden sind. Mie dem auch sei, es muß mit allen Mitteln austrei­­b­ende Hilfe für die arme, sterbende Stadt geschaffen werden, ehe es zu spät ist.“ Die obigen Daten sprechen für sich selber und machen für einen jeden gesund deuken­­den Menschen einen weiteren Kommentar überflüssig. Bericht eines Einheimischen über die Wiener L­ebensmittelant. Das „N. W. I.“ bringt in seiner Num­­mer­ vom 8. d. M. einen äußerst interessan­­ten und wahrheitsgetreuen Bericht von dem jeit nach Amerika übersiedelten bekannten Wiener Porträtmaler Nikolaus Schat­­tenstein, in welchem er die unsäglic traurigen Lebensmittelverhältnisse Wiens ausführlich schildert. Wir glauben durch die auszugsweise Veröffentlichung Dieser iie haltsschweren Worte all denjenigen einen guten Dienst zu leisten, welche etwa in Die­­ser Hinsicht noch nicht völlig klar sehen soll­­ten. Das Interview, welches Schatten­­stein einem amerikanischen Journalisten­ ge­währte, lautet in der H­auptsache folgender­­maßen: „Es ist zweifellos, daß Wien gegenwär­­tig Die tewerste Stadt Der Welt ist, ich hatte Geld in Hülle und Fülle und konnte mir einen ganzen Monat hindurch sein Ei ver­­schaffen, weil ich es auch um den höchsten Betrag nicht erhalten konnte. Mi­ch sah ich Sahre hindurch überhaupt nicht, Butter it tewer und selten. Vom Fleisch will ich Tie­­ber gar nicht s prechen, das Brot war so mi­­serabel, daß nur Beute mit Straußenmagen es überhaupt genießen konnten. Ich konnte eigentlich nicht so recht herausfinden, aus welchen Bestandteilen ji dieses sogenannte Brot eigentlich zusammenlegte: Holz, Stroh, gedörrtes Gras und noch einige für den menschlichen Genuß doch wir ali nicht be­­stimmte Dinge waren zweifellos in diesem Brot, das man uns in kleinen Rationen zumwies, enthalten, was sich aber noch­ außer­­dem Darin befand, it einfach undefinierbar ge­wesen. Die Armen mahten Hundemwürste essen, die Reichen Pferdewürste, ich für meine Per­­son konnte mich jedoch niemals an eine der­­artige Nahrung gewöhnen und so kam es, daß ich, Die Taschen wohlgefüllt mit Geld, Hungrig umherging.­ährend eines Aufstandes in den Straß 5 von Wien war ich Augenzeuge, wie die enge einen Polizeioffizier vom Pferde schlug und das Tier niedershoß. Eine halbe Vageswenigkeiten. Oedenburg, 30. April Graf Josef Eziraky, der Negierungs­­kommilsär von Steinamanger, ist gestern in Oedenburg eingetroffen, um als P­räsident die Landwirtschaftlichen Vereines des Dedenburger Komitates an der Generalversammlung der Bereinigung teilzunehmen. Negierungskommissär Dr Stefan Zsembery ist qeitern abends nach Erledigung seiner Amtsangelegenheiten in Budapest, wieder nach Dedenburg zurückgekührt. Todesfall. Nikolaus Borzay, Aus­­schußmitglied de Munizipiums, Grundbesißer von Szilfäarfäng ist am 29. d. M. gestorben. In ihm betrauert Dr. Koloman Mihályi seinen Schwager. Evang. Gottesdienst. Am 2. Mai, um 10 Uhr vormittags, wird im Festsaale der evangelischen K­irchengemeinde reformierter Senior Josef Ki­au Papa den evangeli­­schen Gottesdienst mit Verteilung des heiligen Abendmahles abhalten. Eine Deputation der Hauseigen­­tümer beim Justiziminister. Unter Führung des Abgeordneten Bela Taler erschien heute, wie das Ing. Zel.-Korr.-Bur. meldet, eine Abordnung der Hauseigentümer des VII. Bezirkes beim­­ Justizminister Julius Ferdinandy und ersuchte ihn, die Hauseigentümer in ihre alten echte wieder einzufegen. Der Minister erklärte in seiner Antwort, daß er dies mit Nachsicht auf die außerordentlichen Verhältnisse nicht versprechen künne, daß er jedoch sowohl in der Durchführungsverordnung zur neuen Wohnverordnung als auch in den Weisungen an das Wohnungsamt trachten werde, die be­­rechtigten Interessen der Hauseigentümer mit denen der Mieter in Gin­flang zu bringen. Die Abordnung nahen die Erklärungen des Ministers mit Ares zur Lenninis. Der evang. % vereini­st gezwungen, seine für den 2. Mai geplante Tanzm­issgaltung infolge der Ein­­schränkungen, die für den 1. und 2. Mai vers­fügt werden, auf den 9. Mai zu verschieben. Neue Einladungen werden nicht verschidt. Einschränkung des Zugsverkehrs Budapest— Wien. Die Direktion der unga­rischen Staatsbahnen teilt mit, daß die öster­­reichischen Staatsbahnen Mittwoch und Freitag den von Budapest-Ostbahnhof vormittags um 8 Uhr 20 Minuten abgehenden Zug Nr. 12/a in Brud Kiralyhida nicht übernehmen. Infolge dessen wird dieser Zug sowie fein in Budapest, Ostbahnhof abends 6 Uhr 50 Minuten ein­­treffender Gegenzug Nr. 13/a Mittwoch und Freitag vorläufig nur bis, beziehungsmeise von GyYydr verkehren. 7 Acht W­eger­äumerstellen gelangen bei der Stadt zur Belebung. Ausführliche In­­formationen erteilt dA3 Stadt. Ingenieuramt. x An unsere Leser! Infolge des Dai­­tages, erscheint die nächte Nummer unseres. Blattes erst anı Montag zur gewohnten Zeit. Die „„Dringenden“ Telegramme wer­­den nun auc ded nacht“ weiterbefördert. Bi jest war es nämlich Brauch, infolge der Ab­­twesenheit des militärischen Telegrammzensors, die nachts aufgegebenen Telegramme erst am Morgen weiterzuleiten. Nachdem nun Die Dedenburger Handels­ und Ge­werbekammer interveniert hat, verfügte das Komitat 3militär­­kommando, daß die Zensur der „dringenden“ Telegramme naht vom Telephonzensor zu besorgen it. Im der Zukunft wird also in der Weiterleitung der dringenden Telegramme seine Verzögerung eintreten. Tabatanbau. Laut Verordnung des Tiiangministers ist der Tabatanbau für eige­­ner Gebrauch auch auf den Meierhöfen, Putten und Berggemeinden gestattet, und zwar auf inem eingefriedeten Raum neben dem M Wohnhause des Anbauers. Gegen die Junggesellen. Nach den römischen Gelegen konnten die Junggesellen nicht erben. Noch strenger waren die jüdischen Gefäße gegen sie. Nach einem der 613 Gebete der Juden war jeder nach zurückgelegtem 21. Lebensjahre zu heiraten verpflichtet Jn den Sprüchen der Rabbiner sind viele gegen die Singgesellen gerichtet. So zum­­ Beispiel lautet einer: „Wer seine Kinder Hinterläßt, ist sein Mann; er sol wie ein Mörder angesehen werden.” Auch Lysurg, der Geleggeber von Sparta, war den Gegnern der Ehe, nicht günstig ; ihm galten sie geradezu fit und konnten sein Inteil an­ders haben. Von jedem bürgerlichen # ‚erscheinen. Waren nahmemweile zuge: fie zu, gewillen eb­en ! « Spott audgejekt. lafien, fo wargn fie dei Hausrenoviern Familienhausbau w nimmt Stefan Dedenburg, Sch . und Sünglings­ „größerem Gut. — Anträge ungarisch 2477“ an I, Seilerstätte Nr. 2. 1720 Die Rumänen unterbrücken die ungarische Presse. Wie aus Nagyparad be­­richtet wird, hat die rumänische Behörde das Grscheinen der Tagesblätter „Nagyvarad“ und „Z­ikan’ul“ untersagt. Grntered Organ war den Herren zu ungarisch gesinnt, das andere hatte sich geweigert, seinen Namen in „Ora da Mare“ zu ändern. Zur Reform des V­iritiismus. Die „Soproni Hirlap“ erfährt, daß in der nächsten Generalversammlung ein Antrag vorgebracht wird, wonach die Kriegs­millionäre aus den Verwaltungskörpern ausgeschlossen werden sol­­len. Auch von den Gemeinderatswahlen sollen sie ausgeschlossen werden. Die Begründung soll sich auf die Annahme stoßen, daß die plönliche Be­­reicherung seit Kriegsbeginn nicht so sehr den Qua­litäten, als der Rücsichtelosigkeit zu verdanten ist. Und es wäre jedenfalls eine große Ungerechtig­­keit diese Emporfömmlinge — denjenigen, welche alle Leiden der Kriegszeit ausgekostet haben — vorzuziehen und ihr gieriges Trachten nach hohen Würden und Nentern,­­welche in dem Ü­ertrauen der Bürgerschaft wurzeln, werktätig zu fördern. Ab­ gesehen davon, daß die meisten dieser Männer nicht dasjenige Mindestmaß an Fähigkeiten und Bildung be­­figen, welches zu einer angestrebten führenden Tätigkeit unbedingt erforderlich ist. Daher ist der geplante Vorschlag auf das wärmste zu begrüßen und zu unterfrügen.­­ Verloren wurde heute vormittags auf der Grabenrunde eine goldene Bro­chnadel von zirka Guldengröße auf der ei ein aus Edel­­steinen ausgelegter metterling befindet. Der redliche Finder erhält T K Belohnung.

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